Schlaflos

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Das Familienblog der F.A.Z.

Ich verbitte mir die Einmischung!

| 15 Lesermeinungen

Vielleicht einfach mal selbst Hand anlegen? Dann darf die Mutter auch zuschauen.

Manchmal komme ich mir vor wie jemand, der sich beim Grillen oder Spülmaschineausräumen demonstrativ so doof anstellt, dass ihm alle Arbeiten abgenommen werden.  Das betrifft bei uns weder Grillen noch Spülmaschineausräumen, denn in beiden Disziplinen bin ich ganz patent, würde ich sagen. Es betrifft aber die Kindererziehung.

Wenn unser Sohn morgens aus dem Bettchen ruft und ich zu ihm gehe, kann es passieren, dass meine Frau schon da ist. Spreche ich mit ihm am Abendbrottisch, stelle ihm eine Frage – „Wie war es bei der Tagesmutter?“ –, kann es passieren, dass sie antwortet. Oder noch besser: Sie ergänzt meinen Satz, vervollständigt ihn, fügt an, relativiert ihn oder betont einen Aspekt, den ich gar nicht meinte. Es ist zum Mäusemelken!

Das führt gelegentlich zu meinem von Reaktanz getriebenen Verhalten, mir jegliche Einmischung in die inneren Angelegenheiten zwischen Sohn und Vater zu verbitten. Ich poche dann wenig diplomatisch auf mein Recht auf die väterliche Souveränität und Unverletzlichkeit meiner Autonomie. So wie Nordkorea sauer reagiert, wenn die Vereinten Nationen oder die Vereinigten Staaten mal wieder gute Ratschläge für Kim Jong-un parat haben.

Damit ist die Verteilung klar, meine Frau ist die UN  – und ich bin Nordkorea. Natürlich bin ich schuldig, und das jetzt fast ohne Ironie. Ich habe es selbst begünstigt, dass man mir nichts mehr zutraut und mich an die Hand nimmt, als wäre ich das Kind und nicht der Kleine. Ich arbeite Vollzeit, meine Frau halbtags. Ergo verbringt sie mehr Zeit mit dem Kind – und verantwortet all das, vor dem ich mich unverschuldet und verschuldet drücke.

Zum Beispiel, wenn es ans Windelwechseln geht. Sagen wir mal so, ich pflege einen gewissen Langmut, was die Wechselintervalle angeht. Meine Frau ist kürzer getaktet, also springt sie häufiger als ich zur familieninternen Säuberung auf. Selbst bei lebenswichtigen Verrichtungen wie dem Essenfassen baue ich gelegentlich stärker als sie auf die körpereigenen Fettreserven. Wenn dazu Fragen aufkommen, reagiere ich schon mal mit einem interessiert-abwartenden „gleich“.

Ich bin selbst schuld, das gebe ich zu, ja, ja und ja. Aber ich weiß auch, dass dieses kleine Problem bei vielen Familien vorkommt, ich bin nicht allein der Dumme. Auch von anderen Vätern – und wenigen Müttern – höre ich, dass es schwierig sein kann, zwischen Kind und Erstversorger zu schlüpfen und das eigene Plätzchen zu finden. Viele ziehen sich als Reaktion in ihren Schmollwinkel zurück und sind froh, ihre Ruhe zu haben.

Es wird vor allem den Vätern leichtgemacht, denn die klassische Rollenverteilung ist längst noch nicht aus den Köpfen verbannt. Die meisten Mütter, die ich kenne, akzeptieren sehr schnell, wenn sich ihre Männer gedanklich oder auch sonst für eine Zeitlang aus dem Staub machen.  Sie sind durchaus selbst dafür verantwortlich, wenn sie so stark ans Kind gebunden sind, dass kaum noch für andere Platz ist.

Was hilft? Spitzen und kritische Bemerkungen gegenüber dem Partner helfen zwar für den Moment, als psychologisches Entlastungsventil, aber ich garantiere, die nächste Übergriffigkeit erfolgt in Kürze. Nachhaltiger ist es, die Verantwortlichkeiten von Beginn an etwas gleichverteilter anzugehen. So viel zur Theorie, die nicht immer leicht in die Realität übertragen werden kann.  

