Blogseminar

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Diskutiert werden das Leben der Studierenden, aktuelle Fragen der Hochschulpolitik sowie die Zweiheit von Forschung und Lehre.

Ein Markt für Nazi-Devotionalien

| 20 Lesermeinungen

Auf dem Leipziger Antik- und Trödelmarkt gibt es Nazi-Uniformen und Eiserne Kreuze zwischen 250 und 2.500 Euro. Die Hakenkreuze gehen meist abgeklebt über die Theke. Eine Recherche in der braunen Grauzone.

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© Julia MüllerDie Devotionalien-Sortimente bestehen zum großen Teil aus Orden mit NS-Symbolen.

Die Tankstelle neben der “Eigenheimstraße” in Leipzig hat noch nicht einmal geöffnet, um den dämmerungsaktiven Jägern Kaffee zu verkaufen. Statt der digitalen Benzinpreis-Anzeige leuchten die Bremslichter unzähliger Autos und Kleintransporter, die in kürzestem Abstand im Reißverschluss auf das rund 190 Hektar große, noch aus DDR-Zeiten stammende “agra”-Veranstaltungsgelände drängen. Uhrzeit: 4:45 Uhr.

Es ist der letzte Samstag des Monats. Egal welcher: Der Antik- und Trödelmarkt auf dem Gelände im Süden der Stadt lädt Trödler aus ganz Europa ein. Die meisten Händler sind auch Käufer. Sie kommen aus den Benelux-Ländern, aus Frankreich, Italien, Tschechien, Polen und aus ganz Deutschland. Teilweise verbringen die Trödler seit 25 Jahren die letzten Wochenenden jedes Monats in Leipzig. Dieser Kreis, der in den Anfangszeiten aus 20 bis 30 Leuten bestand und für den Veranstalter Matthias Seifert mittlerweile „wie eine große Familie“ ist, wächst in den Sommermonaten auf 800 bis 1000 Händler an. Die Idee zu diesem Markt stammt direkt aus der engeren Familie. 1990 blühen mit der Wende die Straßengeschäfte für Trödel und DDR-Plunder auf: „Die wilden Händler mussten zusammengebracht und ihre Aktivitäten kanalisiert werden“, erinnert sich Seifert. Sein Vater organisiert den ersten Trödelmarkt in Leipzig, Standort: Stadion. Zwei Jahre später steigt der Sohn, studierter Physiker, mit ein. Seit 1996 ist der Antik- und Trödelmarkt auf dem “agra”-Gelände heimisch.

© Julia MüllerBesonders gefragt sind in Leipzig Offiziersdolche.

Ist die Außenwelt vor fünf Uhr noch im Zwielicht, herrscht in Halle 1 und Halle 2 des “agra”-Flohmarktes eine konzentrierte Energie. Geschmierte Mett- und Marmeladen-Brötchen gibt es im Durchgang. Der Duft von Kaffee, aus großen Kannen gepumpt, mischt sich mit dem Geruch von erhitztem Fett – die große Bratplatte für Thüringer Würste wird vorbereitet. Weiße Tischtücher bedecken die ersten Stände, auf ihnen wird Porzellangeschirr in eine bestimmte Ordnung gebracht. Nebenan stehen geputzte Schaukästen. Die hier in aller Ruhe zu Gange sind, wissen, was sie tun. Der wahrscheinlich umsatzstärkste Handel des ganzen Wochen­endes findet gerade statt: der zwischen den Händlern untereinander. Einige, die ihre Stände aufbauen, zeigen sich redselig, sind es aber nur oberflächlich. Die Tür zur Nazi-Wunderkammer im Kofferraum oder zum Keller mit den uniformierten Puppen bleibt verschlossen. Das Milieu der Devotionalien-Händler versperrt sich genauso wie es keinen Zugang zu den Hobbyräumen der Käufer gibt: „Auf dem Markt werden Sie niemanden treffen, der mit ihnen spricht“, sagt die Inhaberin einer örtlichen Antik- und Trödelhalle kurz angebunden. Auch sie macht samstags auf dem “agra”-Flohmarkt ihre Geschäfte. Ein Musikinstrumente-Verkäufer betont: „Das ist Kodex, dass man da nichts weiter erzählt.“

Unter die Trödler mischen sich jetzt unbemerkt die Sammler. Sie sind nicht minder auf der Pirsch. Unauffällig und zielstrebig – jagende Sammler also. Den Blick konzentriert schweifen lassen, diejenigen Stände ansteuern, von denen man schon weiß, dass es eventuell etwas zu holen gibt. Abwägen, überprüfen, der instinktiven Erfahrung vertrauen, zuschlagen. Das alles, bevor die bunten Menschenmassen kommen.

