Reinheitsgebot

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Das Blog zum Bier

Wie schädlich ist Glyphosat im Bier?

Es wird kein leichtes Jahr für all jene, die 2016 das bayerische, das deutsche oder das Reinheitsgebot an sich feiern wollen. Das Umweltinstitut München e. V. will jedenfalls nicht mitfeiern, sondern präsentiert eine Untersuchung, derzufolge die vierzehn verkaufsstärksten deutschen Biere einen Rückstandswert des Herbizids Glyphosat aufweisen, der bis zu 300 Mal über dem gesetzlichen Grenzwert für Trinkwasser liegt. Das Institut gibt zu bedenken, dass die Weltgesundheitsorganisation das Mittel als erbgutschädigend und wahrscheinlich krebserregend einstuft. Im deutschen Bier, das mit seiner Reinheit wirbt, habe der Stoff jedenfalls nichts zu suchen.

###Krebsvorsorge oder Panikmache? Die Untersuchung des Umweltinstituts München e. V.

Wie schätzt das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) die Untersuchungsergebnisse ein und wie kommt Glyphosat ins Bier? Wir haben beim BfR und dem Bayerischen Brauerbund nachgefragt.

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Interview mit Dr. Roland Solecki, Leiter der Abteilung Sicherheit von Pestiziden im Bundesinstitut für Risikobewertung

F.A.Z.: Herr Solecki, wie beurteilen Sie die vom Umweltinstitut München e. V. gemessenen Glyphosat-Werte in 14 deutschen Bieren?

Roland Solecki: Ich beurteile die Untersuchung und ihre Schlussfolgerungen als Panikmache. Das ist ähnlich wie vor einem halben Jahr, als es hieß, Glyphosat befinde sich in der Muttermilch. Wir konnten anschließend mit sehr guter Analytik nachweisen: Glyphosat befindet sich nicht in der Muttermilch. Und beim Bier verhielte es sich, nimmt man die Werte des Umweltinstituts als Grundlage, unseren Berechnungen zufolge so, dass  man täglich 1000 Liter Bier trinken müsste, um einen gesundheitsschädlichen Grenzwert zu erreichen.

Bier muss wegen der gemessenen Werte also nicht als krebserregend gelten?

Wegen der gemessenen Werte von Glyphosat nicht. Der Alkoholgehalt ist das Kritische am Bier. Das wird bei dieser Diskussion gerade komplett vergessen: Alkohol wurde von der Internationalen Agentur für Krebsforschung (IARC) in die Kategorie 1A eingestuft, als krebserregend also, und Alkohol ist auch reproduktionstoxisch. Darüber spricht jetzt niemand.

Glyphosat wird von der IARC aber in die Kategorie 2A, also “wahrscheinlich krebserregend” gestuft.

Dieser Beurteilung, die auch von der IARC in einer Präambel lediglich als erstes Screening bezeichnet wird, stimmen aber weder wir im BfR noch die anderen europäischen Staaten zu, auch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) stimmt dem nicht zu, und die Einschätzung ist auch innerhalb der Weltgesundheitsorganisation (WHO) heftig umstritten. Das Joint Meeting on Pesticide Residues (JMPR), das sich in der WHO eigentlich mit Pflanzenschutzmittelrückständen befasst, hat 2004 gesagt, Glyphosat ist nicht krebserregend. Die Institution schaut sich die neuesten Untersuchungen im Mai noch einmal an und wird dann ihre Schlussfolgerungen ziehen. Anschließend wird sich auch die WHO dazu äußern. Wir gehen nach wie vor nicht davon aus, dass Glyphosat krebserregend ist – bei Anwendung in der Landwirtschaft.

Welcher Glyphosat-Grenzwert liegt Ihrer Beurteilung zugrunde, woher stammt er?

