In der zweiten Folge unseres Kochkurses für Studenten widmen wir uns der Bratwurst. Die Zutatenliste passt wieder auf einen Bierdeckel. So schnell kommt ein Hauch von Haute cuisine in die Pfanne.
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Video: Jürgen Dollase vs. Einheitsgeschmack, Ort: die eigene Küche, Rezept: “Bratwurst ländlich”
Die erste Folge unseres Kochkurses für Studenten finden Sie hier.
Alle bisherigen Mensatests finden Sie hier.
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Liebe Freunde,
auch in dieser Folge geht es wieder um Aspekte einer modernen Sensorik, wie man sie erst seit relativ kurzer Zeit in der „Haute cuisine“ findet. Insofern befassen wir uns mit der Denkweise bester Küche – wie ich das mit einem kleinen Augenzwinkern im Vorspann des Videos sage. Angewandt werden diese Aspekte hier auf ganz einfache Produkte, wie man sie überall kaufen kann und mit Kochtechniken, die quasi keinerlei Vorkenntnisse oder einen größeren Gerätepark voraussetzen.
Es geht um die wunderbare Wirkung von Röstnoten, die vor allem dann gut zur Geltung kommen, wenn man sie ohne zusätzlichen Einsatz von Salz und Pfeffer verwendet, und erst recht – wie hier – in einem Zusammenhang von rohen und gegarten, von warmen und von kalten Zutaten. Da Sie vermutlich noch nie etwas in dieser Art gekocht haben, werden Sie überrascht sein, wie ein Gericht, das nach diesen Prinzipien zubereitet wird, tatsächlich schmeckt.

Hier die Einzelheiten:
(die Mengen sind für eine große Pfanne angegeben, eine solche Portion ergibt ein kleines Gericht für 2 Personen oder ein großes für eine Person. Das Aufteilen der Zubereitung auf mehrere Pfannen für eine größere Anzahl von Personen ist nicht sinnvoll, weil es zum Abrunden des Aromas wichtig ist, dass die Elemente gemeinsam in einer Pfanne garen).
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Zutaten und Vorbereitung
Bratwurst: handelsübliche Bratwurst, am besten „natur“ ohne deutliche Gewürzmischungen etc., keine Curry-Würste oder Grillwürste mit einer homogenen Masse. In etwa 3 cm lange Stücke schneiden.
Kartoffel: vier bis fünf mittlere, eher längliche Kartoffeln, geschält und in „Bratkartoffel-Scheiben“ von etwa 4-5 mm Dicke geschnitten.
Bohnen: eine handelsübliche, kleine Dose mit möglichst großen Bohnen. Den Inhalt in ein Sieb schütten, abspülen und abtropfen lassen.
Bauchspeck: Von einem leicht geräucherten Bauchspeck, etwa die Menge von 1 geh EL Würfel schneiden
Gurken für die Pfanne: 2 kleine Gartengurken. Die Enden abschneiden, die Gurken halb schälen (also immer einen Streifen Grün stehenlassen, bringt Geschmack und Farbe), quer halbieren und dann die Stücke längs halbieren.
Gurken für das Gurkenpüree: 2 kleine Gartengurken. Die Enden abschneiden, die Gurken halb schälen und in grobe Würfel schneiden.
Weitere Zutaten
Etwas Olivenöl, etwas Sahne und Milch, Wildkräuter und Kräuter der Saison.
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Zubereitung
Etwas Olivenöl in der Pfanne nicht zu stark erhitzen. Wurststücke hineingeben (etwa ¼ der Pfanne), dann die Kartoffelscheiben (etwa ½ der Pfanne) und etwas später (wenn Wurst und Kartoffeln schon Röstspuren zeigen) die Gurkenstücke mit der Innenseite nach unten. Alle Teile regelmäßig bewegen und wenden, um möglichst gleichmäßige Röstspuren zu erzielen. Die Gurkenstücke werden weitgehend nur auf der Schnittseite geröstet und nur gegen Ende kurz einmal umgedreht.
Wenn die ersten Kartoffeln klare Röstnoten haben, einen Teil (etwa die Menge von 2 EL) entnehmen und in einem Mixbecher mit einem Mixstab und ein wenig Sahne und Milch pürieren. Die Milch sorgt dafür, dass die Sauce nicht zu cremig wird. – Die Gurkenstücke für das Püree ohne weitere Zutaten ebenfalls mit einem Mixstab pürieren.
Die Wurststücke sind fertig, wenn sie rundum Röstnoten haben. Die Kartoffeln dürfen ungleichmäßig (aber nicht schwärzlich) geröstet sein, die Gurkenstücke auf der Schnittseite deutlich und dunkel angebraten.
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Anrichten
Die Elemente „auf Lücke“ anrichten – mit der Wurst beginnend. Es sollen sich ganz unterschiedliche Zusammenstellungen ergeben, die beim Essen dann dafür sorgen, dass quasi jeder Bissen etwas anders schmeckt.
