
Lara konnte Zahlen noch nie leiden. Das fiel schon im Kindergarten auf. Die Vorschultage fand sie doof, besonders die, an denen sich die angehenden Erstklässler mit Zahlen beschäftigen sollten. Buchstaben und Geschichten bedeuteten dagegen für sie die Welt. Die Natur hat meine Tochter mit vielen schönen Gaben ausgestattet: Lara ist wahnsinnig kreativ und fantasievoll, empathisch und wissbegierig. Sie dachte sich schon als Kind mit Vorliebe ihre eigenen Geschichten aus und veranstaltete dann für die anderen Kinder im Kindergarten ein Puppentheater.
Mit Schuleintritt wurde schnell deutlich, wie sehr Lara mit den Zahlen auf dem Kriegsfuß stand. Während sie Lesen und Schreiben als Bereicherung empfand, weil sie nun all die Geschichten in ihrem Kopf selbst aufschreiben und sich nun regelrecht durch die Bücherregale der Stadtbücherei fressen konnte, bereitete ihr das Rechnen dagegen eine Qual. Ich versuchte ihr bei den Hausaufgaben zu helfen und war sehr oft sehr ungeduldig. Manchmal fühlte ich mich von ihr verschaukelt. „Verdammt noch mal! Jetzt hör endlich richtig zu! Das müsstest Du doch langsam verstanden haben!“, schimpfte ich. Aber Lara verstand nicht. „Ich bin dumm. Ein richtig dummes Mädchen“, sagte sie nicht nur einmal unter Tränen. Das brach mir damals das Herz und ich fing an mir Vorwürfe zu machen. Warum war ich nicht geduldiger mit ihr? Warum schaffte ich es nicht, ihr alles so zu erklären, dass es endlich hängenblieb? Und warum zum Teufel saßen wir schon wieder eineinhalb Stunden an den Mathe-Hausaufgaben einer 2. Klasse? Das konnte doch nicht normal sein?
Fehlende frühkindliche Förderung oder genetische Veranlagung?
Die Situation belastete mich, Lara und vor allen Dingen unser Verhältnis zueinander. Machte ich etwas falsch? Lag es daran, dass Lara noch so gerne spielte und anfangs lieber im Kindergarten geblieben wäre statt eingeschult zu werden? Hätte ich konsequenter auf Vorschulspiele bestehen oder frühzeitiger Abzählreime in unseren Alltag integrieren sollen?! Eine Mutter aus der Grundschule hat in diesem Kontext einmal tatsächlich zu mir gesagt: „Kinder, die viel schaukeln, sind gut in Mathe.“ Dieser Kommentar ließ mich ratlos zurück. Lara war mit ihrer Schaukel in unserem Garten verwachsen. Sie hat exzessiv und oft stundenlang geschaukelt: Kopf über, in der Hocke, stehend und „bis in den Himmel“. Hat anscheinend dennoch nicht so richtig funktioniert. Außenstehende, die selbst nicht drinstecken, können mit ungefragten Ratschlägen und Kommentaren sehr verletzend sein. Dabei suchen wir Eltern sowieso schon von selbst die Fehler bei uns, wenn es dem Kind nicht gut geht oder sie sich nicht exakt in der Norm entwickeln.
Ich sah plötzlich auch die Aussage meines Mannes, seine jüngere Schwester und er wären in der Schule auch kein Mathegenies gewesen, mit anderen Augen. Mir fiel auf, dass mein Mann vorteilhaftes Rechen, das ich wie selbstverständlich anwende (und ich würde meine eigene mathematische Begabung maximal im Mittelfeld ansiedeln), überhaupt nicht nachvollziehen konnte und genervt abwinkte, wenn ich nachhakte. Die jüngere Schwester meines Mannes erzählte mir, wie sie sich durchs Abitur boxen musste: „Ich stand in Mathe zwischendurch 6. Irgendwann fand ich einen netten Nachhilfe-Studenten, der es schaffte, mich für die Klausuren so gut vorzubereiten, dass es bis zum Abi einigermaßen hinhaute. Ich habe mir den Stoff für die Klausur reingepaukt und danach wieder vergessen.“
Mich beruhigte, dass man auf Anhieb weder bei meinem Mann noch bei meiner Schwägerin auf den Gedanken käme, einer der beiden würde an einer Rechenschwäche leiden. „Es wurde für mich später verständlicher und nachvollziehbar, als ich älter wurde, ich kaufmännischer dachte und Mathematik praktischer anwendete. Den komplizierten Formelkram braucht man später ja gar nicht mehr“, sagt mein Mann. Auch meine Schwägerin arbeitet heute in einem kaufmännischen Beruf.
