Blogseminar

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Diskutiert werden das Leben der Studierenden, aktuelle Fragen der Hochschulpolitik sowie die Zweiheit von Forschung und Lehre.

Der Wohlklang geschmolzener Butter: Dollase vs. Mensa (29)

Diese beiden Gerichte zweier Spitzenköche breiten ausdrucksstarke Geschmacksakkorde auf einfachen Salzkartoffeln aus. Für die Studentenküche sind sie wie geschaffen. Man muss fast nur zupfen und schmelzen.

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Video: Jürgen Dollase vs. Einheitsgeschmack, Ort: die eigene Küche, Rezept: “Akkorde”

Die ersten drei Folgen unseres Kochkurses für Studenten finden Sie hier.

Alle bisherigen Mensatests finden Sie hier.

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Liebe Freunde,

in dieser Folge geht es ja um besonders einfache und effektive Akkorde, um das Zusammenspiel bestimmter Aromen, Texturen und Temperaturen. Um diese drei geht es nämlich immer. Wenn sie gut aufeinander abgestimmt sind, bilden sie zusammen etwas Gutes („lecker!“) und vielleicht manchmal etwas Neues. Passen sie nicht richtig zusammen, bilden sie vielleicht immer noch etwas Neues, irritieren aber unsere Wahrnehmungen („Bäh, was ist das denn?“). Unter Umständen sind Sie in der letzten Zeit in diesem Zusammenhang auch schon einmal irgendwo auf den Begriff „Food-Pairing“ getroffen, der Ähnliches meint, dessen Ergebnisse aber bisweilen an mangelnder gedanklicher Durchdringung leiden. Wir dürfen eines nie vergessen: es gibt beim Zusammenspiel von verschiedenen Produkten keine ewigen Wahrheiten und keine festen Regeln, wann etwas absolut super schmeckt. Unsere Wahrnehmung bleibt immer kulturell und individuell bedingt. Was wir toll finden (bleiben wir einfach, sagen wir: ein Wiener Schnitzel mit Zitrone und süddeutsch inspiriertem Kartoffelsalat), schmeckt vermutlich einem großen Teil der Menschheit nicht besonders gut, weil man in völlig anderen Geschmacksbildern sozialisiert worden ist.

Was allerdings ziemlich universell ist, ist die Sensorik, also das, was ein Zusammenspiel erst sinnvoll erscheinen lässt. Wenn das Wiener Schnitzel eine riesig dicke Kruste hat, die auch noch kräftige Röstnoten besitzt, schmeckt man das Fleisch nicht mehr und die ganze Sache wird sinnlos. Die beiden Beispiele von heute sind in dieser Hinsicht unproblematisch (auch so etwas gibt es), weil man ihre Elemente ganz unterschiedlich dosieren kann und dennoch in jedem Fall einen guten Geschmack bekommt. Eine gute sensorische Balance, bei der sich die Elemente nicht in die Quere kommen, sondern zusammenwirken können, ist hier sozusagen schon vom Konzept her eingebaut. Hier die Rezepte:

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Kartoffeln, Crème fraîche, Seehasenrogen, Kerbel

(nach einer Idee des ehemaligen belgischen Spitzenkochs Roger Souvereyns vom „Scholteshof“ in Hasselt)

Zutaten (pro Portion): 3 mittelgroße, eher festkochende Kartoffeln, grobes Meersalz, 3 -4 TL Crème fraîche, 3 – 4 TL Seehasenrogen, eine handvoll gezupfte Kerbelblätter

Zubereitung: Die Kartoffeln schälen, in mit grobem Meersalz (10 gr. pro Liter) gesalzenem Wasser kochen. Sie sind gar, wenn man die Spitze eines scharfen Messers ohne großen Widerstand einstechen, die Kartoffel damit aber nicht mehr anheben kann. (ein solcher Gartest bringt durchaus etwas: wenn die Kartoffeln weicher gegart werden, ziehen sie auch mehr Salzwasser und werden u. U. zu stark gewürzt). – Die Kerbelblättchen abzupfen. Es sollten möglichst nur die Blättchen, nicht aber dickere Stiele benutzt werden.

Anrichten: die Kartoffeln abschütten und im Topf kurz antrocknen lassen. Auf den Teller legen und mit einer Gabel halbieren und die Hälften etwas zerdrücken. Crème fraîche verteilen, dabei die jeweiligen Teelöffel-Mengen ein wenig verstreichen. Dasselbe mit dem Seehasenrogen machen und die gezupften Kerbelblätter über alles streuen.

Es gibt auch eine Getränkeempfehlung. Roger Souvereyns reichte zu seiner Fassung (mit Kaviar) alten Genever aus Hasselt („Oude Graanjenever“). Das passt auch hier hervorragend, und wenn man einen guten, belgischen Genever hat, schmeckt das auch überhaupt nicht aggressiv nach Alkohol – größere Mengen braucht man sowieso nicht.

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Kartoffelstampf, Nussbutter, Kellertriebe von Staudensellerie

(angelehnt an ein Rezept von Zwei Sterne-Koch Sebastian Frank vom „Horvath“ in Berlin)

Zutaten: pro Portion 1 große, eher festkochende Kartoffel, ca. 20 – 30 gr. Nussbutter von ungesalzener Butter (für die Zubereitung der Nussbutter braucht man mindestens ca. 50-70 gr.), 5 -6 Blättchen von den Kellertrieben von Staudensellerie (die Blättchen, die zwischen den Stängeln von Staudensellerie nachwachsen)

Zubereitung: Die Kartoffeln wie oben garen. Danach (also unmittelbar vor dem Anrichten/Servieren) für die Nussbutter die Butter in einem möglichst kleinen Topf erhitzen. Sie wird zuerst schmelzen und dabei ihre gelbliche Farbe behalten, dann einige feste, weiße Bestandteile an der Oberfläche entwickeln, die sich aber wenig später wieder auflösen. Wieder ein wenig später wird die Butter dunkler, am Boden zeigen sich einige dunkle, ein wenig wie Körner aussehende Bestandteile. Beginnen Sie zu diesem Zeitpunkt, die Butter regelmäßig umzurühren, bis sie eine bräunliche Farbe angenommen hat und einen deutlich nussigen Duft verströmt. Sofort vom Feuer ziehen und 20 bis 30 gr. über die mit einer Gabel zerdrückten Kartoffeln geben. Die Kartoffeln sollten weitgehend von der Nussbutter benetzt sein. Die Sellerieblätter in Streifen schneiden und über alles streuen.

Die klassische „Beurre noisette“ gehört zu den traditionellsten Saucen, weil sie ohne weitere Zutaten auskommt, also sehr einfach zu realisieren ist. Sie eignet sich für viele Verwendungen (z.B. auch für Fisch und Fleisch). Zu dem nussigen Aroma, der ausgezeichnet zu den Kartoffeln passt, entwickeln die Streifen Staudensellerieblätter ein ein wenig an Leder erinnerndes Aroma. Das Ganze wird Sie geschmacklich vermutlich sehr überraschen.

Ich wünsche einen guten Appetit!

Ihr Jürgen Dollase

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