Unwissenheit ist selten dekorativ, aber Unwissenheit in naturwissenschaftlichen Fragen immer noch besser, als bekennender Fan seichter Romane oder Leser der Bild-Zeitung zu sein. Das eine ist sozial akzeptabel – das andere nicht.
Mit der Mathematik ist es eine sonderbare Sache. Mathematik bestimmt unseren Alltag viel mehr, als die meisten vermuten, und natürlich kann man ohne Mathekenntnisse gut durchs Leben kommen. Aber die Randbedingungen, das gesamte Umfeld des modernen Menschen, werden von Mathematik bestimmt. Banken und Versicherungen beschäftigen Bataillone von Mathematikern für die Berechnung von Geschäftsmodellen und Produkten. Sozial- und Krankenversicherungssysteme funktionieren nur, weil Mathematiker und Statistiker die Funktionsfähigkeit der Mechanismen belegen können, und ohne die Mathematik als Hilfswissenschaft würden keine Strassen, Häuser, Computer oder Autos in der uns bekannten Form gebaut werden.
Eigentlich sollte die Schule uns zu leidlich allgemeingebildeten Menschen erziehen, und in gewissem Umfang tut sie das auch: um grundlegende Algebra, Statistik und Geometrie kommt kaum jemand herum. Die Bedeutung der theoretischen Konzepte erschließt sich kaum, allerdings immerhin marginal mehr als in der Physik oder der Chemie. Zumindest die Anwendung von Kopfrechnen im Alltag ist kaum jemandem fremd. Von den wenigen Tätern aus Leidenschaft abgesehen, die sich bewußt für naturwissenschaftlich orientierte Ausbildung oder Studiengänge entscheiden, stellt sich vielen die Frage: welches Studium hat möglichst wenig Mathe.
Wenn die höheren Töchter Glück haben, rät ihnen jemand von Marketing und Psychologie ab, denn da ist Statistik unentbehrlicher Bestandteil: Sozialforschung kommt nicht ohne Stichproben und deren systematische Auswertung menschlicher Verhaltensweisen aus. Mancher, der sich überschaubare Diskussionen über menschliches Konsumverhalten oder die Strategien schreibunter Werbeplakate vorgestellt hatte, entschied sich nach dem bösen Erwachen doch für ein anderes Fach. Physiker und Mathematiker hingegen realisieren irgendwann, daß sich mit der ganz eigenen Ästhetik mathematischer Beweise kein großes Geld verdienen läßt, und verschwinden freiwillig in den Kellern der Investmentbanken, wo sie komplizierte Modelle zusammenbauen. Die wiederum verstehen die Chefvolkswirte der Institute nicht so recht, und folglich kann niemand bemerken, daß die Realität doch anders aussieht als das Modell. Die Sensibilität für dieses Problem ist inzwischen gewachsen – eine Lösung hingegen nicht in Sicht, denn die einen können nicht genug Mathe, und die anderen nicht genug Realität.
Die meisten Menschen sind davon jedoch relativ unberührt – spielt Mathematik in ihrem Leben doch schon seit dem Schulabschluß keine große Rolle mehr. In der Schule hören die meisten Menschen irgendwann von Goethe und Mozart und der Ableitung. Steht man hingegen Jahre später auf einem Empfang zusammen und bekennt, man könne Mozart nicht von Bach unterscheiden, oder assoziiere Goethe mit einer Schokoladenmarke, sind einem verwundernde und herablassende Blicke sicher. Schöngeistige Bildung wird fast immer irgendwie geschätzt: wer sie hat, hält sie ohnehin für das Maß aller Dinge. Wer sie nicht hat und andere heimlich beneidet, ist zumindest hinreichend beeindruckt – es sei denn, alles Streben beschränkt sich auf Geld und Autos. Wer hingegen bekennt, den Satz des Pythagoras lange vergessen oder den Sinn und Zweck einer Ableitung nie verstanden zu haben, befindet sich meistens in guter Gesellschaft. Es ist sozial völlig akezptabel, von Mathematik (und Naturwissenschaften) unbeleckt zu sein. Mehr noch: man kann sogar damit kokettieren, nicht mal den eigenen Kassenzettel im Supermarkt ohne Taschenrechner zusammenrechnen zu können – das ist völlig in Ordnung.
So, wie hilflos neben ihrem Auto stehende Frauen in der Regel nicht wirklich als unfähig, sondern einfach nur als niedlich weiblich empfunden werden, darf man in weiten Kreisen der Gesellschaft auch gerne gegenüber der Mathematik hilflos sein. Wer wäre nicht irgendwann vom Fachlatein der Bankberater und Versicherungsmakler überfordert gewesen, unfähig, die komplizierten Berechnungen auch nur im Ansatz nachzuvollziehen? Natürlich sieht man irgendwie ein, daß es wünschenswert wäre, den Experten nicht ganz so ausgeliefert zu sein, Prognosen von fremder Hand nicht auf Gedeih und Verderb ohne eigene Kontrolle vertrauen zu müssen . Bestenfalls hat man wenigstens noch ein wenig Bauchgrimmen mit dieser totalen Selbstentmündigung. Schlechtestenfalls hält man es, vom Umfeld bestärkt, längst für selbstverständlich, den Experten in diesen Fragen ebenso zu trauen, wie dem Arzt im Krankenhaus und dem Piloten im Cockpit. Genau deshalb schließlich haben wir eine großartig effiziente, arbeitsteilige Gesellschaft: damit jeder sich spezialisieren kann. Der Vergleich mit Ärzten und Piloten hinkt jedoch.
Die Leistung eines Piloten auch nur ansatzweise nachvollziehen zu wollen, erfordert in der Tat eine hochspezialisierte Ausbildung, die nicht jeder haben kann. Dem Arzt hingegen vertraut der kritische Patient keineswegs so blind, wie manchmal suggeriert wird. Im Gegenteil: wer betroffen ist, recherchiert in Fachbüchern, im Freundeskreis, stellt seine eigenen Diagnosen übers Internet und hilft sich notfalls in der Apotheke selbst, solange das ohne Rezept geht. Patienten sind oftmals nicht annähernd so unmündig, wie man meinen könnte – denn für grundlegende Kontrollen braucht es eben doch kein Studium. Manche Dinge kann man mit ein wenig gesundem Menschenverstand und etwas Recherche durchaus kontrollieren, verifizieren, falsifizieren. Und tut dies auch, wenn der Druck nur groß genug ist.
Wer jedoch käme auf die Idee, die Berechnungen des Bankberaters überprüfen zu wollen? Sobald es um Mathematik geht, werden intelligente, nachdenkliche Menschen zu unmündigen Kindern. Der vermutete Vorsprung an quantitativem Verständnis scheint so groß, daß man erst gar nicht in Erwägung zieht, selbst drüber nachzudenken. Wo die versprochenen zehn Prozent Rendite herkommen können. Ob eine Hausratsversicherung als Student mit Ikea-Ausstatttung sinnvoll ist. Wenn es empfohlen wird, muß es wohl richtig sein.
Zwar kann man in den Medien regelmäßig hören, daß die MINT-Fächer die Basis für Deutschlands Wohlergehen seien, daß wir mehr mathematische und wirtschaftliche Grundbildung brauchen, und überhaupt unsere Kinder mehr rechnen müssen – aber das hindert erwachsene Personen keineswegs daran, mit ihrer mathematischen Unwissenheit zu kokettieren. Das ist nämlich in weiten Kreisen weit akzeptabler, als zu den Zahlen-Nerds zu gehören. Schon in der Schule wurden jene, die sich freiwillig für den Mathe- oder Physik-Leistungskurs entschieden, schräg angeschaut. Im Studium werden dann jene geschnitten, die ganz freiwillig statt Managementlehre Finanzwirtschaft wählen, statt in Anthropologie in Kursen zur Methodenlehre der Sozialforschung sitzen. Natürlich hängt das auch vom Umfeld ab: hätte ich einen Freundeskreis voller Physiker und Ingenieure, wäre das anders. Aber in manchen Kreisen ist es absolut gesellschaftsfähig, 2+2 nicht addieren zu können – Goethe oder den Mauerfall nicht einordnen zu können, wäre hingegen sozialer Selbstmord. Dabei wäre es oft gar nicht schwer, ein bißchen mehr zu verstehen: Um ein Haushaltsbuch zu führen, und den Mechanismus von Kredit und Verschuldung zu begreifen, braucht es keine höhere Mathematik. In den meisten Schulen hat man durchaus das Handwerkszeug mitbekommen, mehr als nur den Kassenzettel nachzurechnen, und das Internet bietet heute für fast jedes Verständnisniveau eine passende Erläuterung auch komplexer Sachverhalte – was fehlt, sind Interesse und Wille. Und, möglicherweise, Notwendigkeit.
Es gibt ja Experten. Und keinerlei Sanktionen für mathematische Dämlichkeit.
'Und keinerlei Sanktionen für...
‘Und keinerlei Sanktionen für mathematische Dämlichkeit.’
Doch, die gibt es sehr wohl. Und was mich außerordentlich erstaunt ist, daß es Physikerinnen gibt, die auch nicht rechnen können. Daß es ein Finanzminister nicht kann, ist klar: Iudex non calculat. Wir warten dann mal ab, wann exp(x) die Oberhand gewinnt. Gruß K
Neeeeiiiiiin, nicht schon...
Neeeeiiiiiin, nicht schon wieder BankBERATER!!!
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Der letzte Satz stimmt natürlich; das plakativste Beispiel aktuell: Eine (selbst mittlerweile schon stark verschuldete) Volkswirtschaft in der Mitte Europas, die den (teilweise eigenen) renditegeilen PIIGS-Investoren den A**** rettet. Dauert womöglich noch ein Weilchen, bis die Sanktion kommt. Dann aber richtig.
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Ansonsten bin ich froh, den Park-, Kopfrechen- und Mozart-Test bestanden zu haben. So, darf ich jetzt mein erstes Adventskalendertürchen aufmachen?
Gruezi,
Wie treffend...
Gruezi,
Wie treffend !
Faszinierend bleibt, dass sich zentrale algebraische
Luecken ergeben, obwohl es in Deutschland etwa
2 Millionen studierte Techniker/Ingenieure, und
(zugehoerig) etwa 15 Millionen technisch/logistische
Mitarbeiter gibt.
Ich halte es ja fuer unumgaenglich, unseren nachtraeglichen
Eintritt ins 20. (!!) Jahrhundert mit einem Allgemeinschulfach
>Administration< (Bankwesen, Versicherungen, private Haus- haltsrechnung, politische und Sozialstatistik) zu manifestieren. Jedoch: Gegen Gier (10% Rendite) und Faulheit hilft eigentlich nichts. Mit freundlichen Gruessen, Multireal
Kalchas, aber...
Kalchas, aber gesellschaftliche Sanktionen? Keine.
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Werte muscat, ich bitte um Entschuldigung. Wirtschaftliche Sanktionen gibt es natürlich, man muß nur “Raus aus den Schulden” gucken. Das ist dann die Strafe, und demnächst: “Raus aus den Schulden – Die Europa-Edition”. Mein Türchen spare ich mir für heute Abend auf.
Stefan Sakowitz, das wäre...
