Historische Vergleiche scheinen in den Tagen der gefühlten Krim-Annexion so etwas wie der Winterschlussverkauf zu sein. Alle Medienschaffenden wetzen zu ihren Geschichtsbüchern und tun es. Auch Sie, werte Leserin, erinnern sich bestimmt: Wir hatten das alles doch schon einmal. „Der Iwan“ stand vor den Toren Europas und wollte uns Brandschatzen. Meist stand er sogar an der innerdeutschen Grenze und lechzte danach einzumarschieren. Ständig kam er, „der Russe“. Mittlerweile dürfte die ganze Palette, die das 19. und 20. Jahrhundert an Vergleichsmöglichkeiten zu bieten hat, durchgekaut sein. Stilecht kam es am vorläufigen Ende so, wie es immer kommt. Einer sprang aus der Tonne und schrie: „Hitler!“ Natürlich meinte Wolfgang Schäuble das nicht so, er meinte es anders:
Das kennen wir alles aus der Geschichte. Mit solchen Methoden hat schon der Hitler das Sudetenland übernommen. Ich vergleiche das nicht. Ich bin doch nicht so blöd, dass ich Hitler mit irgendjemandem vergleiche. Das können andere machen, vielleicht, das wäre auch falsch, aber deutsche Politiker können das nicht machen.
So clever war Herta Däubler-Gmelin seinerzeit nicht. Nach einem Vergleich jener Art musste sie ihren Posten räumen. Sie verglich den damaligen Präsidenten des militärisch-wirtschaftlichen US-Komplexes, George W. Bush, mit Hitler. Nicht jedoch den Genossen Wladimir Wladimirowitsch Putin, weswegen Schäuble sein Amt wohl wird behalten können. Damit zeigt Schäuble ungewollt und überdeutlich auf, was die einzige Konstante in dem Konflikt um die Krim und die Ukraine ist: das westliche Feindbild „Putin“.
Es geht gar nicht gegen Russland als Solches. Das Land und die Bevölkerung ist im medialen Diskurs höchstens eine Randbemerkung wert, wenn „die Zustimmung für Putin“ steigt. Dieses Phänomen ist nicht erst seit dem Revolutionsversuch in der Ukraine zu beobachten. Seit Putin sich als amtierender Staatschef in der Silvesternacht 1999 nach Tschetschenien begeben hat um Jagdmesser an die russischen Soldaten zu verteilen, ist er hierzulande unten durch. Diese Abneigung gegen Putin geht so weit, dass die deutschen Medienvertreter in Jubelstürme ausbrachen, als Putin einen Verbrecher wie den ehemaligen Oligarchen Michail Chodorkowski aus dem Straflager entlassen hat.
By Olaf Simons (Own work) [CC-BY-3.0], via Wikimedia Commons
Es drängt sich der Eindruck auf, dass den deutschen Medien jeder Verbrecher recht und billig ist, wenn er nur gegen den bösen Putin agiert. Es ist auch nicht so, dass dem seitens der politischen Klasse widersprochen werden würde. Im Gegenteil, Kanzlerin Angela Merkel pflegt eine offene Abneigung gegen den Herrn aus Russland. Es ist schwierig sich vorzustellen, und das politische Handeln während der Krim-Krise bestätigt dies, dass ein rationales Handeln Deutschlands zu erwarten ist. Diese Irrationalität wird von unserem großen Bruder, dem militärisch-wirtschaftlichen US-Komplex, unterstützt. So goss John Kornblum in dieser Zeitung weiteres, vermutlich aus Fracking gewonnenes, Öl in das deutsche Meinungsfeuer:
Die Ukraine war in vielerlei Hinsicht der europäische 11. September, der Illusionen in Europa so fundamental zerstörte wie der Anschlag auf das World Trade Center in Amerika.
Man kann aus dieser Aussage herauslesen, dass Putin der neue Osama bin Laden ist. Der gefährlichste Terrorist der Welt, den es mit allen Mitteln zu töten gilt. Und Russland ist demgemäß Afghanistan. Ein Land, in dass der Westen, unter Führung der USA, einmarschierte um Terroristen zu bekämpfen. Es ist vollkommen egal, ob John Kornblum, der diese Deutung abstreiten würde, es wirklich so meinte oder nicht. Gleiches gilt für Schäubles nicht so gemeinten Hitler-Vergleich. Es geht vielmehr um die Bilder, die durch solche Aussagen transportiert werden. Diese Bilder werden, soweit muss man Diplomaten und Politikern misstrauen, nicht unabsichtlich erzeugt.
