Stützen der Gesellschaft

Stützen der Gesellschaft

Leben, Bildung, Torten und sozialunverträgliches Spätableben unter Stuck und Kronleuchtern.

Keinen müden Cent für den privilegierten Gender-Iwan

Isch glaub, jetzt kennt ganz Barcelona mein‘ Arsch!
Gina-Lisa Lohfink, Ikone des neuen deutschen Feminismus

Wissen Sie, immer, wenn ich Texte schreibe, fühle ich mich benachteiligt. Andere können die Gelegenheit nutzen und sich in felixkrulleresker Manier die schönsten Stammbäume und üppigsten Lebensumstände erfinden, auch wenn sie nur in einem gemieteten Wohnloch jenseits des Mittleren Rings und nicht im Münchner Süden hausen. Ich dagegen zähle qua begüterter Geburt, und zwar nicht nur meiner, sondern der vieler Vorfahren, ohnehin schon zu den besseren Kreisen in der besten Region eines der reichsten Länder dieser besten aller möglichen Welten: Wenn ich Sie über meine Lebensumstände belügen würde, hätte ich überhaupt nichts davon, weil ich ja schon oben bin, wohin sich andere prahlen. Aber andere, die könnten Ihnen was berichten! Nicht nur von den Häppchen, mit denen sie abgespeist werden, wenn sie zu einer Buchvorstellung gehen, sondern wirklich das Blaue vom Himmel lügen.

szerba

25 Jahre nach der Eroberung der BRD durch die DDR scheint das aber nicht mehr modern zu sein, und statt dessen geben junge Kader von den Roten Klöstern ungeniert zu, dass die kapitalistische Situation ihrer sozialistischen Medien ihr Leben klein, mies und hässlich macht. So abscheulich, dass sie an ihren Resopaltischen über dem Güterbahnhof Texte verfassen, die höhere Erbschaftssteuern fordern. Wer ein schnelles Auto oder eine Villa – zum Glück keinen Stadtpalast der Spätrenaissance, in dem ich das hier schreibe – will, sollte doch selbst arbeiten. Aber 99% vom Erbe, so fordert es die Prantlhausener Zeitung und wundert sich dann über sinkende Verkäufe in Prantlreichtumshausen – sollte an die Gesellschaft zurück gehen. Ganz ehrlich: Kein Mensch, der ein halbwegs angenehmes Dasein in Familientradition führen kann, würde so etwas Unterschichtiges schreiben.

szerb

Denn Unsereins ist zäh und wird meist sehr alt, und weil das so ist, tritt der Erbfall erst im fortgeschrittenen Alter ein – was wir unseren Eltern und Grosseltern von Herzen gönnen. Schenken und Überschreiben ist viel schöner, denn damit kann man das Vermögen noch geniessen, wenn man jung ist – alt und krank macht der schönste Yachtclub keinen Spass. Das Erarbeiten von Vermögen ist dagegen stressig, lebensverkürzend, oft freudlos und dauert lang. Ausserdem kennen wir doch die neuen Iwans und ihre StaSis der Gerechtigkeit: Sässe man mit 70 endlich im Roadster auf dem Weg zur Villa, stünde in der Prantlhausener Zeitung, dass kein Mensch mehr als 250 PS braucht, in der ZEIT würde eine Genderautorin über alte, weisse Männer in schnellen Autos rassisteln, die fettakzeptierende Latzhosenfrauen mit Lastenrädern voller Vegankörnern überholen, und sogar im Münchner Merkur täte so ein Grattler den Mund aufreissen und behaupten, 7 lumpige Zimmer würden für einen Menschen reichen und man sollte doch eine Einliegerwohnung für Migranten hergeben, deren Lohn noch subventioniert werden muss.

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Man sieht: Es hört nie auf, es wird immer einen geben, der die Hand aufhält und glaubt, die Privilegien, die andere haben, würden ihn dazu berechtigen – und dann wundert er sich, warum er nicht mal eine Stelle als Spucknapfreiniger der Villen im Münchner Süden bekommt. Man könnte über so viel Schönes und Gutes schreiben – etwa, dass die Silberkannenpreise seit dem Brexit auch den Ärmeren Zugang zu etwas Luxus erlauben. Statt dessen wird über Privilegien gesprochen, die sie nie erreichen werden, und über die sie deshalb auch gar nicht kompetent mitreden können. Ausser natürlich über die Privilegien, die sie selbst verteilen können. Nehmen wir nur mal, weil ich da als alter, weisser Mann unvoreingenommen bin, das Thema Frauenrechte.

Da gab es diese Woche nämlich zwei drastische Gesetzesverschärfungen. In Polen hat die rechtsreaktionäre Mehrheit im Parlament das Recht auf Abtreibung weitgehend abgeschafft. Wir schreiben 2016, und ein Vollmitglied der EU zeigt überdeutlich und an den eigenen Frauen, was es vom Fortschritt der Rechte der Frauen hält: Gar nichts. Polnische Kirche, polnische Nationalisten, Leute, gegen die die AfD wie ein queerfeministisches Multikultifestival wirken, entscheiden über andere, als wäre es die islamische Republik Iran. Das wird ohne Frage Auswirkungen auf Deutschland haben, Stichwort Abtreibungstourismus, und da hätte man nun wirklich mal alles zusammen, was Frauenfeindlichkeit und Patriarchat ausmacht. Deutsche Medien bringen eine Meldung, das war’s.