Stefan Sakowitz, das wäre überaus sinnvoll, wird ja auch immer wieder diskutiert, aber an Taten mangelt es leider. Ich bin manchmal überrascht, wie leichtfertig viele junge Menschen mit solchen Fragen umgehen. Haftplicht? Egal. Hausrat? Aber bitte. Ts.
Vielen Dank für dieses...
Vielen Dank für dieses Meinungsbild, das man auch in überregionalen Erscheinungen wie der Frankfurter selten findet. Denn auch hier herrscht leider die Fraktion der ehemaligen Deutsch- und Politikleistungskursler, denen schon die anthroposophisch angehauchte Kursleiterin erklärt hat, dass sie Chemie auch nie verstanden hat und trotzdem was aus ihr geworden ist….. (Not!)
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Wenn manche Leute sich bei meinem Vater darüber beschweren, übers Ohr gehauen worden zu sein, ist sein KOmmentar immer nur “Da ist eine der wenigen Steuern auf Dummheit, die noch übrig ist!”. Wer sich teure Handyverträge aufschwatzen lässt zahlt sie, wer an der Steuererklärung versagt zahlt sie, der oben erwähnte Student zahlt sie und wer glaubt das Wasser ein Gedächtnis hat und kleine Nadeln das Qi wieder in den richtigen Fluss bringen verbrennt nicht nur Geld, sondern ggf auch seine Gesundheit.
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Zu Goethe und Mozart: wer sich auf diese beruft ist oft genug auch nur ein dummschätzender Namedropper mit Halbwissen aus Kindler/Wiki/Google. Eine Fuge werden sie genauso wenig erklären können wie einen Logarithmus.
Dieser Artikel spricht mir aus...
Dieser Artikel spricht mir aus der Seele!
Ich verschob erst kürzlich meinen Lebensmittelpunkt vom Umfeld der TH Karlsruhe nach Freiburg. Hier bin ich, anstatt von Mathematikern, Ingenieuren und Informatikern auf einmal von Soziologen, Ethnologen, Germanisten, Philosophen und Pädagogen umgeben. Versteht mich nicht falsch, das sind alles ehrenwerte Professionen. Aber diese Leute sind alle so weit weg von dem was ich für Realitätsnah halte. Hier gilt es als richtig schick beim Abendessen Diskussionen über die Realität des Essens anzufangen. Natürlich in möglichst gehobener und geschwollener Sprache, und mit einer guten Portion Selbstverliebtheit. Wenn ich dann auf meine Arbeitsprobleme zu sprechen komme, werde ich angeguckt wie ein Außerirdischer. Das die netten Herren und Damen noch nichts von einer Fouriertransformation gehört haben ist ja noch ok. Aber eine Standardnormalverteilung sollte meiner Meinung nach in Akademikerkreisen als vorausgesetzt gelten. Na ja, bis es soweit ist gehen “Die Leiden des jungen Ingenieurs” im Breisgau weiter…
Was an der korrekten...
Was an der korrekten Beobachtung ziemlich witzig ist – sie entstammt dem sozialverhalten besserer Kreise aka Bürgertum. Das aber verdankt seine Stellung direkt oder indirekt ausgerechnet der Tatsache, dass die Deutschen im Geschäftemachen ziemlich gut sind (auch wenn uns das gegen die aesthetische Selbstüberhöhung geht). Also auch im Rechnen so schlecht gar nicht sein können, wie es die verbreitete Missachtung angewandter Naturwissenschaften und der Ingenieurskunst nahelegt. Die für ein Land, dass (heute) im wesentlichen für seine technischen Leistungen und Produkte geachtet wird, sowieso schreiend komisch ist.
Asper, ich schätze...
Asper, ich schätze Geisteswissenschaftler sehr – aber manche sind so naiv, daß es mir die Sprache verschlägt. Und dann gibt es natürlich die Bildungsprotzer, die auf Nachfragen doch die Hosen runterlassen müssen.
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Herr Th.80, ich darf das nicht zu laut sagen – meine Erkenntnisse über die Bedeutung der Normalverteilung sind auch jüngeren Datums. Abgesehen davon, daß naturwissenschaftliches Wissen als weniger kanonisch betrachtet wird, mangelt es häufig auch an Grundlagenmathematik und gesundem Menschenverstand im Umgang damit – was mich immer wieder überrascht. Um den Nutzen von Verträgen zu beurteilen, braucht es ja wirklich weder Fourier, noch ~N.
Stimmit, dieses Kokettieren...
Stimmit, dieses Kokettieren mit Ahnungslosigkeit ist tatsächlich ein kleiner, überheblicher Charakterfehler, den ich nur zu gut von mir selbst kenne.
Sophia Amalie Antoinette...
Sophia Amalie Antoinette Infinitesimalia@: Rein subjektive Eigenmeinung:
Im ehemaligen sog. Ostblock gab es äusserst begabte, und äusserst gebildete, Naturwissenschaftler. Nur die mußten leider immer Maxrismus-Leninismus repetieren. Auf der Basis der Marx´schen Rechenmodelle in ihrer Ökonomie ohne wirklicher Inanspruchnahme der Zahl “e”, unter Beachtung der Tonnenideologie von der immer Recht behaltenden Partei verordnet, konnten keine fetten Hühner auf die Dauer gedeihen. Bei uns ging, geht das anders: Wir haben daraus gelernt und vollautomatisierte, selbstrechnende Gewinnmaximierer, mit erstklassigen durchmathematematisierten Modellen stochastisch aufgemotzt, entwickelt…..und fahren vollsatt mit 850 Billionen Dollares Trashpapierchen im Köfferchen, ebenfalls durchaus klassisch gebildet, voll gegen die Wand. Trotz Pythagoras, Bernoulli, Fourier, Cauchy, Gauß etc. und den ganz Moderen. Was nun?
ThorHa, das ist die ältere...
ThorHa, das ist die ältere Generation, denke ich.
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DA: Du doch nicht. Nie.
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Plindos, Individuum und Kollektiv sind zwei völlig verschiedene Dinge. Kollektive Unvernunft hingegen – das erforderte gleich den nächsten Beitrag über Spieltheorie. Es gibt übrigens unglaublich viele gute Iraner unter den Mathematikern und Volkswirten – weil die Naturwissenschaften so schön ideologiefrei sind und deswegen ein sicherer Bildungsweg. Habe ich gehört.
Bisweilen schlägt das...
Bisweilen schlägt das Kokettieren auch in Aggressivität um: Vor wenigen Wochen saß ich (Doktorand in Mathematik) desabends mit einigen Juristen zusammen. Einer gerade frisch examinierten Juristin wurde von einer anderen Juristin die Frage gestellt, ob sie schon einmal mit Excel gearbeitet habe oder davon ausgehe in ihrem Arbeitsfeld damit in Kontakt zu kommen.
Anstelle des Bekundens von allem, was mit Tabellen und Zahlen zu tun hat, keine Ahnung zu haben, ereiferte sich die Gefragte und verwies auf ihre juristische Ausbildung. Aus dieser Ausbildung folgerte sie das Recht, von solcherlei “Rechensachen” in Ruhe gelassen zu werden. Fast stand ihr der Wutschaum vor dem Mund, ihre Empörung stieg ins Unermessliche, ich lächelte….
Als Hobby lehre ich an einer...
Als Hobby lehre ich an einer FH, ein paar Tage im Jahr nur, aber gut. Neulich mal wieder da und mich auch so über manches unterhalten.
Mit dabei: Mathematisch Naturwissenschaftliche Fertigkeiten der Studenten der Ingenieurwissenschaften. Abgründe tun sich auf. Auch wenn das vielleich ein bischen Schwarz gemalt ist, aber der unmittelbare Tenor war: Im Vergleich zu Indern, Chinesen und Russen sind die deutschen Studenten ein in der Mittelstufe zurück gebliebener Haufen (Ausnahmen bestätigen……). Und das unter angehenden Ingenieuren.
Hmmm. gibt mir zu denken. Mein Verständnis hört irgendwo bei Flüssen durch n-dimensionale Vektorräume auf. Und ich habe Mathematik nur am Rand berührt. Was ist wohl der Mathematik-Kenntnisstand von Bacheloren und Magistern?
Auf jeden Fall: Danke für den Artikel.
Euler, ich habe Excel auch mal...
Euler, ich habe Excel auch mal für den Höhepunkt gehalten. Bis ich R kennenlernte. Matlab. Kann ich alles nicht, aber ich weiß: das gibt es. Und bewundere Leute, die damit umgehen können.
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Booooster, oh ja. Siehe oben, Iraner. Es ist allgemein bekannt, daß Inder reihenweise 800 im quantitative Teil des GRE und vergleichbarer Tests erzielen. Und ein ganz anderes Gefühl für Mathematik haben. Ich kann da nur staunend am Rande stehen. Andererseits muß ich sagen, daß das Matheniveau in den USA vor zehn Jahren Lichtjahre hinter dem Abiturlevel zurückblieb. Da konnte man auch von der High School abgehen, ohne weiter als bis zu Geometrie gekommen zu sein. Schlimmer geht immer.
Sophia, mir fehlt das...
Sophia, mir fehlt das wichtigste element auf dem steinigen Weg hin zur “Mathemeidung”: der schlechte Lehrer. Noch nie habe ich von einem guten Mathematiklehrer etwas gehört oder gesehen. Die sind rar, da habe ich für jede(n) Verständnis, die/der sich verbliebener Unkenntnis nicht schämt.
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Don Alphonso, um 13.35 haben Sie mit Ihrer Unfähigkeitskoketterie aber mächtig kokettiert.
Arabella, ich hatte eine...
Arabella, ich hatte eine grandiose Lehrerin in den USA, die mir vorübergehend die Augen öffnete, bis ich wieder nach Deutschland kam. Aber ich glaube: Naturwissenschaften sind einfach sperriger und sehr viel mehr als andere Fächer schon in der Schule eine eigene gedankliche Welt, die sich nicht so leicht erschließt, wenn man dazu keine Neigung hat. So gesehen haben es Mathelehrer schwerer als die anderer Fächer, meine ich.
Natürlich schützt auch Alter...
Natürlich schützt auch Alter vor Torheit nicht, aber – mit Verlaub gesagt – erscheint mir die aufgeworfene Frage doch sehr jugendlich zu sein! (Nebenbei bemerkt: Das Bekenntnis des Don erweist, dass sein Seelenleben jungenhafter ist, als er in seinem Blog zu suggerieren sucht.)
Der Grabenkrieg der Naturwissenschaft vs. Geisteswissenschaft ist noch keine hundert Jahre alt, weshalb er ebenfalls jung zu nennen ist. Mir kommt Ihr Schreiben, werte Madame Infinitesimalia, wie ein Neuaufguss der These des Charles Percy Snow vor, die zwei antagonistische Kulturen in den Raum stellt. Im Alltag und heute in den Kommentaren zu Ihrem Blogeintrag fällt mir weniger die naturwissenschaftliche Ignoranz so genannter Gebildeter auf, als das innige Liebesverhältnis von Ingenieuren und Naturwissenschaftlern zu einer Erscheinung, die sie gerne als “Realität” bezeichnen, gepaart mit einer Abneigung gegen alles, was sie als unkonkret empfinden. Eifersucht mag hier eine Rolle spielen. Wahrhafte Bildung, die der reife Mensch nie zur Renommisterei missbrauchen wird, sondern anderen bereitwillig zur Verfügung stellt, wird nie eine Teilmenge des Wissenswerten gegen eine andere Teilmenge ausspielen. Ich schwör´s!
