Stützen der Gesellschaft

Stützen der Gesellschaft

Leben, Bildung, Torten und sozialunverträgliches Spätableben unter Stuck und Kronleuchtern.

Der Genderzünder für den sozialen Sprengstoff

Allhier con Fortitudo aingeschlogn undt nydergeleckt zu Josefi, Anno Salvationis MMXVI

Vorurteile sind schrecklich. Vorurteile muss man bekämpfen. Eisern. Täglich sehe ich im Netz derbe Sprüche von Netzfeministinnen, und immer sage ich mir: Die sind nicht alle so. Nicht alle leben, wie man das manchmal auf Bildern sieht, in einer polyamoren Bettbeziehung mit leeren Pizzakartons und Hausstaubmilben. Manche tun das nur, weil sie Aufmerksamkeitsdefizite haben, und sind in Wirklichkeit ganz nett. Ich habe mich sogar schon mal einen Abend mit einer bekannten deutschen Netzfeministin unterhalten, ohne zu wissen, wer das war, und erst jetzt, nach Jahren, würde sie mir gern die Augen auskratzen. Man muss wirklich genau hinschauen und differenzieren, egal ob bei Genderideologen oder bei ihren nächsten Verwandten, den nicht minder lauten Rechtspopulisten,. Die einen hassen den weissen Mann als Patriarchat und die anderen den dunklen Mann als Domplattenwüstling. Beides ist natürlich grundfalsch – man darf einfach nicht verallgemeinern.

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Auch nicht dort,wo manche momentan noch glauben, die Grünen hätten einen Wahlsieg errungen. Es stimmt, dass die CSU-Tarnorganisation der Kretschmann-Grünen die stärkste Partei im sonnigen Baden-Württemberg wurden, aber man muss auch erkennen: Die grün-rote Regierung wurde eindeutig abgewählt. Auch die Grünen haben 70.000 ihrer alten Wähler – immerhin sechs Prozent ihrer Klientel – an die AfD verloren. Weniger als andere, aber das ist schon erstaunlich. Und ausserdem hat die AfD dort mehr als in jedem anderen westlichen Bundesland geholt: 15,1 Prozent ist wirklich viel. Insofern ist es auf den ersten Blick nicht verwunderlich, wenn sich nun unter der Führerschaft des VVN-BdA ein Bündnis aus Gewerkschaften, Linken, Grünen und Sozialdemokraten bis zu Blockupy formiert, das sich „Aufstehen gehen Rassismus“ nennt und behauptet, mit der AfD wäre die alte Abgrenzung der Gesellschaft nach Rechts gestört – und man bräuchte eine neue Abgrenzung, um die AfD ausserhalb des gesellschaftlichen Konsenses zu halten. Zu dem Zweck wollen sie mit einem bundesweiten Schulungsprogramm “Stammtischkämpfer*innen“ ausbilden, die rote Linien neu ziehen.

Mit Bierfuizl.

Oh mei. Ich hoffe, die Stammtischkämpfer*innen überlegen sich das vorher zweimal und erstellen eine Karte der Biergärten, wo es nur Plastikmesser, Babbadegglgschirr, Gummimasskrüge und keinerlei Spiesse zum Ochsenbraten gibt. Da können sie es vorsichtig versuchen und dann die Idee der gelebten Realität anpassen. Aber Josefimesserstechereispass beiseite, da sieht man halt, wie vorschnell die Linke urteilt: Den Gegner halten sie für einen dumpfen Stammtischbruder, der Jahrzehnte in seinen Vorurteilen gegärt wurde. Alte weisse Männer in Tracht. Das Patriarchat halt. Dabei zeigt die Wahlanalyse aus dem Südwesten etwas ganz anderes. Den höchsten Zuspruch hat die AfD bei jungen Leuten bis Mitte 40. Und auf drei Männer, die da ihr Kreuzerl machen, kommen zwei Frauen, die genauso entscheiden. Fast jeder fünfte wählt AfD. So viele kann man in der Realität nicht ausgrenzen, wenn man seinen Arbeitsplatz oder die Apanage der Eltern behalten will. Die AfD-Wählerschaft ausgrenzen können Berliner Hipster, die auf Bento und anderen Müllkippen arbeiten. Aber in Schwaben geht das allein wegen der schieren Menge nicht.

