No dumb bastard ever won a war by going out and dying for his country.
George S. Patton
Also, wissen Sie, Sie kennen das vermutlich auch. Sie leben gedankenfrei und angenehm in den Tag hinein, die Sonne lacht vom Herbsthimmel, und in der Silberkanne schimmert der Tee. Von der Wand werden Sie angelächelt, von den Schönheiten Ihrer Gemäldegalerie, und eigentlich ist alles in Ordnung.
Sie waren gerade noch in Italien, und die Sexskandale anderer Leute berühren Sie nicht, weil Sie, wie Tucholsky das einmal so schön formuliert hat, alle bekommen, die Sie wollen, weil Sie nur die wollen, die Sie auch kriegen. Viele wollen auch nur einen einzigen Partner und Kinder, und haben es, und sind einigermaßen zufrieden. Sie haben Freunde, eine Unterkunft, fließendes Wasser und sprudelnde Apanagen, Ihre Bäckerin kennt Sie mit Ihrem Namen und der Biergarten, den Sie im milden Wetter mit Ihrer Anwesenheit beehren, erfreute schon Ihre Urgrosseltern. Es passt. Sie sind hier daheim. Glauben Sie. Sie täuschen sich. Und zwar bundesamtlich:
Das hat vor kurzem das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge im Internet abgesetzt. Ein Bundesamt, das für Asylbewerber und nicht für Deutsche zuständig ist, und im Zweifelsfall auch mit verantwortlich für die Ausreise bei Ablehnung des Asylverfahrens sein sollte, verwendet das Wort “Geflüchtete”, das ich bis vor 2 Jahren eigentlich nur aus dem Wortschatz des linksextremen Flügels der Piraten mit ihren Neusprechanwandlungen kannte. Härter – und so etwas kenne ich noch nicht einmal von K-Gruppen – ist die Bezeichnung für länger hier lebende Migranten und auch für Angehörige des deutschen Staatsvolkes, die laut Grundgesetz den Souverän und damit auch de Beherrscher dieser Behörde stellen: Beheimatete. Beheimatet ist das faule Miesbacher Fleckvieh im Oberland, der possierliche Bachratz ist in den Kanälen an der Spree beheimatet, und möglicherweise ist auch die ein oder andere betäubungsmittelgesetzwidrige Pflanze nahe des ein oder anderen Bundesamtes beheimatet. Aber so schön kann ein Herbsttag gar nicht sein, dass ich – und viele andere mit mir – gerne von einem Amt mit Flora- und Faunabezug degradiert werde, egal wie die Begründung des Amtes für Neusprech lauten mag. Und ich mag es nicht, selbst wenn das in einer Traditionslinie zum ostdeutschen Diktum “die, die schon länger hier sind” steht. Ich bin deutscher Staatsangehöriger und nicht einfach nur hier “beheimatet” von einer Behörde, die im Ämterchaos der letzten Jahre auch Herrn Amri und seine Tarnidentitäten hier mit beheimatete.
Auch das freundlichst gesonnene Gehirn eines deutschen Staatsbürgers einer kleinen, dummen, oberbayerischen Stadt an der Donau kommt nicht ganz um den kurzen Moment herum, da es einen Gedanken wagt, und der lautet in etwa so: Es ist ein Amt. Theoretisch könnte eine Mehrheit der Wähler zwar Parteien wählen, die das Amt wegen dieser Unverschämtheit auflösen und dafür sorgen, dass die Freunde antideutscher Beleidigungen nie wieder Staatsgeld bekommen. Aber so weit wird es nie kommen, noch nie wurde eine derartige Organisation freiwillig von Abgeordneten aufgelöst, sondern im Falle des Versagens immer nur erweitert, mit teuren Stellen versehen und mit Geld überschüttet. Man wird diese Leute und diese Ämter nicht los, irgendwo in Berlin ist ein Ministerium, ein Staatssekretär, ganz viele Beamte dazwischen, und jede Eingabe würde dort versanden. Wie gesagt, ich war gerade in Italien, einem Land mit starkem Bewusstsein für Region und Nation, wo selbst linke Politiker Schärpen mit Trikolore stolz um die Bäuche tragen: Da würde man sich beleidigt fühlen. In Deutschland muss. man. damit. leben.
Nun könnte man zum Biergarten fahren und das hinunterschwappen und im Bier ersäufen, aber ich bin Antialkoholiker und trinke dort nur Johannesbeerschorle. Ausserdem war ich gerade in Italien, ich habe da gute Bekannte, und da sagen sie einem in der Toskana: Ja, gut, der Luciano war zwar aus Ligurien, aber er war trotzdem einer von uns! Oder in Oberitalien, links vom Po, da sagen einem dunkle Südländerinnen von der Lega Nord mit Funkeln in den mediterran schwarzen Augen, dass sie ja eigentlich, genetisch betrachtet, blonde, weisse Kelten wie die meisten Bayern sind, und daher eigentlich zum Staat Padanien gehören. Ich reiste durch Südtirol, wo Ansichten zur Volkszugehörigkeit an Schulen gelehrt werden, die bei uns einen sofortigen Strafstand der Kahane Stiftung auf dem Pausenhof zur Folge hätten. Dann bin ich auf der Landstrasse zum Brenner hoch, und siehe da: Mitten im grenzenlosen Europa hat man während meiner Abwesenheit über die Strasse nach Tirol ein nagelneues Zöllnerhaus errichtet. Nur wegen der Einreiseversuche der Geflüchteten.