Im Arbeitsrecht hat der...
Im Arbeitsrecht hat der Hinweis, dass die Heizölfahrer vom Land – so Gorillas, denen fast die Fingerknöchel am Boden schleifen – ihre Gehaltsabrechnung gaaaaaaanz genau verstehen die Temperatur um einige Grade gesenkt. Auch die Leute, die Buntmetalle verhökern können häufig ganz vorzüglich rechnen.
Vielleicht deswegen
Booooster: Außerhalb von...
Booooster: Außerhalb von Fächern mit einem Schwerpunkt wo wirklich Mathematik und nicht nur erweitertes Rechnen (mehr behersche ich auch nicht) benötigt wird geben sich Bachelor und Diplom Absolventen sicherlich nicht viel. Reine Mathe und Statistik Veranstaltungen finden so oder so nur im Grundlagenbereich/Grundstudium statt.
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Arabella: Ich hatte mindestens einen guten Mathelehrer. Der war allerdings sehr kolerisch – dafür hat er tatsächlich das Niveau der Klasse deutlich nach oben bekommen. Gut das andere halbe dutzend an Mathelehrern mit denen ich die Freude hatte war dafür um so schlechter in der Vermittlung.
An der Uni habe ich dann aber auch wieder Matheprofessoren erlebt die voellig zurecht bei nicht Mathematikern Vorlesungen vor 20 statt der zu erwartenden 600 Studierenden halten.
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Sophia: Wenn man weiss was man will und ein paar theoretische Grundlagen hat kann man sich den Umgang mit R prima autodidaktisch aneignen. Wobei ich auch daran schon genug Kommilitonen habe scheitern sehen.
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Hat insgesamt bei mir auch sehr lange gebraucht bis ich die Lager gewechselt habe und endlich verstanden habe das es sinnvoll, ja geradezu zwingend notwendig ist, grundlegende mathematische Kenntnisse zu besitzen.
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Eine richtige Erklärung warum es mitlerweile gesselschaftlich akzeptiert wird nicht mal in Ansätzen rechnen zu können hat aber immer noch niemand oder habe ich etwas überlesen? Zugegeben mir fällt leider auch nichts plausibles ein. :(
icke: Oh lustige Anekdoten. :)...
icke: Oh lustige Anekdoten. :) Ich glaube es war in einer Veranstaltung zu nationaler Besteuerung ‘Das müssen sie aber nicht selber berechnen können, das macht dann einfach DATEV für Sie’.
DerMersch, im Idealfall kann...
DerMersch, im Idealfall kann man beides. Im nicht so idealen Fall kann man das eine und bedauert in angemessenem Umfang sein Unwissen im anderen Bereich. Möglicherweise bin ich auch befangen – verbringe ich doch selbst wesentlich mehr Zeit mit Geisteswissenschaftlern, als mit Ingenieuren.
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icke, verstehe ich nicht? Wie meinen? Variable Vergütung für LKW-Fahrer?
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tesafilm, da lassen wir uns dann von anderen überzeugen, daß Unmündigkeit kein Übel sein muß. Auch dämlich. Man sollte möglichst viel selber verstehen, meine ich. Im Idealfall – aber man darf doch wohl noch träumen.
Sophia: Gut finde ich das auch...
Sophia: Gut finde ich das auch nicht. Hoffe nur das die Informatiker bei der DATEV nicht so ignorant gegenüber Gesetzestexten sind auch wenn es da im Steuerrecht allen Grund zur Ignoranz gäbe.
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Ich bin froh das ich mich doch noch zu einem Studium entschieden habe und mich dann mehr oder minder autodidaktisch in einer Friss oder Stirb Situation für ersteres entschieden habe. Hat meinen Blick auf viele Dinge geschärft und erweitert. Als 15 jähriger und noch sehr lange danach war ich ziemlich ignorant gegenüber allem was entfernet nach Mathe aussah.
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Stellt sich nur immer noch die Frage nach dem Grund für diese allgemein akzeptierte Ignoranz? Ich habe da leider auch keine gute Idee und als Erklärung für mein eigenes Verhalten fällt mir nur das extrem eingeschränkte und völlig falsche Bild der Funktion unserer Wirtschaft ein gepaart einer ‘alles was ich nicht verstehe brauche ich auch nicht’ Attitüde.
Das alte Jahr neigt sich dem...
Das alte Jahr neigt sich dem Ende zu, und in dieser dunkelsten Zeit des Jahres, in der sich das im Herbst gesäte Getreide in einem Ruhezustand befindet, den Pflanzenphysiologen als Vernalisation bezeichnen, gibt’s noch ein Gedicht von Novalis:
“Wenn nicht mehr Zahlen und Figuren
Sind Schlüssel aller Kreaturen
Wenn die so singen, oder küssen,
Mehr als die Tiefgelehrten wissen,
Wenn sich die Welt ins freye Leben
Und in die Welt wird zurück begeben,
Wenn dann sich wieder Licht und Schatten
Zu ächter Klarheit wieder gatten,
Und man in Mährchen und Gedichten
Erkennt die wahren Weltgeschichten,
Dann fliegt vor Einem geheimen Wort
Das ganze verkehrte Wesen fort.”
tesafilm, ich war auch mit 25...
tesafilm, ich war auch mit 25 noch ignorant gegenüber Mathe.
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etiterum, sehr schön! Danke.
Ein paar Anmerkungen:
-...
Ein paar Anmerkungen:
- Bitte nicht vergessen, der allergroesste Teil der Mathematik, sagen wir 99%, findet keine Anwendung in Bank, Versicherung oder Naturwissenschaften und hat nichts mit dem zu tun, was hier “Mathe” genannt oder als Beispiele aufgefuehrt wird.
- Wer sich der Mathematik und formalen Modellen verschliesst, verschliesst sich auch wichtigen Gebieten der Sprachwissenschaft und der Philosophie. Mit Hegel, Heidegger, Adorno laesst sichs halt leichter schwadronieren als mit Hume, Frege, Russell. Und mit Hermeneutik promoviert sichs leichter als mit Synthaxtheorie.
- Einem Mathematiker ist es ein Graus, wie wenig Muehe sich geisteswissenschaftlich Gebildete bei Definitionen und Konsistenz in ihren Gedanken geben. Ein Beispiel, der Sinn des Lebens. Der Geisteswissenschafter legt gleich los, ein mathematisch Geuebter faengt an zu ueberlegen:der Sinn, warum Singular, nicht Plural?Sinn: subjektiv, objektiv, erfunden, gegeben?Leben:eines einzelnen Menschen, der Gattung Mensch, oder aller Lebewesen?
- Dass mit gutem Willem und Verstand ein Einstieg in mathematische Anwendungen moeglich ist, hat die Gastgeberin in frueheren Blogs wie dem ueber den “Wirtschaftsnobelpreis, Platitüden und Mut” gezeigt. Denn Mathematik ist letztlich nichts anderes als formalisierter gesunder Menschenverstand.
Mathematik ist lediglich eine...
Mathematik ist lediglich eine Symbolsprache. Und eine sehr Mißverstandene. Das letzte vernünftige was ein Mathematiklehrer uns beigebracht hat war das berühmte “Schachbrett/Reiskorn Biespiel zur Exponentialrechnung” (Exponential = beispielsweise Zinseszins). Oder die simple Weisheit, daß man bei Spielen lediglich immer die höhe seines Verlustes + 1 Jeton setzen muss um irgendwann automtaisch zu gewinnen.
Mathematik ist Krieg mit anderen mitteln. 90% der Händler heute verstehen unter Handel nicht mehr die Leistung eine Ware zu einem Zeitpunkt und an einem Ort verfügbar zu haben wo sie gebraucht wird sodern denken es ginge dabei darum den Handelspartner bei maximierung des Eigenvorteils möglichts geschickt übers Ohr zu hauen. Aber die Kaufleute mal ganz außenvorgealssen, denn die sind nicht sla die Forderung des Dommvolkes:
Höhere durch gewerkschaftliche Gewalt erpresste (Streik etc.) Löhne bei gleichzeitiger wo gibt es das was ich nicht selber herstelle als billigtses Schnäppchen.
Datev funktioniert nur dann...
Datev funktioniert nur dann wenn die Datengrundlage/eingabe richtig ist. Wie bei jeder It-Anwendung. Ist wie der schwachsinn mit den Abschreibungen. Nur weil ich über den Daumen statitisch prognostiziere daß alle hunderttausend Jahre einmal ein Super-Gau geschieht kann es trotzdem sein, daß mein AKW_Neubau ein Totalverlust im ersten jahr ist und ich zusätzlich in ein Wasserkaftwerk investieren muss. Bei Gewinnen realisiert der Staat unheimlich gern Steuereinnahmen. Bei Verlusten zahlt der Staat lieder keine Steuereinnahmen an private Unternehmer aus (Bei Aktiengesellschaften wo die Aktionäre (meist Pensionsfonds und ähnliches) ansonsten rebellieren oder eine große Menge an Beschäftigten eventuell).
Staat = Private Gewinne sozialisieren und Verluste privatisieren.
Würden die Verluste des Staates realisiert, würden Anleger einfach Deutschland pfänden. (der internationale Gerichtsvollzieher ist dann die Armee des Landes desjenigen (Asien, Ölscheichs) der die Schuldscheine (Anleihen des Bundes auf zukünftig erbrachte Arbeit seiner Sklaven, pardon, Bürger und den Grund und Boden (das Vaterland) als Grundschuld beispislsweise) vorlegen kann).
Mathematik macht die Augenwischerei möglich.
Yogi, den letzten Satz mag ich...
Yogi, den letzten Satz mag ich besonders und genau darum geht es mir. Höhere Mathematik, schlüssige Beweise – das hat eine eigene Ästhetik, aber vielen fehlt ja sogar grundsätzliches Verständnis. Mit Russell und Frege bin ich nicht warmgeworden, aber immerhin habe ich im Gegensatz zu 40 % der Philosophiestudenten meiner Uni die Prüfung in Logik bestanden. Die waren alle völlig perplex, daß das Pflichtfach sein könnte.
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KonsumentenRegent, Wirtschaft ohne mathematisches Denken ist Schwachsinn. Wirtschaft ohne gesellschaftliche Verantwortung des Unternehmers ein Alptraum – und trotzdem glaube ich, daß jeder einzelne ein klein wenig für den Zustand der Marktwirtschaft mitverantwortlich ist, eben durch sein Konsumverhalten.
Bär0, Mathematik ist eine...
Bär0, Mathematik ist eine Hilfswissenschaft in solchen Fragen und kann nichts dafür, wie sie verwendet wird – das liegt in der Hand des Nutzers.
@SAAI
Wenn die angehenden...
@SAAI
Wenn die angehenden Geisteswissenschaftler denn wenigstens den Faust gelesen hätte, der ja kein ausgesprochenes Mathe-Buch ist, dann wüßten sie: Mein lieber Freund, ich rat euch drum, zuerst collegium logicum. Oder so.
Gruß K
Sophia, Logik, gutes...
Sophia, Logik, gutes Stichwort. Der Reiz des Erfolges, wenn man sich über 8 DIN A4-Seiten Gleichungen gequält hat und es am Schluss aufgeht! So ein Seminar während des Studiums kann ich nur jedem empfehlen. M.E. muss man dafür auch kein Mathefan sein (so wie ich).
Sich negtiv über Mathe zu...
Sich negtiv über Mathe zu äußern scheint eine moderne Beschäftigung von jungen Frauen zu sein. Dies fiel mir auf seit dem meine Nichte darüber lamentierte, als ob sie kochen lernen sollte.
Ich jedenfalls kam immer gut mit Mathe aus, und das sehe ich auch an meinem Kontostand
frühzeitig damit aufzuhören...
frühzeitig damit aufzuhören und daherzuschwafeln wird belohnt. Jedoch auch für logisch inhärente Gedankenstränge benötigt man Hartnäckigkeit und Zeit, so dass das Zuhören bei nicht konsequent betrachteten philosophischen Themen auch zur Strafe wird.
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Grundrechenarten zu beherrschen, scheint nicht die Hürde zu sein, Aldi-Preise zusammenzurechnen scheint den Meisten zu gelingen. Es ist auch ein Vorurteil, nur höhere Töchter mieden die Mathematik – nein, viele meiner männlichen Kommilitonen (Sozialwesen) wiesen identische Schwächen auf. Nur – sie vermieden das Thema. Die Frauen reagierten aggressiv, wohl weil man sie frühzeitig einerseits als unfähig und andererseits als “süss” abstempelte.
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Schade, dass die Chancen in den Grundschulen schon vertan werden. Mathe kann ja so schön sein! Und manche erreichen das Stadium der Kreativität dabei!
"Und keinerlei Sanktionen für...
“Und keinerlei Sanktionen für mathematische Dämlichkeit.”
Macht mal einen Einstellungstest. Dann stellt ihr fest, dass nicht vorwiegend Leute gesucht werden, die beispielsweise exzellent über Bachs Fugen oder Mephistopheles in Auerbachs Keller reden können.
Wie schön für viele Schreiber hier, sie haben es offenbar gar nicht nötig, in niederen Berufen aus den Bereichen Handwerk, Handel oder Verwaltung ihr Brot zu verdienen. Dann brauchen sie auch nicht ihre Phantasie zu strapazieren, sich vorzustellen, was es jenseits geisteswissenschaftlicher Inhalte noch so alles gibt.
Liebe Sophia, jaja, die USA....
Liebe Sophia, jaja, die USA. Vor 20 Jahren wurde berichtet, dass IBM die Hochschulabsolventen der Ingenieurwissenschaften in Oberstufen Mathematik nachschult. NUr so konnten sie ein Mindestmaß an fachlicher Güte garantieren. Aber belegen kann ich das natürlich nicht. Wozu hat man denn auch Ressentiments. Die bekanntlich die Seinslehre des Spießbürgers sind.
Ich bezweifele, dass...
Ich bezweifele, dass mathematische Dämlichkeit allgemein akzeptiert wird. Das trifft sicher auf die Gruppe der mathematisch Dämlichen zu, zu der ich mich auch zählen muss. Der Kulturdünkel ist nichts weiter als die Kulisse hinter der die eigenen Defizite versteckt werden können. Woher rühren diese Defizite aber? Wie Arabella schon feststellte, ist das nach eigenem Erleben auch ein Problem der Pädagogik. Unser Leben ist voll von angewandter Mathematik, dank IT mehr denn je. Die Schule ist aber nach meinen Erfahrungen nicht in der Lage, die Mathematik als spannendes lebenspraktisches Fach zu vermitteln. Dass es sinnvoll ist, die vier Grundrechenarten zu beherrschen, ist für den Schüler noch nachvollziehbar, weil im Alltag erprobbar. Aber alles , was darüber hinaus geht, wird doch als brotlose Hochseilartistik ohne jede Bodenhaftung vermittelt. Ich hatte als Schüler nicht den Eindruck, dass sich Mathematiklehrer ernsthaft um die “Bekehrung” der “mathematisch Dämlichen” bemühten. Wer nicht mitkam, der war eben verloren für diese Sekte. Wozu der ganze Zauber gut sein sollte, wurde auch nie nachvollziehbar. Mathematik war für mich als Schüler immer l´art pour l´art. Gleichungen ließen sich auf magische Weise auflösen bis X=2 war. Weshalb es erstrebenswert sein könnte, diese Gleichungen lösen zu können, war nicht von Interesse. Ich hätte genau so gut Englisch lernen können, ohne dass man mir erklärt hätte, dass es Menschen gibt, die diese Sprache sprechen. Erst heute ist mir deutlich, wie hilfreich und grundlegend mathematische Fähigkeiten im Alltag sind. Jetzt ist es zu spät. Ich wurde unter tätiger Mithilfe der Mathematiklehrer in die Gilde der mathematisch Dämlichen überstellt und damit war der Fall erledigt.
Kalchas, wie gesagt:...
Kalchas, wie gesagt: Mathematik ist auch nur besonders strukturiertes Denken. Wie Logik.
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muscat, oh ja. Schon halbseitige Gleichungen sind mir ein Fest, wenn am Ende das richtige Ergebnis dasteht.
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kkrug, genau das meine ich. Als wäre es eine Zumutung, besonders für Mädchen. So wird das nix mit der Gleichberechtigung und dem Frauenanteil in MINT-Fächern. Aber wie schafft man es, ein Fach positiv zu besetzen?
aghapi, manchmal fürchte ich,...
aghapi, manchmal fürchte ich, schon Grundrechenarten sind ein Problem – wenn man sich Versicherungsverträge für Hausrat anschaut, obwohl man nur Ikea besitzt. Da wäre man schon mit Multiplikation und Addition schlauer geworden.
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GaloisAbel, das mit den “niederen Berufen” haben Sie gesagt. Wobei auch da manchmal das Grundverständnis fehlt – merkt man oft an Kassen oder bei Rechnungen. Und in der Wirtschaft werden nach meiner Erfahrung weder Personen mit geisteswissenschaftlicher Bildung gesucht, noch solche mit eigenem, strukturierten Denken, sondern zumeist formbares Kanonenfutter mit durchschnittlichen Qualitäten in allem.
Sophia Amalie Antoinette...
Sophia Amalie Antoinette Infinitesimalia, “formbares Kanonenfutter” – bei der martialischen Wortwahl bin ich hier im falschen Film. Danke für die Antwort.
GaloisAbel, "Human Resources"...
GaloisAbel, “Human Resources” oder “Humankapital” klingt natürlich viel besser. Keine Frage.
muscat, 02. Dezember 2010,...
muscat, 02. Dezember 2010, 12:05
Genau das ist mein Problem. Mathematik als eine andere Form des Kreuzworträtsels ist kein Grund, das Fach an einer Schule zu unterrichten. Ich verstehe, dass das Lösen von Gleichungen Freude bereiten kann. Aber das ist nicht das primäre Ziel. Nicht alles, was man im Leben beherrschen sollte, hat das Ziel einem Freude zu bereiten und dennoch sollte man es lernen.
Sophia, erst spät komm ich...
Sophia, erst spät komm ich dazu, Ihnen zu diesen sehr treffenden Ausführungen zu gratulieren. Ich denke allerdings, es ist noch schlimmer, denn viele der geschilderten mathematisch wenig Bewanderten halten Mathematik für alles mögliche, zum Beispiel Zahlenschupsen, haben jedoch nie die Ästhetik mathematischer Gesetzmäßigkeiten wahrgenommen.
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Woran es aber wirklich liegt, dass man zwar Goethe und Mozart kennen muss, um als halbwegs gebildeter Mensch durchzugehen, von Euler, Leibnitz und Gödel aber noch nie was gehört haben muss, kann ich auch nicht sagen. Könnte aber daran liegen, dass mathematisch gebildete Menschen oft Kommunikations- und vor allem schreibfaul sind und sich das im Laufe der Geschichte ungünstig auswirkt. Es gibt zwar mittlerweile beispielsweise eine Menge Romane mit naturwissenschaftlichem Hintergrund, jedoch zu allen Zeiten viel weniger als zu geisteswissenschaftlichen Themen. Und Filme, in denen Technik, Mathematik und vor allem Computer realistisch dargestellt werden sind auch heute eine echte Rarität.
Sehr interessant, aber nicht...
Sehr interessant, aber nicht wirklich neu. Wobei gesagt werden muss, dass die mathematische Schulausbildung an den dt. Gymnasien international gesehen gar nicht schlecht ist, und was an technischen Gymnasien in BaWü gemacht wird ist extrem wettbewerbsfähig (auch mit irgnedwelchen Indern und Chinesen). Auch ist ein Mathestudium in Deutschland international gesehen eine Top Sache, dazu noch zu einem Preis der seinesgleichen sucht. Wer gut genug ist, kann dann sogar mit Erasmus an die Ecole Polytechnique ;-)
Ein Freund der Maschinenbauer ist, hat mir einmal erzählt, dass er lange Zeit auf Parties im Small Talk oder Gespräch mit Frauen besser nichts über sein Studium erzählte. Seit er aber Dipl. Ing einer angesehen Uni in eben jenem Fach ist, und dies auf Partys erzählt, trifft er teilweise auf starke Begeisterung beim weiblichen Geschlecht.
Booooster, deckt sich mit...
Booooster, deckt sich mit meinen Erfahrungen.
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elbsegler, Sie haben meine Gedanken noch einmal schön in Worte gefasst: es gibt so viele Arten von Mathematik, aber als Schulfach ist es ein Graus. Keine Ahnung woran das liegt.
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Chris, vielen Dank. Das Zahlenschubsen ist ja auch die naheliegendste Anwendung im Alltag – und die spannenderen Dinge, auf die kommt man nicht, wenn man keine Grundlagen hat.
kaktus, ich habe nicht den...
kaktus, ich habe nicht den Anspruch, Neuigkeiten zu präsentieren, sondern Themen zum Diskurs zu stellen. Ganz sicher ist das Niveau an Gymnasien nicht schlecht – aber zu meiner Zeit betrieb die Mehrheit der Schüler “Aufgabentypen lernen”, von Verständnis keine Spur.
Dass Kokettieren von Mann oder...
Dass Kokettieren von Mann oder auch Frau mit mathematischen Unvermögen kenne ich auch. Allerdings habe ich die Erfahrung gemacht, dass es damit schnell vorbei ist, wenn ich nicht darauf einsteige und mit Preisgabe meiner beruflichen Tätigkeit belege, dass ich mit Mathe kein Problem habe. Mein Eindruck ist allerdings auch, dass man dann sofort in die Naturwissenschaftler-Schublade gesteckt wird und die Leute erstaunt sind, wenn sich herausstellt, dass man Bach von Beethoven unterscheiden kann.
