Nach fast zwei Dutzend Mensabesuchen machen wir einen Zwischenstopp und beginnen einen kulinarischen Kochkurs für Studenten – fast ohne Gewürze, mit wenigen Zutaten. Es geht um den wahren Geschmack.
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Video: Jürgen Dollase vs. Einheitsgeschmack, Ort: die eigene Küche
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Rezept 1:
Tomatensuppe ohne weitere Zutaten mit 8 Köstlichkeiten
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Tomatensuppe
Zutaten:
1 kg Strauchtomaten
Zubereitung:
Die Tomaten grob würfeln und den grünen Stielansatz entfernen. In einem Mixgefäß portionsweise fein pürieren und die Flüssigkeit in einen großen Topf geben. Erhitzen, bis sie dampft. Wenn die Flüssigkeit zu starken Blasen wirft, etwas Wasser dazugeben. Etwa 30 Minuten (oder auch länger) bei leicht geöffnetem Deckel ganz dezent köcheln lassen. – Dann durch ein feines Sieb in einen anderen Topf passieren und noch weitere 10 Minuten ganz leicht köcheln lassen. Die im Sieb verbliebene Masse weiter verarbeiten (siehe “Tomatentatar”).
„Tomatentatar“
Zutaten:
Reste vom Passieren, Zitrone, Honig, Minze, Basilikum, Korianderblätter
Zubereitung:
Die Masse in eine kleine Schüssel geben und mit einigen Spritzern Zitrone, einem geh. TL Honig und Streifen von Minzblättern, Basilikum und gezupften Korianderblättchen anreichern. Alle Elemente sollten dezent schmeckbar sein.
Acht Köstlichkeiten
(wichtig: die Köstlichkeiten sind einzeln auf den Löffel zu nehmen und durch Suppe zu ergänzen, die Elemente sollen nur auf dem jeweiligen Löffel vermischt werden)
1.
Späne von Parmesankäse, entweder abgehobelt oder mit einem scharfen Messer dünn abgeschnitten.
2.
Warme Kirschtomaten, in heißem Wasser bei etwa 65° ca. 10 Minuten erwärmt, die Haut darf nicht aufplatzen
3.
Kalte Kirschtomaten, direkt aus dem Kühlschrank
4.
Blätter von Basilikum, Minze und Koriander
5.
Geeistes/Gekühltes Olivenöl, dazu das Öl in einem kleinen Behälter bei etwa 4° drei bis vier Stunden vorkühlen. Alternativ etwa 1 Stunde tiefkühlen
6.
Ein Mix aus Cashewnüssen und Pinienkernen
7.
Kalter Sauerrahm, am besten Skyr
8.
Tomatentatar
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Liebe Freunde,
schicken Sie uns Ihre Erlebnisse beim Kochen und Essen! Haben Sie vielleicht eigene Vorschläge für Gerichte, die einfach in der Herstellung sind, aber in irgendeiner Form ein ganz besonderes Esserlebnis ermöglichen?
Schicken Sie sie an leserdialog@faz.de. Videos willkommen!
Einfach, schnell und überzeugend
Lieber Herr Dollase,
Ihr clip hat mich natürlich zum sofortigen Nachkochen animiert. Ganz Bettelstudent habe ich dazu erschwerend die eher mittelmäßigen Supermarkt-Standardtomaten verwendet. Simplex sigillum veri. Das Ergebnis überzeugt vollkommen. Als Anhänger des verehrten W. Siebeck habe ich gerne beim Kochen sein Mantra im Mund geführt „ Tomaten fressen Salz wie Ziegen“. Umso erstaunlicher, dass die Suppe einen derart intensiven Tomatengeschmack PUR aufweist und tatsächlich ganz ohne Salz und anderes auskommt. Ein wunderbares Geschmackserlebnis.
Den anfallenden Tomatenpamps haben wir ganz getrennt von der Suppe, nur mit Basilikum gewürzt, zu Weißbrot, Mozzarella und ein paar Spritzern Olivenöl verzehrt.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Peter Reichmann
Gute Zutaten
..o. Aber , wie von mir ausprobiert und in St Moritz im feinen Restaurant wieder entdeckt, die Kitschtomaten ungekocht ( hier) zur Pasta schnibbeln.
Alles andere, Oel, Hartkaese, wie gewohnt.
..bei mir ..frischer Salbei, leicht geroesteter
Speck aus Tirol….Bueffelkaese…alles geht…
Ich Depp habe alles zusammenpüriert
Naja, fast. Ich hatte das Video gesehen, trotzdem ist es mir passiert: Ich habe damit begonnen, die einzelnen Zutaten in einen Topf zu geben. Gerade noch rechtzeitig gemerkt.
Der Geschmack der Tomatensuppe aus den frischen Tomaten ist der Hit. Hatte immer den Glauben, richtigen Tomatengeschmack bekäme man nur in südlichen Ländern oder aus der Dose. Aber diese Suppe schmeckt super und nicht sauer. Die Säure scheint in den Kernen zu sitzen, weshalb der Honig im Tatar Sinn ergibt. Und man kann mit dem Essen spielen, alles durchkombinieren. Ein empfehlenswertes Rezept.
Die Idee,
die dahinter steckt, finde ich gut. Danke, Herr Dollase! Nur mit den genannten Kosten von 1,70 bis 2 Euro pro Person komme ich da überhaupt nicht hin, zumindest dann nicht, wenn die Zutaten alle beschafft werden müssen und nicht in Küche oder Garten bereits vorhanden sind. Minze, Koriander und Basilikum, die Nüsse, der Käse, Olivenöl, Strauch- und Kirschtomaten. Wie soll das denn gehen?
Beste Grüße!
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Liebe Lea Berger, das ist richtig. Wenn Sie alles neu besorgen müssen, müssen Sie mehr Geld ausgeben – können das Gericht aber vielleicht noch für ein paar Leute mehr machen…Dann rechnet sich es wieder…Auch die Weiterverwendung des Materials in anderen Zusammenhängen spielt natürlich eine Rolle.
Pürieren mit dem Stabmixer?
Sehr geehrter Herr Dollase,
warum stellen sich seit Jahrzehnten italienische Hausmütter und Großmütter hin und nutzen ausschließlich einen Tomaten Passierer und keinen Passierstab für die Verarbeitung der Tomaten?
Meine Antwort:
Sicher nicht weil diese es sich extra schwer und kompliziert machen wollen sondern wegen des Geschmacks. Dieser wirkt durch die Verarbeitung mit dem Stabmixer metallisch und je nach Reifestadium bitter.
Der Ansatz ist meiner Meinung nach gut und schön.
Doch die technische Verarbeitung sollte in Frage gestellt werden dürfen.
Rufen Sis also einfach eine Großmutter von irgend jemanden in Italien an und fragen diese was Sie von dieser Herstellungsmethode hält und warum diese nicht der Tomate und deren Ausarbeitung des Geschmacksprofils dienlich ist.
Es schrieb Ihnen jemand, der teilweise täglich mehr als 12 Stunden täglich bei H. Beck /3 Michelin Sterne in Rom – Italien am Herd stand.
Herr Dollase könnte einmal den Selbstversuch wagen und statt des Stabmixers den Passierer mit Handkurbel bedienen und Stellung beziehen. (Den Kurbel Passierer können sich im übrigen Studenten im übrigen für noch weniger Geld leisten – fast jeder Italiener hat so etwas im Haus)
Mit freundlichen Grüßen
Hubert Fitzek
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Lieber Herr Fitzek, bitte probieren Sie es aus. Bei verschiedenen “normalen” Formen des frühen Passierens haben Sie weder viel von der Haut noch viel vom Kerngehäuse und den Kernen. Die Bitternoten der Kerne spielen offensichtlich beim Geschmack ausschließlich eine überraschend positive Rolle. Vielleicht kennen Sie ja die Kernöle von der Essigmanufaktur Gegenbauer – darunter ein Tomatenkernöl…Und – die Sache mit den Großmüttern sollte uns nicht vom Denken abhalten. Warum, wieso und weshalb in früheren Zeiten bestimmte Dinge gemacht wurden und sich dann gehalten haben, muß nicht immer etwas mit einer bestimmten Qualitätsvorstellung zu tun haben.
@Dollase Antwort
Sehr geehrter Herr Dollase,
bitte nicht missverstehen. Ich gebe nach dem Passiervorgang mit Kartoffelpresse der frischen Tomaten die Tomaten mit Haut und Kernen so wie Sie in den Topf. Das einzige was ich ändere ist die Art der Zerkleinerung der Tomaten.