Das Gericht mit locker verteilten Wildkräutern und Kräutern der Saison beenden. Löwenzahn, wilde Rukola, junger Fenchel, Pimpernelle etc. schmecken in diesem Zusammenhang so, als würden sie hierhin gehören…
Viel Freude beim Nachkochen, mit den besten Grüßen,
Ihr Jürgen Dollase
PS. Schicken Sie uns Ihre Erlebnisse beim Kochen und Essen! leserdialog@faz.de
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Dieses Rezept findet sich auch in Jürgen Dollases neuem Buch “Pur, präzise, sinnlich: Ganzheitlicher Genuss – die Zukunft des Essens”, AT Verlag 2017, 280 S.
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Sie haben auch ein einfaches Rezept für ein außergewöhnliches Geschmackserlebnis? Laden Sie Ihr Video bei Dropbox, WeTransfer oder auf Plattformen wie YouTube und Vimeo hoch und senden Sie den Link an leserdialog@faz.de.
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Danke und weiter so!
Ich schließe mich einer Vorkommentatorin an: während die Mensa-Tests keinen großen Wert für mich hatten, sind die letzten Videos eine echte Bereicherung. Man lernt etwas Nützliches dabei UND die Rezepte sind im Alltag leicht nachzukochen. Toll! Danke und gerne weiter so, Herr Dollase!
danke
tolles Gericht, wir waren über den Geschmack einiger Zutaten sehr überrascht (positiv). Hat viel Spaß gemacht.
mehr davon..
Mich würde ja schon mal interessieren, ...
… wo der Autor seine Zutaten z. B. die “ultimative Bratwurst vom Land” so einkauft …
Titel eingeben
Lieber René Artois, ich selber benutze diesen Ausdruck für die Bratwurst nicht. Bei mir ist der Titel nur “Bratwurst, ländlich” (ich habe auch noch eine mediterrane Version und diverse andere Versionen…). Sie stammt aus dem Handelshof Mönchengladbach, hat also eine gute, professionelle Qualität und ist nicht aus einer irgendwie geheimen Spezialquelle. Die Verwendung solcher “normaler” Produktqualitäten gehört zum Konzept
Ja, mehr davon!
Kann mich nur Andrea anschließen. Die derzeit beste Koch- und vor allem Geschmacksschule – kein Vergleich zu den “Shows” im TV und all den vielen Social Media Channels. Ich bekomme Einstiegsrezepte, die ich einfach, mit überall verfübaren Zutaten, nachkochen kann; ich erfahre, warum bestimmte Dinge genau so verwendet und ins Gericht eingebaut werden; und ich werde dazu animiert bewusster zu essen. Die Tomatensuppe war klasse; die Bratwurst wird ebenfalls ausprobiert! Danke und bitte weiter so!
Ein Zubereitungs Buch a la Dollase
Ich denke, wir sollten dem Mann Mut machen, ein Zubereitungs Buch zu entwerfen und eben kein Koch Buch. Herr Dollase dürfte wie kein anderer die alltägliche Kochheraussforderungen des Durchschnittsbürgers verstehen und auf der anderen Seite das beste und sinnvollste aus der teils besternten Küchenlandschaft im Hinblick auf die Zukunft einfließen lassen.
Sehr wohl sollte dieses Zubereitungs Buch endlich dem Zeitfaktor des Anrichtens berücksichtigen:
Immer für 4 Personen:
– Mengenangaben ausschließlich in Gramm.
– Ausgangstemperaturen der Zutaten
– Garzeit
– Art der Hitze
– Temperatur
– Differenzierung zwischen Salzigkeit /Salz /Koscher Salz etc.
– eine Festlegung auf eine Maximalzahl an Komponenten.
– Einkaufskosten gemessen am Mc Donalds Big Mac Index (um in späterer Folge auch die Preise neu anpassen zu können für den Bürger, der das Büchlein auch 10 Jahre später noch verwenden möchte.
– Lebensmittel Marken und Hersteller sowie säuregrade sollten ganz genauso gennant werden dürfen
– eine digitale Ausgabe des buches die die Preise jährlich einmal anpasst gegen update Gebühr.
Sag mir einer wo mein Denkfehler ist und warum so etwas bisher nicht gemacht wird.
Meine Profi Küche inkl Sousvide, Dampfgarer und Apic Foto Station steht Herrn Dollase ernsthaft frei zu Verfügung.
So. Jetzt Urlaub.
Mit freundlichen Grüßen
Fitzek
Lecker, auch für Fastfood Teens
Wir sind zwar keine Studenten-, aber momentan Männerwirtschaft. Gesten haben wir das Rezept ausprobiert. Lecker! Besonders die Gurkensosse ist bei meinem 14-jährigen Pubertier extrem gut angekommen. Salzen mussten wir aber schon. Wir haben mit Schnittlauch und Maggikraut aus dem Garten gewürzt. Passt super!
Mehr davon!
Also, ich fand die übrigen 23 Mensa Artikel nicht zu gebrauchen – aber solche Beiträge wie dieser und der vorige sind eine echte Bereicherung!