In Tirol wird dieses Wochenende gewählt, und es ist absehbar; dass dort zwei Parteien eine grandiose Mehrheit einfahren werden, die eigentlich verfeindet sind: Denn die Vorgänger der einen waren die Austrofaschisten und die Vorgänger der anderen das, was man in Österreich verschämt als “Drittes Lager” bezeichnet, vulgo die Deutschnationalisten. Es ist herrlich, wieder nach Deutschland zu kommen, wo völkisches Denken bei weitem nicht so ausgeprägt ist, aber zwischen “nicht völkisch” und “bereit, sich beim Twitter einer deutschen Behörde als “Beheimateter” beleidigen zu lassen” ist ein unüberbrückbarer Abgrund. Meine toskanischen Freunde würden da ihr altes Grossherzogtum oder gar Stadtstaaten der Renaissance dagegen halten, meine Mantuaner Bekannten würden sich für das – historisch völlig absurde – Padanien erwärmen, in Südtirol gäbe es einen Volksaufstand und in Tirol würde man darauf hinweisen, dass man als Erzherzogtum ohne das rote Wien auch gut gefahren ist. Kurz, so eine amtliche Arroganz gegenüber den Menschen ist der Funke, der besser vom Pulverfass des Separatismus ferngehalten wird.
Denn der Separatismus sieht den Menschen und Bürger ganz anders. Er kann nur gedeihen, wenn er den Menschen besser behandelt, ihm mehr verspricht und mehr Anerkennung bietet, als eine ferne Zentralregierung. Das wird gemeinhin als Populismus verdammt, ganz im Gegensatz zu Forderungen, Bundesländer in Deutschland oder Staaten in der EU wegen unerwünschter Wahlergebnisse auszuschließen. Aber ich habe da ein wenig nachgedacht und bin als Bayer zu einem anderen Ergebnis als ein Deutscher gekommen. Weil, schaun’S, es ist doch ah so:
Wir haben in Deutschland aus guten Gründen eine Demokratie und eine soziale Marktwirtschaft. Beides ist dazu da, um weder politisch noch gesellschaftlich eine Gruppe zu stark werden zu lassen. Keine Gruppe soll am Bratspiess der anderen enden. Das wurde lange Zeit geglaubt, aber inzwischen gibt es Zweifel, ob es wirklich noch so funktioniert. Die Wirtschaft brummt, die Löhne stagnieren, die Abgaben steigen. Der Staat sagt in Form der Kanzlerin, er könnte die Grenzen nicht schützen, und “jetzt sind sie nun mal da”. Diese Politik ist alternativlos, und sie bleibt alternativlos, wenn in Brüssel eine Kommission, die kein Bürger direkt wählen kann, eine E-Auto-Quote beschließt und eine Vergesellschaftung der Staatsschulden fordert. Ich kann heute zu der einen Bäckerin gehen und morgen zur anderen, ich kann den Biergarten wechseln und – noch – das Auto. Im Bereich der Wirtschaft und Gesellschaft bin ich einigermaßen frei, aber der Staat als ein solcher, mit den Sendern, denen er Zwangsgebühren der Bürger gibt und die ihn stützen, mit seinen Behörden und Ämtern – der ist Monopolist. Und es gibt da auch, so meine Erfahrung der letzten 10, 12 Jahre, keine Chance, etwas zu ändern. Deutschland ist wie das bleierne Österreich, das ich nach all den Jahren der grossen Koalition 1999 kennenlernte: Gelähmt, festgefahren, ein Schlaraffenland für Parteileute, die heute Politiker und morgen Aufsichtsräte bei Gas und Bahn sind, und übermorgen BER und Elbphi in den Sand setzen, und das – im Gegensatz zu den hier lebenden Eliten – auch völlig normal finden.
Eine Konkurrenz zu diesem Staat wäre das, was viele hoch qualifizierte Italiener, Südtiroler und Tiroler übrigens tatsächlich tun: Auswandern. Zumeist nach Deutschland. Wo sie übrigens phantastische Arbeit machen. Für Deutsche allerdings ist es – weil Deutschland nun mal an der Spitze steht – schwer, eine Alternative zu finden, in der es sich ohne grossen Aufwand und Anpassung besser leben lassen würde. Wir sind eine bessere Alternative für all die laut Schengenabkommen unerlaubt Eingereisten, die durch Italien und Österreich kommen, um sich mit einer mobilen Küche von einem Amt verwöhnen zu lassen, das Deutsche als Beheimatete bezeichnet. Die Vorteile, die wir fraglos bieten, gefallen vielen besser als ihre eigenen Staaten. Eine derartige soziale Migration nach Oben ist für Deutsche nicht möglich, außer vielleicht nach Monaco und Liechtenstein, die als erbliche Fürstentümer politisch nur wenig alternativloser als Deutschland sind. Der deutsche Staat kann seine Politik machen, trotz des allgemeinen Unmuts, weil er keine Alternative hat. Er kann mehr Steuern verlangen und Ämter ausbauen und Verbrennungsmotoren verbieten und Katrin Göring-Eckardt zur Ministerin machen, weil selbst das kaum zu einem Massenexodus führen wird.
Wasa bleibt da also sonst noch übrig?
Also, wenn ich ganz ehrlich bin, kommen meine Vorfahren zwar auch aus dem Elsass, Ungarn, Österreich, Franken, Tschcchien und noch einigen anderen Destinationen – aber der mischvölkische Bayer als ein solcher hat ja schon im frühen Mittelalter das durchgemacht, was die Archäologie als Ethnogenese, die Volkswerdung bezeichnet. Da falle ich kaum auf, und wenn die Katalenen ohnehin gerade die Sympathien der einen gewinnen, und andere die Politik von “no borders, no nations” machen und antideutsche Parolen von Amts wegen schwingen: Da stört es doch sicher keinen, wenn man, sagen wir mal, entlang historischer Stammesräume mit gemeinsamen Werten zum Entschluss kommt, man würde ohne diesen Staat, der seine Grenzen nach Eigenbekunden nicht schützen kann, sein eigenes Ding machen. Zumal man die anderen sich von Amts wegen auch jederzeit neue Beheimatete machen können – da stört es nicht, wenn ein paar andere ihre eigenen Grenzen machen. Das geht ganz schnell, ich habe es ja am Brenner gesehen. Eine Baracke in die Strassenmitte, fertig ist die Alternative zu Beheimatetenland, und vorbei ist das untrennbare Zusammenwachsen.
Man muss es nicht zwingend so weit kommen lassen, aber so eine deutliche Autonomiebestrebung stellt eine gewisse Marktwirtschaft in staatlichen Dingen wieder her, wenn die Parteien das nicht mehr vermögen. Der Staat muss dann zeigen, dass er besser als sein Ruf ist, Angebote machen und Nachfrage nach sich erzeugen – und ich darf hier schon verraten, dass mit weiteren Beschimpfungen der Bürger seitens staatsnaher Medien wenig zu holen ist. Dieser Staat hat es geschafft, bis Sri Lanka und Somalia jenes Ziel der Träume zu werden, das er für viele hier nicht mehr ist. Ich denke, das müsste nicht so sein, wenn der Staat nur wollte. Wenn man ihm erklärt, dass man auch selbst diesen besseren Staat in kleineren Räumen machen würde, muss er sich Mühe geben. Die letzte Wahl hat doch recht deutlich gezeigt, dass das Land, in dem wir gut und gerne leben, keines ist, in dem bisherige Regierung und ihre Teilnehmer einfach so weiter machen können. Und wenn der Staat netter zu den Separatisten wird, muss er auch wegen der Gleichheit netter zu allen anderen werden. Was glauben Sie, wie schnell die Transferleistungsempfänger an der Berliner Volksbühne die gemeinsame deutsche Nation wieder loben würden, wenn es einen bayerischen Separatismus mit Steuereinbehaltung nach Südtiroler Vorbild gäbe.
Das ist der Markt und seine Macht. Davor würden wir alle langfristig profitieren, denn er würde für einen Wettbewerb sorgen. Natürlich habe ich nicht wirklich Lust, den Main verminen zu lassen und Passierscheine für Schwaben auszustellen, und allein unter Bayern möchte ich vielleicht auch nicht leben. Aber wer den Mund nicht aufmacht und dreiste Forderungen erhebt, wird nun mal gern überhört, und was den einen ihre Bertelsmannstiftung oder die Initiative Neue Marktwirtschaft, könnte dem Bürger eben seine Abgrenzungstendenz von nur noch Beheimateten sein.
Und falls es doch dazu kommt – nun, Reiche entstehen und zerfallen, Istrien, Österreich. die Schweiz und die Provence gehörten im Mittelalter auch mal zum Vorgängerreich von Deutschland, da beschwert sich heute auch keiner mehr. Immerhin kann das Amt für Migration und Geflüchtete dann am Reichstag die Inschrift zu
“Den Beheimateten und wer nun mal hier ist”
ändern lassen. Aus dem Stammesherzogtum Bayern kommen sicher keine Einmischungen in die inneren Angelegenheiten der kleinstdeutschen Lösung.