In einem gewissen Rahmen wächst sich eine Rechenschwäche, je nach Schweregrad, zwar nicht unbedingt raus, aber ein durchschnittlich intelligenter Mensch findet seine eigenen Wege und Strategien im Alltag damit zurechtzukommen. So auch mein Mann, der heute noch (er behauptet rein aus Bequemlichkeit) vorzugsweise mit Scheinen bezahlt und regelmäßig die vielen kleinen Münzen in den Münzautomaten im Einkaufszentrum wirft, damit sein Portemonnaie nicht aus allen Nähten platzt. Er liebt seine Kalkulationen und seinen besten Freund, den Taschenrechner. Und wenn er doch mal etwas ohne Taschenrechner rechnen muss, arbeitet er mit groben Überschlägen. „Ich probiere auch oft rum, bis das Ergebnis plausibel ist“, erklärt er.
Da es damals auffällig war, dass Laras Probleme nur in Mathe auftraten und sie seelisch immer mehr litt, riet ihre Klassenlehrerin dazu, sie auf Dyskalkulie testen zu lassen. Die Tests beim Schulpsychologischen Dienst machten schnell deutlich, dass wir richtig lagen. Doch im Gegensatz zur Lese-Rechtschreibschwäche gibt es in NRW keinen Erlass für Dyskalkulie. Man schätzt, dass etwa 5-7 % der Weltbevölkerung von der Rechenschwäche betroffen sind und – wenn man es genau nimmt – damit hängengelassen werden. Die Erkenntnis „Ihr Kind leidet an einer Dyskalkulie“ bringt einem nur Gewissheit und die Aufforderung aktiv anzusetzen, aber keine unmittelbare Hilfe. Die Finanzierung der Therapie beim Jugendamt einzufordern gestaltet sich schwierig und erfordert weitere Tests, die sensible Kinder wiederum seelisch belasten können. Die meisten betroffenen Familien bleiben auf den nicht unerheblichen Kosten für eine außerschulische Förderung sitzen.
Auch wir verzichteten auf diesen Weg und buchten auf eigene Rechnung Therapiesitzungen direkt beim Schulpsychologischen Dienst. Dennoch hatte Lara das Gefühl „therapiert“, „krank“ und „nicht normal“ zu sein. Sie war vor und während der Termine angespannt und aufgeregt, obwohl die junge Psychologin nett und geduldig mit ihr arbeitete. Also las ich mich selbst in die Thematik ein, ließ Lara die Klasse freiwillig wiederholen, um ihr nach all den nervenaufreibenden und unschönen Monaten Luft zu verschaffen, und besorgte eigene Lern-Materialien. Ihre neue Klassenlehrerin zeigte viel Verständnis und ich half Lara zu Hause konsequent und mit viel Zeitaufwand bei den Mathehausaufgaben und vor den Arbeiten. Mit dieser Methode kam Lara gut durch die Grundschulzeit und konnte sich auf einer 3 in Mathe halten, in der vierten Klasse schaffte sie sogar eine 2 auf dem Zeugnis.
Mit Matheschwäche auf ein Gymnasium?
Natürlich haben wir uns damals gefragt, ob wir den Sprung auf ein G8-Gymnasium überhaupt wagen können, steckte in Laras Mathenote doch so viel Fleiß und Schweiß. Wir wussten, auf dem Gymnasium würde und könnte man keine Rücksicht auf ihre Schwäche nehmen. Auch wollten wir in der neuen Schule keine großen Wellen schlagen. Die Lehrer sollten sich ein unbelastetes und vorurteilsfreies Bild von Lara bilden und sie nicht sofort in eine Schublade stecken. Viele Lehrer können nach wie vor mit der Diagnose „Dyskalkulie“ nichts anfangen und schon gar nicht arbeiten, da unser Schulsystem ihnen auch wenig bis gar keinen Spielraum erlaubt. Wer sich nun fragt, was ein Kind mit einer Rechenschwäche auf dem Gymnasium zu suchen hat, dem stelle ich gerne die Gegenfrage: Warum sollte diesen Kindern der direkte Weg zum Abitur verschlossen bleiben, wenn sie ansonsten intelligent und geeignet für diese Schulform sind? Lara ging mit einem Notendurchschnitt von 1,7 von der Grundschule ab. Sie war es bereits gewohnt hart für ihre (Mathe-)Note zu arbeiten. Der Übergang auf das Gymnasium fiel Lara im Vergleich zu ihrer jüngeren Schwester Maya, der auf der Grundschule alles zuflog und die später erst einmal lernen musste intensiv zu lernen, viel leichter. Dennoch hatten wir uns mit Lara neben zwei Gymnasien auch zwei Gesamtschulen und eine Realschule angeschaut. „Du wirst immer sehr fleißig in Mathe und auch in den anderen naturwissenschaftlichen Fächern sein müssen“, sagte ich damals, als Lara sich sehr selbstbewusst für ihre Wunschschule, ein Gymnasium, entschied. Also wagten wir den Schritt.
