Stützen der Gesellschaft

Stützen der Gesellschaft

Leben, Bildung, Torten und sozialunverträgliches Spätableben unter Stuck und Kronleuchtern.

Seehofer loswerden. Für immer.

Alle Völker haben das Recht auf Selbstbestimmung. Kraft dieses Rechts entscheiden sie frei über ihren politischen Status und gestalten in Freiheit ihre wirtschaftliche, soziale und kulturelle Entwicklung.
Charta der Vereinten Nationen

Kennen Sie den Namen des bayerischen SPD-Vorsitzenden? Der heisst Pronold. Ja, ich musste bei Wikipedia auch erst mal nachschauen, ob man den mit d oder t hinten schreibt. Wussten Sie, dass es in Bayern Landesvorsitzende von Bündnis 90/Grüne gibt? Gibt es. Wirklich. So steht das im Internet. Es muss also stimmen. Offen gesagt weiss ich über diese Vorsitzenden weniger als über die bayerischen Vertreter von Mehr Demokratie, von Zivilcourage.ro, die Freien Wähler, den Bund Naturschutz, den Jurahausverein, die Startbahngegner und die Schutzgemeinschaft Tegernseer Tal. Es gab nach dem Ende der Herrschaft Stoiber, Beckstein und Huber mal eine kurze Phase, da konnte die bayerische Opposition zeigen, was sie kann. Das hat sie auch nach Kräften getan. In der Folge dieser Anstrengung bin ich mir als CSU-Gegner nicht sicher, wie man den Pronold schreibt und wer den Grünen vorsitzt.

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Man muss den Tatsachen ins Auge schauen; die bayerische Opposition hat in den Jahrzehnten jenseits der Regierungsverantwortung ausser dem stetigen Verlust von Wählerstimmen nichts dazu gelernt. Seehofer dagegen hat schnell begriffen, was das Volk erwartet, und deshalb in der CSU aufgeräumt. Seehofer sorgt dafür, dass die Stromtrassen der Energiewende entlang meiner Radstrecke unter der Erde verschwinden und nicht die Umwelt verschandeln – da bleiben den Grünen nur die Klagen wegen der Kosten und der CSU die Wählerstimmen. Seehofer hört sich die Sorgen der Leute an und ist gegen die CSU eine bessere Opposition, als es die hiesige SPD je sein könnte. Die Städter wählen liberale Parlamente in den Metropolen und im Land knallschwarz, weil es ihnen gut geht und sie ihre Kinder nicht in Gesamtschulen oder als Laborratten Berliner Integrationsexperimente sehen wollen. Selbst Migranten aus dem Norden wählen oft CSU. Man kann viel Schlechtes über die Partei erzählen, aber wer Bremer, Berliner oder Kölner Verhältnisse will, geht halt dorthin. Das ist das Tolle an Deutschland: Jeder kann dorthin gehen, wo er will, und das wählen, was ihm passt. Die Türken bei uns zum Beispiel sind oft stramme CSU-Wähler. Der CSU-Bundestagsabgeordnete vom Tegernsee heisst Radwan und hat einen ägyptischen Vater. Es is wias is, sagen wir in Bayern.

Ausserdem hat Seehofer ziemlich genau die Mischung, die dem gemeinen Volk und hier besonders jedem dritten Grünenwähler  zusagt: Schlitzohrig und joval, konziliant und bodenständig, aus kleinen Verhältnissen kommend und gegen alle Widerstände der Partei zu einer Art Bürgerkönig aufgestiegen. Man kann ihn schlecht mit dem Rüpel Strauss vergleichen und schon gar nicht mit dem Asketen Stoiber: Populärer war wohl nur seine königliche Hoheit, der Prinzregent Luitpold, und daher sieht man auch gnädig über einige weniger schöne Seiten hinweg. Dass manche parteiinterne Personalentscheidung an den Umgang mit nordkoreanischen Militärchefs erinnert, wird vom Volk mehr als zünftige Wirtschaftsrauferei betrachtet. Man muss das nicht mögen oder verstehen, ich verstehe ja auch nicht, dass Berliner ihr seit Dekaden versagendes Regime mit all dem Filz nicht längst vertrieben haben.

