
Als unser kleiner Sohn neulich Geburtstag hatte, wünschten wir uns eine Puppe für ihn. Eine, die er in die Badewanne mitschleppen, der er ein Mützchen aufsetzen oder, wie kürzlich geschehen, der er eine Windel anziehen kann. Eine Puppe eben. Nichts Besonderes, eine normale, glatzköpfige Babypuppe.
Bei einer Person in unserem Umfeld zeigte sich jedoch ein gewisser Widerstand, dem Jungen eine Puppe zu schenken. Eine Puppe für einen Jungen? Müsse das sein? Warum denn – und überhaupt? Also vergaben wir den Schenkungsauftrag an eine andere Person, die damit kein Problem hatte. Zum Glück waren das in unserem Familien- und Bekanntenkreis alle anderen.
Wir waren überrascht über das Comeback solcherlei Geschlechterklischees. Was fürchten denn Menschen, die einem Jungen eine Puppe schenken? Dass er sofort und unwiderruflich zum Mädchen umfirmiert? Ein rosa Kleidchen ordert – und sich Spängchen in die Haare macht? Oder ein drittes, viertes oder achtes Geschlecht für sich entdeckt – und zum Transmenschen wird?
Es mag eine extreme Einzelmeinung gewesen sein, aber sie passt in die Zeit. Der Begriff „Gender“ ist ja derzeit so etwas wie ein Brandbeschleuniger für die lodernde Wut mancher Menschen. Er meint die gesellschaftlich geprägten Geschlechterrollen, nicht das biologische Geschlecht. In unserem Fall also zum Beispiel die Behauptung: Ein Junge spielt nicht mit einer Puppe, das ist Mädchenkram. Andere Beispiele: Ein Junge tanzt kein Ballett, das ist unmännlich. Oder trägt keine Ohrringe. Zeigt keine Gefühle. Weint nicht. Und ein Mädchen? Soll sich eher ums Häusliche kümmern, nicht zu viel Karriere machen. Nicht raufen und toben. Mädchen sind dafür fleißig und folgsam. Jungen eher praktisch veranlagt und schwächeln beim Lerneifer.
Zwar würden die wenigsten in unseren Breitengraden solche Sätze offen formulieren. Aber manche Erziehungsstile und vermittelten Werte speisen sich aus Glaubenssätzen, die ihren Urhebern mehr oder minder bewusst sind. Das aufzudecken ist die Aufgabe, die sich Anhänger von Gender Mainstreaming gestellt haben – sie stellen die kulturellen Rollenvorstellungen auf den Prüfstand. Kritiker werfen ihnen vor, dass sie das biologische Geschlecht bis zur Unkenntlichkeit dekonstruieren und damit kleinreden. Seitdem es Gender Mainstreaming in Universitäten und EU-Texte geschafft hat, ist ein regelrechter Kulturkampf zwischen Anhängern und Gegnern entstanden.
Zu Recht? Zu Unrecht? Tut mir leid, aber mit diesem Kampf ist diese kleine Kolumne überfordert. Und ich auch. Trotzdem, die Puppe gibt einen klitzekleinen Hinweis, was an Gender bedenkenswert ist – und was mir überdreht scheint.
Kennen Sie die Bewegung „Gender Creative Parenting“? Das sind Eltern, die ihr Kind geschlechtslos erziehen wollen. Das Kind ist biologisch Junge oder Mädchen, aber ihm sollen darüber hinaus die gesellschaftlichen Attribute, die als männlich oder weiblich gelten, in den ersten Lebensjahren erst einmal erspart bleiben. Es soll frei von Rollenklischees – und damit unbelastet – die ersten Schritte tun, das erste Wort sprechen und die ersten Freundschaften schließen. Das Babyzimmer bleibt also weiß, ein pinker oder blauer Anstrich muss warten.
Mir kommt das unheimlich konstruiert vor, zumal die Umsetzung wirklichkeitsfremd scheint. Kinder können relativ früh zwischen Männern und Frauen unterscheiden, die Geschlechterfrage ist für sie eine frühe Schublade, die die Wirklichkeit stabilisiert. Und, gerade bei Kindern nicht unwichtig, sondert man die Kleinsten damit nicht unnötig aus in einer Welt, die stark auf Geschlechterkategorien setzt?
Der Grundgedanke allerdings ist sympathisch. Die biologischen Unterschiede sind ohnehin da, sie sind nicht veränderbar. Und zu häufig nutzen manche sie dazu, Althergebrachtes zu zementieren und als alternativlos darzustellen. Künstlich betonen muss man sie nicht. Die sozialen Geschlechtszuschreibungen aber sind veränderbar – und deshalb kritikfähig. Sich als Eltern vorzunehmen, nicht jedes Klischee beim eigenen Nachwuchs mitzunehmen, kann so falsch nicht sein. Wenn die Gender-Debatte extremistisch geführt wird, würde ich mich allerdings gleich wieder gerne abmelden.
