Blogseminar

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Diskutiert werden das Leben der Studierenden, aktuelle Fragen der Hochschulpolitik sowie die Zweiheit von Forschung und Lehre.

Pizza ohne Pizza: Dollase vs. Mensa (31)

In dieser Rezeptfolge handelt es sich um ein Psycho-Gericht. Der Gaumen meldet andere Reize, als das Gehirn erwartet. Am Schluss sind aber beide zufrieden mit diesem abgewandelten Klassiker.

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Video: Jürgen Dollase vs. Einheitsgeschmack, Ort: die eigene Küche, Rezept: “Pizza ohne Pizza”

Die ersten fünf Folgen unseres Kochkurses für Studenten finden Sie hier.

Alle bisherigen Mensatests finden Sie hier.

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Liebe Freunde,

in dieser letzten Rezept-Folge von „Dollase vs. Mensa“ geht es um einen Hauch von Psycho-Küche. Bei meiner „Pizza ohne Pizza“ fehlt das Brot/der Boden, also das, was uns oft schon aus größerer Entfernung erkennen lässt, dass es sich um eine Pizza handelt. Dem Gaumen macht der fehlende Boden aber anscheinend wenig. Es schmeckt wie Pizza, und irgendwie sieht es ja auch wie Pizza aus – nur eben ohne den Teig darunter. In dieser Gegend öffnet sich ein interessantes Feld. Was wäre, wenn es nicht so aussähe wie ein Pizza-Belag, aber trotzdem wie Pizza schmecken würde? Wenn also zum Beispiel eine Dekonstruktion vorläge? Vor vielen Jahren gab es einmal dekonstruiertes Gemüse aus der Hand des berühmten spanischen Avantgardisten Ferran Adria. Er präsentierte auf dem Teller ein paar Geleestreifen in unterschiedlichen Farben und jeweils mit dem Aroma einer anderen Gemüsesorte. So etwas zu essen, ohne zu wissen, was es ist, brachte damals dann schon einige Gäste ins Grübeln.

Ganz anders arbeitet der Kopf in folgendem, weit verbreiteten Fall, den viele Köche kennen und oft genug beklagen. Wenn sie einen „Kalbskopf mit Vinaigrette“ (oder einer Sauce Ravigote) auf die Karte setzen, ist das für viele Gäste ein absolutes „No-Go“ – vielleicht weil sie tief im Innern die Befürchtung haben, da würde ein kompletter, sehr bleicher und sehr tot aussehender Kalbskopf hereingetragen. Serviert man den Gästen aber z.B. eine „Kalbskopfpraline“ als Kleinigkeit vor dem Essen und sagt nicht dazu, was es ist, bekommt man oft die Nachfrage: „Was war das denn, das schmeckte aber lecker!“ (eine solche „Kalbskopfpraline“ sieht meist aus wie eine Krokette und ist mit einer Art Hack von verschiedenen Teilen des Kalbskopfes gefüllt). Wenn der Kopf nicht durch irgendwelche merkwürdigen Vorerfahrungen blockiert ist, reagiert er oft sehr vernünftig. Das ist genau wie im richtigen Leben.

Sie können auch in ihrer WG mal einen einfachen, weiterführenden Versuch machen, und zwar zum Beispiel mit dem Kartoffelpüree vom Vortag (es sollte gut kleben und etwas fester sein), das sie zu Kugeln formen und panieren (also erst in Mehl rollen, dann in geschlagenem Ei, dann in Paniermehl, bis die Kugeln ganz von Paniermehl bedeckt sind. Diese Kugeln werden dann in heißem Fett leicht kross und braun ausgebacken). Soweit die Technik. Der Gag: drücken Sie vorher eine Füllung in die Kugeln. Vielleicht Leberwurst oder geräucherten Fisch oder ein Stück Haribo-Lakritz oder einen kleinen Wurstwürfel. Ihrer Phantasie sollten Sie da keine Grenzen setzen. Ihre Gäste bekommen dann Kugeln und kennen den Inhalt nicht. Selbstverständlich sollten sie die Kugeln ohne Zögern in den Mund stecken … und dann raten. So oder ähnlich kann man sehr viel spannende Dinge ausprobieren.

Nun aber noch die Rezepte von heute:

Zum Gratinieren brauchen Sie irgendeine Gratin-Form. Die Mengen können Sie leicht variieren. Meine Angaben beziehen sich auf die verwendeten kleinen Formen von etwa 15 – 18 cm Durchmesser.

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Margherita

Parmesan: gute Qualität von ca. 18 – 24 Monaten Reife. Mit einer feinen Reibe (Microplan) soviel reiben, daß der Boden der Form etwa 2 cm hoch gefüllt ist. Haben Sie keine so feine Reibe, brauchen Sie etwas weniger Käse

Tomaten-Passato: Fäden von einem handelsüblichen Passato. „Fäden“ entstehen, wenn man den gefüllten Löffel eher zügig über die Fläche verteilt.

Olivenöl: Fäden von einem eher stark fruchtigen Olivenöl (stark-fruchtig bedeutet, daß es deutlich nach reifer Olive schmeckt)

Basilikum: Streifen oder kleine Blättchen

Zur Abrundung des fertigen Gratins: Basilikum, Tomatenwürfel, halbe Kirschtomaten

Zur Fertigstellung den Ofen auf maximale Oberhitze aufheizen. Die vorbereitete Form auf das oberste Rost stellen und so lange gratinieren, bis sich im Innern der Form an den Rändern erste braune Röstspuren vom Käse entwickeln. Vor dem Servieren 5 Minuten (oder etwas mehr) abkühlen lassen, damit das Gratin auch leicht krosse Partien entwickelt.

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Napoli

Parmesan: wie oben

Passato: wie oben

Tomatenwürfel: einige Würfel von ca. 6 – 8 mm Kantenlänge

Oregano/Majoran: kleine Blättchen, etwa 1 TL

Kapern: 1 TL kleine Kapern (also nicht die großen Kapernbeeren)

Oliven: ca. 4, in drei bis 4 Stückchen zerteilt

Sardellen: 2 – 3, halbiert oder gedrittelt

Junger Knoblauch (optional): kleine Stückchen von etwa 3-4mm Durchmesser. Es geht nur junger Knoblauch, weil die Garzeit sehr kurz ist. Älterer ist fester und würde mehr oder weniger roh bleiben.

 

Ich wünsche viel Vergnügen!

Ihr Jürgen Dollase

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