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Wie gesagt, ich mag die CSU auch nicht, aber würde man mich fragen, welcher andere Politiker unter realistischer Berücksichtigung aller Faktoren das Amt des Ministerpräsidenten bekleiden sollte – würde ich anfangen, über das Wetter zu reden. Der Rest des Landes möge sich damit abfinden, dass zwar die CSU nicht das Land ist, aber Seehofer Fleisch von Fleische des Volkes. Und selbst Jusos, die ihn bei Twitter ausrichten, sind nach einer Woche Berlin doch wieder ganz froh, in München zu sein, wo sie sich wieder ungestört von realen Gefahren am Kotti ihrem Hass auf die Machokultur der Band Wanda hingeben können. Die Bayern werden sich an dem Tag von Seehofer abwenden, an dem das NRW-Abitur mit der bayerischen Realschule vergleichbar ist, Bremen keine Schulden mehr macht und Berlin die Graffitiplage ausgerottet hat. Bis dahin leistet sich jedes Bundesland seine Eigenheiten – bei uns ist es halt das Haberfeldtreiben gegen Merkel, das dem Zitat von der „Herrschaft des Unrechts“ innewohnt. Ganz ehrlich, ich glaube nicht, dass das dem Seehofer hier geschadet hat.

Aber ich weiss natürlich, dass sich der Rest des Landes nun empört Gedanken und Sondersendungen macht, wie man ihn für diese alternativlos-majestätsbeleidigende Frechheit los wird. Ich entnehme der Presse, dass man besonders in Hamburg Schnappatmung bekommen hat, wie so ein angelandeter Fischkopf an der frischen Luft. Es ist ebenso durchsichtig wie absehbar, dass diese Medien einen Rachefeldzug unternehmen werden, indem sie zum hundertsten Male über Seehofers Gesundheit und Nachfolge spekulieren. Aber als Bayer darf ich Ihnen sagen, dass es hier den Spruch vom „den back i no“ gibt, mit dem alte Menschen zum Ausdruck bringen, dass sie fest vorhaben, ihre Gegner auf deren Begräbnis zu verabschieden. Seehofer ist nicht der Typ, der sich von Merkel packen lassen würde. Wir haben hier also scheinbar einen unauflösbaren Zielkonflikt: Auf der einen Seite einen Freistaat, der Seehofer demokratisch legitimiert und sich freut, wenn er „denen da droben“ auf seine bayerisch-cremige Art eine hineinbetoniert. Und, angeführt von norddeutschen Medien, den Wunsch, dass er sich als untergebener Ministerpräsident eines irrelevanten Bundeslandes nicht mehr zum segensreiche Optimismus der Kanzlerin zu Wort melden möchte.

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Das wäre aber nur möglich, wenn sich das Volk vom Seehofer trennte, und danach sieht es aus den oben genannten Gründen nicht aus. Wenn also der Prinzregent Ministerpräsident nicht so will wie ein Antifa-Journalist, der beim NDR für seine Propaganda Staatsknete abzieht, und das Volk auch nicht auf Berliner Werbeirokesen hört, bleibt dem anderen Volk da oben, so es nicht zufrieden ist, natürlich seine Selbstbestimmung, die in der Charta der Vereinten Nationen verankert ist. Es kann unter Führung seiner ruhmreichen Medien erklären, dass es sich frei und ohne Seehofer und seine Anhänger entwickeln will, und sich per Sezession von Bayern lossagen. Dazu müsste man nur die Bundespolizei von der Salzach, wo sie jetzt steht und Menschen aus aller Herren Länder begrüsst, an den Main zurücknehmen, und dann zuschauen, wie es den Bayern ergeht, die gerade noch über den Abzug gejubelt haben. Die würden vermutlich sofort eine ungarische Obergrenze von 0 für Flüchtlinge erklären und Millionen „Lösungen“, so hiess das in einer Talkshow, nach Norden durchreichen, und daher auch keinen davon initiierten Wirtschaftsboom haben. Ausserdem würden angesichts der Angst, allein unter Bayern zu leben, viele deutsche Minderheiten das Land verlassen und Essen, Solingen, Bremen und die Tundraregion bis zum Hamburger Polarkreis neu erblühen lassen. Niemand, das wird mir beim Lesen meiner verehrten Kollegen der Packeisregionen klar, wäre doch so doof, unter so einem unsäglichen Ministerpräsidenten zu bleiben, ausser natürlich ein paar Hinterwäldler.

