Fia de Fleh gibts as Buiver
fia de Schuah gibts as Wix
fia an Duascht gibts as Wosser
bloss fia d’Dummheit gibts nix.
Der U. und die B. waren, gelinde gesagt, konsterniert. Wir sassen zusammen in der Pausenhalle und sie hatten von ihrem Pfingsturlaub in Italien erzählt, am Meer, das sooooooooooo toll war und in einem sooooooooooo tollen Hotel und mit sooooooooo tollem Essen, und vermutlich erwarteten sie, dass ich das auch soooooooooooo toll finde. Ich hatte den Urlaub, es war Anfang der 80er Jahre, wieder komplett auf dem Berg beim Louis verbracht, hatte die Waschschüssel vom ersten Stock aus auf Hahn und Hühner entlehrt, war zum Sonnwendjoch hochgekraxelt und hatte in Jausenstationen gesessen, wo es Speck und Schüttelbrot gab, und hatte in der rabenschwarzen Russkuchel beim Kochen geholfen, während draussen vor dem Fenster die Katzen an der Milch naschten. Was man halt so tut, wenn es auf dem Bergbauernhof keine Glotze gibt. Ich war damals schon ein hochkompetenter Angeber und verstand es, aus dem – das muss man wirklich sagen, sagenhaft idyllischen – Bergbauernhof eine ganze Welt zu machen, mit der das Leben im Hotel nicht mithalten konnte. Zumindest nicht, solange es da nur Seeigelstacheln und keine Haie gab. Denn im Alter von 14 Jahren ist ein Haibiss ein schwer zu überbietendes Abenteuer und Seeigelstacheln einfach nur schmerzhaft.
Kinder sind kleine, fiese Ratten und die Genderbewegten, die meinen, man müsste ihnen von der ersten Klasse an Zwangstoleranz eintrichtern, am besten in Verbindung mit dem Wegsperren eines zugegebenermassen vernagelten Lehrers und dem Ausknipsen einer Plattform, weil Meinungsfreiheit am nur dann gut ist, wenn sie zur Ideologie passt und es nicht sein kann, dass irgendwo im Schwarzwald Vollhonks die gleiche Freiheit für ihre schrägen Vorstellungen in Anspruch nehmen, wie sie auch Berliner Queeraktivist_Innen im gepiercten Emmentaler -und Tattooblauschimmellook haben, die Heten das Küssen untersagen wollen – diese Gendergewegten werden vermutlich noch ihr blaues Wunder erleben, wenn sie erst mal vor der Klasse stehen. Kinder sind nun mal nicht einsichtig und tolerant, sondern mindestens so miese Höllenausgeburten wie ihre Eltern, egal ob mit oder ohne gesellschaftliche Durchnormierung. Ich weiss das. Denn statt mir tolerant zu huldigen und zuzugeben, dass sie nie einen Hahn erst mit Semmelbröckerl angelockt und dann die Waschschüssel auf ihm entlehrt hatten, sagte die fiese, kleine Ratte U., dass er das totaaaaaal assi fand, den Urlaub in einer Küche zu verbringen und etwas zu kochen. Und die B., ein Schlüsselkind, weil beide Eltern arbeiteten und sie kein Personal hatten, pflichtete ihm bei und sagte, warum kochen, wenn es den Mäccie gibt.
Ich sage das, weil der U. Maschinenbau und die B. Lehramt studierte, und sich danach zufällig wieder getroffen haben. Heute sind sie die perfekte Familie der dummen, kleinen Stadt an der Donau. U. entwickelt Hinterradaufhängungen für Rennwägen und B. ist an einer Grundschule in der Altstadt und jetzt hat sie eine Putzfrau. Mittwochs sehen wir uns manchmal auf dem Wochenmarkt, und auch jetzt gibt sie mir noch Anweisungen, wo das Essen herzukommen habe. Aus der Region. Nur vom Wochenmarkt. Ausser Brot und Kuchen, das backt sie alles selbst und Kinder können gar nicht früh genug anfangen, den Nahrungskreislauf zu lernen. Langsam rutscht sie vom Veggie Day auf die vegane Schiene ab, also machen sie zumindest einen ganzen Tag komplett ohne Tierprodukte. Im Keller hat sie einen Töpferofen, und ihre Produkte sollen kaum anders aussehen als die Irdenware, die wir schon immer daheim hatten, und auch oft aus Südtirol mitbrachten. Das alles macht auf mich einen leicht zwanghaften Eindruck, weil es ist aso, bei uns war das einfach schon immer so und noch nie anders, da weiss am Wochenmarkt ein jeder, wer meine Grossmutter war, und ständig stecken sie mir noch eine Quarkspitz zu, als wäre ich gerade erst 6 Jahre alt, aber mei. Wenn sie das so macht und ihre Kinder totschlägt wenn sie Fastfood nicht zum Mäccie schickt, finde ich das gut.
Das hat 35 Jahre gedauert.
Im Dezember war ich ja in Berlin. Ich komme bekanntlich aus Bayern und dortselbst auch aus dem Bergen, wo wir gegen Eis und Schnee gut gerüstet sind. Es gibt bei uns im Winter Geröllfelder am Berg, die sind fast so gefährlich und heimtückisch vereist wie eine Prachtmeile in Berlin, und dann ist da noch dieser kalte, pfeifende Ostwind aus Sibirien, das bekanntlich in Neukölln beginnt (daher heisst es ja auch: Neukölln, das Tor zu Sibirien). Also habe ich mich entsprechend ausgerüstet: Rahmengenähte Schuhe in Schwarz und Grün von meinem Veroneser Schuster, mit Vibramsohle so grob wie eine Berliner Operninszenierung, die selbstgestricken Socken von da’Mare aus Fischbachau, was auch nicht provinzieller als Kreuzberg ist, eine Jacke aus Schurwollstoff von Scottie’s, genäht in der dummen, kleinen Stadt an der Donau, und ein dicker Lodenmantel von Schneider’s aus Salzburg. Und ein schwarzgrüner Jägerhut Modell “Erzherzog Johann” von Zapf. Aus Werfen. Wer Werfen kennt, kennt die Welt und kann schöne Jägerhüte mitbringen, und damit kann man auch die Hirschen abschiessen, aus deren Fleisch die Würste und deren Geweih die Knöpfe für den Lodenmantel gemacht werden.
Wenn ich mir einen Iro geschoren hätte, ein Hosenbein abgetrennt, eine Spraydose mitgenommen und in einem Hauseingang meinen Müll entsorgt hätte, und danach Passanten aggressiv um Geld belästigt hätte – man hätte mich sicher nicht dümmer angeschaut. Stilistisch war ich für Berliner Verhältnisse klar overdressed und zudem eindeutig ein Ausländer – aber keiner, für den man am Oranienburger Platz von Seiten der Antifa ein Lager einrichtet und dann die Politiker unter Druck setzt, sondern einer, der echte Teile von einem ermordeten Tier an seinem Mantel hat. Von einem netten Bambipapa, der in den Bergen abgeknallt wird und dann machen die Bergbewohner Knöpfe daraus, wie pervers ist das denn – sagten die Blicke der Partycrowd, die an mir vorbeizog. Vielleicht hätte ich ihnen erklären müssen, dass es bei uns mit der Ansiedlung von Bären noch etwas dauert, daher die Hirschen zu einer wahren Plage geworden sind und man sie deshalb bejagen muss, und daher ist es ökologisch nur sinnvoll, aus den Stangen robuste Knöpfe zu machen, die ein Leben lang halten. Das ist etwas ganz anderes als ein Plastikknopf, der in Kambodscha schnell vertackert wird, weil das dort 0,0001 Cent weniger als im Hochpreisland Bangladesch kostet.
Sicher, in Berlin sehe ich fremdartig aus, und rückschrittlich, wie aus dem Berliner Antifabilderbuch zur Erkennung bayerischer Abgeordneter. Ich sehe halt so aus wie früher, und die Antifa ist eher modern gekleidet. Allerdings kommen ihre Schuhe, nehme ich an, zumeist aus China, und werden dort billig im Akkord geklebt. Sofern sie überhaupt noch echtes Leder beinhalten, müsste man einmal über den Tierschutz in den Dörfern am gelben Fluss reden, und über die Gerbung mit Chemikalien. Das Plastik wird vielleicht aus nigerianischem Erdöl gewonnen, und unter nicht minder abscheulichen Bedimgungen verarbeitet, wie es gefördert wird. Der Stoff der Hosen kommt aus Gen-Baumwoll-Anbau aus Amerika, dessen Förderung indische Kleinbauern ruiniert. Die Plastikjacke wird noch in Bangladesch hergestellt, und das T-Shirt mit dem Aufdruck “Hoch die Internationale Solidarität” mag von einer der Näherinnen stammen, die letzte Woche bei der Auflösung des Protestcamps in Kambodscha beschossen wurden, als sie einen Tageslohn verlangten, der unter dem ist, was so ein Berliner Antifa pro Tag für den Döner ausgibt, über dessen Preisentwicklung ihn seine Genossen auf dem in China gebauten iPhone auf dem Laufenden halten. Das ist schon ein ganz anderes Leben und Kleiden als bei unserem Deandl im Dirndl daheim.