In der Unterstufe achtete ich peinlich darauf, dass Lara ihre Mathe-Hausaufgaben ordentlich, vollständig und korrekt anfertigte und kaute jeden Schritt mit ihr durch. Dadurch punktete sie mündlich, wenn sie die Hausaufgaben im Unterricht anschließend präsentieren konnte. So fiel ihre Schwäche erst einmal nicht auf. Ihr Mathelehrer der 5. Klasse hielt mich anfangs für eine überengagierte Mutter, die Bestnoten von ihrer Tochter forderte, als ich am ersten Elternsprechtag vorsichtig erwähnte, dass Lara in Mathe recht schwach auf der Brust ist und viel üben müsste. Ihm war aufgefallen, dass Lara vor Mathe-Arbeiten extrem nervös wirkte. Doch im Laufe der Zeit wurde jedem Mathelehrer, der Lara in den nächsten Jahren unterrichtete, klar, wie sehr sie kämpfen muss.
Kein Nachteilsausgleich für Schüler mit Dyskalkulie
Lara boxte sich (je nach Thema) mit mal mehr und mal weniger großen Mathe-Problemen, meiner Hilfe und externer Nachhilfe durch die Unter- und Mittelstufe, ohne Nachteilsausgleich oder sonstige Sonderbehandlung von Seiten der Schule. Nun besucht sie die 10. Klasse des G-8-Gymnasiums. Die EF, die Einführungsphase vor Eintritt in die zweijährige Qualifikationsphase, bedeutet nicht nur durch Covid-19, den massiven Homeschooling-Phasen und den vielen neuen Kursen ein besonderes und schwieriges Jahr für Lara. Sie ist sechzehn. Ein Teenager, dem viele Dinge auf der Seele lasten, nicht nur der Schuldruck. Dieses Schuljahr stellt für sie – in erster Linie durch das Fach Mathe – eine echte Belastungsprobe dar. Das Schulministerium NRW vertritt übrigens zur gymnasialen Oberstufe eine ganz klare Haltung: Rechenschwäche kann in Nordrhein-Westfalen im Einklang mit den Regelungen der Kultusministerkonferenz grundsätzlich nicht im Rahmen eines Nachteilsausgleichs berücksichtigt werden. Man ist also der Meinung, dass spätestens in der Oberstufe eine Dyskalkulie „geheilt“ bzw. „austherapiert“ sein muss.
Eine genaue Idee, wohin es nach dem Abi für sie gehen könnte, hat Lara noch nicht und zu intensiv möchte sie darüber auch gar nicht nachdenken. Aber ich wünsche mir, dass sie eine Richtung einschlägt, die ihren Fähigkeiten und Interessen gerecht wird und ihr so viele Türen wie möglich offenstehen, auch die eines Studiums. Ich wünsche mir, dass sie auf der letzten, schwierigsten Etappe nicht über Umwege und Schulwechsel zum Abitur gelangen muss oder womöglich aufgibt und sich irgendwann halbherzig in irgendeine Ausbildung stürzt, die ihr gar keinen Spaß macht.
Es stimmt mich traurig, wenn sie nun immer häufiger frustriert sagt, sie wäre zu blöd für alles. Ein anderes Mal gibt sie sich wieder betont gleichgültig und cool, um sich selbst zu schützen. Die Psychologin, die uns damals betreut hat und mit der ich lose in Kontakt stehe, hat mir geraten, Lara klarzumachen, dass es allein ihrem Fleiß und ihrer Intelligenz zu verdanken ist, dass sie es trotz ihrer Rechenschwäche bis in die Oberstufe geschafft hat. „Von zu blöd für alles“ ist sie sehr weit entfernt, aber ich verstehe ihre momentane Gefühlslage. Ich hoffe, sie kämpft weiter, denn Aufgeben stellt im Leben immer die schlechteste Option dar.
