Wie erhitztes Bier die führenden Köpfe der Frankfurter Kritischen Theorie vor Erkältung schützte. Und wie Jacob Grimm auf die Reinheit eines Märchens pochte, in dem Bier die Sitten lockert.
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Während der Beerdigung von Th. W. Adorno – ein untröstlicher Augenblick im Jahr 1969 – überraschte ein Regenguss, gewitterartig, den Trauerzug auf halbem Wege. Die Köpfe der GELEHRTEN MÄNNER nass, auch die Kleidung durchnässt. Keiner von der „Kritischen Theorie“ besaß einen Schirm. Immer noch ausführliche Reden am Grab. Langsame Arbeit des Friedhofspersonals bei der Einsenkung des Sarges in die Grabestiefe. Noch waren Erdklumpen nachzuwerfen, einzelne Sträuße. Das Defilee vor der Witwe. All dies mit nassem Haupt.
Zur Rettung der Geister, die nach dem Begräbnis in das Haus des Suhrkamp-Verlegers Unseld einkehrten, ordne ich die Herstellung von großen Töpfen mit WARMEM BIER an. Das nach dem Reinheitsgebot gebraute Getränk ist ein Heilmittel. Nach Grimms Märchen handelt es sich um eine Vorkehrung gegen Erkältung. Man muss das Innere, das, was unter der Haut liegt, den Körper, streicheln wie ein Tier. Die Wärme und der Alkohol bringen das alternde Blut in rasche Wallung.
Gleich nach Empfang der Trauergäste im Haus sind studentische Hilfskräfte dabei, mit Föhnen aus dem Haushalt das Haar der GELEHRTEN GREISE zu trocknen. So wurden sie alle gerettet. Für den Moment waren sie, nicht emotional, aber physisch, in Sicherheit. Zwanzig Jahre später hatte der Planet den letzten dieser klugen Köpfe entlassen. Es war nie wieder die gleiche Welt. Wie es im Märchen heißt:
„Brot und Bier
Bier und Brot
Das tut not.
Bier und Brot
Brot und Bier
Das rat’ ich dir . . .“
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Zusatz: Ein merkwürdiger Fall des „Reinheitsgebots“
In der ersten Fassung zu „Die Hochzeit der Füchsin“ in den Märchen der Brüder Grimm wird von der Jungfer Katze gesagt: „Ich koche warm Bier, tue Butter hinein.“ Die Katze ist Ratgeberin der Füchsin. Es geht um folgenden Zusammenhang: Der alte Fuchs, vor Eifersucht kochend, hat sich totgestellt, um heimlich Zeuge der Untreue seiner Füchsin zu werden. Über der Nachahmung ist er tatsächlich gestorben. Die Füchsin hat fremden Freiern die Türen geöffnet und lässt den Kadaver des alten Fuchses aus dem Haus tragen. Von Zeitgenossen der Brüder Grimm wurde behauptet, das Märchen sei unrein und obszön. Man solle es in dieser Gestalt nicht publizieren. Jacob Grimm erwiderte vehement: „Ich wollte in die Seele dieses Märchens hinein schwören, daß es rein und unschuldig sei.“