Dass Bilder wie diese in den Diskurs hineinwirken, wollte wohl Klaus Kleber im Interview mit dem Siemens-Vorstandsvorsitzenden Joe Kaeser beweisen. Doch nicht nur das. Kleber, seines Zeichens Angestellter des staatlichen TV-Senders ZDF, dem das Bundesverfassungsgericht eine zu große Nähe zur Politik bescheinigte, untermauert mit seinem Interviewstil die Bedenken gegenüber dem Sender. Ein Vorwurf, den sich in den letzten Wochen nicht nur die öffentlich-rechtlichen TV-Sender- und Radiostationen gefallen lassen mussten, sondern auch die privatwirtschaftlich betriebenen Zeitungen des Landes.
By Jack Weir (1928-2005) [Public domain], via Wikimedia Commons
Und fürwahr, es gab in den letzten Jahren wohl nur wenige Diskurse, in denen die Meinung zwischen den Gatekeepern und den Bürgern soweit auseinanderging wie in Bezug auf die Ukraine. Während die Artikel klar gen bösen Putin weisen, erschöpfen sich viele Leserkommentare in genau dem Gegenteil. Nicht Putin ist der Böse, man äußert ein gewisses Verständnis und zweifelt an dem Treiben der eigenen Regierung. Umfragen deuten darauf hin, dass es sich hierbei keineswegs um Russen handelt, die im Auftrag von Putin die Kommentarspalten bevölkern. Die öffentliche Meinung, die Bürger dieses Landes, sind schlichtweg anderer Meinung und äußern sie.
Die Reaktion auf diese andere Meinung der Bürger war im Politik-Bereich dieser Zeitung genau das, was man der Lesermeinung vorwarf. Verschwörungstheorie, geäußert von Julian Staib. Aber auch andere Zeitungen zogen nach, zum Beispiels Jens Bisky in der Süddeutschen. Das zeigt vor allem, dass man nicht bereit ist den Fehler bei sich selbst zu suchen. Und warum Worte wie „Systemmedien“ in Mode sind. Es kommt nicht von ungefähr, dass die Bestsellerlisten Büchern führen, die davon handeln, dass Meinungen unterdrückt werden. Auch die rechtspopulistische Partei „Alternative für Deutschland“ schafft es, ihre Umfrageergebnisse allein dadurch zu steigern, dass sie behauptet alle anderen würden ihre Meinung unterdrücken.
Die Auswüchse dieser Entwicklung sind sicher nicht immer positiv, aber dass es nicht mehr so einfach ist, dieses Volk auf Konfrontation einzustimmen, muss zunächst positiv bemerkt werden. Es ist durchaus eine Ansage mit Gefühl für die Realität, wenn die Bevölkerung sich wünscht, die EU möge neutral agieren und Deutschland insbesondere eine Vermittlerrolle einnehmen.
Caspar David Friedrich, Das Eismeer [Public domain], via Wikimedia Commons
Die Konsequenzen dieser Forderungen sind weitreichend. So müsste die Europäische Union, wollte sie dem gerecht werden, ihre Expansion nicht nur beschränken, sondern einstellen. Sie müsste ihre von Ausdehnung geprägte Politik hin zu einer integrativen wandeln, oder anders formuliert, sich um ihr Inneres kümmern. Nicht in Form einer bürokratischen Selbstbeschäftigung, sondern im Behandeln der großen Themen wie der innereuropäischen Demokratie, der Ausgestaltung der wirtschaftlichen und politischen Union (oder auch nicht) oder der Schaffung eines europäischen Sozialsystems. Themen, die dank der steten Expansion der Grenzen Europas immer weiter in die Zukunft geschoben werden. Im Bewusstsein der Bürger sind sie jedoch vorhanden und schwelen daher unter Oberfläche, wo sie nur Skepsis zu potenzieren vermögen. Ein nicht expansives Europa, das die Schaffung eines Gesamtkonstruktes in den Vordergrund stellt, könnte den Schmerz des Zusammenwachsens nicht mehr verdrängen.