Die Raritäten verschwinden schnell

Das Verborgene ist das Verbotene, nämlich nationalsozialistische und damit verfassungs­widrige Symbole: Fahnen, Abzeichen, Uniformstücke und Parolen, die diesen zum Verwechseln ähnlich sind. Wer solche Propagandamittel „im Inland verbreitet oder zur Verbreitung im Inland oder Ausland herstellt, vorrätig hält, einführt oder ausführt“ oder eben „öffentlich […] verwendet“, heißt es  in den Paragraphen 86 und 86a des Strafgesetzbuches, wird mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder einer Geldstrafe belegt. Im Verwenden liegt dabei die Lücke. Denn verwendet wird ein Kennzeichen erst, wenn es wahrnehmbar gebraucht wird. „Ist ja verboten, so was musste abkleben“, erklärt der Händler, der hauptsächlich Geigen verkauft – außer in den frühen Morgenstunden. Er weiß, was er nicht darf oder wie er sich zumindest nicht unmittelbar strafbar macht. Dabei zeigt er an seinem Stand auf einen großen metallenen Reichsadler mit Hakenkreuz und ein gusseisernes Porträt von Adolf Hitler, ebenfalls mit Hakenkreuz. Es ist noch keine 5:30 Uhr. Diese Raritäten wird er bald in seinem Autoanhänger verschwinden lassen. Die Sortimente werden später am Morgen vornehmlich aus Orden bestehen, die in den meisten Fällen tatsächlich abgeklebt sind und damit in eine Grauzone fallen.

© Aktion ZivilcourageDiese Übersicht informiert über rechtsextreme Symbole und Zeichen: Nach § 86a StGB strafbar sind beispielsweise das Hakenkreuz, die Siegrune, oder der SS-Totenkopf.

Ist das Hakenkreuz überklebt, wähnt man sich auf der sicheren Seite. Was nicht zu sehen ist, ist auch nicht da. Alles darf, sofern es nicht öffentlich verwendet und zur Schau gestellt wird. Diese Praxis ist nicht neu, ebenso wenig wie der Umstand, dass die Polizei gelegentlich sämtliche Augen zudrückt, so Joachim Renzikowski vom Lehrstuhl für Strafrecht, Rechtsphilosophie und Rechtstheorie der Universität Halle. Die Paragraphen seien unklar, man bleibe „auf die Kasuistik der Gerichte” angewiesen.

Geschichtsbelebung, das Erinnern an etwas, das nicht selbst erlebt wurde und doch Teil der eigenen geschichtlichen Herkunft ist, das ist uralt. Geschichtsinteresse ist übrigens auch die am häufigsten bemühte Begründung, mit der sich Besucher des “agra”-Flohmarkts mit Orden und dergleichen eindecken. Aber können solche Gedächtnisbehälter, die dem National­sozialismus entstammen, einfach nur geschichtliche Zeugnisse sein, die auf eine längst ver­gangene Ideologie verweisen, aber keine mehr bewahren? Ungefährlich und uninteressant? All diese Fragen können wir vergessen. Zumindest zeugt davon der “agra”-Flohmarkt.

Ein ominöser Kodex

Der Markt für Militaria und Nazi-Devotionalien ist lebendig. Leider, bedauert ein Händler und weist mit seinem Blick auf ein Hitler-Porträt. Sichtlich betroffen ist er nicht, denn mit der Nachfrage klingelt seine Kasse. Die Rede ist von horrenden Preisen für Zeugnisse, die in ihrer Bedeutung nach wie vor Menschheits­verbrechen ehren: Uniformen für 600 bis 2000 Euro, Eiserne Kreuze für 250 bis 2.500 Euro.

Einer der Trödler – im Verkaufsgespräch mit einem Interessenten wirft er lachend ein, dass er nur an der Spitze der SS nach Polen ein­marschieren würde -, lässt sich zeichnen wie ein Seebär: weißer Vollbart, Kapitänsmütze und dunkel­blaue Winterjacke. „Das ist eine Leistung, die mit Orden geehrt wurde. Dafür dass die soundsoviele gegnerische Angriffe in der Luft oder mit dem Panzer abgewehrt haben“, erklärt er. Besonders gefragt? Dem Geigen-Mann zufolge Offiziersdolche: „Wenn man etwas in der Hand hält, von dem man weiß, dass es Hitler oder Göring schon in der Hand hatten…“. Das ist dann mehr Verherrlichung als Geschichtsinteresse.