Ich hoffe sehr, dass sie am Ball bleiben und uns mit weiteren kulinarischen kniffen den Tag versüßen!
Vielen Dank!
P.S.: was ist eigentlich aus der Tomatensuppe-Blindverkostung (Zauberstab/Handrührgerät) des Herrn Fitzek geworden…?
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Liebe Andrea, ich weiß nicht, wie das weitergegangen ist mit dem Test. Mittlerweile habe ich aber eine ganze Menge Rückmeldungen zu der Tomatensuppe, darunter solche, die sehr skeptisch waren und sich aber überzeugen ließen…
Noch ein Detail: wenn man die Suppe ein paar Minuten stehen läßt, wird man beobachten können, daß sie sich teilt. Unten rote Feststoffe, oben eine klare Flüssigkeit, das sogenannte Tomatenwasser. Dieses Wasser ist in der Spitzenküche häufig im Einsatz, z.B. wenn man ein weißes Tomatenmousse o.ä. macht. Es wird üblicherweise gewonnen, indem man Tomaten grob hackt und in ein Sieb gibt, das mit Gaze ausgelegt ist. Das Ganze kommt über Nacht in den Kühlschrank, und am morgen hat man dann eine klare Flüssigkeit. Bei der Tomatensuppen-Technik bekommt man einen ganz ähnlichen Effekt, aber durch das Pürieren intensiver und eben vor allem einfacher und schneller
Antwort Andrea bezüglich Tomaten pürieren
Ich habe keine Antwort auf meinen Vorschlag erhalten. Aber probieren Sie es einfach selbst und erzählen uns davon.
Das was Herr Dollase uns hier heute mit der Bratwurst anbietet ist in vielerlei Hinsicht fantastisch: Einkaufspreis, Aromatik, Röstaromen noch und nöcher, das Spiel mit Konsistenzen, der Aufbau auf dem Teller, Nöhrstoffe, Minimalismus at it s best. Eigentlich darf etwas ganz besonderes daraus lernen. Es sind mehrere deutsche alte Klassiker auf einem Teller zusammengefasst. Wir haben die Bratwurst der durch die Schnitttechnik ein Mehr an Röstaromen verliehen wird, die Kartoffeln (der uralte Tradtionsbaustein unserer deutschen Küche) die mittels angepasster Schnitttechnik ebenfalls gleichzeitig Ihren Garpunkt mit den Würsten erreichen können, >klassische Bratkartoffel sozusagen (ohne Zwiebel), dann die Bohnen mit Speck. Statt Gurkensalat gibt es geröstete Gurken mit Schale, gurkenpüree dass weit entfernt an eine Gazpacho erinnern kann, Röstkartoffelnpürree Sauce die wie schon betont an das klassische Püree erinnert. Ja Herr Dollase. Ich habe einen heiden Respekt vor Ihnen und ihrem Intellekt im Bezug auf Speisen und Zutaten Kunde. Ich erfreue mich sehr daran und hoffe dass sich Herr Dollase spätestens jetzt auch von meiner Seite her verstanden fühlt. >nur das mit dem Tomaten und Stabmixer werden wir nie heraus finden. Beste Wünsche an alle hier. Ab in den Urlaub ohne Uhr
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Mein Mund wird jetzt schon wässrig.
Danke!
Ich druck mir’s aus und leg den Zettel in die Küche: für’s nächste Mal.
Video gucken!
Bohnen mit Speck sind im Video erläutert. Der Speck sorgt mitsamt der Bratwurst dafür, dass auf Salz verzichtet werden kann (Nachsalzen und -pfeffern geht immer). Nach meinem Dafürhalten müssen die rohen Kartoffeln aber sicher länger braten als die Wurst, um gar zu werden. Auch auf eine grobgeschnittene Zwiebel (oder paar ganze kleine Schalotten), etwa zeitgleich mit den Gurken in die Pfanne, würde ich hier nur ungern verzichten.
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Lieber Herr Seifert, das mit dem Fleisch und den Kartoffeln geht bei dieser Dicke der Scheiben unproblematisch. Ich verstehe Ihre Anmerkung in Richtung Zwiebeln und in Richtung Nachwürzen, möchte aber darum bitten, einmal wirklich die Röstnoten und die Kalt-Warm-Kontraste und die Roh-Gegart-Kontraste auf sich wirken zu lassen. Es ist einfach ein pureres (gibt es das Wort?) Geschmacksbild, als wenn wieder ein eher neutraler Würz-Bodensatz installiert ist
Bratwurst Grob oder Fein
??
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Lieber Peter Keul, im Zweifel eher grob als fein, ich habe die Erfahrung gemacht, daß die grobe meist breiter und vielfältiger schmeckt
Es waren
frische, grobe Bratwürste in dem Film zu sehen.
Die Bratwurststücke so oder etwas kleiner und zu kleinen Bällchen geformt,
passen hervorragend auch zu Eintöpfen. Aber auch da, vorher anbraten.
KLasse Rezept
Aber wohin mit den Bohnen und dem Bauchspeck ?