Überhaupt, dass die Stimmung so mies ist, liegt doch eh nur an dem Gestänker, das immer der Seehofer begonnen hat. Von Anfang an. Er ist der Spaltpilz, und mit so einer Sezession und dem Ausschluss des fremdartigen bayerischen Volkes bekommt er die Quittung für sein Verhalten. Deutschland wird die selbstgewählte und begeistert angenommene Herausforderung nur meistern, wenn endlich Ruhe im Süden ist und Seehofer einem dann unsicheren Drittstaat vorsteht, der Integration zum Biergartensitzen und anderer brutaler Bräuche fordert. Gerüchteweise herrscht dort sogar Vollbeschäftigung mit der Folge, dass man da wirklich arbeiten muss und mit „Projekten“ und „was mit Onlinejournalismus“ nicht sonderlich weit kommt. Bayern passt nicht zu Deutschland. Das wurde jetzt klar, vom Diktatorenbesuch bei Putin bis zur Kritik an Merkel, die mit dem urdemokratischen Vorzeigeeuropäer Erdogan besser auskommt. Sezession ist die Lösung: Schnell, konsequent und den tapferen Männern der vierten Gewalt im Staate angemessen.

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Und im Gegensatz zum Auseinanderbrechen des Balkans ist es auch gefahrlos. Ich glaube nicht, dass sich hier viele dagegen wehren werden, verblendet oder vom hohen Einkommen und der guten Lage abgelenkt, wie sie hier sind. Wenn Deutschland wirklich die totale Freiheit will, ohne Defätisten und Quertreiber, ohne Kniebiesler und „Kartoffeldeutsche“, wie das die zivilisierte und tolerante Hamburger ZEIT nennt, muss es die Sache selbst in die Hand nehmen. Bayern wird den schlimmsten Einbruch seiner Geschichte erleiden, weil es der Zukunft nicht entschlossen entgegen tritt, alles wird einstürzen, die Wölfe und Bären werden heulend und knurrend in die aufgelassenen Siedlungen vordringen und ihnen werden wieder die Gletscher folgen, wie schon nach der Aufgabe der Provinz Raetia durch das römische Imperium.

Und danach können sich die nordischen Kolumnisten wieder den echten Problemen der modernen Zivilisation zuwenden. Dem Binnen-I, der Veggie-Fastenzeit, der Elektroautosubvention und der Baukonjunktur für Migranten in jenen Randlagen Berlins, in denen keinx preisgekrönte Journalist_In der siegreichen, sich von Bayern befreienden Medien zu wohnen gedenkt. Cum Bavaria Spes nulla. Das wird man den Kindern in der Zweitsprache Arabisch vermitteln, und dass sie ohne Schweinefleisch das Paradies auf Erden erreicht haben. Das schreckliche Böflamott-Elend, das dagegen hinter ihrem antibajuwaristischen Schutzwall liegt, sollten sie besser nicht besuchen, und auch nicht der Propaganda trauen, dass dort Zwangseinquartierungen und Bezugsscheine unbekannt sind.