© Florian FranzeDie Preise für Offiziersuniformen aus der NS-Zeit liegen zum Teil im vierstelligen Bereich.

Ein anderer Verkäufer gibt zu bedenken, dass die Sammler die eigentlichen Kulturbewahrer seien. „Kein Mensch weiß mehr, dass man Bügeleisen früher mit Kohle füllen musste.“ Doch dürfen Bügelkultur-Bewahrer und Uniform-Sammler in einer Reihe stehen? „Ich habe einen Freund, der hat einhundert Uniformen“, erzählt der Instrumente-Händler. „Alle mit Hakenkreuz am Oberarm. Die hängen in zwei Zimmern schön an der Wand. Und dann schaut er die an und freut sich.“

Wie groß darf das Unbehagen sein, wie groß ist die Toleranz und an welcher Stelle sind wir bereit, den Grundsatz der freien Meinungsäußerung einzuschränken? Nach Matthias Kaufmann, Philosoph aus Halle, muss man auch in dieser Frage den Einzelfall betrachten. Doch sei man in Deutschland bei Nazisymbolen eher zur Be­schränkung des Rechts bereit als in anderen Ländern.

Je hartnäckiger und konfrontativer man sich dieser Thematik nähert, desto unschärfer werden ihre Konturen. Ein ominöser Kodex, an den sich alle halten, soll das Zwielichtige schützen. Lediglich die saftigen Preise der Angebote bestätigen die große Nachfrage. Die Gesetzeslage ist löchrig und seit der letzten Gesetzesänderung durch das Verbrechensbekämpfungsgesetz vom 28. Oktober 1994 längst überarbeitungsreif. Gerade werden die Kasernen der Bundeswehr nach Wehrmachtsdevotionalien durchforstet. Wird der Fall des Oberleutnants Franco A. etwas ändern? Wann reagieren Staat, Stadt und Veranstalter?

Mitarbeit: Florian Franze, David Knapp und Julia Müller


20 Lesermeinungen

  1. Thomas Becker sagt:

    So what?
    Menschen sammeln Devotionalien … na und? Es gibt NVA-Schauraume in Sachsen, es gibt Wehrmachtsandenken in Kasernen oder zuhause bei irgendwelchen Sammlern …
    Ich habe das sehr starke Gefuehl, dass es immer mehr strikte Anti-Nationalsozialisten gibt, je laenger der Untergang des Dritten Reichs vergangen ist. Was soll die Hysterie ueber Andenken und Sammlungen der Wehrmacht? Glaubt irgendjemand, dass diese Gegenstaende eine Zauberkraft innehaben …. wer sie ansieht, wird Nationalsozialist ??? In meinen Augen findet eine lachhafte und oberflaechliche Hexenjagd auf Symbole statt. Es besteht kein Grund zu vermuten, dass von rechtem Gedankengut eine Gefahr fuer unser Land ausgeht. Man kann nicht unerwuenschte Meinungen unterdruecken durch das ausradieren der Erinnerung… hat schon Stalin nicht geschafft.
    Nichts ersetzt eigenes Nachdenken und eine ernsthafte Diskussion – aber genau dies findet iin diesem Land nicht mehr statt, sondern ich sehe nur noch reflexhafte und panische Reaktionen.

  2. Cube14 sagt:

    Titel eingeben
    Das verschwindet zu Hause in der Schublade, schlimmstenfalls in der Vitrine. Der Wert bemisst sich nach der Seltenheit, wie bei allen Sammlern ein Jagdtrieb, fehlende Stücke zu ergänzen. Eine komplettierte Sammlung macht dem passionierten Sammler eigentlich keinen Spaß mehr, es gibt nichts mehr zu finden, nichts mehr einzuordnen. Kein Blättern und entdecken in Katalogen mehr. Es ist ein Stück Zeitgeschichte – warum dürfen sich nach Ihrer Meinung nur professionelle Historiker damit beschäftigen? Es sind greifbare Relikte der Zeit, Originale. Wenn es nicht erhalten bleibt, alles nur noch in Büchern steht, dann entgleitet es ins mythische. Es ist dann nach so langer Zeit kaum noch real, hier im wahrsten Sinnes des Wortes nicht mehr greifbar, es kann dann auch keine Lehren mehr erteilen oder zumindest schlechter. Es gibt ja auch haufenweise Literatur, Filme, gefühlt wöchentlich Spiegel-Titelgeschichten. Will man den Lesern auch pauschal unlautere Absichten unterstellen?