Dieses Anliegen der Bürger sollte nicht mit einer postheroischen Gesellschaft verwechselt werden. Der Kampf und seine Mittel haben sich in andere Sphären verschoben und damit auch die „Ultima Ratio des Krieges“ auf ein höheres Gewaltmaß gehoben. Umso wichtiger ist der Ruf nach Mitte und Maß, die von den politischen Akteuren eingefordert werden. Das bedeutet auch, ein maßvolleres Umgehen mit der potenziellen Gewalt. Vielleicht weiß John Kornblum darum, und nutzt deshalb die aufrührende Kriegsrhetorik vergangener Tage. Es ist jedenfalls nicht zu übersehen, dass die USA sehr viel dafür tun, damit die Stimmung in Europa konfrontativ gegenüber Russland bleibt. Es ist in ihrem Sinne, dass eine Emanzipation europäischer Politik nicht stattfindet.
Ganz falsch ist das Bild von Kornblum natürlich nicht. Die Anschläge vom 11. September haben in den USA auch dazu geführt, dass die alteingesessenen Medien komplett auf die Linie der Regierung eingeschwenkt sind und diese bis weit über den Irak-Krieg hinaus beibehielten. Eine kritische Berichterstattung fand über Jahre hinweg nicht mehr statt. Es war der Beginn des großen Zeitungssterbens.
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Poodle
Lustiger Artikel in der NYT.
“George W. Bush’s painting of Vladimir Putin is great. Here’s why.”
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Ans Ende hätte aber noch ein Schroder-Blair-Vergleich gehört.
Viel heuchlerisches Geschrei wegen Pressezensur
Auf RIA Nowosti.
https://de.ria.ru/opinion/20140405/268211426.html
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Vorischt, eurasische Propaganda!
20 Jahre Masssenmord in Ruanda
Gibt es in den Qualitätsmedien irgendwo einen guten Artikel über das, was damals geschah, mit Hintergründen und so?
Die Ruandische Regierung sagt, die Franzosen seien mitschuld gewesen. Da würde ich mal gerne von glaubwürdiger und kompetenter Seite lesen, ob da was dran ist oder nicht.
Versuchen Sie's mit dem encyclopedia brittanica Artikel.
https://www.britannica.com/EBchecked/topic/1762747/Rwanda-genocide-of-1994/299902/Gacaca-courts
Auf die Vorwürfe der ruandischen Regierung wird auf der letzten Seite eingegangen, riecht nach Revanchefoul.
Wenn Sie’s mehr mit traditionellen VTs halten, bitte:
https://www.rwandanstories.org/genocide/role_of_the_west.html
https://www.trincoll.edu/~thyde2/rwanda_prevention.htm
Der Westen hat sich in Ruanda übrigens exakt so verhalten, wie Sie es verlangen. Er hat die ruandische Souveranität vollständig respektiert (aus welchem schlechten Grund auch immer). Es gibt ein paar Überlebende des Genozids, die Ihre diesbezügliche Haltung als de facto Tolerierung eines Genozids nicht verstehen.
Gruss,
Thorsten Haupts
Hübsch, Herr Haupts
Aber ich meinte in den Qualitätsmedien aus Anlass des 20. Jahrestags, und nicht “irgendwo im Internet”.
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Weil wir hier ja jetzt über die Medienberichterstattung sprechen und nicht über die Ereignisse selbst.
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Trotzdem Danke für die Mühe, die Sie sich gemacht haben.
In Zeiten der Krise wird viel gelogen
Herr Dr. Gysi bringt es fast auf den Punkt in seiner Rede 13.März.
Der aufstrebende Rechtsextremismus nach dem Putsch und die damit verbundenen Übergriffe auf die jüdische und russische Bevölkerung in der Ukraine bekam noch Aufwind durch den Ausschluss Russland aus dem Kreis der führenden Industrienationen.
Welche Übergriffe...
… auf die jüdische Bevölkerung denn? Quelle?
Außer einer (!) beschmierten Synagoge gab es da nicht viel, IIRC.