Und irgendwann, da bin ich mir sogar ziemlich sicher, wird Lara – weit weg von quadratischen Funktionen und Gleichungen – ihren Frieden mit den Zahlen schließen.
Das Kreuz mit den Zahlen
hatte ich auch, und es wächst sich nicht aus! Darum habe ich noch längst kein Problem mit Mathematik. Formeln kann ich und ich habe sie geliebt, nur richtige Ergebnisse konnte ich nicht liefern… Zum Glück hatte ich einen verständnisvollen Lehrer, der mich mit „Gnadenvieren“ bis zum Abi geschleift hat, zumal ich in Chemie und Physik durchaus gut war. Ich habe mir mehrere Programmiersprachen selbst beigebracht und liebe das Programmieren genauso wie mein Tabellenkalkulationsprogramm. Soll sich niemand mit Dyskalkulie einreden lassen, er wär zu blöd! Wenn der Taschenrechner in der Schule erlaubt gewesen wär, ich hätt sie alle in die Tasche gesteckt! Ich hätte gern Informatik studiert, aber mit ner 4 in Mathe? Es wäre wirklich zu wünschen, wenn uns armen Hasen, bei denen die dummen Zahlen dauernd zufällig ihre Werte ändern, etwas mehr Verständnis entgegengebracht würde.
Nicht jeder will Mathe oder Physik studieren
Rechnen und etwas Geometrie ist wichtig, soviel ist klar. Das ist allerdings noch keine Mathematik. Die wiederum brauchen 3/4 der Abiturienten später nie wieder. Nett wenn man es in der Schule hatte, aber reiner Ballast. Das was man für ein Studium benötigt ließe sich wesentlich effizienter den Studenten im Grundstudium beibringen, da diese dann auch eine intrinsische Motivation mitbringen Das erforderliche zu lernen. Statt Schüler mit Mathe bis zum Abi zu „beglücken“ und es auch noch zwangsweise zum Prüfungsfach zu machen, sollte man die Teilnahme freistellen und alternativ Unterricht zu Wirtschafts- oder Sozialthemen anbieten. Das trägt zur Allgemeinbildung bei, nicht die dritte Ableitung oder gauss’sche Iteration
das ist nicht die Aufgabe von Universitäten oder Fachhochschulen
Das Gymnasium war und ist nach wie vor die Vorbildung um die Studienreife zu bescheinigen. Es ist nicht Aufgabe der Universitäten diese Reife zu ermitteln und dann dort auszusieben. Oder möchten Sie dann auch noch das Niveau auf dem Studiengang anpassen, dass diese Kandidaten auch dort einen Abschluss erlangen? Entweder schafft der Schüler die Anforderungen zur Studienreife oder er ist mit dem Schulsystem überfordert. Ein Studium stellt eine höhere Anforderung als ein Schulabschluss. Und wenn Sie die Anforderungen nicht erfüllen, erhalten Sie auch keinen Abschluss – und das ist durchaus richtig so. Oder warum wollen Sie jemand schlechter stellen, der all diese Anforderungen erfüllt? Denn genau das schaffen ja nach wie vor noch genügend Schüler. Denn nichts anderes ist das nämlich. Heute wird alles gleich gemacht – man ist nicht mehr „zu blöd“ – sondern alternativ Intelligent. Wie schon jemand schrieb „Mathematik ist eine Schlüsselqualifikationen“ und kein Ballast!
Also Goethe,Religion und diverse andere Fächer braucht auch keiner
Wollen Sie behaupten Mathe wäre Unnütz?
Im Gegensatz zur Interpretation von Gedichten, Religion und diversen anderen Fächern kann man Mathematik auch später noch anwenden.
Es gibt auch Personen ,die Probleme mit Interpretationen haben und welche mit Problemen in Mathe/Naturwissenschaften.
Man nennt Sie auch Mädchen und Jungen, nicht nur ein Klischee sondern Realität.