Ich bin mir sicher, es gibt bei Marx oder Mao eine Passage, die mich auffordert, ihn zu bitten, seinen in Weissrussland gefrästen Baseballschläger abzulegen. Desweiteren findet sich vermutlich bei Trotzki die Anweisung, mit dem Drilling von meinem Grossvater – bester Stahl aus dem Ennstal – als antigrosskapitalistischen Gruß aus den Bergen eine doppelte Ladung der nachwachsenden Rohstoffe Salz und gehackte Sauborsten in seinen von globalen Ausbeutertum eingehüllten Hintern – aber gut. Mir sind keine Kommunisten und nicht aso. Wir sind nett, tolerant und freundlich und zeigen in Berlin nicht mit dem Finger auf die Partycrowd, die uns für eine Ausgeburt des reaktionären Lebens hält. Wir sehen sie in ihrem Plastik und monatlich wechselnder Bekleidung, während der alte Plunder in den Müll geht, und wissen, dass auch sie einst älter werden. Und Platz machen für frische Asoziale, die in Hauseingängen ihren Müll hinterlassen. Es dauert immer etwas. Aber dann werden sie älter und vielleicht fangen sie dann an, sich Fragen zu stellen. Etwa, was denn ihre Verantwortung ist und was sie wirklich tun können. Eventuell wird ihnen dann auch das ständige Wegwerfen von Zara, H&M und Guccikopien aus Vietnam zu viel. Eventuell sagt auch ein Arzt, dass Haltungsschäden auch etwas mit Schuhen zu tun hat.
Deshalb bin ich nicht die Vergangenheit, die in ihr Leben tritt, sondern schon jetzt die Zukunft in vielleicht 35 Jahren. Natürlich ist diese Kleidung nicht ganz billig, aber sie hält, und ich fahre schon heute nicht umsonst mit meinen Lieben nach Innsbruck und Meran, um Loden zu kaufen. Das war nie modern und wird nie modern, so wenig wie die Schuhe, die ich aus Verona hole. Und weil bei uns in den Bergen dieses Handwerk nicht nur überlebt hat, sondern auch langsam, langsam aber erkennbar beliebt wird, weil man sich damit bis weit hinter München und Verona wieder sehen lassen kann, und weil der Schneider in Salzburg und der Kern am Achensee und die Sanktjohannser in Kreuth und das Dirndlstüberl in Waakirchen auch weiter denken als bis zum Polyesterdirndl und zur Chinakrachledernen, haben wir da auch so etwas wie eine lebendige Tradition. So wie der Wochenmarkt daheim halt auch. In einer gewissen Schicht ist heute Bio unabdingbar, und das wird sich, wenn darin überall Gleichstand erreicht ist und Mäccieesser gesteinigt werden, auf andere Bereiche ausweiten. Auf alles, was nachhaltig und langfristig sein könnte, es aber heute nicht mehr ist. Es ist zwar eine bittere Ironie, dass die Nichtbilligdöneresser unter uns erst das Leiden der Tiere und erst danach das Elend der Menschen entdecken, mit dem wir uns jedes halbe Jahr neue Kleider finanzieren. In Asien werden sie noch oft auf wehrlose Frauen schiessen, und viele Firmen werden brennen, um die Kosten für die Kleider niedrig zu halten. Aber das ist nicht zwingend die Zukunft. Die Zukunft trägt einen Hut Modell Erzherzog Johann aus Werfen, denn wer einen Hut aus Werfen trägt, der kennt diese Welt und möchte, wenn er sich deshalb bei Bildern aus Bangladesch und Kambodscha schon übergeben muss, das mit einem halbwegs guten Gewissen tun.
HINWEIS:
Erfahrungsgemäss wird auch unter diesem Beitrag wieder viel von Guccianbietern, Antifafreunden und einer Stalkerin stehen. Ich werde hier harsch sieben und kann deshalb auch weiterhin nur dringend raten, das spezielle Kommentarblog zu nutzen.