& der aufstrebende Rechtsextremismus scheint sich in Umfragen auf ca. 3% zu begrenzen.
Daß während & nach einem “Umsturz” extreme Kräfte in den Vordergrund drängen, ist nichts Neues. Liegt aber hauptsächlich daran, daß sie eben Aktivisten sind. Bei der nächsten Wahl wird man sehen, wieviel Unterstützung solche Gruppierungen tatsächlich haben.
Otto Normalbürger ist kein Aktivist & wählt auch idR keine Aktivisten.
Jobbik
Bitte schauen Sie sich das gestrige Wahlergebnis in Ungarn an. Nach der durch IWF und EU verordeneten Rosskur wird sich diese Entwicklung in der Ukraine wiederholen. Alternative 1: Hungermärsche auf den Maidan, erneuter Putsch, Alternative 2: Bürgerkrieg, Abspaltung der östlichen Landesteile der Ukraine NACH der durch IWF und EU erzwungenen Deindustrialisierung des ukrainischen Ostens. Suchen Sie sich was aus. Alles nicht schön für den “Westen”. Aber das schert weder die Leute in Brüssel noch in Washington.
Hübsch, Herr Herack. Bitte klären Sie uns auf:
Was exakt unterscheidet die Annexion der Krim von der Annexion des Sudetenlandes? Ich sehe da nur Gemeinsamkeiten – beide wurden von einer Bevölkerungsmehrheit anderer Nationalität als des des sie besitzenden Staates besiedelt. In beiden gab es vor der Annexion eine Propagandakampagne des annektierenden Staates. In beiden wurde die Annexion mit angeblicher Diskriminierung der Mehrheitsbevölkerung durch den ihnen angeblich feindlichen Besitzstaat begründet. Einziger Ubterschied – die Sudetendeutschen wurden nachweislich diskriminiert.
Aber das interessiert einen Geostrategen Ihres Formates natürlich nicht. Statt dessen werden die USA als eigentlich Schuldiger ausgemacht, die einen Keil zwischen Europa und Russland treiben wollen. Und dafür die armen Hascherln von europäischen Staaten missbrauchen, die dringend der Aufklärung durch herrn Herack bedürfen.
Ihre Russensentimentalität hat in Deutschland eine “gute” Tradition, sie lässt sich hervorragend mit dem Sentiment gegen die Krämerseelen oder den Imperialismus der Angelsachsen verbinden. Und wirkt damit rechts/links lagerübergreifend integrativ.
Nicht ganz erschliesst sich mir Ihre Polemik gegen die deutsche Meinungsberichterstattung. Darf ich Ihren Worten entnehmen, dass eine Presse- oder Medienberichterstattung gegen den Mehrheitswillen der deutschen Bevölkerung prinzipiell unzulässig ist? Oder nur dort, wo es Ihnen nicht passt? Franz Josef Strauss wäre sicher entzückt gewesen, hätte er Ihre Version von Pressefreiheit in den sechzigern zur Kenntnis nehmen dürfen.
Gruss,
Thorsten Haupts
herr haupts,
nicht ganz erschliesst sich mir ihre polemik entgegen meiner kritik an der wenig pluralistischen medienberichterstattung. darf ich ihren worten entnehmen, dass für sie eine pluralistische presse- und medienberichterstattung unzulässig ist?
mfg
mh
Franz Josef Strauss hat die Medien wegen angeblicher Einseitigkeit angegriffen
FJS hat vor 40 Jahren die Medien immer kritiisert und jetzt tut Marco Herack ganz genau dasselbe.
Ganz genau dasselbe, jawohl!
Und ist bestimmt trotzdem vehement gegen Strauss.
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Typisch linke Doppelmoral…
Ihr Vergleich stimmt nicht
@ Hans Meier
Die Kritik von Strauss an den Medien war unbegründet, da die Medien damals als kritische Medien ihren Auftrag als 4. Gewalt wahrgenommen hatten.
Die Kritik heute an den Medien bezgl. Putin, ist berechtigt, da sich die Medien unkritisch als Ja-Sager und Stiefellecker neoliberaler Denkweise darstellen und ihre Aufgabe als 4. Gewalt nicht mehr wahrnehmen.