Mich hat nichts und niemand zum Gymnasium gedrängt, und die Aussage
nach der Realschule könne man immer noch das Abitur machen hat mich in falscher Sicherheit bewogen. Weil ohne zweite Fremdsprache…naja…Damals habe ich mir gesagt, lieber gut auf der Realschule als schlecht auf dem Gymnasium. Außerdem war das Gymnasium ein paar Orte weiter als die Realschule.
Zum Thema: Unser Mathematikunterricht in der Realschule war, als es ernst wurde in Richtung höherer Mathematik, vom 8. bis 10. Schuljahr vom Umfang pro Jahr weniger als in den Jahren zuvor, weil der Mathelehrer, welcher auch gleichzeitig Klassenlehrer war, außer dem Drang Geschichten zu erzählen, welche mit dem Stoff nichts zu tun hatten, nur noch seine Karriere zur Beförderung zum Schulleiter (andere Schule) im Kopf hatte. In der letzten Viertel Stunde kam dann das Thema und die Hausaufgaben. Wer nicht mit kam wurde vom Lehrer vertröstet, so sprach er zu einer Schülerin, „Du, nicht schlimm, als Bäckerin brauchst Du das nicht wissen.“ Wie soll man mit sowas später weitermachen kö
Vielleicht ist ihre Tochter für das Gymnasium nicht geeignet
Sie schrieben im Artikel „Wenn Teenager sich nicht entscheiden können“, dass ihre Tochter auch sprachlich nicht begabt ist und nun eine von drei Sprachen abwählen würde. Nun erfahren wir, dass auch Mathe nicht ihre Stärke ist. Damit dürften naturwissenschaftliche Fächer generell schwierig werden, da Physik und Chemie gleichfalls mathematische Kenntnisse benötigen. Warum glauben Sie, dass ihre Tochter somit für das Gymnasium geeignet und nicht überfordert ist? Wäre das schlimm? Ich kenne genügend Leute mit Haupt- oder Realschulabschluss, die heute als Meister oder Unternehmenslenker erfolgreich sind. Aber das heute jeder Abitur machen muss – obwohl am Ende damit überfordert – das verstehe ich nicht. Dafür schlagen sich dann später die Unis und FHs mit diesen Abgänger rum – oder schleppen diese dann auch noch durch. Dann landen diese Kandidaten auf ihren Jobs – und spätestens dann ist Schluss mit Lustig … oder es droht frühzeitiger Burn-Out schon auf dem Ausbildungsweg
Mathematik ist ein Werkzeug.
Nicht nur mathematische Kenntnisse sind auswendig zu lernen. Mathematik ist ein Werkzeug um Zusammenhänge zu verstehen.
Eine Zeitungsnotiz wie Kartoffelernte im Jahr 2020 war in Deutschland 100 000t, da muß es gleich klingeln daß das nicht stimmen kann.
Als Beispiel.
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Das Problem ist, dass in unserer Gesellschaft nur Abiturienten und Studierte Ansehen geniessen und alle Eltern dieses Ziel sehen, unabhängig von den tatsächlichen Fähigkeiten.
Ich habe meine Tochter nicht gedrängt – sie hat aber nach der Facharbeiterausbildung noch studiert, weil sie es zu dem späteren Zeitpunkt dann doch noch wollte.
Es gibt sehr schöne und angesehene Ausbildungsberufe, in denen die Tochter vielleicht zufriedener wird, als auf einem Gymnasium oder einer Universität, wenn sie erfahren muss, dass sie – zumindest auf einem Gebiet – nicht mithalten kann.
Von einem Hochschuldozenten erfuhr ich, dass seine Uni einem Großteil der Studenten (ohne diese Rechenschwäche) noch wochenlang Nachhilfekurse in Mathe erteilt, damit überhaupt die Voraussetzungen gegeben sind.
In einem interessanten Beruf steht ihr immer noch das Erreichen des Meistertitels offen – und das ist mehr, als wenn sie nach einiger Zeit das Gymnasium oder die Hochschule unzufrieden wieder verlass
Als würde das heute noch gehen
Heutzutage bekommt man ohne Abi oftmals keine Ausbildung mehr, zumindest nicht ansatzweise im Wunschberuf.
Nicht , weil die Ansprüche so hoch wären,sondern die schulische Ausbildung so niedrig.
