Resi, i hoi Di midm Dragdor ob
Irschenberg hat zuletzt keinem Kriegshelden ein Denkmal geschaffen. Irschenberg baut keine Statue für einen Politiker oder Unternehmer. Irschenberg hat ein Denkmal für die Resi aufgestellt. Die Resi, hochdeutsch aber bayerisch unaussprechlich „Rosemarie“, ist deutlich über 70, trägt einen blauen Kittel und hat schwere, dicke Hände von der Arbeit. Aber jetzt sitzt die Resi auf der Bank und schaut als Denkmal dem Kommenden freundlich und interessiert entgegen. Resi ist so realistisch, dass man sie im ersten Moment für echt halten könnte.
Wer aus Bayern kommt, kann diese ältere Dame natürlich einordnen. Resi steht für all die alten Leute, die nach einem Leben voller Arbeit sich nicht einfach zur Ruhe setzen, sondern nach Kräften mithelfen, das Dorf besser zu machen. Sie ist eine antimoderne Ikone, denn die Resi backt Plätzchen für den Kirchenbasar, sie stopft Socken, und sie gibt die Babysitterin in Orten, die so etwas nicht haben. Die Resi dient vom Kirchenchor über den Trachtenverein bis zur Wallfahrt nach Altötting der Gemeinschaft und ihrer – aus Sicht der grossen Städte – rückständigen Kultur. Sie sorgt dafür, dass die Härten der Globalisierung und Veränderung abgefangen werden, sie ist die Lokalzeitung, der vierte Mann beim Schafkopf, und drückt sich auch nicht, wenn andere im Dorf den letzten Weg gehen müssen. Dafür hat sie eine Existenz, deren gnadenlose Ausrottung sich gerade viele andere Frauen aus dem Reichshauptslum Berlin verschrieben haben, aber so ist es eben: Das erste Opfer der Feministinnen ist immer eine Frau. Woanders gälte das Leben der Resi als Albtraum. Aber hier wird ihr ein Denkmal gesetzt.
Diese Resis sind der Grund, warum das Staatsversagen, das als „Flüchtlingskrise“ immer noch beschönigt wird, das man nicht als Lawine bezeichnen darf oder gar als Invasion, für das es aber schwer ist, angemessene Worte zu finden – sie ist also der Grund, warum das hier noch alles funktioniert. Die Helferkreise in Bayern auf dem Land sind fast durchwegs kirchennah, heimatverbunden, und rekrutieren sich vor allem aus Resis: Flüchtlingshilfe ist alt, pensioniert, verfügt über Zeit, und hat nicht erst mit dem Aussetzen von Recht und Gesetz durch Angela Merkel und der darauf folgenden Massenmigration segensreich in den Dörfern gewirkt. Das Bild, das die migrationsfreundlichen Medien mit urbanen, jungen, engagierten Leuten zeigen – zumindest so lange es nicht zu medial ignorierten, sexuellen Übergriffen bei Welcome-Parties kommt – ist nicht repräsentativ. Man will offensichtlich nicht darüber reden, dass die Hauptlast der täglichen Arbeit von einem Personenkreis geleistet wird, der weder schick ist, noch seine Taten vertwittert und auch nicht Teil des privaten Netzwerks der Asyl-PR-Autoren ist. Früher bekamen diese Resis für ihr Treiben als Stützen der reaktionären Welt verächtliche Kommentare. Bei ihrem nächsten Auftritt wird Frau Merkel ihnen mal wieder danken. Und sagen, dass es ohne sie nicht zu schaffen wäre. Allerdings war ich gerade bei den Resis, auch bei den echten, und da herrscht eine ganz andere Meinung.
Das war bei einem Bürgergespräch der CSU am Montag Abend in Gmund am Tegernsee, meiner Heimatgemeinde. Ich muss dazu vielleicht vorausschicken, dass ich mein Lebtag damit zugebracht habe, gegen die CSU anzuschreiben, die in ihren finsteren Tagen sogar noch schlimmer war, als es die Grünen in Berlin heute sind. Grüne Jugend Kreuzberg in Alt und körperlich genauso anziehend, so war sie. Und ich freue mich über das, was die CSU hier in jüngster Zeit zu erleiden hatte: Die Mehrheit im Gemeinderat muss sie sich mit den Freien Wählern teilen. Das gigantische Hotelprojekt der Schörghubers ging an den Klippen des Bayerischen Verfassungsgerichts unter. Nach einem widerlichen Bereicherungsskandal ist der Landrat jetzt ein bayerischer – sic – Grüner. Der Bürgermeister von Preysing ist noch von der CSU, und zwar von der alten CSU. Ein komödiantisches Talent, über das genug Anekdoten erzählt werden, um 20 Folgen des Königlich Bayerischen Amtsgerichts zu füllen. Wohlmeinende finden, er sei der Peppone des Tegernseer Tales. Erbitterte Gegner hat er auch, und da sind Vergleiche mit Nordkorea und dem Kongo keine Seltenheit. Einen gewissen, nicht netten, aber durchtriebenen Charme kann der Beobachter dem Bürgermeister von Preysing nicht absprechen, und ehrlichkeitshalber muss man als politischer Gegner sagen, dass seine Wahlergebnisse auch seiner robusten Tatkraft zu verdanken sind. Dieser tatenfreudige Bürgermeister, der mit allen Wassern gewaschen ist, stellt sich nun hin, vor einen bis auf den letzten Platz gefüllten Saal, beschreibt ehrlich die enormen Probleme, die die Gemeinde mit der Unterbringung und Versorgung der Flüchtlinge hat, und sagt, dass er Angst um seine Heimat hat. Um seine Kinder und Enkel. Er schon, aber nicht die Frau Merkel in Berlin, der sei es egal, die habe keine Kinder – dea is dös wuaschd, de hod koane Kinda.
Zu sagen, die Stimmung für Angela Merkel wäre schlecht, wäre eine deutliche Untertreibung. Hier sitzt nicht nur die CSU, hier sitzen die Bürgermeister der Talgemeinden, die Gemeinderäte, die ganz normalen Bürger, die Resis und die Helfer. Und sie, die vor Monaten noch zuversichtlich mit der Hilfe angefangen haben, erzählen jetzt andere Geschichten. Gmund hat viel geleistet, es gibt dort 40 Helfer, die auf eine gleich grosse Zahl Flüchtlinge trafen. Im Frühjahr war Gmund damit ein mustergültiges Beispiel für Willkommenskultur, mit selbst finanzierter Treppe in der Unterkunft, damit Familien Privatsphäre haben, einem vielsprachigen Fahrplan der Regionalbahn, und Räder für alle Flüchtlinge. Jetzt ist es absehbar, dass sich die Zahl der zu betreuenden Personen in den kommenden Wochen fast verdoppeln wird. Gleichzeitig lässt das Engagement im Helferkreis nach. Man hat sich auf eine sinnvolle, überschaubare Aufgabe eingestellt und ist nun zum Verwalter des Wahnsinns geworden, der immer mehr Kräfte und Engagement verlangt, ohne dass ein Ende sichtbar wäre. Die Helferkreise auf den Dörfern sind nun mal keine ausgebildeten Sozialarbeiter. Sie sind Freiwillige, die auch bei der letzten Flut da waren, bei der Organisation von Waldfesten und bei den Prozessionen. Jetzt sind sie das unbezahlte Bodenpersonal beim von Frau Merkel verursachten Versuch, die Probleme von Subsaharastaaten und Wohlstandserwartungen in Pakistan in Bayerischen Oberland zu lösen. Sie sehen sich nicht mehr aus.
Was sie aber sehen, ist der Zusammenbruch der staatlichen Ordnung. Nebenan in Tegernsee hat der Landkreis die Turnhalle mit Flüchtlingen befüllt. Dort sind es deutlich über hundert, und seitdem kommt es dort immer wieder zu Reibereien, die in offener Gewalt münden. Wer straffällig wird, so wird hier berichtet, ist trotzdem bald von der Polizei zurück. Es gibt keine ernsthaften Sanktionen, und spätestens, seitdem ein Mann mit TBC-Erkrankung spurlos verschwunden ist, weiss jeder: Der Staat hat die Kontrolle verloren. Er schafft es nachweislich nicht. Und die Gemeinden und Helfer schaffen es auch nicht mehr. Alle Gemeinden wissen schon jetzt, dass sie in einem Jahr nicht mehr Vorzeigeprojekte wie Gmund, sondern Problemprojekte wie Tegernsee haben werden. Man habe, scherzt der Bürgermeister, unter Kollegen schon überlegt, Geld für einen Bus zu sammeln, um Flüchtlinge vor das Kanzleramt zu bringen. Er biegt damit etwas Schlimmeres ab, er sagt das auf die ernsthafte Frage aus dem Publikum, ob und wie ziviler Ungehorsam möglich wäre. Solche Fragen sind für CSU-Veranstaltungen in Bayern ebenso atypisch wie der Applaus. Der Bürgermeister erzählt noch einen Fall aus der Praxis: Die Behörden hätten einen Antrag auf Asyl abgelehnt und dem Betroffenen eine Fahrkarte zurück in das laut Dublinverordnung zuständige Land gegeben. Ein paar Wochen später war er mit einem neuen Namen und einem neuen Pass und neuen Asylantrag wieder da.
