Buchstaben kann man abschreiben, Zahlen kann man fälschen und Wissenschaftsbetrug kommt in den besten Familien vor.
In diesen Tagen wird die Dissertationsplagiatsdebatte in Deutschland zwei Jahre alt, und pünktlich zum Jubiläum fordert sie ein weiteres Opfer. So wenig Verständnis ich für wissenschaftlich fragwürdiges Verhalten habe, kommt mir die Diskussion zunehmend selbstreferentiell vor. Viele finden, daß man dem gesellschaftlichen Promotionswahn Grenzen setzen sollte, indem der Titel nicht mehr Bestandteil des Namens ist, viele finden, daß man das Dissertationswesen reformieren sollte – aber passiert ist bisher nicht viel. So dringend scheint der Wunsch nach Veränderung dann doch nicht zu sein.
Im Ausland werden wir mit unserem Wahn belächelt. Als letzte Verteidigung für unsere sonderbaren Maßstäbe können allenfalls die Österreicher herangezogen werden, die sogar ihren Bachelortitel ins Telefonbuch drucken lassen. Der Rest der Welt hingegen trennt zwischen forschungsnahen Berufen, wo der Titel notwendig ist – und dem Alltag, wo er keine Bedeutung hat.
Dabei ist es bezeichnend, daß die Plagiatsdebatte bislang fast ausschließlich um sozialwissenschaftliche, qualitative Promotionen kreist. Das Internet macht es möglich, daß jeder Trottel sich eine Doktorarbeit zusammenkopieren kann – gleichermaßen kann sich jeder Trottel theoretisch mit Google auf die Suche machen. Textstellen zu vergleichen ist ja nicht besonders schwierig. Den wissenschaftlichen Appendix, die Datenreihe oder den experimentellen Aufbau einer quantitativen oder naturwissenschaftlichen Promotion hingegen hat sich meines Wissens noch niemand vorgenommen, denn ohne vertiefte Fach- und Methodenkenntnis kommt man da nicht weit.
Dabei fahren die Sozialwissenschaften seit einigen Jahren zunehmend zweigleisig, wie ja im Kölner Methodenstreit sehr schön deutlich wurde. Auf der einen Seite die Verfechter wortbasierter Analyse, auf der andere diejenigen formalisierter Mathematik als Hilfsmittel. Letzteres dient in manchen Kreisen geradezu als Distinktionsmerkmal, und ein Philosophiedoktorand hätte vermutlich in solcher Gesellschaft einen schweren Stand – wobei man mit Pauschalisierungen fast immer zu kurz greift. Wer nämlich Wittgenstein oder Russell begreifen kann, würde bei entsprechendem Bemühen vermutlich auch Differentialgleichungen verstehen.
Niemand mit ein wenig gesundem Menschenverstand würde behaupten, daß sich soziale Phänomene unbeschränkt in mathematische Rahmenwerke pressen lassen – aber die Mathematisierung hat Vorteile, nicht zuletzt, weil der Betrug in solchen Fächern deutlich schwieriger ist.
Mathematik ist eine einheitliche Sprache, die auch über Länder- und Kulturgrenzen hinweg Verständnis zwischen Forscher ermöglicht. Wenn die wesentlichen Ideen oder Argumente in Texten vorgetragen werden, gibt es immer ein subjektives Element. Bestimmte Worte haben ihre eigene Konnotation, je nachdem ob jemand Muttersprachler ist oder nicht, manche Worte lassen sich gar nicht übersetzen, manche Phänomene ebensowenig, und was für den einen eine zwingend logische Argumentation ist, hat für jemand anderen analytische Lücken, oder völlig andere Voraussetzungen. Am Ende ergeben sich unter Umständen endlose Debatten über unterschiedliche Sichtweisen, die sich kaum auflösen lassen, weil sie nunmal zwangsläufig subjektiv sind.
Anders bei formelhaften Modellen. Mathematik ist universell und international, mit all ihren Implikationen. Die strukturierte Vorgehensweise dieser Forschungsansätze hat außerdem den Vorteil, daß die Voraussetzungen, Grundannahmen, Implikationen und Schlußfolgerungen schneller deutlich werden. Darüber hinaus hilft es, daß mathematische Grundwahrheiten weitgehend unbestreitbar sind – und die mit ihrer Hilfe erreichten Ergebnisse damit auch leichter nachvollziehbar werden. Ein Beweis ist ein Beweis, und statistisch signifikant ist statistisch signifikant.