Ihr Vergleich stimmt nicht.
Titel eingeben
ich bin mir recht sicher, dass herr meier sich da einen scherz erlaubte. einen recht guten.
mfg
mh
Im Tonfall des Chefs, der Mitarbeiter runterputzt
Diese Möglichkeit , ständig und völlig ohne Risiko andere anzublaffen zu können wie so ein Ekel von Chef seine Angestellen, scheint für manche Leute ja den Reiz so eines Blogs auszumachen.
Antwort gegen Antwort - kann man die Krim nun mit Sudetendeutschland vergleichen?
Wenn nicht, warum nicht?
Was meine Polemik angeht, hmmm, wenn jemand als einzige Begründung für seine Kritik an Medienberichterstattung das gesunde Volksempfinden heranzieht, geht das wohl kaum als seriöse, tiefschürfende Argumentation durch. Oder – vielleicht doch, in Ihren Büchern?
Gruss,
Thorsten Haupts
Lieber Hans Meier, meine Polemik war eine Antwort auf Heracks Polemik.
Dem fiel zur Begründung seines Angriffes auf die einseitige Berichterstattung nichts anderes ein, als das gesunde Volksempfinden.
Dabei ist es doch ganz einfach, Putin gegen die von der CIA und dem Vatikan gesteuerte Wetspropaganda in Schutz zu nehmen. Man muss nur aufzeigen, dass er den Rechtsstaat aufbaut und schützt, die Meinungsfreiheit verteidigt, im Inneren wie im Äusseren ein auf Frieden und Ausgleich bedachter Herrscher ist, seiner Bevölkerung durch eine kluge Wirtschaftspolitik zu stetig steigendem Wohlstand verhilft, oder was man sonst Positives in ihm und seiner Politik bemerkt. DANN wird das ein seriöser Beitrag. Na, jemand freiwillig vor?
Gruss,
Thorsten Haupts
Mitarbeiter, verehrter Meier, behandelt man respektvoll, zurückhaltend und höflich.
Noch nie davon gehört? Das ist aber schade …
Gruss,
Thorsten Haupts
ach je
tja herr haupts, das ist unser ewiges verständnisproblem. sie werden natürlich nicht verstehen wollen, dass es in dem text um zweierlei ging.
a) eine debatte muss möglich sein und zwar auch in der berichterstattung. die kritik ist also, dass die berichterstattung ein für und wider und beide seiten abdecken muss. tut sie das nicht, ist das zu kritisieren. und sie tut es nicht, stattdessen wird erklärt, warum alle, die nicht dafür sind, ganz böse menschen und putinversteher (wieder personalisierung) sind. das ist missionarisch…
b) der viel wichtigerere punkt ist das geben einer deutung der diskrepanz, die nicht ins rechte meinungslager zur AfD führt. denn diese profitiert am meisten von der momentanen situation und das ist mir nicht sonderlich recht.
in der summe korrespondiert natürlich b) mit a). soll heißen die eigentliche kritik am journalismus ist, dass die fehlende debatte das problem, dem ich unter b) entgegenzuwirken versuche, verstärkt.
mfg
mh
So, die Berichterstattung für und wider muss immer beide Seiten abdecken?
Nehmen Sie es mir bitte nicht übel, Herr Herack, aber das muss sie natürlich nicht. Um es an Extrembeispielen zu verdeutlichen – ich hätte echt niemanden gebraucht, der in einer Debatte den Standpunkt des PolPot Regimes, der Nazis, von Stalin oder der Taliban vertritt. Und in diesem Zusammenhang auch nie die Forderung danach gehört.
Darüber hinaus bezog sich ihre Kritik weder vorrangig noch ausschliesslich auf die fehlende Meinungspluralität, das Argument haben Sie jetzt nachgeschoben (auch nicht das erste Mal).
Sehr wohl aber kritisierten Sie die angebliche Verteufelung Putins. Also bitte ich nochmals darum, einfach mal die guten und vorzugswürdigen Seiten dieses Mannes bzw. seiner Herrschaft herauszustellen, um seiner Verteufelung entgegenzuwirken. Da die Verteufelung so offensichtlich ist, genügen Ihnen doch sicher ein paar kleine Sätze dazu, die Sichtweise zu korrigieren? Nur zu!