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Und leider hat Asper recht, auf der „anderen“ Seite ist ja oft auch nichts vorhanden. Ich habe da letztens eine unschöne Erfahrung gemacht. Man hatte mich zur Teilnahme an einer kleinen Party überredet, deren Teilnehmer mir zum größten Teil unbekannt waren. An Manieren mangelte es nicht, ich wurde vollendet vom Gastgeber vorgestellt. Zur Aufheiterung und zum besseren Kennenlernen spielten wir das Spiel „Errate in welchem Ort ich geboren wurde“. Ich gab den, wie ich meinte, todsicheren Hinweis, dass Goethe dort lange gelebt habe. Was meinen Sie war die Antwort der Anwesenden (alles Akademiker, wohlgemerkt)? Na? Richtig:“Ähm, Frankfurt?“
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Und auch das sei noch preisgegeben: Ich konnte mich auch erst im Studium so richtig für Mathe begeistern. Dort bin ich an einen genialen Mathematikprofessor geraten, dessen Vorlesungen so interessant waren, dass mir ein Licht nach dem anderen aufging, Lichterketten quasi. Davon zehre ich bis heute.
Verehrte Sophia Amalie...
Verehrte Sophia Amalie Antoinette, in der Tat sind Sie befangen! Ich pflege einen ausgewogeneren Umgang, so ist etwa meine Ehegattin eine Schanzmeisterin (Neudeutsch: Ingenieurin), was ich wohl zu schätzen weiß! Wollen wir hoffen, dass auch der Freund des @kaktus mit seiner Dipl.-Ing.-Masche noch unter die Haube kommt …
Es spricht für Ihr gutes Herz, dass Sie Ihren Blog in der Adventszeit als Wärmestube für MINTler öffnen, die von einem ungnädigen Schicksal bzw. diabolischen Geistesmenschen der Paläste jenes bewunderten Olymps der Intellektualität verwiesen wurden, auf dem sich nach ihrer Vorstellung ein rauschendes Fest an das andere reiht. Unverzeihlich aber ist, dass Sie sich dem @Yogi an die Brust werfen, denn dieser Asket ist ein Prachtexemplar jener Gattung “Hoppla-jetzt-komm-ich-alle-anderen-aus-dem-Weg-Mathematiker”, die vor Kraft kaum laufen können, die Unendlichkeit des Zahlenraums mit der Welt verwechseln und sich damit brüsten, nicht nur neunmalklug, sondern mindestens zwölfmalklug zu sein und somit auch noch im Handumdrehen die Apostel ersetzen können. Allein, geduldig warte ich immer noch darauf, dass sich die vom Wiener Kreis bereits vor Jahrzehnten angekündigte Abwicklung der Metaphysik endlich auch einmal vollziehen möge. Aber vielleicht waren auch das nur leere Versprechungen, die unter Philosophen so wenig selten sind wie unter Religionsstiftern.
“Mathematik ist letztlich nichts anderes als formalisierter gesunder Menschenverstand” – Hier schwingt mit, dass eine “gesunde Lehre” gegen irgendwie Krankhaftes aufgeboten werden muss. Warum kann man sich nicht mit der Feststellung begnügen, dass Mathematik nichts anderes sei als formalisierter Verstand, meinetwegen poetisch auch noch die “Sprache, in der das Buch der Natur geschrieben ist?” Ist doch schön! Genügt das denn nicht? NEIN! Hier insistiert der brave MINTler parvenühaft darauf, nicht nur kein Spinner zu sein, sondern den Rest der Menschheit geistig jederzeit in die Tasche stecken zu können.
Werte Sophia Amalie, Sie erlauben uns einen Blick auf das Dekolleté Ihrer nährenden Mutter, wenn Sie uns von scheiternden Junglogikern erzählen. Aber, oh weh, versteckt im Zahlenkleid wandelt hier die Todsünde der Hoffart und greift nach Ihrer Seele, Madame! Immerhin zählen Sie sich noch der Mehrheit zu, die sich mit nur 40 Prozent Ignoranten im Fach herumschlagen musste. Dass Logik im Philosophiestudium kein Plichtfach sei, davon konnten Ihre minderbegabten Kommilitonen mit Fug ausgehen, ist es doch schon vor der Geburt dieses verlorenen philosophischen Nachwuchses üblich geworden, amtlicherseits das Graecum für Hauptfachstudenten der Weisheitsliebe nicht mehr vorauszusetzen. Nicht, dass man ohne Griechischkenntnisse kein Philosoph sein könnte, die alten Inder und Chinesen verstanden auch ohne Griechisch meisterhaft zu philosophieren. In Anbetracht der Fixiertheit des Fachs auf Textstudium und Exegese und einer vollständigen Abhängigkeit von den geistigen Setzungen der mittelmeerischen Antike kommt mir diese Selbstbeschränkung allerdings als Ausdruck höchsten Wagemutes vor, nur vergleichbar der Absicht, zur Planung einer Mondlandung genau einen Rechenschieber und einen Bogen Millimeterpapier vorzuhalten.
Sophia Amalie, – und dies sei endlich mein Schlusswort – köstliche Muse, pflügen Sie lieber mit dem @Elbsegler die Wogen (na ja, nicht gerade jetzt, die Elbe liegt im Einflussbereich polarer Kaltluft und die Mütze bietet den Ohren keinen Schutz!), der ist ein verständiger Mann!
<p>windsbraut, ja, die...
windsbraut, ja, die Schubladen. Vermutlich bei beiden Gruppen. Meine Instrumentallehrerin früher sagte: “Kunst kommt von Können” – und das hat viel mit üben zu tun. Gilt wohl auch für Mathematik, man muß sich lange damit beschäftigen, damit die Konstrukte vertrauter werden. Geisteswissenschafter sind einfach oft näher am Alltag und bieten mehr Identifikationspotential – aber wo sind die Mathelehrer, die den Bezug herstellen können?
Ad Ort: Frankfurt? Nicht Frankfurt? Dabei haben die doch die Goethestrasse, wo man so schön einkaufen kann.
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DerMersch, ich bin befangen, selbst eine mathematische Niete, und obendrein innerlich zerrissen. Man kann mit Mathematik großartige Dinge anfangen, aber gläubige Anhänger der Lehre unterschätzen manchmal auch die Übertragbarkeit auf die Realität. Siehe Investmentbanker und Risikomodelle. Das mißbehagt mir oft.
Ad Philosophiestudium: habe ich nur reingeschnuppert, sozusagen, aber Logik war Pflicht, raubte dem Fach manchen Quatschkopp und Latinum immerhin war auch Pflicht – gleich die nächste Hürde für Fehl-Berufene. Was ich in Ordnung finde, wenn man sein Denken nicht so weit strukturieren kann, daß es dafür reicht, sollte man nicht an der Uni sein. Genau das meine ich aber mit dem gesunden Menschenverstand: das Maß an logischem Denken, das eigentlich jeder haben sollte, intuitiv oder nicht. Sehen Sie mir den gelegentlichen Gebrauch von Floskeln bitte nach – Journalistin bin ich nämlich auch keine.
@Arabella:
Wenn du beim...
@Arabella:
Wenn du beim Fußball nicht triffst, sind die Schuhe schuld? Ist ja auch immer einfach über den Lehrer zu meckern…
(ich bin überings keiner)
Ich, da muß ich Arabella in...
Ich, da muß ich Arabella in Schutz nehmen (zumal es ja einige Unterstützung hier gab für die Position): die meisten meiner Mathelehrer waren keine pädagogischen Helden – mit Ausnahme der Lehrerin in den USA. In Deutschland: nicht einer, von fünf oder sechs die ich kennenlernen durfte.
Ich würde aber auch zugestehen, daß Mathe undankbarer ist als Biologie oder Geschichte.
Wenn es mit dem guten Ton...
Wenn es mit dem guten Ton verträglicher ist, sich der mathematischen Unbedarftheit zu zeihen, als zuzugeben, mit Gedichten und Romanen nichts anfangen zu können, so sei gefragt, was in solchen Gesprächen mit “Mathematik” gemeint ist.
Der Verächter von Romanen müsste sich nämlich als Verächter allseits bekannter Meisterwerke outen, wohingegen die mathematischen Meisterwerke ja nur den Eingeweihten bekannt und verständlich sind. Das Korsett kultusministerieller Lehrpläne behindert zwar alle Lehrer, hindert Deutschlehrer aber nicht daran, gelegentlich solche Meisterwerke vorzustellen. Dagegen vergeht eine ganze mathematische Schulzeit in geistlosem Stumpfsinn, dessen Quintessenz folglich auch lautet, “Mathematik” sei zwar nützlich, aber im Grunde barbarisch. Folglich lässt sich auch ganz richtig ohne Schaden beim Sektempfang gestehen, dieser barbarischen Disziplin nicht hold zu sein. Ein Schulfach, dem der Geist gründlicher ausgetrieben wurde, als der Mathematik, lässt sich womöglich nicht finden. Daher erweist Sophia Amalie Antoinette Infinitesimalia der Mathematik einen Bärendienst, indem sie auf deren Nützlichkeit wiederholt verweist. Die wird ja von niemandem im Ernst bestritten, ist sogar Merkmal der unterstellten Barbarei: Banausenbeschäftigung, bloß nützlich und sonst nichts.
Selbst ein Adept der Mathematik, begehre ich, auf das Nützlichkeitsgetue zu verzichten und die Lehrpläne, nachdem an der Grundschule das Rechnen erlernt wurde, auf Schönheit und Geist zu bauen. Gründlich wurden etwa die Lehrplänen von Geometrie gereinigt, stattdessen diskutieren Oberstufler monate- oder, wie mir die Erinnerung vorgaukelt, jahrelang Kurven – Danaidenfass nichts dagegen. Nun bringt der zu lehrende Stumpfsinn mitunter auch den entsprechenden Typus des Lehrers hervor. Es gibt Lehramtskandidaten, die mit der Überzeugung ihr Studium antreten und häufig beenden, man müsse eine Hand voll Techniken lernen und keineswegs tieferes Verständnis haben, um Mathematik zu lehren. Diesen sei zugestanden, dass sie es selbst nicht anders erfahren haben mögen. So rächen sich die Sünden der Väter an ihren Söhnen bis ins siebenundsiebzigste Glied: Neigung zur Mathematik weckt die Schule kaum jemals, es ist schon ein Glück, wenn eine vorhandene Neigung die Schulzeit überdauert.
Das ist die traurige Antwort auf die Frage, was diejenigen mit “Mathematik” meinen, die mit einem Anflug von Stolz beim Smalltalk gestehen, sie seien “in Mathe eine Null”: Kurvendiskussion und dergleichen.
Ein auf Schönheit abzielender Mathematikunterricht wäre aber zugleich kein Verrat der Nützlichkeit. Ein anständiges Universitätsstudium lässt den Schulstoff bereits nach Wochen hinter sich. Für die künftigen MINTler wäre somit das Ausbleiben der Kurvendiskussion kein großer Verlust. Auch könnte man ja in einer eigens zu gründenden “AG Stumpfsinn” allfällige Techniken erlernen.
Vielleicht hat die Abneigung...
Vielleicht hat die Abneigung gegen statistische Kurse im sozialwissenschaftlichen Bereich auch etwas mit dem Wissen um die Volatilität statistischer Kausalitätsannahmen zu tun. Sozialität lässt sich nun einmal schwer mit mathematischen Kennziffern aufsummieren und abbilden. Egal wie sehr Wirtschaftswissenschaftler und so genannte “empirische” Soziologen nun auch daran glauben mögen – in letzterem Fall ist es wohl auch einfacher, sich an Zahlen zu halten als gehaltvollere Theorien zu lesen, die ohne Fundierung im Bereich pseudo-sicherer sozial-mathematischer Annahmen auskommen.
