Blogseminar

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Diskutiert werden das Leben der Studierenden, aktuelle Fragen der Hochschulpolitik sowie die Zweiheit von Forschung und Lehre.

Dollase vs. Mensa (28)

In dieser Folge kommentiert Jürgen Dollase das Essverhalten der Studenten aus unserer Videoumfrage, er macht ein Geständnis – und stellt drei Basistipps für die schnelle, gute Studentenküche vor.

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Video: Jürgen Dollase kommentiert unsere Studentenumfrage “Was esst ihr wirklich?”

Hier geht es zu dem Video mit der Studentenumfrage.

Die ersten drei Folgen unseres Kochkurses für Studenten finden Sie hier.

Alle bisherigen Mensatests finden Sie hier.

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Liebe Freunde,

die weit gefächerten Aussagen der Protagonisten in unserem Umfrage-Video bringen mich erst einmal zu einem Bekenntnis. Auch bei mir geht es bisweilen so zu wie im „normalen“ kulinarischen Leben. Ich kenne zwar Unmengen von hervorragenden Restaurants und viele der besten Köche der Welt, fahre aber auch immer wieder zu einem Pizza- und Pasta-Takeaway. Ja, es kommt sogar vor, dass ich eine Imbissstube aufsuche und Pommes Frites mit einer kalten Frikadelle hole (für meine Frau Currywurst mit Pommes Frites). Schon während wir das essen, kommt es dann regelmäßig zu recht ausfallenden Äußerungen und dem Gelöbnis, dieses Mal sei es wirklich das letzte Mal gewesen. Nun gut, das passiert natürlich eher selten und nur in den dringenden Notfällen, in denen ich – auch aus zeitlichen Gründen und aus Mangel an Vorräten – nicht zum Kochen komme. Ganz allgemein gilt aber, dass ich mich als „echter“ Gastronomiekritiker nicht nur in Spitzenrestaurants aufhalte, sondern das ganze Spektrum rund ums Essen kennen möchte und kenne. Alle Ihre Anmerkungen zu den diversen Schwierigkeiten rund um den Willen zu guter Ernährung sind mir also nicht fremd. Es gibt aber drei Punkte, auf die ich in diesem Zusammenhang einmal hinweisen möchte:

1. Geben Sie sich einen kleinen Ruck.

Wenn ich ganz normal zu Hause in meiner Küche bin, koche ich jeden Abend ein gutes Gericht. Das dauert etwa eine Stunde. In dieser Zeit kann man fast alles machen, was man will. Im Prinzip könnte man auch noch eine Vorspeise schaffen, weil man ja manchmal darauf warten muss, dass ein Stück Fleisch o.ä. fertig wird. Ich erreiche die Küche normalerweise in einem eher müden Zustand, weil ich zu dieser Zeit schon 12 Stunden wach bin und davon mindestens 8 gearbeitet habe. Tagsüber denke ich allerdings schon öfter an das, was ich an Produkten im Haus habe und was ich damit machen kann. Wenn ich die Küche betrete, dauert es maximal 2 Minuten und ich bin wieder wach, motiviert und konzentriert. Darauf kann ich mich verlassen, und das war schon immer so. Machen Sie die Arbeit in der Küche am besten zu einer täglichen Routine. Denken Sie über das Essen nach – und nicht so sehr über Ihre Befindlichkeiten. So kommen Sie weiter, und kaum irgendwo macht Weiterkommen so viel Vergnügen wie in der Küche.

2. Schaffen Sie sich ein paar kleine Vorräte und einen „Werkzeugkasten“ an

Ein Teil der Probleme bei der schnellen Realisierung eines Essens hat etwas mit der Produktbeschaffung zu tun. Man muss etwas im Haus haben, ein wenig Pasta, ein paar Dosen, Gläser und Tuben mit gut brauchbaren Zutaten wie Tomaten, Bohnen, Artischockenböden o.ä. (aber natürlich keine Fertiggerichte!). Da kann man dann auch einmal ein Essen ohne ein Sammelsurium frischer Zutaten hinbekommen oder – das eigentliche Ziel – in die Lage kommen, mit einer oder wenigen frischen Zutaten als Basis sinnvoll weiterzukommen. Am besten ist es, sich eine präzise ausgewählte Sammlung effektiver Zutaten von Olivenöl und steirischem Kernöl bis zu Püree von getrockneten Tomaten und ungesalzener Butter zuzulegen, die immer in gutem Zustand im Haus sind. Diesen „Werkzeugkasten“ werde ich demnächst einmal vorstellen. Er kann eine Basisvariante haben, aber natürlich auch in Richtung Mittelklasse und High End gehen. Bis auf den heutigen Tag profitiere ich beim Kochen immer wieder von meiner – allerdings ziemlich beträchtlichen – Sammlung von meist immer im Haus vorhandenen Zutaten. Der Grund dafür findet sich in Punkt drei.

3. Werden Sie unabhängig und lernen Sie das Improvisieren

Kochen können heißt vor allem, mit dem, was man hat, ein gutes Essen zuzubereiten. In unseren Kochvideos geht es deshalb neben dem konkreten Rezept immer auch um ein systematisches Verständnis von Prozessen. So wichtig es ist, anhand guter Beispiele ein Verständnis für kochtechnische Zusammenhänge und Geschmack zu entwickeln, so wichtig ist es, an einen Punkt zu kommen, an dem man die Entscheidung über gut und noch nicht so gut nicht einem Rezept überlässt, sondern sie selber trifft. Meine technisch einfachen, aber genau beschriebenen Rezepte sind eine Basis. Am Ende des Tages ist das Ziel für eine variable Studentenküche (wie für andere Privatküchen, die nicht immer konsequent arbeiten können) nicht, dass es gelingt, Rezepte möglichst fehlerfrei zu reproduzieren, sondern möglichst gut zu improvisieren. Für den einen wird das stressig klingen, ich nehme aber an, dass viele von Ihnen das schon kennen: man bastelt so vor sich hin und sieht in der Nähe des Herdes noch einen Gemüserest liegen oder ein Gewürzglas stehen. Und – zack! – ist es auch schon in Topf oder Pfanne. Auch ich arbeite immer noch teilweise so – selbst dann, wenn ich konzentriert mit neuen Rezeptentwicklungen zum Beispiel für meine Bücher befasst bin. Wenn Sie damit anfangen, wird es immer wieder mal zu schwachen Resultaten führen. In dem Maße aber, in dem Sie an Routine im Umgang mit den Dingen zulegen, wird die ganze Sache immer erfreulicher.

Und so bleibt dann eine Erkenntnis und eine Folgerung übrig, die für die Studentenküche genau so gilt, wie für die von engagierten Hobbyköchen oder Profis: schnell und gut und präzise wird Essen in dem Maße, in dem man über Wissen, geschmackliches Vorstellungsvermögen und Routine verfügt. Und wenn es auch noch besonders kostengünstig sein soll, ist dieser Grundsatz besonders wichtig.

Demnächst dann wieder eine Strecke von Rezepten.

Bis dahin wünsche ich viel Erfolg!

Ihr Jürgen Dollase

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