Es ist ja so, wenn zwei berufstätig sind, der eine aber mehr, der andere weniger, ergeben sich zwangsläufig unterschiedliche Bindungen ans Kind. Wenn der Kleine sich den Kopf stößt oder vom Sofa purzelt, bin ich der Vize-Tröster und meine Frau die Nummer Eins. Erst wenn sie nicht da ist, rücke ich auf den ersten Platz, und mein Sohn tut so, als sei das immer schon so gewesen. Das kann ich nicht verhindern, es sei denn, ich würde halbtags arbeiten gehen und meine Frau voll berufstätig sein.  

Aber vieles schleicht sich ein, weil es bequem ist. Wer nicht so gerne Windeln wechselt, reißt sich nicht nach dieser Tätigkeit. Und wird dann als Konsequenz vom Kind nicht mehr als verlässliche Institution wahrgenommen. Ich werde deshalb meine Windelintervalle kürzen und meine Verlässlichkeit damit in den familiären Beziehungen unter Beweis stellen. So schafft man Vertrauen fürs Kind, und so schafft man Vertrauen, Kim!


15 Lesermeinungen

  1. tjhuber sagt:

    Weniger sprechen...
    Mehr tun.

  2. Maximillian1 sagt:

    Kommunikation mit dem Partner
    und zwar unabhängig von einem aktuellen Anlass sollte in einer funktionierenden Beziehung helfen. Da Sie mit einer Mutter sprechen, machen Sie das besser nicht auf der Sachebene – sie wird das zwar verstehen aber nicht verinnerlichen.. schildern Sie ihre Gefühle in Situationen in denen Ihre Frau wieder mehr Verantwortung übernimmt als Ihnen lieb ist.
    Später wird sich das Verhältnis zwischen Ihnen und ihrem Sohn aber sowieso ändern, um so älter ein männliches Kind wird, um so wichtiger wird der Vater.

  3. Forencitrus sagt:

    Wehret den Anfängen 🙂
    Lieber Herr Wittmann,

    beim Lesen Ihrer Zeilen muss ich schmunzeln…verdammt ähnlich ist es mir auch ergangen. Ich habe meinen Unmut über Jahre in mich hinein gegrummelt….was die Dinge nicht besser gemacht hat.

    Als ich mich jahrelang wie der Spieler auf der Bank fühlte, der auf seine Einwechselung wartet, habe ich mich zu allem „Unglück“ auch noch heftig in eine neue Kollegin verliebt…

    Dreieinhalb Jahre später bin ich geschieden, habe aber zu meinen Kindern (9 und 11) ein besseres Verhältnis denn je.
    Der Preis allerdings war hoch.

    Mein Rat an Sie: Machen Sie es besser als ich.
    Hauen Sie auch mal auf den Putz und seien Sie – anders als ich damals – kein weichgespülter Waschlappen. Behaupten Sie sich und geben Sie Ihre Interessen nicht nur um des lieben Friedens willen auf
    .
    Glauben Sie mir, Ihre Kinder und am Ende auch Ihre Ehe wird es Ihnen danken.

    Grüße aus RLP!
    Thomas

  4. B.Wilms sagt:

    Vertrauen geht auch bei Vollzeitjob
    Nach dem Ende des Mutterschutzes bin ich als weibliche Führungskraft in meinen Job in Vollzeit zurück gekehrt, mein Mann hat sich um unsere Zwillinge gekümmert. Bis heute (unsere Superkinder sind drei Jahre alt) bin ich aber die Hauptbezugsperson. Es liegt weder an der Quantität des Windelwechsels noch am Vollzeitjob. Das ist jedenfalls meine Erfahrung.

  5. Werlauer sagt:

    Emotionale Aufmerksamkeit nach Geschlecht
    Erstmal folgendes: Sie leisteten auch dann einen Beitrag zur Versorgung und Erziehung Ihres Sohnes, wenn Sie daheim praktisch gar nichts täten, denn Sie finanzieren Ihren Sohn und Ihre Frau durch Ihre Vollzeittätigkeit. Sie bezahlen das unter anderem auch mit einer geringeren Lebenserwartung. Das ist sicher keine Kleinigkeit. Darüber hinaus ist es auch ein Opfer, denn vermutlich empfänden Sie die Beschäftigung mit Ihrem Nachwuchs oft als sinnvoller und erfüllender als Ihre berufliche Tätigkeit (mir geht es jedenfalls so).