Gruss,
Thorsten Haupts
putin, hitler, stalin
sorry, den niveaulimbo mache ich nicht mit.
Schade, Herr Herack!
Hätte mich jetzt schon interessiert, wie jetzt ihre Kritik an Schäubles Hitlernichtvergleichen inhaltlich untermauern, wie Sie sich gegen den Vorwurf der Russensentimentalität verteidigen und die nötige Distanz zu Franz Josef Strauss wieder herstellen.
.
Geben Sie es doch zu:
Für eine Auseinandersetzung mit Herrn Haupts fehlen Ihnen einfach die Argumente.
das stimmt
allerdings. gegen die aussagen von herrn haupts, die eher selten inhaltlich untermauert werden, ist kein kraut gewachsen. an der methodik muss er allerdings noch feilen. zu flapsig formuliert, steigen die gesprächspartner zu früh aus um in die falle zu laufen.
mit franz-josef strauss verbindet mich allerdings eine menge. in einem videoportal, zu dem sie kaum wahl haben, finden sie sehr spannende aussagen von strauss, die diese nähe untermauern.
mfg
mh
Auch okay. Damit haben wir jetzt die Gewissheit, dass Ihre Kritik an Schäubles Sudetenvergleich
ein bisschen billig und vollständig unfundiert war. Das nennt man gemeinhin … niveaulos.
Gruss,
Thorsten Haupts
kritik?
könnte daran liegen, dass ich den vergleich als solches gar nicht kritisiert habe.
“Es ist vollkommen egal, ob John Kornblum, der diese Deutung abstreiten würde, es wirklich so meinte oder nicht. Gleiches gilt für Schäubles nicht so gemeinten Hitler-Vergleich. Es geht vielmehr um die Bilder, die durch solche Aussagen transportiert werden.”
ohnehin ist der punkt, der mit dem vergleich aufgezeigt werden sollte ein anderer. das zweierlei maß.
herr haupts, versuchen sie es doch mal ohne unterstellungen und gewollte fehlinterpretationen.
Oh, jetzt bitte ich Sie aufrichtig um Entschuldigung.
Ich hatte die Art Ihrer Schreibe zu den Vergleichen, denen Sie 25% ihres Artikels gewidmet haben, doch tatsächlich als Kritik aufgefasst. Sorry.
Das bringt uns dann aber erneut zu meiner freundlichen Aufforderung: Also bitte ich nochmals darum, einfach mal die guten und vorzugswürdigen Seiten dieses Mannes bzw. seiner Herrschaft herauszustellen, um seiner Verteufelung entgegenzuwirken. Da die Verteufelung so offensichtlich ist, genügen Ihnen doch sicher ein paar kleine Sätze dazu, die Sichtweise zu korrigieren? Nur zu!
Ich hoffe dich, ich habe Sie diesmal nicht wieder falsch verstanden und Sie halten es tatsächlich für falsch und ungerecht, Putin als Synonym für “böse” zu verwenden?
Gruss,
Thorsten Haupts
her haupts,
sie haben mir vor zwei wochen noch darin zugestimmt, dass wort totalitär nicht inflationär zu gebrauchen. das gilt auch hier. putin ist kein stalin und auch kein hitler. zumindest momentan nicht. ob er sich dahin entwickelt weiß ich nicht. das potenzial hat er durchaus.
was sie hier gerade betreiben ist unlauter.
bloß weil ich eine differenzierte sichtweise fordere, halte ich putin nicht für einen guten menschen. das ist er nicht, er ist präsident einer diktatur. daraus ergeben sich handlungsoptionen und bisher hat er sich im rahmen des erwartbaren bewegt. das kann jeder sehen, der es sehen möchte.
putin ist nicht so verderbt, dass man nicht eine rationale politik mit russland betreiben könnte. keineswegs schlimmer als das, was in china passiert oder der türkei. die dortigen “herrscher” werden nicht zu feindbildern stilisiert. mit denen handelt und verhandelt man.
dies gilt es festzuhalten, denn die politik russlands dürfte zu einem nicht unerheblichen teil auf deren feststellung beruhen, dass “wir” dieses zweierlei maß pflegen.
kann man !