Wir haben vom Jahr 2011 an eine Neubewertung von Glyphosat vorgenommen, für die wir 900 Literaturquellen und Industriestudien ausgewertet haben. Der Grenzwert den wir für die Langzeitaufnahme von Glyphosat abgeleitet haben, beträgt 0,5 Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht pro Tag. Und wir haben zusätzlich auch eine akute Referenzdosis festgelegt, die wir auch bei 0,5 Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht festgesetzt haben.

Warum gilt für Trinkwasser ein viel niedrigerer Glyphosat-Wert als für Bier?

Hierbei handelt es sich um einen Grenzwert, der in der Trinkwasserverordnung von 2001 für alle Pflanzenschutzmittelwirkstoffe gesetzt worden ist, um die EU-Richtlinie zur Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch in nationales Recht umzusetzen. Es ist ein Vorsorgewert, der die Qualität des Trinkwassers sicherstellen soll und unabhängig von der Toxizität besteht. Diesen Wert hat man auf eine Grenze gesetzt, der so niedrig wie möglich ist, er hat nichts mit gesundheitlicher Bedenklichkeit zu tun.

Wie kommt Glyphosat ins Bier? Das Wasser scheidet aus. Der Brauerbund sagt, Glyphosat mindere die Keimfähigkeit von Gerste und seine Verwendung sei schon aus herstellungstechnischen Gründen ausgeschlossen? Ist der Hopfen verantwortlich?

Der Hopfen ist ausgeschlossen, der verträgt Glyphosat nicht. Für uns stammen die Rückstände wahrscheinlich aus der Braugerste. Wenn man bei der Gerste die zulässigen Höchstwerte von 20 Milligramm pro Kilogramm heranzieht und nimmt die Verarbeitungsfaktoren hinzu, dann sind die Werte aus unserer Sicht plausibel.

 

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Interview mit Walter König, Geschäftsführer Braugersten-Gemeinschaft e.V. beim Bayerischen Brauerbund

F.A.Z.: Herr König, wie beurteilen Sie die vom Umweltinstitut München e. V. gemessenen Glyphosat-Werte in 14 deutschen Bieren, darunter vier bayerische?

Walter König: Aus unserer Sicht soll im Jahr des Reinheitsgebots auf dem Rücken der Bierbrauer eine Kampagne gegen Glyphosat ausgetragen werden, in der es darum geht, die Politik bei einer Entscheidung unter Druck zu setzen, die nächste Woche gefällt wird: Wie soll künftig europaweit mit Glyphosat umgegangen werden.

Wie kommt Glyphosat nun ins Bier?

Glyphosat ist bei der Sikkation, das heißt beim Spritzen vor der Ernte an der Gerste verboten. Aber das Mittel wird seit 50 Jahren in der Landwirtschaft verwendet, zur Stoppelbehandlung und auch vor der Aussaat zur Bereinigung der Flächen von Unkraut. Glyphosat findet man bei der heutigen Analytik in allen Lebensmitteln, da muss ich auch “Bio” und Gemüse einschließen.

Sind die gemessenen Glyphosat-Werte im Bier bei den Ansprüchen, die bayerische Brauer an ihr Produkt stellen, nicht unbefriedigend?

Nein, sind sie nicht. Sie überraschen uns auch nicht. Beim Getreide ist ein Wert von 20 Milligramm pro Kilogramm erlaubt. Wenn ich das für die Braugerste ansetze, sind wir weit weg von diesem Grenzwert, unser höchster Wert in den letzten drei Jahren waren 1,1 Milligramm. Die Brauwirtschaft hat ihre Hausaufgaben gemacht. Wenn man jetzt noch miteinbezieht, dass nach unseren Erkenntnissen nur zwei Prozent des auf dem Rohstoff befindlichen Glyphosat analytisch gesehen im Bier wiederzufinden ist, weil der Brauprozess ein reiner Reinigungs- und Klärungsprozess ist, kommen in etwa die vom Umweltinstitut gemessenen Werte heraus. Deren Interpretation aber ist populistisch und unseriös.

Die Fragen stellte Uwe Ebbinghaus

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Nachträge: