Stützen der Gesellschaft

Stützen der Gesellschaft

Leben, Bildung, Torten und sozialunverträgliches Spätableben unter Stuck und Kronleuchtern.

Grün lackierte Mobilität und Volksferne

Jetzt kommt in allen Parteien die Playback-Generation.
Joschka Fischer

Sehen Sie, es gibt zwei Arten von Menschen auf dieser Welt: Die einen bevorzugen Olivenöl, und die anderen Butter. Und beide halten Margarine für Sondermüll und bezweifeln, dass es eine dritte Art von Menschen gibt, nämlich die, die mit Margarine nicht Kugellager, sondern Brote schmieren. Als höflichster Mensch der Welt stimme ich beiden Seiten zu und nehme nördlich der Alpen meist Butter und südlich der Alpen meist Öl. Gerade noch bin ich nördlich und bittschön, hier, Butter auf einer grossen Wiesenbrezn.

Das ist so eine simple, bayerische Spezialität und dennoch in ihrer Schlichtheit köstlich, regional natürlich und zwar so regional, dass die Beschaffung als technisches Wunder gelten kann: Es ist mir gelungen, die Zutaten mit minimalem Energieverbrauch zu beschaffen. Alle reden heute von emissionsloser Fortbewegung und meinen damit Verseuchung des Landes mit Kohle- und Atomkraftwerken, die die Emission für den Strom der E-.Autos woanders produzieren, Aber ich meine das ganz ernst: Gemessen an dem, was selbst ein Fussgänger an Energie verbraucht, habe ich mich mit geringeren Schadstoffmengen mit der Butterbreze bereichert. Denn ich habe Trekki genommen. Trekki ist ein 1994 gebautes Basismodell der Marke Trek, das durchaus solide und für den urbanen Einsatz gerüstet ist. Allerdings mochte die Besitzerin es nicht, warf es im Frühjahr nach 23 Jahren Gammeln weg. Ich habe es vom Schrottplatz gerettet und restauriert. Alles, was ich brauchte, war Werkzeug, Öl, Fett- echtes Titanfett und natürlich keine Margarine -, Lackpolitur und 10 Stunden Arbeit.

Bei der Rettung von Trekki entstanden nicht mehr Schadstoffe als bei einmal Fettucini al Oglio kochen und dem Verbrauch einer Packung Papiertaschentücher. Seitdem dient Trekki hier als Einkaufsrad und kann auch von anderen Hausbewohnern benutzt werden. Trekki ist robust, die Technik wird sicher noch 20, 30 Jahre halten. Reparaturen sind unkompliziert, und die wenigen schlechten Komponenten habe ich durch Besseres, ebenfalls vom Container, ersetzt. Verglichen mit der Verschrottung, der Trekki anheim gefallen wäre, war das umweltschonender, und die Fahrt mit dem Rad zum Bäcker verbraucht auch weniger Energie – und damit Essen und Energie für dessen Produktion – als ein Fussmarsch. Denn Radeln ist energieeffizienter als Gehen, Ich bin also nicht nur der höflichste, sondern auch der energieeffizienteste Mensch der Welt. Nur tot könnte man weniger Emissionen als ich verursachen – und das auch nur, bis der Verwesungsprozess einsetzt.


Kurz, wenn man wirklich alle Faktoren mit einrechnet und wirklich den ökologischen Fussabdruck reduzieren will, kommt man mit etwas Nachdenken auf exakt meine Lösung. Es ist nicht nur meine Vorstellung, es gibt auch Entwicklungshilfe für Afrika, die darin besteht, alte ´Räder dorthin zu bringen, wo sie benötigt werden, ohne dass die Umwelt unter der Mobilität der Menschen leidet. Ausserdem leidet dann das Gewissen der Deutschen nicht, wenn sie, statt die Kette zu wechseln, ein neues Rad kaufen und wohlig an den Afrikaner denken, der von ihrem Konsum profitiert. Momentan ist Sommer, momentan fahre ich fast alles mit dem Rad, hole frische Brezen, und wie das so beim Radeln ist, mache ich mir so meine Gedanken. Zum Beispiel über die Grünen, deren Spitzenkandidat Cem Özdemir das Verbot von Verbrennungsmotoren zur Koalitionsbedingung macht und behauptet, die Grünen seien die Partei der Ingenieure, die an der Zukunft der Mobilität arbeiten wollen.

Zu Zweiteren, das habe ich hinlänglich ökologisch-bewusst und schraubend bewiesen, gehöre ich. Beim Ersteren jedoch fällt mir wieder der Hashtag #Grüneversenken ein, der im Netz häufig zu lesen ist, denn ich glaube 2017 an die E-Mobilität wie 2015 daran, dass vor allem gut ausgebildete Rentenzahler nach Deutschland kommen. Ich bin damit wohl nicht ganz allein, und viele Bekannte sind der Ansicht, dass den Grünen als Partei der Studienabbrecher_Innen und Bonusmeilenflieger vier Jahre zur ausserparlamentarischen Neuerfindung sicher nicht schaden würden. Abgehoben und weltfremd wirkt die Partei, die ein bestimmtes, kleines Klientel in Städten perfekt bedient und dem Rest des Landes mit Verboten kommt. Es ist übrigens nicht so, dass ich etwas gegen Despotie hätte – meine bevorzugte Sozialordnung der Leibeigenschaft etwa lässt sich kaum demokratisch verwirklichen. Aber es gibt halt zwei Arten von Despoten auf der Welt: Bei den einen ist alles in Butter und die anderen saufen Öl Extra Vergine und Wein der Toskanafraktion, während der Rest mit Wasser und Margarine leben muss.

Von der ersten Sorte war König Maximilian II. Joseph von Bayern, der 1858 eine fünfwöchige Reise zu Pferd, zu Kutsche und zu Fuss von Lindau am Bodensee bis nach Berchtesgaden zu seinem bayerischen Volke unternahm, und bei der Gelegenheit übrigens auch direkt bei mir am Tegernsee vorbei kam. Diese Reise war damals höchst ungewöhnlich und wurde legendär, und später behauptete jeder, die königliche Hoheit gesehen zu haben, oder sie sei sogar im Gasthof verkehrt und habe einen angesprochen, und das Rehragout gelobt. Plötzlich soll einfach die Tür aufgegangen sein, und dann stand der Monarch beim Bürger, und hörte sich an, wie das Leben so war und was er zum Wohlergehen tun konnte. Der wandernde, staubige, vom Regen überraschte König hat die Menschen hier so beeindruckt, dass sie ihm einen Wanderweg widmeten, und ihn bis heute in bester Erinnerung halten, indem sie ihre Söhne Max nennen.

Das ist nicht schlecht für so einen naturnahen Vierteldemokraten und fünf Wochen Imagetour. Und wenn ich ein politischer Erbe der Dreivierteldespotie wäre, dann würde ich es ähnlich machen. Nehmen wir an, in meiner Partei gäbe es eine sportliche, jüngere, schlanke Frau, die emanzipiert wirkt: Nichts spräche dagegen, sie auf ein Rad zu setzen und zu sagen: 100km fährt man an einem Tag locker, also radle von Dorf zu Dorf, halte an, sprich mit den Leuten, sei freundlich und volksnah, höre Dir ihre Sorgen an und zeige, dass Du eine von ihnen bist. Schau in ihre Ställe, spiele mit ihren Kindern, hör einfach zu und versuch zu verstehen, was für das Volk die beste Lösung ist. Zeig, dass Du eine von ihnen bist, setz Dich aufs Bankerl vor dem Haus, radle mit ihnen ein paar Kilometer und verstehe das Land, das Du angeblich schützen willst, in all seinen Aspekten. Frühere Monarchen nannten sich “erste Diener des Staates”, versuch also, Dich als jemand zu zeigen, die “erste Dienstmagd des Volkes” ist. Sei nicht abgehoben, sei nicht Klientelpolitik, sei was Du bist und betrüge keinen mit unrealistischen Vorstellungen. Trink nicht mit ihnen frisches Bergwasser in Erwartung des Weins am Kabinetttisch. Dann wird der, der Dich sah, seinen Freunden sagen: Oiso, de Simone, ned woah, de woah ah bei uns am Hof, und de kennt se fei scho aus. Oiso dös sog i Eich: A gschupfte Hennah is de ned.

Ah so, werden dann die anderen sagen, und zuhören, wie die Simone mit ihrem grünen Rad den Feldweg entlang fuhr, mit einem Strauss Feldblumen im Korb, die Butterbrezen lobte und den kleine Maxl auf den Schoss nahm. Ich erzähle das, weil ich im Frühjahr beim Verband der Milchbauern im Oberland war, und dort CSU, SPD, freie Wähler und Bund Naturschutz Grussworte teils gegen heftige Beschimpfungen derbster Natur vorbrachten, aber kein Grüner sich sehen liess. Ich sage das auch, weil die Menschen auf dem Land eher durch Taten als durch Worte auf sozialen Kanälen erreichbar sind. Vor allem aber sage ich das, weil, naja, wie soll ich sagen: weil die Realität so anders ist. Denn die Simone mit dem grünen Radl, die gibt es wirklich. Sie heisst Simone Peter, ist Vorsitzende der Grünen und 6 Wochen bis zur Wahl auf Tour durch Deutschland. In den Städten fährt sie mit dem Rad.