“kann man… vergleichen?”
.
Man kann selbstverständlich alles mögliche und unmögliche miteinander vergleichen, auch & sogar Äpfel mit Birnen.
Die Frage ist eher: ist es sinnvoll? Oder doch: was will man damit? (wohl meist: den anderen verbal ohrfeigen – nicht wahr, Herr Haupts?)
Der Vergleich der Krim mit Sudetendeutschland ist derart augenfällig,
dass es eben nicht um Äpfel und Birnen geht. In beiden Fällen hat ein autoritäres Regime mit militärischem Säbelrasseln eine lokale Bevölkerungsmehrheit derselben Nationalität in einem anderen Staat genutzt, sich das von der lokalen Bevölkerungsmehrheit besiedelte Gebiet gegen den Willen des Nachbarstaates einzuverleiben.
Also werden völlig korrekt Äpfel mit Äpfeln verglichen, so sehr dass die Putinversteher in Deutschland auch empören mag.
Gruss,
Thorsten Haupts
@Herack: Natürlich ist Putin weder Hitler noch Stalin, nicht einmal nah dran.
Nur muss man ihn deshalb weder mögen noch verstehen. Sie haben aber, was die westliche Berichterstattung angeht, indirekt eines von beiden verlangt, indem Sie die durchgehend putinkritische Berichterstattung als einseitig kritisierten.
Ob man eine rationale Politik mit Russland betreiben kann, werden wir sehen. Was ich weiss, ist, dass z.B. Balten wie Polen sich erhebliche Sorgen machen, historisch mehr als begründet. Diese Sorgen werden durch die Putinversteher in Deutschland nicht geringer, Deutschland hat sich mit Russland in der Vergangenheit mehrfach auf Kosten der genannten Staaten geeinigt.
Gruss,
Thorsten Haupts
hitler war nicht autoritär
das hitler-regime war totalitär. sie zeigen eigentlich ganz gut, welche wirkung die bilder haben, die mit solchen vergleichen portiert werden. :)
mfg
mh
weil...
das verstehen die grundlage jeder kommunikation ist. wenn ich verstehe warum putin wie handelt, kann ich darauf basierend rationale entscheidungen fällen. wenn aber putin als großes feindbild hochstilisiert wird, der wie hitler und stalin ist, dann ist das vor allem eines: das ende der kommunikation.
das heißt knapp vor krieg.
man darf vom journalismus, der sich als vierte macht versteht, erwarten, dass er versucht eine rationale einordnung vorzunehmen und die verschiedenen seiten zu worte kommen lassen.
va auch wegen einer sache: wenn man jetzt handelt, als wäre putin hitler und stalin, dann befördert man ihn in genau diese rolle. es wird wahrscheinlicher, dass er so wird.
mfg
mh
Warum erst jetzt, FAZ?
Die Medien waren in Causa Putin – Ukraine im unkritischen Gleichklang mit US-amerikanischen Interessen, die von den meisten deutschen Politikern bedingungslos unterstützt wurden.
Haben die Medien die deutschen Bürger wirklich für so Hirnlos gehalten, dass der konstruierten Putin-Schelte unkritisch Folge geleistet wird?
Hatten die Medien die Kommentare in der FAZ, den politischen Blogs und den NachDenkSeiten gelesen, hätten sie die wirkliche Meinung der Bürger früher erkannt.
Nicht die Bürger, sondern die Medien haben total versagt.
Russland mit Putin verdient eine Aussöhnung, wie es zwischen Frankreich (dem “Erzfeind der Vergangenheit”) und Deutschland erfolgte und wir müssen auf die vordergründigen US-Interessen pfeifen.
Auch Merkel muss umdenken oder hat die NSA zu viele Unterlagen?
Es sind nicht die USA,
welche einen Keil zwischen Deutschland (nicht der EU) treiben wollen, sondern Putin, der einen Keil zwischen Europa und den USA, und zwischen China und den USA, Südamerika und den USA, treiben will.
Dieser Artikel erkennt die Tatsachen nicht.
Deutschland wird es bedauern, auf welche Art auch immer, dass es sich in die Obhut von Russland begibt.
begründung?
oT
Die Printmedien schmiegen sich eng an die Politik
in der Hoffnung, am Ende über eine Art LSR-GEZ finanziert zu werden.