Das Passieren mittels Mühle lässt sich im Nachhinein gestalten. (Ich gebe kein Wasser hinzu und halte mich ansonsten 1:1 an Ihre Anweisungen und ändere außer dem Mixvorgang keinen einzelnen Parameter)
Wenn wir also ausschließlich den Parameter bzw. die Art der Zerkleinerung der Tomaten ändern, erhalten wir ein gänzlich anderes Ergebnis.
Ich könnte es auch so erklären: Kaltgepresstes Olivenöl schmeckt eben anders. (Die Umdrehungen eines stabmixers sind so hoch das Reibung und Hitze Auswirkungen auf den Geschmack nehmen – und in meinen Augen eher zum geschmacklichen Nachteil.
Wenn es Ihnen recht ist, mache ich ein wirkliches Experiment und schreibe Ihnen das Ergebnis im nächsten Bericht von Ihnen. Und ich bin jeder Zeit bereit meine Sicht der Dinge zu überdenken. Ich habe “Modernist Cuisine” verinnerlicht Herr Dollase.
Hier meine Herangehensweise:
Ich werde eine Sorte Tomaten kaufen und diese hochkant halbieren. So bekommt jeder Topf die gleichen Geschmacksträger zugewiesen im gleichen Mengenverhältnis.
Von nun an werden bis auf den Parameter des Mixens oder passieren bzw. Pressen inklusive der Verwendung der Haut und Pulpa/ Samengehäuses alle Zutaten gleich behandelt. Das Pressen oder Passieren mittels Mühle dient einzig und alleine der Gewinnung von Saft damit ich die Tomaten als Ganzes ohne Zugabe von Wasser garen kann.
Wetten,dass die Großmutter die den Stabmixer auch kennt recht behält ? Falls nicht stehe ich dazu und korrigiere es schriftlich.
Die Verkostung findet mit verbunden Augen statt. 5 Schüsseln mit Tomatensuppe , 5 Löffel, meine Frau füttert mich. 2 der 5 Proben sind identisch. Ich muss alle heraus schmecken.
Eigentlich könnten Sie sich diesen Spaß auch gönnen.
Antwort folgt beim nächsten Beitrag von Ihnen. (Ein Video davon von mir mit verbundenen Augen an die FAZ Redaktion zu schicken muss ich ernsthaft überdenken wäre aber dazu bereit wenn Sie es auch täten)
Endlich mal eine lustige und sinnvollen Stadtwette für den guten Geschmack.
Es grüßt herzlichst
Hubert Fitzek
Wer Spaß am guten Kochen hat, dem gelingt fast alles.
Ein wirklich gutes Rezept und ein guter Ansatz, das Supermarktregal nicht zu verlassen. Schließlich nützen niemanden Zutaten aus Schickimiki-Feinkostläden, die aus der Tomatensuppe eine 100 Euro Angelegenheit machen. Auch die Bio-Hype ist übertrieben, weil auch der Lieferant des Supermarktes gute Qualität liefert – warum sollte er auch Müll anliefern, der will ja nächste Woche auch noch sein Obst- und Gemüse verkaufen.
Wichtig ist, daß man gut kochen will und sich nicht gezwungen sieht irgend etwas auf den Tisch zu stellen, was schnell geht und irgendwie satt machen muß. Das fängt mit den Zutaten an und hört bei der Zubereitung noch lange nicht auf.
Kochen ist ein Ereignis für alle Sinne mit Belohnung beim Essen.
Das beschriebene Rezept ist so gut, weil es einfach ist und die Suppe eine Basis für Varianten bietet. Konkret entsteht so ähnlich meine Nudelsoße, hier kommen zu den oben beschriebenen Zutaten Zwiebeln, Knoblauch, Rinderhack und eine Spur Chilli hinzu.
Wichtig ist, niemals totkochen!
Lieber Polpa statt Passata
Hier nur als Ergänzung: Seit vielen Jahren verwende ich von der guten italienischen Marke statt PASSATA praktisch nur noch POLPA*, die bringt einfach mehr Geschmack; oder eben PELATI. Dabei ist doch das leckerste das die Samen umgebende Gel in den Kammern der Beeren. (Ich kann schwer nachvollziehen, dass so viele Köche das völlig unbeachtet lassen.)
* Dabei werden die Tomaten kalt zerkleinert und dann in der Dose pasteurisiert.