szerbc

In Deutschland werden Grundrechte mit Füssen getreten, denn gibt es ein gerade verabschiedetes, angebliches Prostitutionsschutzgesetz, gegen das die Sexarbeiterinnen und Verbände mit aller Kraft kämpfen. Es ist ein Gesetz, das datenschutzrechtlich Anlass zu grösster Sorge gibt, es zwingt Frauen zu einer Registrierung, die ein lebenslanges Stigma sein kann, wenn die Daten in die falschen Hände gelangen, es macht sie erpressbar und, wenn sie aus Ländern mit Verbot und Verfolgung von Prostitution stammen, möglicherweise auch zu Opern staatlicher und privater Willkür. Begründet wird das Gesetz mit der “saloppen“ Lüge der nach dem Gina-Lisa-Skandal immer noch nicht zurückgetretenen Frau Schwesig, es gäbe strengere Regeln für eine Pommesbude als für ein Bordell  – offensichtlich hat Frau Schwesig noch keine bayerische Sperrbezirksverordnung gesehen. Alle Betroffenen verweisen auf die Erfahrungen aus anderen Ländern, dass dieses sogenannte Schutzgesetz mit Registrierungszwang für die Entstehung illegaler Strukturen sorgen wird, denen die Betroffenen dann wirklich hilflos ausgeliefert sind. Aus Gelegenheitsprostitution entsteht ein Gesetzeskonflikt, und der aus dem Gesetz entstehende Aufwand begünstigt Grossbordelle, die alles andere als frauenstärkend sind. Das Gesetz verschlechtert die Lage von zehntausenden Frauen in Deutschland,, viele davon in prekären Situationen, drastisch.

Und was ist das grosse Frauenthema in den vulgärsozialistischen  Iwan-Medien, die mich enterben möchten?

Eine 26-jährige Akademikerin aus Berlin, die in einem Internetbeitrag ihre angeblichen Erfahrungen mit der CDU schildert: Ein Senator in Berlin habe sie aus einer Situation mit ihrer Tochter als “grosse, süsse Maus“ bezeichnet, und angeblich mit derben Worten einen offensichtlichen Förderer der Frau gefragt, ob er mit ihr Sex hätte. Die Frau ist eine Seiteneinsteigerin in der Union, bekam ohne die übliche Ochsentour einen guten Listenplatz und zog bei der Wahl mit der CDU in die Bezirksversammlung Berlin Mitte ein – und wirft ihr jetzt vor, ein Hort des Sexismus zu sein. Sie beklagt, dass man sie nicht zur Chefin der dortigen Frauenunion gewählt habe, und dass ein Bundestagsabgeordneter Streit mit ihr hatte. Da können die erwähnten CDU-Mitglieder übereinstimmend dementieren, was sie wollen, und ihrerseits über massive Probleme mit der karrierebewussten Frau berichten; Es ist wie bei Tim Hunt. Geglaubt, abgeschrieben, in den Vordergrund gerückt wird die Frau, der es bei ihrem Weg in ein Mandat nicht flauschig und glatt genug zugegangen ist. Die nicht mehr zu berichten weiss als eine etwas schräge Begrüssung und etwas, das an sich vollkommen normal ist: Dass Vorgesetzte, zumal, wenn es um öffentliche Mandate geht, genau hinschauen, ob die Nominierung und Förderung auf Basis fachlicher Kriterien stattfindet.

szerbd

Millionen Polinnen. Die Erwerbsbasis von Zehntausenden von Frauen in Deutschland. Eine unzufriedene, 26-jährige angehende Juristin mit Mandat, errungen als Seiteneinsteigerin in eine Partei: Nur sie ist relevant und schafft es auf die Titelseiten. Die wird von Journalistinnen privat gestützt und öffentlich hofiert, auch wenn die politische Intrige fragwürdig ist. Die anderen… müssen halt eine Engelmacherin aufsuchen. Oder, wenn sie nicht registriert werden wollen, Strafverfolgung riskieren. Meine Privilegien tun anderen nicht weh, denn wenn sie sich andere nach oben arbeiten, können sie sich auch schöne Häuser kaufen. Aber diese Leute in den Medien, sie könnten entscheiden, was sie in ihren Medien besprechen: einen selbststilisierten Einzelfall oder massenhafte strukturelle Benachteiligung, Entrechtung und Diskriminierung. Sie reden über die Verteilung meines Reichtums und über das Schicksal der deutschen Akademikerin in einer Partei. Die anderen sind dagegen irrelevant. Die jungen Akademiker in den Medien bringen die junge Akademikerin in der Partei.

Das sind echte Privilegien. Sicher, ich habe so viel Wohnraum wie ein Dutzend randgesellschaftlicher Onlineredakteure in Prantlhausen zusammen. Aber deren Lebensumstände sind nichts gegen all die Frauen, deren Nöte und Sorgen real sind – und in den Hintergrund treten, weil eine einzige weisse, junge Frau, die nicht mit diskriminierenden Stockphotos von Rotlicht und High Heels bebildert wird, bei einer Partei schlecht ankam, und mit ihrem Shitstorm-Text dafür sorgt, dass die nächsten Seiteneinsteiger erst mal vier Jahre Plakate kleben werden. Solange es noch solche Privilegien gibt, die Medien selbst erzeugen, ist der erarbeitete Reichtum einiger Clans doch völlig irrelevant. Wir sind da, relativ zu diesen Themenentscheidern gesehen, die Guten und Sozialen: Wir schätzen polnische Haushälterinnen und entziehen sie damit dem dortigen Parlament. Und wenn die 99% Erbschaftssteuer kommt, werde ich das Geld eher frauenbereichernd bei einer öffentlichen Sexorgie vor dem Bundestag verprassen und das als Fortschreibung von Felix Krull zur Kunstaktion ernennen, als dass Schwesig auch nur einen einzigen roten Heller in ihre iwanesken Finger bekommt.