Teilleistungsstörungen sind keine Minderbegabungen
Autsch … Teilleistungsstörungen sind viel weiter verbreitet als angenommen, obendrein oft mit Hochbegabungen in anderen Bereichen verbunden und wir können es uns aus volkswirtschaftlicher Sicht garnicht leisten, auf diese menschlichen Ressourcen verzichten.
Ich hab ein mathematisch hoch-, ein normal- und ein tiefbegabtes Kind.
Die mit der Dyskalkulie hat ihr Abi gemacht wie alle anderen auch, mit Hilfe von ZTR, kompetenten, engagierten und menschlich großartigen Pädagogen und einer landeseigenen klugen Gesetzeslage, die es ermöglicht, das Abitur ohne schriftliche Matheprüfung zu erwerben. Hat die Normalbegabte auch gemacht. Sogar ein Klassenkamerad vom Spezialgymnasium unserer Hochbegabten hat diesen Weg gewählt und hat es trotzdem immerhin noch bis Harvard geschafft. Unser Dyskalkuliekindchen, das sonderbeschult werden sollte, hat gerade mit seiner Doktorarbeit angefangen. ICh möchte alle Betroffenen ausdrücklich zur Therapie ermutigen
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Die Beschreibung der Herausforderungen könnte von mir selbst stammen. Ich habe lange gebraucht um zu verstehen dass zumindest Schulmathematik durch Fleiß bewältigt werden kann.
Schliesslich habe ich es zu einem mathematisch schwachen aber Projektmanagement-starken Ingenieur (!!!) in einer leitenden Position gebracht. Das muss man sich nicht antun, kann man aber.
Von der Warte aus, wurde hier ja viel richtig gemacht: Fleiß, Geduld, dran bleiben.
Wenn ich einen Ferneindruck wagen darf: die Ursachen der Selbstzweifel können eventuell durch Erfolgserlebnisse auf ganz anderen Gebieten behoben werden. Sport ohne Beisein und Belobigungen duch die Eltern zum Beispiel.
Möglicherweise ist es an der Zeit, den Fokus auf andere Themen zu lenken und Selbst-Bewusstsein zu schaffen. Ich glaube, das geht nur durch Erfahrung der eigenen Stärke
Wie auch immer: auch mit „Dyskalkulie“ kann man so ziemlich alles werden.
Abitur?
„Man ist also der Meinung, dass spätestens in der Oberstufe eine Dyskalkulie „geheilt“ bzw. „austherapiert“ sein muss.“
Und so ist es auch richtig. Das Abitur attestiert die Fähigkeit ein Studium aufzunehmen. Und dazu gehören auch ausreichende Mathematikfähigkeiten. Jede Wissenschaft, die diesen Namen verdient, bedient sich mindestens eines Feldes der Mathematik (i.d.R. der Stochastik). Entsprechend macht ein Abitur mit dem Vermerk „rechnen kann der Abiturient aber nicht“ keinen Sinn.
„Es stimmt mich traurig, wenn sie nun immer häufiger frustriert sagt, sie wäre zu blöd für alles.“
Wenn ein Kind permanent überfordert ist wird man irgendwann die Erwartungen entpsrechend anpassen müssen. Ein Ausbildungsberuf würde womöglich eher ihren Fähigkeiten entsprechen und sie könnte darin gut genug werden, um daraus Selbstbewusstsein zu schöpfen.
Am Ende des Tages geht es darum dass die Kinder glücklich werden, nicht dass sie studieren.
Ich glaub das war anders gemeint
Die Tochter war schon so verzweifelt, daß sie glaubte, in jeder Hinsicht blöd zu sein, dabei betraf es ja nur Mathe. Und in Bezug auf Mathe kann man das ja nicht „Blödheit“ nennen, weil die Ursache für ihre Rechenschwäche nicht mangelnde Intelligenz ist, sondern ein Defizit/Syndrom/Gebrechen, wie auch immer man Dyscalculie umschreiben soll.