Nichtsdestotrotz ist diese hier suggerierte Gegensätzlichkeit von Natur- und Geisteswissenschaften wohl eher Produkt einer (päjorativen) schwarz/weiß-Folie, die die meisten Akademiker in der Form sicherlich nicht ernstnehmen.
Ansonsten scheint mir die pädagogische Lehre der Mathematik tatsächlich hinter der Aufbereitung und Ausgestaltung anderer Fächer hinterherzuhinken – was natürlich in keinem Fall auf die Elfenbeinturm-Attitüde der Mathematiker zurückzuführen ist. Im Hinblick auf den Artikel könnte man anmerken: quod erat demonstrandum…
Kopfrechnen ist so viel...
Kopfrechnen ist so viel Mathematik, wie BILD-Lesen Germanistik ist.
Meine Lehrlings- und sonstigen Bewerber frage ich gerne, wieviel 20 % von 50 ist.
Da tun sich leider Abgründe auf.
Danke für den Artikel!!!
Es...
Danke für den Artikel!!!
Es gibt wohl mehrere Gründe für die Ablehnung gegenüber Mathematik durch einen Grossteil der Bevölkerung:
1) die Mathelehrer, die sich leider oft nicht für die interessieren, die nicht so gut in Mathe sind…was ich auch nicht versteh: warum lernen angehende Mathe-Lehrer ähnlich viel wie Nicht-Lehramt-Studenten? sollte man da nicht den Fokus viel mehr auf das Pädagogische ausrichten?
2) die Vermittlung des Stoffes: erst im Studium (Informatik, Mathe light:)) hat man praktische Anwendungen kennenglernt und gelernt das Mathe nicht nur einsetzen in Formeln ist…es ist für mich unbegreiflich, warum man das nicht schon in der schule machen kann??? es geht nicht darum stur zahlen in irgendwelche formeln einzusetzen die man nicht versteht, es geht u.a. darum strukturen/probleme zu abstrahieren und mittels formeln zu beschreiben, warum legt man nicht schon in der schule denn schwerpunkt darauf “richtige” mathematik zu unterrichten, dafür müsste man nicht unbedingt so “tief” in die materie gehen…
(ich meine damit, dass es doch z.B. viel sinnvoller wäre beizubringen, warum die gaussverteilung eine gute approximation für viele beobachtbaren Ereignisse in der Natur ist, als in einer tabelle abzulesen welchen wert sie an einer gewissen stelle hat)
3) die gesellschaftliche Akzeptanz von mathematischer Unwissenheit, wohl auch ein Teufelskreislauf (Eltern (die halt nur Schulmathe hatten) nicht gut in Mathe bzw. kein Interesse daran, dann wirds auch den Kindern nicht so Übel genommen, wenn sies auch nicht sind)
Ein Nachtrag
Die...
Ein Nachtrag
Die vorgeschlagene Abkehr von der Wichtigkeitsbehauptung müsste auch mit der schönen Freiheit der Schüler einhergehen, eine Mathematik, und würde sie auch viel geistvoller gelehrt, nicht zu mögen, wie ja auch immer ein Teil der Menschen keinen Sinn für Bilder, ein anderer keinen für philosophische Probleme hat. Und sowenig es einer Schullaufbahn Abbruch tut, keinen Sinn für Bilder oder Philosophie zu haben, so wenig sollte das bei der Mathematik der Fall sein. Das Insistieren auf ‘Kompetenzen’ und abprüfbare Leistungen bringt ja meist nur Opportunisten, nicht aber Könner hervor, die sich nämlich nur aus Neigung entwickeln.
Ganz ausgezeichneter Beitrag!...
Ganz ausgezeichneter Beitrag! Glueckwunsch!
An DerMersch: Ihre...
An DerMersch: Ihre unberandete Brille und Vorliebe fuer Selbsterlesung und
Erloesung wurde offenbar. Wenns fuer die ultimative Kreativitaet
nicht reicht wird geschwafelt im epigonenhaften Tone . Achtung Ohrensessel.
Lassen Sie die kleine SAAI in Ruhe!
Wenn ich als Mathestudent auf...
Wenn ich als Mathestudent auf einer Party der Aussenseiter bin, ein Buchdruckkunststudent aber interessiert nach seinem Studium gefragt wird, freue ich mich auf die Zeit, als dann ich bei solchen Leuten ins Taxi steigen kann um mich zum Hotel fahren zu lassen.
elbsegler, wahr gesprochen. Es...
elbsegler, wahr gesprochen. Es ist ja auch eher das Hirngewi**** folgender Art, auf das man tatsächlich ganz und gar kokett verzichten kann:
https://knol.google.com/k/karsten/die-fermatsche-pseudoprimzahl-und/1fajmev4me7jt/2#
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Ungefähr genauso interessant wie z.B. die Konstruktion des ‘gutgläubigen Zweiterwerbs einer Vormerkung im Grundbuch’ für Nicht-Juristen.
Ja, es ist ja so leicht, über...
Ja, es ist ja so leicht, über die Lehrer zu schimpfen. Aber warum ist Mathematik in der Schule “undankbar”? Nun – es ist anstrengend; es erfordert Nachdenken und zwar über meist mehrere Schrittfolgen; wer zwischenzeitlich abschaltet, hat es gleich viel schwerer, wieder Tritt zu fassen. Wer im Englischunterricht ein paar Sätze nicht mitbekommt, das ist egal!
Was will ich als Mathematiklehrer erreichen? Zunächst sollen meine Schüler am Ende bestimmte Dinge können ( z.B. Probleme lösen mit Gleichungen, mit Zahlen umgehen, Wahrscheinlichkeitsrechnung) und verstehen (z.B. Natur der Zahlen, Grenzwertbetrachtungen, Differentialrechnung)
Danach sollen Sie aber auch in eine Denkweise eingeführt werden, die auf logischen Schlussweisen basiert, die alle Eventualitäten berücksichtigt, die sich bei jedem Problem im klaren ist ob es sich um Bewiesenes oder um Hypothetisches handelt usw.
Diese Ziele kann man nur erreichen, wenn man auf Schüler trifft, die bereit sind, sich in einem gewissen Grade auch anzustrengen. Wir können mit allen möglichen Tricks versuchen, die Schüler zu motivieren, aber zaubern können wir nicht.
Ich hatte übrigens nur hervorragende Mathematiklehrer und komischerweise nur schlechte Englischlehrer! Ich hoffe, ich muss diesen Satz jetzt nicht noch erklären!
Ich neige sonst eher dazu,...
Ich neige sonst eher dazu, Lehrer als überbezahlte aber gescheiterte Existenzen mit viel zu viel Einfluss auf Sein und Werden eines jungen Menschen zu sehen. Man verzeihe mir diese gemeine und undifferenzierte Haltung, ablegen werde ich sie kaum.
Das Mathelehrerbashing sehe ich trotzdem als… naja, etwas kindisch? Wenn mir jemand mit “Mein Lehrer in […] war inkompetent/scheiße/mochte mich nicht/schlechte Aura und ich bin auch eher so der Freidenkertyp” kommt, sinkt meine Meinung erheblich. Abgesehen davon haben pädagogische Unzulänglichkeiten nichts mit dem von SAAI kritisierten Unwillen zum scharfen Denken und die gesellschaftliche Akzeptanz dessen zu tun.
@kroetz1000: Ja, die Merschen Einlassungen fand ich auch ermüdend bis unangenehm. Hat mich an Devin08 aus den Stützen erinnert…. nur irgendwie geifernder.
@DerBorn
Ich kann mich Ihnen...
@DerBorn
Ich kann mich Ihnen nur anschließen. Mathematik sollte wie jedes Schulfach aus mehr als nur Zweckmäßigkeitserwägungen gelehrt werden. Kunst, Musik, Philosophie, Religion und Sport sind völlig “unwichtig” und trotzdem nötig, um aus einem Menschen einen gebildeten Menschen reifen zu lassen. Gleiches gilt für die Mathematik.
@muscat
Die Konstruktion des ‘gutgläubigen Zweiterwerbs einer Vormerkung im Grundbuch’ ist auch für Juristen – mit Verlaub – Hirngew***se. Lockendrehen auf der Glatze. Einer meiner Professoren hatte für solche überkonstuierten “Fälle” einen einfachen Satz: “Es gibt Probleme, über die ich mich weigere nachzudenken!”
@VW
Bitte nehmen Sie es nicht persönlich. Natürlich gibt es auch gute Mathematiklehrer. Es spricht auch nichts für die Annahme, dass es unter Mathematiklehrern mehr schlechte Lehrer gibt als unter anderen Fachlehrern. Vielleicht wirken sich Fehler im Fach Mathematik auch stärker auf den Lernerfolg der Schüler aus. Vielleicht ist Mathematik auch anstrengender als andere Fächer. Besondere Herausforderungen brauchen dann auch besondere Antworten. Wenn Mathematik so anders sein sollte, muss sie eben auch anders unterrichtet werden. Wer im Englischunterricht keine Vokabeln paukt oder grundlegende Grammatikregeln nicht beherrscht, kommt dort auch auf keinen grünen Zweig. Anstrengungsbereitschaft zu wecken, zum Bohren dicker Bretter zu motivieren, das Lernen zu lehren, ist eine pädagogische Kernaufgabe.
@Asper
Ihre Meinung zum Lehrer...
@Asper
Ihre Meinung zum Lehrer als solchen lasse ich mal angesichts ihrer Differenziertheit unkommentiert… Das (Mathe)Lehrerbashing in der Form, dem Lehrer das eigene Versagen zurechnen zu wollen, ist selbstverständlich Unfug. Wer noch einen Rest Selbstkritik in sich spürt, wird wohl nicht so eindimensional denken. Ich hatte gute Lehrer in Fächern, in denen ich schwach war und umgekehrt. Ob es den Unwillen zum scharfen Denken als Massenphänomen wirklich gibt, möchte ich bezweifeln. Scharfes Denken ist nicht auf die Mathematik beschränkt, wenn es dort auch besonders schnell evident wird, wenn ich es unterlasse.
Zum Thema Mathematik, in...
Zum Thema Mathematik, in diesem Zusammenhang mit Ärzten, fällt mir der Artikel (in einem Fachjournal veröffentlicht!) ein, der mal eben die Integralrechnung neu hergeleitet hat und die Methode nach sich selbst benannt hat (siehe https://fliptomato.wordpress.com/2007/03/19/medical-researcher-discovers-integration-gets-75-citations/ , leider auf Englisch). Der Artikel ist nicht nur durch den Gutachter-Prozess gekommen, sondern wird auch noch von über einhundert anderen Artikeln zitiert! Kann man von studierten Medizinern mit Dr. vor dem Namen nicht wenigstens erwarten, dass sie schonmal etwas von Integralrechnung gehört haben?
"denn die einen können nicht...
“denn die einen können nicht genug Mathe, und die anderen nicht genug Realität.”
Werte Sophia, das klingt fein, doch was ist ‘Realität’? Gibt es nur eine ‘Realität’?
"Ich wurde unter tätiger...
