Reinheitsgebot

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Das Blog zum Bier

Prost Halbzeit!

Fußballgucken macht durstig. Deshalb freuen sich die Brauer auf die EM. Aber wieviel Geld müssen sie eigentlich für ihre Werbespots in der Halbzeitpause zahlen?

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ARCHIV - Das Bier in die Höhe haltend kämpft sich ein Fußballfan am 07.07.2010 vor Spielbeginn auf dem Fanfest in Nürnberg durch die Menschenmenge. Foto: Daniel Karmann/dpa (zu dpa: "Zehn Gründe, sich auf die EM zu freuen" vom 08.06.2016) +++(c) dpa - Bildfunk+++ | Verwendung weltweit

Zwar sagen Spielverderber, Bier und Fußball gingen gar nicht, den Brauern aber ist das ziemlich schnurz. „Bier und Fußball passen einfach perfekt zusammen“, erklärt Bitburger auf Nachfrage. Und auch der deutsche Brauerbund kennt die deutschen Fußballfans und findet, Public Viewing, Straßenfeste und Grillpartys seien „ohne kühles Bier nur schwer vorstellbar“.

Tatsächlich werden die Deutschen beim Fußballgucken ziemlich durstig. Wirte von Biergärten haben im Vorfeld der EM die Fässer im Keller aufgestockt. Und viele Privatleute, die zuhause gucken, passen in diesen Tagen peinlich genau darauf auf, den Kühlschrank rechtzeitig  zu bestücken, um sich keine Blöße zu geben, wenn plötzlich der Nachbar zu Besuch kommt. Kein Wunder, dass die Brauer in den Sommerwochen von  EM- und WM-Jahren daher spürbar mehr Bier verkaufen. Der Unterschied ist zwar nicht exorbitant, aber doch bedeutend. Laut Brauerbund fahren manche Brauereien vor und während des Turniers Sonderschichten. Besonders gut in Erinnerung ist ihnen das Sommermärchen 2006: Im Jahr der Fußball-WM in Deutschland haben die deutschen Brauereien im Juni rund zehn Prozent mehr Bier verkauft als sonst. Das waren allein in diesem Monat rund 1 Million Hektoliter zusätzlich – das entspricht 10 Millionen Bierkisten. Damals spielte auch das Wetter mit.  Bei den Turnieren in den Folgejahren war das Plus nicht mehr ganz so hoch, aber immer noch rund vier Prozent.

Allein schon aus Eigeninteresse fiebern die deutschen Brauer deshalb mit der Nationalmannschaft mit: „Je mehr Spiele die deutsche Elf erfolgreich bestreitet, desto höher ist natürlich die Nachfrage“, sagt Marc Huhnholz vom deutschen Brauerbund.

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Zwar haben im Kicker-Sonderheft zur EM nur Krombacher und Bitburger Werbung gebucht, im Fernsehen aber dürfte die Bierparade zur EM bald losgehen. Ausgerechnet eine Studie im Auftrag des Gesundheitsministeriums hat gezeigt, dass sich Bier-Werbespots im Fernsehen ins Gedächtnis hämmern. Schon 5.- und 7.-Klässler könnten die Titelmusik oft mitsingen und die Slogans mitsprechen, heißt es dort etwas besorgt. Die Kombination aus Spaß, Feiern und Akzeptanz in der Peergroup durch Alkoholkonsum komme bei Jugendlichen an. Die Brauer wollen sich von derlei Kritik aber nicht die Laune verderben lassen: Gerade bei großen Sportevents seien alkoholfreie Biere immer beliebter geworden, will dem Verband aufgefallen sein. Schon jedes 15. Bier in Deutschland sei mittlerweile alkoholfrei.

Gut läuft es auch bei den drei Fernsehsendern, die die Spiele live übertragen: Noch bei keiner Europameisterschaft davor gab es so viele Werbeplätze zu vermarkten. Statt 16 nehmen dieses Mal 24 Mannschaften an der Endrunde in Frankreich teil. Das macht insgesamt 51 Spiele, rund 20 mehr als vor vier Jahren. Die meisten Spiele zeigen ARD und ZDF abwechselnd. Das Eröffnungsspiel sendet am Freitag das ZDF, das Finale am 10. Juli darf die ARD zeigen. Der Privatsender Sat.1 überträgt erstmals sechs Vorrundenspiele in der Gruppenphase.

Was die Werbewirtschaft besonders freut: Viele Spiele laufen vor 20 Uhr. Das ist wichtig, denn eigentlich ist den Sendern  laut Rundfunkstaatsvertrag Werbung nur in der Zeit zwischen 17 und 20 Uhr erlaubt, an Sonn- und Feiertagen ist Werbung für sie generell verboten. An Werktagen dürfen sie insgesamt höchstens 20 Minuten Werbung ausstrahlen.

Bei Sport-Großveranstaltungen macht das Gesetz aber eine kleine Ausnahme: Zumindest ein Hinweis auf die Sponsoren ist auch nach 20 Uhr erlaubt, also die sehr kurzen Clips „die Fußball-EM präsentiert Ihnen …“ Diese Sponsorenhinweise werden allerdings – anders als die regulären Werbespots vor 20 Uhr – nicht von den Sendern vermarktet, sondern von der Uefa. Einziger Bierkonzern unter den Uefa-Sponsoren ist der dänische Braukonzern Carlsberg. Er unterstützt die Europameisterschaft seit 1988, investiert sein Werbebudget  ansonsten aber hauptsächlich in die englische Premier League. Die anderen Sponsoren sind: Coca-Cola, Continental, Hyundai/Kia, McDonald’s und Turkish Airlines. Je zwei Sponsorenhinweise werden vor jedem Spiel gezeigt.

Welche Bierkonzerne reguläre Werbung im Fernsehen gebucht haben, will die ARD noch nicht verraten. Das sei dem Sender aus wettbewerbsrechtlichen Gründen nicht erlaubt. Klar ist aber: Neben Banken, Versicherungen und Autoherstellern rangeln auch die großen Bierkonzerne um die beliebtesten Werbeplätze. Bitburger ist schon seit mehr als 20 Jahren Sponsor der deutschen Nationalmannschaft. Zusätzlich zum Sponsoring will die Brauerei auch Werbespots schalten. Auch der weltgrößte Braukonzern Anheuser-Busch will während der EM werben, zum Beispiel für Franziskaner, allerdings nicht  für die Marke Beck’s. Bei dieser Marke haben die Werbestrategen entschieden, statt auf Fußball lieber auf Musikfestivals und Konzerte zu setzen, um sich von den Wettbewerbern abzusetzen. Die Frankfurter Radeberger-Gruppe wiederum will für mehrere Biermarken bei der EM trommeln. Zurückhaltender gibt sich Deutschlands meistgetrunkene Biermarke Krombacher, eigentlich der Klassiker unter den „Fernsehbieren“. Sie gibt zwar sonst sehr viel Geld für TV-Spots aus, will jedoch bei den Europameisterschaftsspielen keine speziellen zeigen. Die Erfahrung habe gezeigt, dass während der Turniere zwar die Aufmerksamkeit groß sei, aber das sei auch schnell wieder vorbei: „Wir sind eher an längerfristiger Resonanz interessiert“, erklärt der Konzern auf Nachfrage.

Tatsächlich müssen die Brauereikonzerne für die Werbespots während der EM sehr viel Geld auf den Tisch legen. Freilich sitzen auch viele Leute vor den Fernsehern. Bei der letzten EM waren es im Schnitt über 15 Millionen Zuschauer pro Spiel (26,4 Mio. bei Live-Spielen mit Deutschland, 12,8  Mio. bei Spielen ohne Deutschland).

werbespots

Vergleichsweise günstig sind die Vorrundenspiele ohne deutsche Beteiligung. Wer am Montagnachmittag kurz vor Anpfiff des Spiels Spanien gegen Tschechien werben will, zahlt rund 1000 Euro je Sekunde, ein 20 Sekunden-Spot kommt also auf rund 20.000 Euro. In der Halbzeitpause wird es dann schon deutlich teurer – da kosten die Spots rund das Dreifache. Aber auch das ist noch recht günstig, wenn man es mit Deutschland-Spielen vergleicht.

deutschland

Aus Werbesicht ist in der Vorrunde derzeit die Partie Deutschland gegen Nordirland am interessantesten. Es ist das einzige Vorrundenspiel der deutschen Nationalmannschaft vor 20 Uhr – also in einer Zeit, in der geworben werden darf. Weil in diesem Spiel auch viel mehr Zuschauer vor den Geräten sitzen, können die Werbevermarkter der ARD richtig zugreifen. Um 17:46 Uhr kurz vor Anpfiff kostet die Werbesekunde 4650 Euro, der 20-Sekundenspot also 93.000 Euro. Einige Minuten später kommt der sogenannte „Split-Screen“, so kann auch noch in den letzten Minuten vor dem Anstoß – während schon die Berichterstattung in einem gesonderten Fenster läuft – Werbung gezeigt werden. Die Minute kostet jetzt 5550 Euro, also 111.000 Euro für einen 20-Sekunden Spot.

Richtig teuer wird es in der Halbzeitpause; dieses Muster zieht sich durch alle Spiele. Die Spots kosten dann nochmal rund das Doppelte. In der Pause lässt sich die ARD die Sekunde mit 10.950 Euro bezahlen. Am teuersten ist der Split-Screen kurz vor Anpfiff der zweiten Halbzeit: 13.200 Euro kostet nun die Sekunde, der 20-Sekunden-Spot also 264.000 Euro. Damit sich das für die Brauer lohnt, müssen die Fans fleißig trinken. Für diese Summe bekommt man in vielen Städten eine hübsche Wohnung; oder im Supermarkt rund 24.000 Kisten Bier. Weil viele Zuschauer auch nach dem Spiel noch dranbleiben, rattert die Geldmaschine weiter: Die Spots direkt vor dieser Tagesschau kosten mehr als das Fünffache gegenüber normalen Zeiten.

Das Finale wird an einem Sonntag stattfinden, daher dürfen die Sender hier keine Werbung anbieten. Die Anzeigen bei den anderen Spielen sind für die Unternehmen aber auch so schon teuer genug. Verglichen mit Amerika aber sind die Summen noch immer Peanuts. Dort mussten Unternehmen im Februar beim Super-Bowl, dem Finale der amerikanischen Football-Liga NFL, rund 5 Millionen Dollar für den teuersten 30-Sekunden-Spot bezahlen.