Die Puppe für den Jungen ist mein vorsichtiger Versuch eines Kompromisses auf dem Gender-Minenfeld. Im Kleinkindalter soll der Kleine eine möglichst breite Palette an Erfahrungen und auch mögliche Zuschreibungen kennenlernen. Schmalspurgänger, die ihm verordnen, wie er zu sein hat oder was er zu lassen hat, sind da nicht gefragt. Das gilt für beide Seiten – die Genderisten und die Genderhasser.
Zumal gesellschaftliche Stempel ohnehin volatil sind. Bei den Germanen galten lange Haare bei Männern als schick, während sie später in der aufkommenden Bürgerlichkeit als verpönt galten, um dann bei den Achtundsechzigern zum gegenkulturellen Symbolschnitt zu avancieren. Heute gilt die Farbe Rosa für Mädchen quasi als naturgegeben, was Unsinn ist. Schrecklich, wie viele junge Eltern darauf hereinfallen! Rosa war lange Zeit eher die Farbe von Jungen und Männern, das „kleine Rot“ hatte den Ruf, ausgesprochen männlich zu sein, während Frauen Blau trugen. Mit dem Aufkommen der blauen Arbeiterkleidung wechselte die Farbgebung ins Gegenteil – und manche tun so, als sei das immer schon so gewesen. Oder haben Sie schon einmal Bilder aus dem Kaiserreich gesehen, auf denen die kleinen Jungs Kleidchen tragen?
Abseits dieser Äußerlichkeiten geht es um den Horizont möglicher sozialer Verhaltensnormen. Eine Puppe – gilt es sie nicht zu hegen und zu pflegen? Und, Achtung, rhetorische Frage: Sind das nicht alles Zuschreibungen, die vor allem für die späteren Mütter gelten? Wohl kaum, wenn ich mir meinen heutigen Alltag anschaue: Längst ist die Kinderbetreuung nicht nur Muttersache. Wenn eine Puppe also für die frühkindliche Horizonterweiterung gut ist, umso besser. Wenn sie einfach nur zum Spielen da ist, reicht das aber auch.
Sind die Leute doof, oder was?
Unser Sohn bekam schon vor 47 Jahren eine Puppe geschenkt, samt Puppenwagen. Beides liebte er heiss. Wie kann man denn über solche Banalitäten oder Selbstverständlichkeiten heutzutage auch nur diskutieren?
Also wenn Sexualität im Kopf begründet wird, dann braucht es nicht so vieler Worte
Oder könnte es nicht sein, dass Homosexualität schon durch solche Verhaltensweisen begründet wird. Vielleicht sollte gelegentlich darüber nachgedacht werden womit man was auslösen kann. Auch wenn uns die Anhänger bestimmter Verhaltensweisen immer etwas anderes einreden wollen.
Ich hätte die Puppe auch nicht gekauft
Nicht wegen der Puppe. Wenn das Kind mit einer Puppe glücklich ist, dann ist das halt so.
Der Grund, warum ich sie nicht gekauft hätte, ist „mein vorsichtiger Versuch eines Kompromisses auf dem Gender-Minenfeld“. Warum, Herr Benninghoff, haben Sie dann die Puppe nicht einfach selbst gekauft? War es etwa leichter, nicht selbst als der Depp dazustehen, wenn das Geschenk beim Kind nicht ankommt, wie das so oft bei pädagogisch wertvollem Kram der Fall ist?
Wenn ich für Kinder von Freunden einkaufe, dann gehe ich mit denen in den Spielzeugladen und lasse sie aussuchen. Das erfreut regelmäßig die Eltern weniger und die Kinder mehr, weil das Ergebnis entweder laut oder nass ist.
Eltern haben das Recht und die Pflicht, auf ihre Kinder Einfluß zu nehmen. Dann sollten sie aber dazu stehen und nicht irgendwelche Freunde oder Verwandte vorschicken.
"... wünschten wir uns eine Puppe für ihn". Die Frage ist: Was wünscht sich denn der Junge?
… Falls er es denn schon sagen kann. Anders gefragt: Dient das Spielzeug zur Erfreuung des Kindes oder zur ideologischen (Um-)Formung? Im Artikel scheint mir eher die Erfreuung des Jungen im Vordergrund zu stehen.
Bei „Gender Creative Parenting“ (sollte eher „Gender Hostile Parenting“ heißen) steht dagegen mit ziemlicher Sicherheit die Ideologie über der Erfreuung des Kindes. Biologie und Hormone haben eben Auswirkungen auf Temperament, Charakter und oft auch Vorlieben.
Das Problem würde m. E. da anfangen, wenn ein Junge eine Puppe hat und nicht damit spielen will, weil er Bauklötze lieber mag, und die Eltern ihn gendergerecht das Puppenspiel aufnötigen würden. Weil die Eltern sich vielleicht ein Mädchen gewünscht haben und nun unbewusst den Jungen in diese Rolle zwängen.
Wenn der Junge ein Schwesterchen oder das Mädchen ein Brüderchen bekommt, wird das Repertoire an Spielzeug auch bei Eltern, die in dem Bereich klar zwischen Junge und Mädchen unterscheiden, oh
Puppen für Jungs, Werkzeugkasten für Mädchen
im zarten Alter von 3 Jahren, kamen meine Eltern auf die Idee, mir eine Puppe (weiblich, mit langen, blonden Haaren) zu Weihnachten zu schenken.
Als dann 2 Tage später, die Puppe in Ihre/seine Bestandteile zerlegt im Kinderzimmer versteut herumlagen, hatte sich das Thema „Puppe“ erledigt.
Von da an, gab es nur noch Lego, Fischer Technik & co und das war auch besser so 😉
Kurzum: Kinder sind zu wertvoll um sie zu Objekten
der Experimente von GenderideologInnen zu machen. Diese Damen und Herren sollen einfach die Finger von denen ihnen zur Obhut und Fürsorge überlassenen Kleinen lassen. Und ein Blick in Art. 6 GG würden auch nicht schaden.
Die sozialen Geschlechtszuschreibungen sind nicht etwa "veränderbar",
sondern Quatsch. Nicht ohne Grund lautet der wissenschaftliche Terminus für das „Gender Mainstreaming“ ja auch „Genderquatsch“. Wenn ein Junge mit Puppen spielen will – soll er. Wenn ein Mädchen mit Autos spielen will – soll es. Aber was machen die Genderkreativen statt dessen? Den Kindern werden Rollen aufgedrängt, welche nicht zu ihnen passen, welche sie nicht wollen. Die Folge sind psychische Störungen in noch nie dagewesenem Umfang. Genderquatsch ist menschenfeindlich, insbesondere kinderfeindlich. Lassen Sie das!
vor ein paar Wochen erzählte eine Freundin, wie sehnsüchtig sie sich
Spielsachen zum Bauen und Konstruieren gewünscht hätte, aber immer mit Puppen beschenkt wurde. Die lagen dann meist relativ unbeachtet rum, die Sehnsucht blieb. (das war in den 50ern)
Gender und so
Das Problem am Genderismus ist nicht das Jungen nicht mit Puppen spielen oder keine Röcke tragen dürfen, sondern die weitgehende Verleugnung des Menschen als biologisches Wesen. Sehr zu empfehlen ist die humoristische Abhandlung von Harald Eia „Genderparadoxon“. Die ist zwar schon in die Jahre gekommen, zeigt aber die Grundproblematik auf.
Mein Eindruck ist, vieles, was heute Gender“wissenschaft“ heißt, läuft so: Wir suchen uns ein Thema. Dann wird das Ergebnis formuliert. In der Regel nach dem Schema: „xy wird diskriminiert und das Patriarchat ist Schuld.“ Dann wird eine Begründung gesucht, die vom Thema zum Ergebnis führt. Selbst gemässigte Vertreter wie Prof. Hirschauer, einer von zwei(!) Männern, die in Deutschland Genderprofessuren (Gesamtanzahl ca. 200) innehaben, macht sich über Biologie lustig (Deuschlandfunk) und erklärt sie für bedeutungslos in Bezug auf das menschliche Miteinander.
Und ja, oben Beschriebenes kann begründet kritisiert werden (ganz ohne Hass
Das Problem scheint mir doch, wie in so vielen Fällen, die Übertreibung zu sein, ...
mit der die jeweiligen Positionen ihren Wahrheits- und Ausschließlichkeitsanpruch erheben. Als ob es furchtbar wäre, wenn ein Junge mit einer Puppe spielt, als ob es skandalöse wäre, wenn ein Mädchen das gleiche mit einem Feuerwehrfahrzeug tut. Wie furchtbar, wenn man zu traditionellen Rollenverteilungen neigt, wie schrecklich, wenn die Frau sich um das berufliche Fortkommen, der Mann sich um die Kinder kümmert. Mit am übertriebensten und verkrampfsten kommen mir persönlich die „Genderist*Innen“ vor, die inzwischen in jeder „Rollenzuschreibung“ ein Verbrechen an der eigenen Person sehen WOLLEN. Bis dahin, daß Gedichte ausgezeichneter Autoren von Hauswänden überstrichen werden. Die Willigkeit, etwas hinzunehmen, was einem nicht gefällt, die „Zumutungen“ des Daseins zu ertragen, sei es, diese zu ignorieren: Offenbar Eigenschaften, zu denen ein immer größerer Teil der Menschen egomanisch nicht mehr fähig sind. Was für ein völlig übertriebenes Kasperletheater. Die Welt –