Schlaflos

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Das Familienblog der F.A.Z.

Was tun mit dem Geld meines Kindes?

Eine Geldanlage, die für viele nicht mehr akzeptabel ist: Erntehelfer in Brandenburg bei der Tabakernte

Festgeld, ETF oder Staatsanleihen? Wie unsere Autorin für ihre Kinder zum Finanzfuchs wurde und was sie dabei gelernt hat.

Als ich ein Kind war, bestand die Welt des Geldes für mich eigentlich aus zwei Welten. Die eine war die der glänzenden Münzen, von denen die größte (das wunderschöne Fünf-DM-Stück) gerade so in meine Hand passte und für sechs Gummitierchen im Spielzeugladen reichte.

Die andere war weniger greifbar. Sie hieß „das Geld von der Oma“ und soweit ich es damals verstand, hatte meine Großmutter ihren Sparstrumpf für uns Enkelkinder geöffnet und meinem Vater Geld für jeden von uns übergeben. Dieses Geld konnte ich nicht sehen, nicht berühren, aber ich wusste, wenn ich mal einen wirklich großen Wunsch habe, wartet es auf mich.

Ich hatte Glück: Meine Eltern mussten das Geld nie anrühren, um Schulranzen, Urlaube und Führerschein für mich zu bezahlen. Lieber hätten sie auf Reisen, Essengehen und neue Anschaffungen verzichtet, als an mein Geld zu gehen. Viel mehr noch: Mein Vater fuchste sich in die besten Anlagemöglichkeiten ein, die in der Hochzinszeit der frühen neunziger Jahre mit Festgeld und Bausparverträgen noch etwas anders aussahen als heute.

Akribisch führte er Buch darüber, wie sich das Geld entwickelte. In Aktien wollte er nicht investieren. Zum einen hatte er Fälle von Bekannten im Kopf, die an der Börse sehr viel Geld verloren hatten, zum anderen kannte er sich seiner Meinung nach zu wenig aus und wollte sich nicht auf Berater verlassen. Auf keinen Fall wollte er auch nur einen Pfennig unseres Geldes in den Sand setzen.

Als ich vor einigen Jahren zusammen mit meiner Schwester eine winzige Wohnung kaufte, war dieses so klug und vorausschauend angelegte Geld unser Grundstock. Es hatte sich dank meines Vaters über all die Jahre hinweg so stetig vermehrt wie meine Meerschweinchen. Doch wie genau mein Vater das angestellt hatte, dafür hatte ich mich jahrelang nicht interessiert. Bis ich selbst Kinder bekam.

Dass mein „eigenes“ Geld, das jeden Monat auf mein Girokonto eingeht und für Miete, Fitnessstudio, Bücher und Restaurantbesuche wieder abfließt, keine Zinsen bringt, ist mir weitgehend egal. Zu kompliziert wäre mir das ständige Hin- und Her-Überweisen aufs Tagesgeldkonto oder in andere Anlagemöglichkeiten.

Doch bei dem Geld meiner Kinder fühle ich anders. Zwei liebe, kinderlose Großtanten haben es mir zur Geburt der beiden überwiesen, und ich begreife es als etwas, das mir anvertraut worden ist. So wie ich meine Kinder vor allem Übel zu bewahren suche, so will ich auch ihr Geld bewahren und vermehren, so wie mein Vater es für uns Kinder getan hat.

Doch ich hatte keine Ahnung, wo das möglich wäre. Auf den Konten gibt es keine Zinsen, auch Staatsanleihen, Festgeld, Bausparverträge haben längst ihre Rentabilität verloren. Aktien und Fonds – fast ohne Vorkenntnisse? Sehr präsent ist mir noch ein Zeitungsartikel in Erinnerung, in dem ein Journalist vor zehn Jahren auf die Suche danach ging, in welche Aktien das Geld seiner Riester-Lebensversicherung angelegt ist – und herausfand, dass damit unter anderem Streubomben finanziert wurden. Unvorstellbar für das Geld unserer beiden Söhne.

Ich las mich in ETFs eine, eine Anlagemöglichkeit, bei der so wenig Geld für Verwaltungskosten und Ausgabeaufschlag fällig wird, dass die Renditen auch ohne horrend auszufallen, lohnend sein können. Mir gefällt das Konzept, dass auch ich Laie mir hier ein Depot zusammenstellen kann, das bestimmte Eigenschaften hat: Ich kann nachhaltig, nur in Zukunftstechnologien oder in „grüne“ Energie investieren. Wenn ich manchmal in der Nacht wach lag, schaute ich, wie sich das Depot entwickelte.

Der erste Verkauf von ETF-Anteilen erschien uns ähnlich aufregend wie der Kauf unserer Wohnung. Schon nach dem ersten Jahr hatten wir mit unserem ersten Investment genug Rendite gemacht, dass wir Max davon seinen Fahrradsitz kaufen konnten. Das fanden wir eine hübsche Symbolik. Inzwischen haben wir für beide Kinder auch Sparpläne eingerichtet, mit der aus unserem monatlichen Gehalt ein Betrag direkt ins Depot geht. So wächst der Grundstock ihres späteren Startkapitals jeden Monat ein klein wenig an.

Natürlich sind auch ETF keine bombensichere Geldanlage. Auch bei ihnen fließt das Geld in Aktien und deren Kurse können nun einmal steigen oder sinken. Entscheidend ist, dass man das Geld möglichst breit über die Weltregionen und Wirtschaftszweige streut (wobei man eben auch Wirtschaftszweige ausschließen kann wie Waffen, Tabak oder ähnliches), um eventuelle Krisen abzufedern. Nach allem, was ich gelesen habe, ließen sich mit einer so breit gestreuten Geldanlage an den Aktienmärkten trotz aller zwischenzeitlicher Rückschläge in den vergangenen Jahrzehnten im Durchschnitt um die 5 Prozent Rendite erzielen. Also deutlich mehr als auf dem Tagesgeldkonto.

Manchmal sinniere ich darüber, wofür die Kinder das Geld wohl später einmal nutzen werden. Ob sie ein Jahr durch Australien reisen, ein Auto kaufen oder den Tauchschein machen wollen, eine Kunstakademie besuchen oder ein Projekt mit Straßenkindern in Indien ins Leben rufen.

Doch auch jetzt schon will ich in ihrem Namen verantwortungsvoll mit Geld umgehen und nachhaltige Werte schaffen. Jedes Jahr spenden wir für die Kinder an eine Organisation oder Einrichtung, die unserer Meinung nach zu ihnen passt.

Im vergangenen Jahr haben wir für Max an eine Organisation gespendet, die Kindern in Tansania Augen-Operationen ermöglicht, damit sie wieder sehen können. Ich fand das passend für einen Zweijährigen, der gerade mit großen Augen die Welt erkundet und mit allen Sinnen begreifen lernt. In diesem Jahr habe ich Max erklärt, dass wir einmal im Jahr Geld geben, an Menschen, denen es nicht so gut geht oder die Unterstützung brauchen, um ihre Arbeit zu machen. Er hat sich die Freiwillige Feuerwehr ausgesucht. Im nächsten Jahr ist es vielleicht ein Kunstprojekt oder Tierschutz. Ich freue mich schon darauf.