“Ich wurde unter tätiger Mithilfe der Mathematiklehrer in die Gilde der mathematisch Dämlichen überstellt und damit war der Fall erledigt.”
elbsegler. Wirklich ein Jammer. Ich hatte das grosse Glück, dass sowohl der Mathelehrer als auch die Dozenten für Mathe Philosophen waren. Tosender Applaus nach der Vorlesung war keine Ausnahme, sondern die Regel.
SaintsofGH, angewandte...
SaintsofGH, angewandte Statistik ist ein heikles Thema – kann sehr nützlich sein, aber auch sehr falsch benutzt werden. Deswegen sollte man es gut beherrschen, damit man andere kritisieren kann.
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staff aureus, aber Kopfrechnen wäre ein Anfang. Ein guter.
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Wastl, Danke! Leider kann man sich der Anwendung erst widmen, wenn man die Grundlagen beherrscht – da sind dann aber viel schon ausgestiegen.
Philipp Butler, immer gerne,...
Philipp Butler, immer gerne, danke für die Blumen!
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Richter, Nützlichkeit und Jobperspektiven sind nicht alles. Ich mag Geisteswissenschaftler.
VW, Asper... ich sage ja: es...
VW, Asper… ich sage ja: es ist ein undankbares Fach. Aber meine Lehrer waren größtenteils eben auch keineswegs in der Lage, eher unbegabten Schülern eine Brücke zuschlagen. Ich hatte aber auch schlechte Englisch- und Biologielehrer.
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V, eingefleischte Methodiker bei angewandter Mathematik (zum Beispiel bei Risikomodellen, Ökonometrie) haben – so mein Eindruck – oft kein Gespür mehr dafür, inwieweit ihre Ergebnisse auf die Realität übertragbar sind – oder auch nicht. In meinem Umfeld gibt es auch reichlich Gegenbeispiele, aber man muß nur die Bankenkrise bedenken – krasser Fall von alleingelassenen Mathematikern mit Realitätsverlust. Wenigstens zum Teil.
Mal was über Schach, Computer...
Mal was über Schach, Computer und Internet? Wär doch ein Thema. Und auch der Rückbezug zum bildungsbürgerlichen Wohnzimmer ist wieder da.
Und dann gibt es auch noch Go.
Danke für den Bewitrag! Ich...
Danke für den Bewitrag! Ich möchte mich dem Kommentar von Yogi anschließen, 99% der Mathematik findet keine Anwendung in Branchen wie Banken und Versicherungen.
Als Musikschullehrer muss ich...
Als Musikschullehrer muss ich sagen, Bach von Mozart nicht zu unterscheiden können ist ähnlich sozial akzeptabel wie mathematische Unfähigkeit. Dem traditionellem Musikunterricht in den allgemeinbildenden Schulen schlägt ein ähnlicher Unwille entgegen, wie den naturwissenschaftlichen Fächern, obwohl die Menschen gerne ein Instrument spielen. Kenntnisse bezüglich klassischer Musik gelten für viele Menschen als Kuriosum. Da ich Mathematik und Physikleistungskurs hatte, reagiere ich auf naturwissenschaftliche Bildungslücken ähnlich wie auf musikalische. Bei musikalischen Bildungslücken lassen die Leute durchblicken, dass sie die weniger schlimm finden.
Liebe Bloggerin, Sie haben...
Liebe Bloggerin, Sie haben eine interessante Behauptung in den virtuellen Raum gestellt. Es sei sozial völlig akzeptabel, “von Mathematik (und Naturwissenschaften) unbeleckt zu sein. Mehr noch: man kann sogar damit kokettieren, nicht mal den eigenen Kassenzettel im Supermarkt ohne Taschenrechner zusammenrechnen zu können – das ist völlig in Ordnung.”
Das Kalkül ging auf und es entspann sich eine lebhafte Debatte. Allerdings wirkte die Sozialverträglichkeit von “Mathemeidung” zunächst als Einladung an frustrierte Praktiker des MINT, darüber Klage zu führen, nicht ernstgenommen zu werden. Voraussehbar für denjenigen, der mit MINT-Mentalität vertraut ist, überhöhte sich diese Selbststilisierung zum Opfer rasch zu elitärem Bewusstsein. Solchermaßen munitioniert, erhebt sich der MINTler dann über den Rest der Menschheit; einen natürlich traurigen Rest, dem jede Denkfähigkeit abzusprechen und jede Arroganz und Rosstäuscherei zuzutrauen ist.
Tiefsitzende Kränkungen und möglicherweise gerade daraus resultierende Überheblichkeiten gibt es zu beiden Seiten des akademischen Grabens. Ein Beitrag wie der Ihre könnte einladen zur selbstkritischen Überprüfung des eigenen Standpunktes. @DerBorn schien mir der einzige Mensch vom Fach der Mathematik zu sein, der selbstkritisch Stellung bezieht, wenn auch vielleicht ein wenig zu tief herabblickend auf den Stand der Mathelehrer und deren Tagesgeschäft. Der @Elbsegler bezweifelt, dass “mathematische Dämlichkeit” allgemein akzeptiert sei. Er empfindet es durchaus als Defizit, über keine mathematischen Kenntnisse zu verfügen, führt dies aber in erster Linie auf das Verhalten seiner Lehrer zurück.
An den meisten Kommentaren aber konnte man ablesen, dass es sehr verführerisch ist, abzulehnen und zu entwerten, was nicht verstanden wird, oder wozu man auf Grund eigenen Defekts kein Naturverhältnis unterhalten kann. Es scheint, als ließe sich dadurch Unvertrautheit mit dem jeweils unbekannten Biotop und Befangenheit angesichts seiner Bewohnern überspielen. Dieser Versuchung erliegen viele, davon legen die Kommentare reiches Zeugnis ab.
Ich habe darauf hingewiesen, dass der Verständige niemals Stolz empfindet über eigenes Nichtwissen. @Saints_of_GH fasst dies ähnlich auf und schreibt: “Nichtsdestotrotz ist diese hier suggerierte Gegensätzlichkeit von Natur- und Geisteswissenschaften wohl eher Produkt einer (päjorativen) schwarz/weiß-Folie, die die meisten Akademiker in der Form sicherlich nicht ernstnehmen.”
Dessen bin ich mir jetzt nicht mehr so sicher: überraschend fand ich die Zuschriften der Jugend, aus denen die hohe soziale Bedeutung (bis hinein in Partnerwahl und Sexualleben!) der Zugehörigkeit zum Lager der MINTler oder der Geisteswissenschaftler spricht. Ihre Ermahnung, liebe Bloggerin, den Wert einer Tätigkeit nicht nur nach ihrem materiellen Ertrag zu bemessen, ist richtig und notwendig, aber vermutlich leider vergeblich. Die Rechnung, dass jede Seite des akademischen Grabes die eigenen Denkvorlieben auf Stichhaltigkeit überprüfen und auf Alleinvertretungsansprüche in Sachen Geist und Verstand verzichten möge, geht nicht auf. Das jeweils eigene Vorurteil und reichlich Dünkel wird auf beiden Seiten wohl weiterhin gemästet werden. Aber vielen Dank für das Lostreten der kleinen Debattenlawine!
Chapeau, werte Sophia...
Chapeau, werte Sophia etcetera, da haben Sie in ein Wespennest gestochen,
und trotz winterlicher Kälte schwärmen die schwarzgelben Tierchen munter weiter, so auch ich:
Ich mache mir öfters das Vergnügen, in eine Gruppe von Geisteswissenschftlern die realitätssatte Frage zu werfen, ob es denn günstiger sei, wenn ich einen Fernseher für, sagen wir mal, 478 Euro kaufen will und da noch 19 Prozent Mehrwertsteuer draufkommen, ich aber satte 25 Prozent Rabatt rausschlagen konnte, erst die Mehrwertsteuer draufzuschlagen und davon dann real mehr Rabatt zu bekommen, oder erst den Rabatt runterzurechnen und dadrauf dann weniger Mehrwertsteuer draufzusatteln. Es ist köstlich, mit anzuhören wie sich Geisteswissenschaftler in wohlgesetzten Worten mal für die eine, mal für die andere Variante ereifern. Im Zeitalter des Taschenrechners ist das eine triviale Frage, aber, und jetzt kommt das Aber, Mathematik ist eben nicht die Kunst des Rechnens, sondern die Kunst, das Rechnen zu vermeiden. Plus 19 Prozent Mehrwertsteuer beduetet mal 1,19, minus 25 Prozent Rabatt bedeutet mal 0,75. Der Mathematiker, der sich in Strukturen auskennt, erinnert sich des kommunikativen Gesetzes der Multiplikation, befindet dass 1,19 mal 0,75 dasselbe ergibt wie 0,75 mal 1,19 und es folglich piepschnurzegal ist, ob erst Mehrwertsteuer und dann Rabatt oder umgekehrt.
Einfach süß, wie dann die Kinnladen der Geisteswissenschftler hörbar ausrasten und einen für den Rst des Abends mit Verachttung strafen, weil man ihrer Logik nicht folgen konnte. Sie wollen eben nur ihre Logik wahr haben, und nicht das mathematische Formalismusgesumse, das sie in diesem Fall zwar kapiert, aber irgendwie doch nicht verinnerlicht haben.
woodworm, es gibt dinge unter...
woodworm, es gibt dinge unter der sonne, die versteht ein methematiker einfach nicht, z.B. mein Weinhändler meldet sich immer mit der Formel 1+1=3 in meinem postfach.
bob - der Weinhändler...
bob – der Weinhändler gewährt Ihnen vermutlich einen Naturalrabatt. Ein Volkswirtschaftler würde für 1+1=3 “kaufe zwei, kriege drei sagen”.
Dieses Prinzip drängt Ihren Weinhändler wohl an den Abgrund des Ruins, und so
spart er eben mit Worten. Quod erat demonstrandum.
Werter Mersch, offenbart sich...
Werter Mersch, offenbart sich in Ihrer Doppelstrategie nicht eine gewisse kognitive Dissonanz, dass Sie es genießen die “MINTler” zu provozieren und deren aggressive Reaktion und Lagerdenken als Zeichen intellektueller Insuffizienz auslegen zu können und andererseits sich gerade über jenen Dünkel und die Grabenziehung erheben wollen, derer Sie sich zuvor doch so befleißigten?
Sonst mag ich dem Ton und Inhalt Ihrer letzten Ausführungen beipflichten. – Dass sich dieser Kampf der zwei, drei Kulturen anbahnt hängt vielleicht auch mit dem Abgesang des (Bildungs-)bürgers zusammen, der sich noch einem umfassenderen Bildungsideal verpflichtet sah. – Unter diesem Vorzeichen sehe ich auch die Kritik von Leuten wie C.F. Weizsäcker, Heitler, Chargaff an dem Weg der Wissenschaften ihrer eigenen Disziplin.
Ein Einwand jedoch noch. Warum soll man auf sein Nichtwissen nicht stolz sein dürfen? – Nun ja, ein bisschen Demut täte uns gut:
“Der Wissende redet nicht.
Der Redende weiß nicht.
Man muß seinen Mund schließen
und seine Pforten zumachen,
seinen Scharfsinn abstumpfen,
seine wirren Gedanken auflösen,
sein Licht mäßigen,
sein Irdisches gemeinsam machen.”