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Weil ich so ein lieber Kerl bin und auch Müllkippenarbeiter°innen nicht diskriminiere, möchte ich auf ein anderes Problem hinweisen. Der Aufstand geht selbstverständlich davon aus, dass es nur am Rassismus liegen kann, wenn 70.000 früher bejubelte Grünenwähler nun für die AfD stimmen. Das passt zur gelebten Praxis von Aktivisten, sich ihre eigene Blase zurecht zu blocken, die mit ganz einfachen Pauschalurteilen ohne jedes Nachdenken die Weltsicht braun eintrübt. Auf dem Dorf, wo man sich nicht aus dem Weg gehen kann, muss man dagegen differenzieren. Es mag schon sein, dass die Migrationspolitik ein wichtiger Aspekt war. Aber in Schwaben ist der Anteil der AfD auch signifikant höher als in Rheinland-Pfalz. Und dazu habe ich, ausgehend von meinen eigenen Erfahrungen auf dem Dorf, eine Theorie. Eine Theorie, warum ausgerechnet so viele jüngere Erwachsene so gewählt haben.

Weil sie an mehreren Fronten bedroht werden. Die klassische Flüchtlingsaktivistin der Medien lebt in einer grossen Stadt zur Miete und hat selten feste Bindungen – falls doch, wird sie oft bald alleinerziehende Mutter. Das ist ein Metropolenphänomen und möglich, weil dort vor allem gemietet und nicht an die Zukunft gedacht wird. Die jungen Familien bei uns in den kleineren Orten wollen nach Möglichkeit etwas Eigenes. Und alle haben sie Angst, die Gemeinden könnten Flächen, die für Neubauten oder Einheimischenprogramme vorgesehen sind, auf Jahre mit Notunterkünften blockieren. Fehlender Wohraum in der Heimat ist für junge Menschen, die als Doppelverdiener auf die Nähe der Grosseltern angewiesen sind, eine existenzielle Sorge. Das Haus besitzen oder nicht besitzen entscheidet darüber, wie das Leben im Alter sein wird. Schulkapazitäten, die für Migration abgezweigt werden, gelten als schlecht für den eigenen Nachwuchs. Mir sind diese Elternreaktionen auch fremd, aber man muss damit leben, dass sie allergisch auf alles reagieren, was das Elterndasein noch zusätzlich erschwert. Sie sind nicht so dumm, dass sie Willkommensklassen sehen und nicht verstehen, dass hier die Mittel sind, die ebenso für kleinere Klassen verwendet werden könnten. Das fordern alle Eltern. Dafür ist in ihren Augen zu selten Geld da. Jetzt ist das anders. Für junge Familien hat der Verteilungskampf längst begonnen.

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Und dann ist da noch die grün-rote Regierung in Schwaben. Die Regierung, die unbedingt Geld für sexuelle Toleranz ausgeben wollte. Die einen Bildungsplan entwickelte, der Kinder darüber aufklären sollte, dass es neben der Kernfamilie auch noch viele andere Optionen gibt. Nur damit wir uns hier richtig verstehen: Ich lehne Familienleben füt mich auch ab, ich bin aufgeklärt und aufgeschlossen und absolut der Überzeugung, dass niemand etwas bei den Freuden anderer Menschen mitzureden hat, die sich freiwillig zu Taten verabreden, so abseitig sie auch sein mögen und wenn es Genderpraktika bei der taz sind. Inhaltlich bin ich für sexuelle Toleranz. Aber Toleranz heisst nicht, das alte Zwangsweltbild des Klerikalismus durch den Genderismus zu ersetzen. Toleranz heisst, dass man auch etwas doof und daneben finden kann, und das ist speziell bei sexuellen Vorlieben und Beziehungen sehr wichtig. Ich kann alle Eltern verstehen, die nicht wollen, dass das, was sie ihren Kindern vorleben – eine gute Beziehung in der gesellschaftlichen Norm– nur als eine Möglichkeit unter vielen gelten soll. Weil es dem Genderwohlfahrtsausschüssen von GEW, SPD Grünen und angeschlossenen Esoterikerinnen in den Kram passt.

