Reinheitsgebot

Reinheitsgebot

Das Blog zum Bier

Käse würde Bier trinken

Beim Käse denken nicht viele an Bier. Dabei können beide hervorragend harmonieren. Wir präsentieren vier Kombinationen zum Schwärmen, empfohlen vom Weltmeister der Biersommeliers.

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Empfehlung I

Alter Gouda (Beemster Oud 48+) mit Pilsener Urquell

Das buttrige Aroma des Diacetyls im Pilsener Urquell lockt die rahmigen, milchsauren, joghurtartigen Aromen aus dem gereiften Gouda hervor und unterstützt den nussig-buttrigen Geschmackseindruck des gereiften Käses.

 

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Empfehlung II

Gorgonzola Dolce mit Punk IPA (Brew Dog)

Der fruchtige Antrunk des Punk IPAs ergänzt sich zunächst schön mit den salzig pikanten Noten des Käses, klingt dann aber schnell genug aus, um mit der deutlichen Herbe die Umami-Noten aus dem Gorgonzola herauszuarbeiten. Zur Begleitung in Frage kommen auch andere eher fruchtige IPAs.

 

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Empfehlung III

© uwebLinks auf der Käseplatte: Brillat Savarin, Mimolette in der Mitte, Gorgonzola dolce rechts

 

Mimolette mit Baltic Dubbel (Rügener Insel-Brauerei)

Der salzige Geschmackseindruck des Mimolettes verstärkt die Karamellnoten des Baltic Dubbels, so dass im Mund ein Geschmackseindruck entsteht, der dem Genuss von Salzkaramell sehr ähnlich ist. Mit seiner feinen Herbe betont das Bier umgekehrt die nussigen Noten des Käses. In Frage kommen auch andere belgische Dubbel.

 

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Empfehlung IV

Brillat Savarin mit Dulcis 12 (Riegele)

Zunächst ergänzt sich die feine Säure des Käses gut mit der kräftigen Süße des Bieres. Die kräftigen Honignoten des Dulcis 12 betonen anschließend zusammen mit der angenehmen Bittere des Bieres die Reifungsaromen des ansonsten recht jung und mild schmeckenden Käses.

 

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F.A.Z.: Sie sind der amtierende Weltmeister der Biersommeliers. Warum gewinnen eigentlich meistens die Deutschen?

© Doemens/Andreas GriegerStephan Hilbrandt bei der Preisverleihung im September 2017 in München

Stephan Hilbrandt: Meistens, naja, ich bin erst der dritte Deutsche von fünf Gewinnern. Es hätte aber auch diesmal wieder ein Österreicher Weltmeister werden können. Davon abgesehen gibt es in Deutschland wahrscheinlich die meisten Biersommeliers, deshalb ist das Feld der möglichen Teilnehmer sehr groß.

Was war Ihr Gewinnerbier, das Sie im September im Finale in München präsentieren mussten?

Das war ein Orval, ein belgisches Trappistenbier, das ich sehr mag und über das ich einiges erzählen konnte. Ich hatte Glück, dass es sich unter den drei Bieren befand, aus denen ich wählen durfte.

Was mögen Sie am Orval?

Die Veränderung, die es in der Flasche vollzieht. Es ist ein großer Unterschied zwischen dem frischen Bier, das noch sehr vom Hopfenstopfen und der Fruchtigkeit lebt, und dem länger gelagerten, bei dem nach und nach das Brettanomyces-Aroma durchschlägt und das Bier säuerlicher, ledrig duftend, wilder macht. Kostet man die verschiedenen Stadien nebeneinander, meint man es mit unterschiedlichen Bieren zu tun zu haben. Ich mag Orval am liebsten, wenn es ein bis zwei Jahre alt ist.

Seit wann beschäftigen Sie sich intensiv mit Bier, Sie sind ja kein Brauer?

Richtig, ich bin Informatiker, in der Softwarequalitätssicherung. Ich habe mich seit 2010 intensiv mit der Craft-Bier-Szene auseinandergesetzt und habe 2012 mit dem Hobbybrauen begonnen. Um mehr über sensorische Aspekte zu lernen, habe ich mich zum Biersommelier ausbilden lassen.

Was schätzen Sie am deutschen Bier?

Es kommt immer darauf an, welches deutsche Bier man meint. Auf der einen Seite haben wir eine sehr alte, gewachsene Bierkultur, die gerade, wenn man ins Fränkische geht, die untergärigen Stile abdeckt. Vor allem im Rheinland hingegen haben wir sehr regionale Bierkulturen mit obergärigen Bieren, dem Kölsch und dem Alt. Dort ist man noch sehr regionsverliebt. Das macht diese Kultur einerseits spannend, weil sie sehr eigen ist, es macht es manchmal aber auch schwierig, für Vielfalt einzutreten. Ich finde gut, dass sich trotz dieser Traditionen auch eine neue Bierkultur in Deutschland entwickelt, auch wenn das langsamer vor sich geht als in Ländern ohne große Biertradition.

Wie stehen Sie zum Reinheitsgebot?

Das sehe ich mit gemischten Gefühlen. Wir können durchaus stolz darauf sein, so etwas zu haben und danach zu leben. Ich finde, dann sollten wir es an manchen Stellen aber auch noch ein wenig strikter auslegen. Dann würde zum Beispiel das Weizen nicht unter das Reinheitsgebot fallen, so, wie es auf vielen Flaschen steht. Wir sollten es insgesamt eher als Qualitätsmerkmal denn als zwingende Voraussetzung interpretieren. Wir sollten auch andere Zutaten ermöglichen und die Produkte trotzdem Bier nennen dürfen. Das Label “Gebraut nach dem deutschen Reinheitsgebot” sollte aber den Bieren vorbehalten bleiben, die sich an die enge Zutatenliste halten. Abschaffen sollten wir das Reinheitsgebot auf keinen Fall. Wir sollten daneben nur mehr Vielfalt zulassen.

Was haben Sie jetzt weiter in Sachen Bier vor? Wie wollen Sie Ihre analytischen Fähigkeiten nutzen?

Ich arbeite ja schon etwas länger nebenberuflich als Biersommelier, gebe Tastings und Heimbraukurse entwerfe bierbegleitende Menüs und freue mich darüber, dass die Anfragen jetzt zunehmen und auch die Einladungen als Beer Judge, die einen an spannende Orte führen.

In welchen Bereichen hat das Bierland Deutschland noch Nachholbedarf?

Ich denke vor allem in der gastronomischen Vielfalt. Viele Gastronomieobjekte haben eine Brauereibindung, was wenig Vielfalt zulässt. Auch wird in der deutschen Gastronomie noch sehr nach Fassbier verlangt, wobei eine Fassbier-Vielfalt per se immer schwierig zu gewährleisten ist. Ich denke, wir haben Nachholbedarf, eine größere Vielfalt an Flaschenbieren anzubieten und dem Konsumenten zu erklären, dass Flaschenbier nicht ein Zeichen von minderer Qualität sein muss. Bei bestimmten Essen kann es sinnvoll sein, aus einer größeren Vielfalt zu wählen.

Die Fragen stellte Uwe Ebbinghaus