Teilleistungsstörungen
auch an Sie noch einmal der freundliche Hinweis, dass Teilleistungsstörungen eben keine Minderbegabungen sind. Ambitionierte wissbegierige Heranwachsende fressen sich mit erstaunlicher Hingabe auch durch mathematiklastige naturwissenschaftliche Fächer, machen ihr Abitur und suchen sich dann wahrscheinlich ein Studium, das nicht ganz so mathelastig ist. Bei uns im Osten geht das zum Glück, vielleicht sollte ich dem Kultusministerium mal Pralinen schicken. Das Kind macht glücklich seinen Master, steigt mit Erfolg in die Doktorarbeit ein, arbeitet als HiWi und Tutorin, dazu in Teilzeit in einem Verlag und gründet nebenbei mit einer rechenflinken Freundin einen eigenen. Wäre doch schade drum gewesen, wenn ich mich auf den nachdrücklichen Wunsch ihrer Klassenlehrerin nach einer Sonderbeschulung eingelassen hätte. Ja, okay, die Professorenberufungskonferenz musste neulich geschlagene 20 Minuten warten, weil das Mädel den Straßenbahnersatzfahrplan nicht gut berechnen konnte 😉 Aber
Mathematik ist die Schlüsselqualifikation
Die Mathematik ermöglicht es, Probleme quanitativ und qualitat zu erfassen und zu beurteilen und Folgen abzuschätzen. Das macht die Beherrschung von Mathematik in ihren unterschiedlichen Stufen zu einer Schlüsselqualifikation. Wer dort scheitert, der kann nur Anderen und ihren Geschichten glauben. Der Legastiker hat lediglich Schwierigkeiten beim Lesen und Schreiben, die durch eine längere Bearbeitungszeit gemildert werden kann. Der schreibt aber nicht über Winnie-the-Pooh, während Andere sich an Tolstoi versuchen müssen. Ein (Voll-)Abitur ist der Befähigungsnachweis einen wissenschaftlichen Studiengang aufnehmen zu können. Das geht ohne Mathe nicht. Welchen Zweck und Wert hat ein Befähigungsnachweis, wenn die Befähigung nicht gegeben ist? Welche Wege stehen der Tochter dann real offen? Wo und wann soll die Erkenntnis beginnen, dass manche Trauben einfach zu hoch hängen? Andere müssen auch die Pille der Realität schlucken. Und die Kriterien für die Behinderungen sind wei
Schulsystem
Das Schulsystem in Deutschland ist vielfältig und durchlässig. Es gibt unterschiedliche Schularten und für jedes Kind gibt es vielfältige Möglichkeiten alle Bildungsabschlüsse zu erreichen. Das Problem sind häufig die Eltern, für die nur ein Gymnasium in Frage kommt. Für das Selbstbewusstsein der Kinder sind schulische Erfolge mit Sicherheit besser als ein jahrelanger Kampf um die Versetzung.
Nicht nur Mathe?
Warum soll sie „auch in den anderen naturwissenschaftlichen Fächern“ „sehr fleißig“ sein müssen? In denen kommt vergleichsweise sehr wenig Mathe vor.
Bei mir auch naturwissenschaftl. Fächer
Aber ja doch, die auch. Irgendwie steckt da auch Mathe drin, manchmal sogar ganz konkret.
Ausgleich
Gibt es denn den Ausgleich nicht mehr? Mein Lateinlehrer (damals war Latein an unserer Schule ein genauso versetzungsrelevantes Fach wie Mathematik) sagte: „ihr fallt doch nicht wegen der fünf in Latein durch, sondern weil ihr auch keine Mathe könnt.“
Habe so einen Kandidaten zu hause, Mathe kostet viel Anstrengung, aber das Wichtigste ist, dass es in den Sprachen keinen Schlendrian gibt. Und für’s Abi gibt es eben Mathe im Minimalmodus. Wird eben kein Ingenieur.
Aber leider Politiker
Dyskalkulie ist nicht nur die mangelnde Fähigkeit exakt rechnen oder Integrale lösen zu können. Den Leuten fehlt auch jedes Verständnis für Größenordnungen. Ob 10 000 oder 10 Billionen ist für die Leute nicht fassbar. Und unsere Politik in Berlin wird offensichtlich von Leuten mit Dyskalkulie betrieben. Da nötigt man den Bürger den Gürtel enger zu schnallen und haut dann kurz darauf das 10 fache für irgendwelche Steckenpferde raus. Damit die Pandemie für Alle möglichst bequem abläuft, hat man die Billion € schon fest im Blick. Später werden diese Experten oder ihre Nachfolger dann mit der Axt durch unseren Sozialstaat laufen, weil die Bilanz völlig aus dem Ruder läuft. Nach Corona machen dann die Restaurants pleite, weil sich der Bürger keinen Restaurantbesuch mehr leisten kann. Defizite haben und damit verantwortungsvoll umgehen sind leider 2 Paar Schuhe.