Aber zwischen den Städten zeigt sie sich mit zwei schweren, grünen BMW530e Hybrid, die 252 PS haben und über 50.000€ Basispreis kosten. Oben auf dem BMW ist ein Dachträger für das grüne Rad, das im Gegenwind die Aerodynamik des Wagens versaut und auf 100km ein, zwei Liter mehr Benzin schluckt. Neben den BMWs stehen ihr nach Eigenaussage für die Tour auch noch ein Opel Ampera und zwei französische Fabrikate mit Elektromotor zur Verfügung. Zusammengerechnet sind das an automobilen Untersätzen rund 200.000 €. Und das wird ganz offen in Peters Twitterkanal an die Wähler daheim in den grossen Städten geschickt.

Als ich mich darüber mokierte und über die Preise der 3er und 7er Hybriden schrieb, antwortete Simone Peter (oder ihr Team, wer weiss das im Internet schon), dass man den 530e nur für sechs Wochen gemietet habe, mehr könnte sich die Partei nicht leisten. Maximilian trat als Herrscher dem Volk zu Fuß gegenüber, Simone Peter tritt dem Souverän mit einer ganzen Flotte von Autos gegenüber, die der Souverän für unpraktisch hält. Sie sind für ihn angesichts der Abgabenlast zu teuer, wie auch den Grünen selbst, die diese Autos nur gemietet haben, wie die Unterschicht für den Urlaub einen 911er mietet. Und die Grünen mieten dabei auch noch eine Mogelpackung: die Reichweite eines 530e liegt elektrisch bei maximal 50km. Ohne Stromtankstelle wird der Akku durch den Verbrennungsmotor geladen. Und dauerhaft verpflichten wollen sich die Grünen jenseits des Wahlkampfs auch nicht. Daher wird gemietet – ein Modell der Firma, für die der ehemalige Obergrüne Joschka Fischer als Lobbyist tätig war.

Kurz, Simone Peter fährt ein grünes Rad ungrün und schadstofffördernd auf einem schweren, gemieteten Auto durch das Land, dessen Antrieb vor allem ein Verbrennungsmotor leistet, den die Grünen verbieten wollen, angereichert mit einem Elektroantrieb, den die Grünen aber nicht kaufen und bezahlen wollen, und lackieren das ganze grün und schreiben “Mut als Motor Zukunft als Ziel” darauf. Unf möchten, dass die Bevölkerung sie wählt, weil sie für das Verbot von Verbrennungsmotoren, mehr Gendermainstreaming, Ende des Ehegattensplittings und mehr Migration und weniger Abschiebung eintreten.

Die Sache ist halt so: Natürlich kann man dem Bürger die Kosten für die Energiewende und das grüne Milliardengeschäft der Windmühlen aufhalsen, und ihn obendrein zum Kauf von Mobilität zwingen, die momentan auch den Grünen zu teuer ist. Dazu muss man nur Steuern massiv reduzieren, und es gibt durchaus Einsparpotenziale bei Gender Studies Lehrstühlen, teuren Quotenregelungen oder beim deutschen Sozialsystem, das erkennbar bislang von der ungebremsten und unkontrollierten Migration nicht profitiert: Möchte man dagegen weiterhin das andere finanzieren und das Geld dafür beim Steuerzahler holen, der dann nicht mehr Automobile bauen kann, ist die Mobilität eben kein BMW 530e, sondern mehr ein Gerät wie mein treues, vom Schrott gerettetes Trekki. Und zwar für alle. Egal, ob sie das aus grüner Überzeigung wie ich tun, oder aus Zwang wie jene, die momentan noch im gemieteten, grün lackierten BMW 530e oder drei anderen Alternativautos sitzen.

Das würde schlussendlich dazu führen, dass meine Vorstellung der radelnden Politikerin doch wieder Realität werden würde. Diesen Wahlkampf könnten die Grünen dann aber auch gleich noch mit jenen Hamstertouren verbinden, die in einem Deutschland mit wirklich emissionsfreier Mobilität ein Brauchtum wie die Butterbreze wären. Es ist selten ein Schaden, wo nicht ein Nutzen dabei ist, sagte meine Grossmutter immer, und sie hatte damit natürlich wie immer recht.