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Das ist meine Theorie.
Die
Diskrepanz zwischen öffentlicher Meinung und veröffentlicher Meinung ist unverkennbar.
Auch konstatiere schon seit längerem eine immer häufigere Vermischung von Redaktion und PR.
Natürlich darf ein Journalist eine Meinung haben, aber dann soll sie auch so gekennzeichnet sein.
Jedoch allein die Auswahl der Meldung stellt eine Beeinflussung dar. Und noch was: Ich möchte nicht entertained werden, sondern neutral informiert. Was ist wo passiert. Wie ich darüber zu denken habe, obligt allein meiner Deutungshoheit.
Chodorkowski ein "Verbrecher"?
Mit solchen Anschuldigungen wäre ich vorsichtig. Zwar habe ich den Prozess gegen ihn nicht verfolgt und das Urteil nicht genau studiert, aber dass er letztlich aus rein politischen Gründen verurteilt wurde, erscheint mir trotzdem sehr gut möglich.
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Man könnte zwar sagen, die Privatisierung im Russland der 90er Jahre hätte insgesamt kriminellen Charakter getragen. Aber dann wäre wohl die gesamte russische Elite eine einzige Verbrecherbande, Putin natürlich mit eingeschlossen. Schon weil er damals auch dabei war (wenn auch mehr so in der zweiten oder dritten Reihe).
Titel eingeben
chordorkowski hat ein ganzes buch darüber geschrieben.
aus meinem rechtsempfinden heraus sind das verbrechen. der punkt war doch viel mehr, dass es mit chordorkowski keinen unschuldigen getroffen hat, um den man sich besonders bemühen musste. er hatte seinerzeit zweifelsohne dreck am stecken, denn das ging gar nicht anders in diesem korrupten system.
es ist die eigenart solcher systeme, dass man, wenn man nicht ganz oben in der hackordnung steht, mit dem niedergemacht werden kann, was man tun musste um überhaupt so hoch zu kommen. er wollte an die spitze und endete im knast. es gibt keine anhaltspunkt dafür, dass er sich an der spitze besser verhalten hätte als putin es jetzt tut.
seine verurteilung war ebenso politisch motiviert, wie der westliche kampf für seine freilassung. beides sind für mich keine jubelstürme wert.
Ja, diese Unterstützungsaktionen sind peinlich
Ebenso wie übrigens auch die Unterstützung für Pussy Riots. Selbst wenn diese Mädchen es tatsächlich ernst meinen und echten Mut mitbringen, was ja schon Anerkennung verdient, so darf man nicht übersehen, dass sie v.a. Putin genützt und v.a der Demokratiebewegung geschadet haben.
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Schrill, obszön, mediengeil — die haben in den Augen der normalen Russen, die keineswegs alle blinde Putinanhänger sind, die demokratische Opposition nachhaltig diskreditiert, so ähnlich wie Julia Schramm die Piraten. Dieses Anti-Schwulen-Gesetz sollte genau in dieselbe Kerbe schlagen. Das richtet sich in Wirklichkeit gar nicht gegen Homosexuelle, sondern gegen die Opposition: “Schaut mal, diese Demokraten sind ja alle schwul”, heisst die Botschaft, und sie wirkt. Und die westlichen Medien spielen dieses Spiel voll mit. Damit können sie Putin zwar im Westen diskreditieren, aber das nimmt er gerne in Kauf. Die Unterstützung zu Hause ist für ihn weitaus wichtiger.
Titel eingeben
in der vorletzten ausgabe des philosophiemagazins gab es dazu einen erhellenden schriftverkehr zwischen zizek und tolokonnikowa. beide recht nichtssagend.. auch hier konzentriert man sich, und daher wohl auch die westliche hofierung, auf das feindbild putin.
und das ist tatsächlich auch etwas, was mir sehr sauer aufstößt, denn eine andere person an der macht und mehr demokratie führen nicht zu einem besseren ergebnis. enden vielleicht gar noch schlimmer. man sieht das auch an der ukraine. janukowytsch war das feindbild, der musste weg… aber man hatte nie einen plan für danach., keine idee von und für die gesellschaft.