    Wie gesagt, das findet gesetzestreu zu Hause statt. Will man orwellmäßig kontrollieren, was wer zu Hause sammelt? Und ich unterstelle diesen Sammler nicht pauschal schlimme Einstellungen.

    Draußen läuft die Jugend mit Che Guevara-Shirts durch die Gegend und im Osten habe ich tatsächlich ein Café Lenin gesichtet. In aller Öffentlichkeit. Bei soetwas ist die Sympathie für falsche Ideologien viel offensichtlicher. Privates muss privat bleiben, solche Symbole in der Öffentlichkeit, egal aus welcher Richtung der Menschheitsverbrecher, gehen natürlich nicht!

  3. sabbell sagt:

    Danke!
    EIn klasse Beitrag, der zeigt, wie nötig das genauso hinsehen ist. Das sind brandgefährliche Nazistrukturen, die sich erkennen lassen. Das ist der trübe Grund für den sog. NSU, der ebenfalls Nazidevotionalien hortete.

    Da wird viel zuwenig drüber berichtet, obwohl das brandgefährlich ist. Umso wichtiger ist, dass die Menschen kommen. Das zeigt wieviel Vertrauen gewachsen ist, aber das muss verteidigt werden. Das ist die noble Aufgabe der Demokratiepresse und es ist prima, dass gerade junge Menschen sich für dafür und für die Geflüchteten engagieren. So können wir es schaffen, wenn endlich alle mitmachen.

    • Krippl sagt:

      Titel eingeben
      @sabbell:
      Der normale Neonazi hat im allgemeinen nicht das finanzielle Polster um sich eine anspruchsvolle Sammlung zuzulegen. Glaube eher, dem reicht eine in Polen gefertigte Kopie für das Zehntel des Preises eines Originals. Hauptsache Hk drauf. ;-)
      Die verwenden ihr Geld eher für anderes. Und ob da Geschichtsinteresse vorhanden ist, darf außerdem bezweifelt werden.
      Hier gleich eine neue “NSU” an die Wand zu malen, zeugt von einer gewissen Hysterie.
      Gibt übrigens ebenso reine Kaiserreichsammler. Sind deshalb aber noch lange keine Monarchisten.

    • Sabbell sagt:

      @Krippl
      Sie können doch nicht leugnen, dass das brandgefährlich ist. Die sog. Sammler machen Geschäfte mit Nazidevotionalien, darum geht es doch in dem Artikel, bei dem die Autorin zu Recht darauf hervorhebt, dass das im Dunkeln und konspirativ geschieht. Angesichts der Hetze gegen Refugees, wie in der gestrigen Illner-Sendung, muss einem Angst werden! Dabei brauchen wir die Menschen, wegen der Demographie, das wird immer übersehen! Viele wollen studieren. Da sollte robust vorgangen werden. Die Zivilgesellschaft kann das nicht tolerieren.

  4. Collect sagt:

    Sammler alle schlimm
    Au weia, ich sammle alles mögliche: Modellschiffe, Briefmarken, Münzen, Papiergeld und oh Schande, bei jeder Sammlung sind Sachen aus der schlimmen Zeit dabei. Bin ich jetzt ein schlimmer Nazi? Gefährde ich die Demokratie, obwohl ich doch immer brav wählen gehe? Bin ich gar ein fieser Militarist, trotz Zivildienst … und Beruf in der Krankenpflege … vordergründig einer der sich um andere kümmert – alles Tarnung – in Wirklichkeit ein Devotionalien sammelnder Unmensch. Der hässliche Deutsche sozusagen. Sachen die jetzt auch bei der Bundeswehr gefunden wurden. Und da wurden nicht nur Devotionalien gefunden, nein, auch noch Waffen. Echte Waffen, auch wenn manche davon nicht funktionieren. Schade finde ich, dass Kinder heute gar nichts mehr sammeln. Nur noch am Handy sitzen.

  5. FrankMaier007 sagt:

    alles legal
    Besitz und Handel ist ja nicht verboten. Oben sind einige Bilder. Dort sind alle Hakenkreuze abgeklebt. Damit wird auch nichts öffentlich gezeigt.

  6. Schwarzbuch Verlag sagt:

    Nur mit einem Auge
    Leider ist der Text in der Tat etwas einseitig und nicht zu Ende gedacht. Ich habe selbst über zehn Jahre Orden und Ehrenzeichen gesammelt und zwar von den Deutschen Kleinstaaten, über Kaiserreich, Drittes Reich bis hin zu DDR und Bundesrepublikanischen Orden und Ehrenzeichen und war tief in der Szene verwurzelt. Natürlich finden Sie Leute, die bereit sind zu reden und natürlich finden Sie auf solchen Messen Leute, die die Abzeichen der von ihnen verehrten Gesellschaft resp. Zeit aus politischer Ideologie verehren und erwerben. Wenn Sie Schtonk gesehen haben, dann wissen Sie, wie manche der Sammler ticken. Aber eben nur manche! Man kann Orden und Ehrenzeichen sammeln, weil man sich intensiv mit der Zeit beschäftigt aus historischem Interesse und man lernt daran. Gerade weil auf jedes Original Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes mindestens zehn Fälschungen kommen. Dann muss man sich auf Herstellung und Prägearten solcher Abzeichen konzentrieren. Wie unterscheidet sich ein Grauguss von einer Prägung zum Beispiel. Ich habe hunderte von Sammlern kennengelernt und von denen waren die allerwenigsten Neonazis. Warum soll der Gesetzgeber diesen Handel einschränken.
    Und in Bezug auf die Preise bei solchen Orden, versuchen Sie mal einen Hubertus Orden des Königreich Bayerns zu bezahlen, da bekommen sie 3 – 5 RK des EK für den Preis.
    Also, wenn Sie werte Autoren den braunen Sumpf austrocknen wollen, dann nicht über so belanglose Dinge, wie solche Flohmärkte.
    Und bei Fragen zum Sammlermarkt oder wie ich Originale von Fälschungen unterscheiden kann, gerne bei uns melden.

  7. Siegfried Gaumann sagt:

    Markt und Ideal
    Zunächst einmal kann man feststellen, dass es Sammler für “Militaria” gibt, genauso wie es Sammler für Briefmarken und auch Oldtimer-Sammler gibt. Daran ist gar nichts auszusetzen, wenn ein Mensch Objekte, die bestimmten zeitlichen Bedingungen unterliegen, anhäuft.

    Der Militaria-Sammler sammelt Uniformen, Orden, Waffen, eigentlich alles, was mit dem Militär zusammenhängt.
    Das Ende einer Armee hängt entweder mit sich ändernden Staatsbedingungen oder auch verlorenen Kriegen zusammen, erst durch das Nicht-mehr-existieren einer Armee wird diese historisch interessant und erfährt durch den Fachbereich der Historiker manchmal verschiedenerlei Einordnung in das damalige Weltgeschehen, aber auch die Auswirkungen auf die heutige Zeit können von Experten (oftmals verschieden oder auch widersprüchlich) dargestellt werden.

    Zudem gibt es Menschen, die starke familiäre Bande haben, und deren Ahnen in der Vergangenheit in bestimmten Armeen gekämpft haben und dies entweder mündlich an ihre Nachfahren tradiert haben, oder diesen vielleicht sogar das ein oder andere Stück aus alter Soldatenzeit überlassen haben, so kann der Grundstock für eine Militaria-Sammlung entstanden sein.

    Manch einer hat durch Kriege alles verloren, sogar seine letzten Orden, oder entsorgte alles, weil er nach dem letzten Krieg bei den Siegern nicht unangenehm auffallen wollte.

    Von diesen Zuständen künden viele Bücher unterschiedlichster politischer Färbung. Manch einer interessiert sich eifrigst für diese schlimme Zeit, da z.B. die Eltern, die eigene Familie oder Teile der Verwandtschaft, das Dorf oder auch größere Landesbereiche sehr unter dem Krieg gelitten haben. Darunter gab es echte, jubelnde Nazis, Applausspender und Mitläufer, Zugucker, schweigende Mehrheiten, natürlich auch ehrbahre Widerstandskämpfer, Verfolgte und Ermordete und dazwischen alles, was man sich nur vorstellen kann.