Diese zerfallende Ordnung ist Merkels Land, die Heimat soll es nicht werden. Es gibt hier in diesem Saal keine Autorität der Bundeskanzlerin mehr, auch wenn sie in Berlin Koalitionspartnerin der CSU ist. Der Fraktionschef der CSU im bayerischen Landtag ist auch da, und sagt den Leuten knallhart, wie sich die nackten Zahlen entwickelt haben und entwickeln werden. Und dass an einer Schliessung der Grenzen kein Weg vorbei führt, und die Frage nur ist, wann das geschehen wird, und mit welchen Folgen. Für die CSU geht es vielleicht darum, die AfD klein zu halten, aber für die Menschen hier geht es um ihre Heimat. Ihre Heimat ist nicht die Karriere im Staatsfunk oder die Vortragsmoderation bei der Böllstiftung oder der Shitstorm bei Twitter. Es ist das, was hier bis vor Kurzem als verlässlich galt, und nicht die Dauerkrise, in der ihre Gutmütigkeit missbraucht wird, die Folgen einer Berliner Politik abzufangen, die jede Kontrolle verloren hat und dabei kapituliert.
Vier Stunden brennt die Luft im beschaulichen Gmund am Tegernsee. Es ist nicht ausländerfeindlich, aber merkelfeindlich. Die Resis wissen genau, wer ihnen das eingebrockt hat. Und die Resis wissen auch, was hier am Boden falsch läuft, warum das mit der Integration definitiv nicht funktionieren kann, wo es an allen Ecken und Enden fehlt, wo die Bereitschaft zum Deutschunterricht fehlt, wie sie ausgenutzt und die Kommunen allein gelassen werden. Dass ausgerechnet die CSU den demokratischen Freiraum zur ehrlichen Debatte schaffen muss, für den ansonsten die Medien zuständig wären, ist halt auch ein Teil der Staatskrise.
Kurz darauf gibt es mal wieder einen Angriff auf Polizisten durch einen gleich wieder alkoholisierten Senegalesen in Tegernsee. Nebenbei erfährt man, dass dieser Mann – aus einer Demokratie ohne Verfolgung stammend – hier schon öfters Probleme mit der Polizei hatte. Sein Verlangen, andere zu “killen”, ist kein angemessener Umgang mit den Resis. Und der Pakistani, der verletzt aufgefunden wurde und die Ferienregion Tegernsee unschön in die Medien brachte, hat den Überfall auf sich selbst nur vorgetäuscht, weil er nach Frankfurt verlegt werden wollte. Auch das gehört zum Dank, den die Resis in der Krise bekommen. Zuständig für Unterbringung und Integration und das „freundliche Gesicht“sind tatsächlich laut Gesetz die Kommunen. Aber warum sollten sie sich daran halten, wenn die Gesetze von Frau Merkel und Freunden des Killens nach Belieben ausser Kraft gesetzt werden? Das ist die Frage, die hier in Gmund gestellt wird. Die Leute haben jetzt Angst, ehrliche Angst um ihre Heimat. Es ist eindeutig nicht mehr Merkels Land, und wenn sich die Resis nicht mehr dafür aufopfern, weil es schlichtweg nicht mehr zu schaffen ist, dann tun sie es nicht mehr. Die Resis sind jetzt schon die letzte Reserve bei der Bewältigung der Probleme, und sie werden verheizt. Danach kommt nichts mehr. Und dann? Das weiss hier niemand. Aber man hat klare Vorstellungen davon, wessen Land das ist, und wem “aus der Uckermark” es nicht gehört.