Was da entstand, ist nicht Rassismus. Es ist das – so kommt es immer wieder zur Sprache – komische und sich selbst verstärkende Gefühl, dass junge Familien auf vieles verzichten, was für andere selbstverständlich ist. Man ordnet sich unter, man gibt anderen Menschen ein gutes Leben, man lässt es nicht nach Belieben krachen und leistet seinen Beitrag für Kinder und Gesellschaft. Und dann kommt der Staat daher und bringt den Kindern bei, dass es gar nicht so altmodisch sein muss. Ein Obergrüner sagt, dass man sich auch mit Chrystal Meth in Berlin erwischen lassen kann, und viele neue Chancen verdient. So viel kann die Kernfamilie diesem Staat also kaum wert sein. Dazu kommt noch die Einwanderung, die mit jenem Geld finanziert werden soll, mit dem man auch Familien fördern könnte. Es geht um eine Migrationsheilslehre, aus der die Facharbeiter erwachsen und die jene demographischen Probleme lösen soll, die junge Familien eigentlich auch lösen, und zwar selbst finanziert, und jetzt zusätzlich für andere zur Kasse gebeten werden. Es werden Milliarden für Migranten ausgegeben, die Wohnungen brauchen und auch bekommen, und dazu die deutschen Nachbarn, die auf dem freien Wohnungsmarkt keine Alternative finden. Da sollen die zukünftigen Rentenzahler entstehen. Die sicheren zukünftigen Rentenzahler müssen sich für Willkommenklassen schlank machen und erfahren dann, wie überkommen klassische Familien sind – während der Staat Sexratgeber für Machokulturen erstellt, weil die Migration demographisch und sexuell völlig aus dem Ruder gelaufen ist. Der intakte Kern der Gesellschaft wird in den Augen dieser Betroffenen zur Disposition gestellt, denn die Nachwuchs- und Rentensorgen löst die Migration, und wer den Mund aufmacht, muss alternativlos ausgegrenzt werden, von Kriminellen über den staatlich finanzierten Kulturdemobetrieb bis zur öffentlich-rechtlichen Moderatorin: Vorwürfe von Sexismus, Rassismus und Phobien sitzen locker.  So gesehen ist das Wahlergebnis wenig überraschend. Es hat gereicht, den weithin verhassten Bildungsplan zum Teufel zu jagen.

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Man kann die AfD mit guten Gründen bigott und reaktionär nennen – aber die Familien sind ihr glaubhaft näher als die Genderlobbyisten. Sie spuckt den Familien nicht ihre Genderideologie höhnisch ins Gesicht, sie ist nur rückständig, durchvonstorcht, und daher für viele das kleinere Übel. Das ist, so banal es klingt, eine Ursache ihres Erfolgs. Ich bin als Bürgerversammlungsbesucher hier nur der Überbringer dieser Botschaft, die viele jüngere Kolleginnen in den Medien vehement ablehnen. Aber diejenigen, die das Beste für ihre Kinder wollen, müssen schauen, wo sie bleiben. Speziell im kritischen Alter, wenn die Kinder in der Ausbildung sind, und dazu noch das Vermögen entstehen sollte. Da werden sie gerade verachtet, verlacht, und in den Leitmedien steht etwas über Transkinder und Röcke für Jungen.

Das kann man machen. Man kann dann auch Stammtischkämpfer schicken. Ich würde vorschlagen, vorher einfach mal mit den Leuten zu reden. Also, den jungen Familien und ihren Sorgen zwischen Konstanz und Tübingen zuhören. Oder wenigstens mal ein Buch über Fehleinschätzungen der Motivation anderer Leute lesen. Verdun, Stalingrad, immer wieder wollten Deutsche blutrote Linien zu Gegnern ziehen und nie ist das gut ausgegangen. Fahrt hin, setzt euch dazu, hört hinein und haltet den Mund oder wenigstens eine Armlänge Abstand zum Radius des Bierkrugeinschlags. Ich halte mich raus. Ich bin nur Kriegsberichterstatter, kein Sanitäter, mein Verbandskasten im Roadster ist abgelaufen, und der geliebte Pizzakarton kommt einen sicher nicht im Krankenhaus besuchen.