Tao te King
@Bob: hätte er wenigstens 1+1=4 gesagt dann stimmt es zumindest über’m F2.
(Was ist krumm, gelb, vollständig und normiert?)
HansMeier555, das...
HansMeier555, das Bildungsbürgertum ist ja eher DAs Revier. Ich denke aber über Mathe und Musik nach… vielleicht nächste Woche.
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Hotzen, einige Freundinnen und ich waren uns neulich, daß Musik eines der undankbarsten Fächer ist – es fehlt der unmittelbare einsehbare Nutzen, der Schüler zum lernen motiviert. Leider.
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woodworm, auch das Ziegenproblem ist so ein Fall, der der ersten Intuition widerspricht und verschärftes Nachdenken erfordert. Aber wer in der Schule nicht die Grundzüge mitnimmt, wird damit später auch nicht mehr warm, meistens.
DerMersch, Debatte ist immer...
DerMersch, Debatte ist immer gut und wenn ich Debatten auslösen kann, bin ich schon zufrieden. Nützlichkeit ist auch ein sehr debattierwertes Thema, es läßt sich nur schlecht in diesem Rahmen unterbringen – aber vielleicht fällt mir ja demnächst ein Aufhänger ein.
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Liebe @Phorkyas: Nö. Keine...
Liebe @Phorkyas: Nö. Keine kognitive Dissonanz, nirgends. Ich war nicht, wie es auf dem Marketingplatz heißt, “proaktiv”, sondern reaktiv: meiner ersten Wortmeldung sind elf Leserkommentare vorangegangen, auf die ich lediglich Bezug nahm, um zur Ausgewogenheit in der Betrachtung aufzurufen. Aber ich muss zugeben, dass angesichts der blasierten Voreingenommenheit des @Yogi meine polemische Ader aufgereizt wurde, weshalb ich meine zweite Wortmeldung vielleicht etwas brachialer gegen die Front der larmoyanten MINTlerischen Selbstgewissheit warf, als es nötig gewesen wäre. Daher Ihr Eindruck auftrumpfender Niedertracht. Als Buße habe ich mir die Zusammenstellung von Unterlagen zur Steuererklärung auferlegt. Das entspricht fast dem Aufenthalt im Purgatorium. Hat aber geholfen: die dritte Wortmeldung war doch zahm und versöhnlerisch, oder? Von “geistiger Insuffizienz” sprach und dachte ich übrigens nie, sondern hatte Selbstüberhebung im Sinn (die eigene und die fremde), zu der ja auch der Scharfsinnige neigen kann. An der Verstandesschärfe der MINTler zweifle ich nicht, ich spreche ihnen nur ab, dass sie das Denken erfunden haben und die einzigen sind, die es im Erdenrund und bis hinauf in ferne Galaxien praktizieren.
Die Rolle des Bildungsbürgertums – die wohl tatsächlich ausgespielt sein dürfte – ist interessant und rätselhaft. Warum hat sich die Literatur als Belletristik in den Turm des Expertentums zurückgezogen, obwohl sie früher (ich würde sagen bis Mitte der 70er Jahre) doch so etwas war wie eine Bewusstseinsklammer für die breitgestreuten Tätigkeiten und Interessen der Bildungsbürger? Nur wenig überspitzt gesagt: Deutschsprachige Gegenwartsliteratur wird nur noch von Germanisten gelesen, und selbst die müssen dabei wahrscheinlich noch mehr Widerwillen überwinden als zwischen den Seiten von Gottscheds Pietisterey im Fischbein-Rocke. Eigentlich halte ich nichts von einem Bildungskanon, aber vielleicht wäre eine Verständigung auf grundlegendes Wissen aus allen Bereichen doch eine rettende Insel. Aber wie der ernüchternden Bildungsvorschrift entgehen? Ist Bildung durch Vorbilder statt Pflichtlektüre möglich? Muss man sich durchbeißen und auch das Ungeliebte lernen wollen müssen, wie der @Elbsegler meint?
Weizsäcker ist mir verdächtig durch seine arg treuherzige Behauptung, die Atombombe absichtlich nicht erfunden zu haben. Seine rechthaberische Eitelkeit soll selbst die von Altbundeskanzler Schmidt in den Schatten gestellt haben. Was ich an philosophischen und politischen Schriften aus seiner Feder las, kam mir eher wie eine Afterphilosophie vor. Chargaff kenne ich nur aus Interviews, werde aber seine Lektüre in Kürze aufnehmen, danke für den Hinweis! Heitler erinnert in seiner Gottsuche sehr an Heisenberg, wie er uns in seiner Schrift “Der Teil und das Ganze” erscheint. Oder nehmen Sie Heisenbergs schrullige Performance zur feierlichen Präsentation seiner “Weltformel” mit symphonischem Streichorchester, dann haben sie Selbstüberschätzung und schlechten Geschmack als Grundlage einer bürgerlichen Feierstunde, die Wissenschaft mit Weihehandlungen assoziiert und mit Lametta behängt.
Bei seinem Verlangen nach ganzheitlicher Betrachtung greift der Naturkundler meist nicht zum kritischen Instrumentarium der Geisteswissenschaft (jawohl ihr MINTler, so was gibt es!) sondern sucht das Esoterische auf, um es mit seinem eigenen – vorgeblich kühlen – Verstande zu verschwistern. Aber dieser Akt erschöpft sich gerne in Gottsuche oder Menetekelei über die Folgen der Zauberlehre, der man bis neulich anhing. Das Ergebnis ist meist eher für das Poesiealbum geeignet als für das gepflegte Kamingespräch. Das Bauen der Brücke über den akademischen Graben sollte aber gerade nicht zu einer Trivialisierung von Naturwissenschaft und Geisteswissenschaft führen, sondern zur Erkenntnis ihrer gegenseitigen Abhängigkeit, zur Einsicht, dass sie zwei Seite einer einzigen Münze sind. Hilfreicher als die literarischen Produkte von Naturwissenschaftlern auf der Sinnsuche jenseits ihres Faches finde ich die Lektüre der Arbeiten von Fleck, Latour, Daston, Knorr-Cetina etc., die uns eine Vorstellung vermitteln von den Bedingungen, unter denen naturwissenschaftliche Erkenntnisse entstehen. Auch geben sie guten Einblick in die Lebenswelt ihrer Protagonisten. Für den heutigen Praktiker von MINT vor dem Stadium altersweiser “Besinnung” auf die Religion, ist es eine fast unerhörte Vorstellung (und im Matheunterricht natürlich nie erwähnte Tatsache), dass Pythagoras der Gründungsvater eines religiösen Geheimbundes war, und zwar nicht im Nebenberuf, sondern unter vollem Einsatz seiner Zahlenwelt! Oder dass Galileo Galilei eben auch Ortsbeschreibungen der Hölle verfasste. Vielleicht hat das in den Blog-Kommentaren oft beschriebene Sektierertum, zu dem Mathematiker in den Augen der “Dämlichen” neigen, seine Wurzeln in diesen Urväterschaften.
Zum Tao Te King:
Unter “sein Irdisches gemeinsam machen” kann ich mir nichts rechtes vorstellen. Klingt nach einer fragwürdigen Lesart. Im Original heißt die Stelle:
同 其 塵
塵 (chén) ist ein besonders tückischer Begriff: Staub, Dreck, Diesseits, vergängliche Welt, woraus sich ein ganzer Strauß von Assoziationen zusammenstellen lässt. Aber sind diese Bedeutungen auch schon ein paar Hundert Jahre vor Christus in Umlauf gewesen? Etwa “mischt (sich) mit Staub”, “macht (sich) der Welt gemein” etc. Vor zehn Jahren hat Lutz Geldsetzer übrigens eine ganz andere Übersetzung dieser Passage vorgeschlagen:
“Was gewußt wird, kommt nicht zur Sprache. Und was zur Sprache kommt, ist kein Wissen. Sich dem Austausch verweigern, sich bedeckt halten, dabei Spitzen zu entschärfen, Unterscheidungen verwässern, sich in helles Licht stellen und schmutzige Dinge vorbringen, das nennt man elementare Unterhaltung.”
Wer weiß Rat? Aber da seh´ ich schon wieder die MINTler (meiner Karikatur notabene!) im a-Quadrat und b-Quadrat hüpfen und hysterisch schreien: “Wo bleibt hier die PRÄÄÄZIIISION? Eindeutigkeit, Ihr Obskuranten!”
Nur so viel noch: Ihre Frage, warum man nicht stolz sein soll auf sein Nichtwissen habe ich Konfuzius und Lao Tse vorgelegt. Und da der deutsche Mensch gerne auf berühmte Koryphäen hört (selbst wenn sie sich im Nebel der Vergangenheit verflüchtigen) stelle ich hier ihre Antworten ein:
“Zu wissen, nicht zu wissen, ist die beste Haltung. Nichtwissen für Wissen zu erachten, ist eine Krankheit. Wer unter ihr leidet, leidet aber nicht. Auch der Weise ist nicht von ihr angekränkelt, denn er begreift seine Begrenztheit als Begrenztheit. So ist er unbegrenzt.” Lao Tse
“Wenn du etwas weißt, zu erkennen, dass du es weißt. Wenn du etwas nicht weißt, zu erkennen, dass du es nicht weißt. Das ist Wissen.” Konfuzius
@DerMersch: Das war auch nicht...
@DerMersch: Das war auch nicht ernst gemeint, nur Stichelei – da wollte der “Mintler” noch Ihren Duktus imitieren (dann merkte ich aber, dass Ihre Position ja doch eher gemäßigt ist und bin noch von der Polemik etwas abgerückt)
“[..] ich spreche ihnen nur ab, dass sie das Denken erfunden haben und die einzigen sind, die es im Erdenrund und bis hinauf in ferne Galaxien praktizieren.”
Demut ist wohl leider auf beiden Grabesseiten nur partiell vorhanden – und die Religiösen, die sich darauf verstehen sollten, wollen auch nicht helfen. Vielleicht hülfe ja der Weg über die Geschichte. Würde man sich doch einmal an den vollen Titel von Newton’s Principia erinnern, dann wüsste man doch wo man da her kommt: Naturphilosophie!
[Mir gefielen Kuhns Revolutionen doch recht, der ging ja genau über die Wissenschaftsgeschichte – und wurde dann auch sehr polemisch gegen die Geschichtslosigkeit/-fälschung der eigenen Disziplin]
[Heisenbergs Weltformelsuche wird wohl noch bereitwilliger vergessen als Einsteins ergebnislose Suche (komisch, dass ersteres Physikern so wenig präsent ist – ist’s doch so peinlich?)]
Hmm, meins war ja die alte Richard Wilhelm Übersetzung, die sich eben auch im Netz schnell findet, aber da konnte ich mir noch ein bisschen was vorstellen, was mir bei der neuen Übersetzung doch schwerer fällt. Ist das immer noch eine Aufforderung an den Leser/denjenigen, der sich genau so zu verfahren (d.h. ist “elementare Erfahrung” posititv gemeint?).
An das erste Lao Tse Zitat konnte ich mich sogar noch ungefähr erinnern (weil das Wort “Krankheit” in meinen Ohren so hart klang). Vielen Dank für das andere Zitat und.. auch alle übrigen Ausführungen. Das ist nun nicht so wirklich mein Fachgebiet.