    Es wäre, würden Sie es schaffen, erziehungstechnisch in den Vordergrund zu treten, auch nicht besser. Dazu eine Anekdote – das ist noch keine Kausalität, ich weiß: Als ich mich längere Zeit federführend mit unserem Nachwuchs beschäftigt hatte, liefen die Kinder mit dem blutenden Knie an meiner Frau vorbei zu mir. Das hat ihr emotional deutlich mehr abverlangt als die umgekehrte Situation, die es vor und nach dieser Zeit auch gab, mir abverlangt hat.

  6. wago sagt:

    Selber schuld? Selber schuld!
    Der ganze Text geht also darum, dass ein Vater sich beschwert, dass er in der Gunst seines Kindes nicht an erster Stelle steht oder zumindest mit der Mutter gleichauf, gibt gleichzeitig zu, selbst schuld zu sein an all den kleinen und großen Unterlassungen, die dies verhindern, und kommt dann zu dem kindischen Fazit: „Aber trotzdem!“ Ich will nicht die Arbeit machen, aber trotzdem die Belohnung kriegen. Ich will nicht früher aufstehen, aber trotzdem als erstes am Kinderbett sein.
    Hauptsache, es ist immer jemand anders verantwortlich, Schuld hat immer Mama.
    Am Ende kriegt er zwar noch die Kurve und gesteht ein, dass nur er selber daran etwas ändern kann, indem er seine „Verlässlichkeit in familiären Beziehungen“ besser unter Beweis stellt. Aber irgendwie nimmt man ihm diesen Vorsatz, nach dem ganzen Sermon vorher, nicht wirklich ab.
    Für einen gefüllten Magen und trockenen Hintern kann man dem Kind nur empfehlen, sich weiterhin vertrauensvoll an seine Mutter zu wenden.

    • Stimpy001 sagt:

      So einfach? Ja, so einfach!
      Wir haben auch zwei Kinder(W3/M5) und ich musst meine Position ein bisschen „erkämpfen“, das fing schon beim Abnabeln nach der Geburt und der ersten Wäsche bei den Hebammen an und zog sich auch immer ein bisschen so durch.

      Man kann es sich schnell bequem machen und immer warten bis man etwas angewiesen bekommt oder hofft, dass es jemand anderes macht oder es sehen und einfach selber machen.

      Es reißt sich übrigens kein Mensch darum Windeln zu wechseln, aber darum geht es auch nicht, es muss eben gemacht werden.

      Gar nicht schwer, dann ist das Essen gemacht und der Boppes gewickelt.

      Sorry, aber ich verstehe den Artikel anscheinend nicht

  7. Postwachstumsoekonomie sagt:

    Der Mann ist weniger wichtig in den ersten Lebensjahren
    Das hat jetzt nichts mit Retro zu tun, der Frau eine komische klassische Rolle zuweisen zu wollen. Zumindest die ersten 2 Jahre scheint die Mutter – Kind Beziehung das Entscheidende und der Mann eher das Ersatzrad bei der Geschichte.

    • Silberdrache sagt:

      Das sehe ich anders
      Unsere Kinder wurden nie gestillt. (Bevor hier ein Aufschrei kommt: Der Grund dafür war nicht Unwille!) Es gab also keinen biologischen Bedarf dafür, die Mutter in den Mittelpunkt zu rücken.
      Bei unserem Ältesten war damals ich als Vater mehr zu Hause als die Mutter. und siehe da: ich wurde nicht als „Ersatzrad“ wahrgenommen. Tatsächlich war die Bindung zu mir über weite Teile dieser Phase durchaus etwas enger.
      Es hat also doch durchaus etwas mit der Rollenverteilung der Eltern zu tun.

    • HansonHans sagt:

      er ist weniger wichtig,
      weil er weniger da ist. Ein vollbeschäftigter Vater sieht sein Kind nur 40% seiner Wachphase (wenn es hoch kommt). Ist doch völlig klar, dass die Mutter Kind Beziehung daraus gestärkt hervorgeht.

  8. Altylets sagt:

    Zunächst: vielen Dank für das Teilen dieser Gedanken!
    Es ist nicht genau erkennbar, ob Sie sich Rat erwarten und nehme mir heraus, aus der Sicht einer Mutter zu kommentieren. Es gibt mehrere Aspekte. Zum einen die gesellschaftliche Sicht: Nach der Geburt meines Sohnes bekam ich ständig Kritik zu Kleidung, Gesundheitszustand, Weinen des Kindes, während mein Partner gelobt wurde, wenn er es schaffte, den Kinderwagen unfallfrei durch den Park zu schieben. Dafür können weder Mutter noch Vater etwas.
    Der andere Aspekt ist Ihre Weise, Ihr Familienleben zu organisieren. Das können Sie beeinflussen. Dazu gehört aber mehr als die Häufigkeit des Windelwechsels. Sie müssen Ihrer Frau Verantwortung abnehmen und zwar ganzheitlich. Nicht für 5 Minuten, sondern für einen ganzen Vormittag oder Nachmittag bzw. Abend. Wenn das Kind dann „Mama“ schreit, muss sie sitzen bleiben (!) und das Kind muss lernen, sich von Papa helfen, trösten, füttern und windeln zu lassen. Das funktioniert und ist dauerhaft wichtig für Zeiten, in denen Mama mal nic

  9. HansonHans sagt:

    Sei kein Sugardaddy
    Nur etwas fordern, aber nichts geben, funktioniert nicht. Väter, wenn sie es denn wollen (und der Autor möchte es anscheinend) müssen lernen sich im Haushalt zu emanzipieren. Und insbesondere beim Aufziehen des Nachwuchses geht das eben über mehr Zeit mit ihm verbringen. Ja, das Geld nach Hause bringen ist schön, aber nur als Sugardaddy lassen sich die Wünsche des Autors eben nicht realisieren.
    Strengen Sie sich an, wechseln sie vorher die Windeln, denken Sie vorher an die Wäsche, denken Sie an den Einkauf für das Baby und an das Essen. Stichwort hier also: Mitdenken oder nur denken!
    Wir sind nach dem Mutterschutz beide in Teilzeit und es klappt wunderbar. Klar, wenn er noch die Brust will geht er zur Mutter, aber ansonsten können wir ihm das meiste gleich gut geben. Oder ich, der Vater, sogar besser wie z.B. einschlafen.
    Dafür verzichten wir eben auf Geld. Aber Vater sein, heißt eben auch verzichten und vor allem eben mitdenken. Wenn man nicht nur sugardaddy sein möch

  10. cawo80 sagt:

    ...
    bei uns ist das wochentags ähnlich. Ich arbeite Teilzeit, mein Mann Vollzeit. Und ja, ich bin die Hauptbezugsperson, weil: ich eben fast immer da bin (gewollt). Und wenn ich weg bin, sind die Kids meist in Schule, Kiga und Krippe. Wenn die vorbei sind, mache ich den Rest: abholen, die Hausaufgabenkontrolle, das Vokabellernen, die Fahrten zum Sportverein und die Musikschule, die Arztbesuche, die Krankenpflege (ganztags), das Windelwechseln (gerne, wirklich), Stillen, Füttern, Töpfchen üben, Essen, die Besorgungen von Lebensmitteln bis zur notwendigen Kleidung, Spielen, Basteln, Malen, Ausflüge usw. Also alles, was mit den Kindern zu tun ha. Freitags hat mein Mann aber früher Arbeitsende als ich: dann holt er ab, wechselt er die Windeln, geht zur Not zum Arzt. Die Kinder haben sich daran gewöhnt und erwarten mich freitags erst nach Papa. Aber: dafür muss sich Papa die Zeit halt auch nehmen. Warum eigentlich nicht Teilzeit für beide Eltern, für die Kinder? Ach so, die Welt geht

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