    Manch einer spürt, wie weit diese Zeit und ihre materiellen Objekte von unserer heutigen Welt bereits entfernt sind.
    Manche Familie hat im zweiten Weltkrieg alles verloren, Besitz und Verwandschaft und musste sich durch Hungerjahre quälen, ohne jemals eine Affinität zum dritten Reich gehabt zu haben.

    Es gibt Menschen, die sich dieser Zeiten besser erinnern können, wenn Sie die entsprechenden Objekte ansehen und sogar anfassen können.

    Das können Neonazis sein, müssen aber nicht.

    Es gibt auch Militaria-Sammler, die ohne Probleme eine antike preußische Uniform neben eine antike bayerische Uniform hängen und keinerlei innere Konflikte verspüren.

    Es gibt Sammler europäischer Militär-Orden, welche die Orden einst verfeindeter Armeen sammeln. Diese Menschen sind nicht schizophren, sondern historisch interessiert jenseits der rein intellektuellen Verarbeitung.

    Das Hakenkreuz war vor allem in der englischen Punk-Szene der zweiten Hälfte der 1970er Jahre modern. Damit ließ sich trefflich provozieren.

    Und wenn Sie – jenseits von Deutschland – in andere Kontinente reisen, so kann Ihnen in Tokio/Japan heutzutage ein vollständig gekleideter SS-Mann in schwarzer Uniform mit Hakenkreuzarmbinde begegnen, und der Träger wird Ihnen versichern, kein Nazi zu sein und er wird auch keine Menschen umbringen, er will sich nur besonders auffällig und besonders martialisch und männlich präsentieren, und wird Ihnen glaubhaft versichern, niemals daran gedacht zu haben, dass diese Uniform Menschen verstören oder verängstigen könnte.

    Auch in den USA finden Sie Menschen mit hierzulande verbotenen Abzeichen und Uniformen durch die Gegend laufen, die sogar noch die passende Schusswaffe dazu tragen.
    Unsere Purifizierungsdiskussionen und der Wunsch nach völliger Reinheit von der Nazischeisse wird dort schlicht nicht verstanden!
    Wenn Sie in den USA sorgfältigst um die englische Gramatik bemüht sind und diese vorbildlich beherrschen und sogar den Einheimischen mit ihrem Wissen auf die Sprünge helfen können, so wird man Sie dort als “Grammar-Nazi” titulieren, aber nicht, weil Sie jemanden erschießen könnten, der die Grammatik falsch anwendet, sondern weil Sie sich in das Thema richtig eingearbeitet haben, vielleicht sogar etwas übertrieben-korrekt Ihre Sache betreiben.

    Und damit haben Sie sich schon den Titel “Nazi” verdient, egal wo Sie geboren sind, welcher Nation Sie angehören, welche Hautfarbe Sie haben, oder ob Ihre Familie möglicherweise von den Nazis ausgelöscht wurde.

    Dies zeigt, dass bei uns in Deutschland ein wenig bei der Beseitigung der Nazi-Symbole übertrieben wurde.

    Wir müssen die Geschichte und auch ihre uns erhaltenen Objekte bewahren, um aus der Geschichte zu lernen.

    Dabei hilft uns kein “Igitt, ein Hakenkreuz”, sondern nur das Verstehen der menschenverachtenden Ideologie hinter dem Symbol “Hakenkreuz”. Das Symbol kann rein gar nichts für seine Verwendung.

    Ich selbst, politisch eher ganz weit links einzuordnen, fern allen rechtsextremistischen Gedankenguts, würde das Hakenkreuz heutzutage in Deutschland wieder erlauben, weil eine aufgeklärte Bevölkerung, die wir doch zu sein glauben, sich durch den Anblick des Hakenkreuzes meiner Meinung nach nicht zu Nazis wandeln.

    Es gibt viele Nazis in Deutschland, die sicher keinerlei Hakenkreuz-Objekt in ihrem Wohnbereich haben, aber deren Gedankengänge sind dafür tiefbraun gestrichen.

    Vielleicht sind sogar die, die andere für ihr Militaria-Interesse an Objekten aus der Zeit des dritten Reiches kritisieren mit ihren dogmatischen Ansprüchen an “Reinheit vom Hakenkreuz” etwas zu weit gegangen und befinden sich in der geistigen Verwandschaft mit jenen, die Sie glauben bekämpfen zu müssen.
    Auch wenn Sie kein Hakenkreuz tragen, so haben sie es doch ständig im Kopf.

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