Insoweit zum Beispiel volkwirtschaftliche Forschung vor allem in Fachaufsätzen und Zeitschriften stattfindet, greift schon bei ambitionierten kumulativen Dissertationen die Kontrolle durch “peer reviews” und “referees”. Zwar werden dabei nicht notwendigerweise die Originaldaten eingehend geprüft, aber spätestens die Publikation erfordert meistens einen Datenappendix online, und dann kann jeder die Ergebnisse nachrechnen. In manchen Doktorandenkursen in den USA ist es sogar Kursbestandteil, berühmter Forscher Aufsätze zu replizieren. Grundsätzlich kann man ja nicht einfach das Bruttosozialprodukt eines Landes hochdrehen, oder eine Region als demokratisch klassifizieren, wenn sie es nicht ist. Häufig werden auch Datensätze nach der ersten Veröffentlichung von Kollegen für weiterführende Arbeiten verwendet, und so fallen Fehler und Manipulationen früher oder später auf.
Natürlich existieren Spielräume und die Grenze zwischen zulässiger, und massiver Datenmanipulation ist fließend. Offiziell werden Werte logarithmiert oder standardisiert, weil das mathematisch sinnvoller ist – de facto allerdings genauso oft, weil die Ergebnisse damit erfreulicher oder konstruktiver ausfallen. Immerhin, gerade bei aktuellen Themen werden Datenqualität und angemessene Verwendung lebthaft diskutiert – und je größer der Interpretationsspielraum, desto leidenschaftlicher die Debatte.
Auch in den Naturwissenschaften plagiiert es sich nur mühsam – wenn überhaupt, werden eher Daten gefälscht. Auch da allerdings greifen zumindest begrenzt Kontrollmechanismen. In Forschungsgruppen wird gegenseitig kontrolliert, bereits existierende Ergebnisse setzen der Phantasie ebenfalls Grenzen und wichtige Experimente werden auch hier repliziert – wenn dann etwas völlig anderes rauskommt, ist das verdächtig und kann auch durchaus Forscherkarrieren beenden.
Zugegebenermaßen – es ist wesentlich schwieriger als bei Plagiaten, wissenschaftliches Fehlverhalten dieser Art aufzudecken, zumal es häufig keine eindeutige Strafe gibt (manchmal nicht mal einen eindeutigen Beweise für Datenmanipulation, wenn statistisches Rauschen ins Spiel kommt, das als alternative Erklärung dienen kann). Dennoch gab es im Laufe der Zeit natürlich eine Reihe von Skandalen, die gelegentlich auch höhere Wellen schlugen – man denke nur an den koreanischen Stammzellforscher mit seinen Totalfälschungen, oder die Debatte um einen deutschen Professor, der seine eigenen Publikationen zurückzog, weil ihm statistische Fehler unterlaufen waren.
Andererseits gibt es auch Gelegenheiten, wo zwei Wissenschaftler unabhängig voneinander in ihrer Forschung nahezu das Gleiche erfunden haben – schlecht für denjenigen, der als zweites publiziert, aber beide eine Zierde für ihren Stand. Immerhin den Nobelpreis kann man sich in solchen Fällen teilen – wie zum Beispiel Felix Bloch und Edward Mills Purcell 1952 für die Entdeckung der Kernspinresonanz.
Am Ende jedoch, wie bei den meisten verbotenen Dingen, kann man über das Ausmaß von Schande und Schaden nur mutmaßen – ganz sicher gibt es viele anständige Forscher, und ganz sicher auch noch viel Arbeit für Betrugsjäger.
Herrschaftswissen zu erwerben...
Herrschaftswissen zu erwerben ist leicht – für die Herrschenden
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Am Beispiel der Österreicher, selbst der „Inspektor“ ist dort noch eine Respektsperson, lässt sich aber erkennen, worum es eigentlich geht: um Statusdenken. Und solange wir darüber diskutieren, ab welchen „Titel“ man sich nicht mehr lächerlich macht, wenn man diesen ins Telefonbuch vermerkt, gehen wir am Thema vorbei. Auch ein Doktor, der völlig sauber erworben wäre, ich benutze den Konjunktiv nicht ganz unabsichtlich, wäre keine Zierde für die Titeltragenden, wenn diese sich darauf allzu viel einbilden würden. Diese Einbildung ist es nämlich, die für Unwissenheit steht, also völlig entgegen der „Wissenschaftlichkeit“.
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Statusdenken ist nicht nur dämlich, sondern dümmlich. Es lässt die Bedingtheit des eigenen Wissens (ergo: das „Nichtwissen“ – Sokrates) nicht begreifen. Immer noch, und ganz besonders in Deutschland, sind es die Klassenprivilegien, also der ererbte Habitus, deren Gunst so mancher Doktor seinen Titel verdankt.
Und genau dies erklärt auch die Brisanz der Plagiatsaffäre, denn entlarvt es doch so nebenbei so gewisse Universitätsseilschaften.
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Interessant sind doch eher solch „Wissende“, die gezwungen sind, gegen den Mainstream zu bürsten, um Wissen, gesellschaftlich erworbenes wie als solches für die Gesellschaft relevantes, eben genau gegen die Herrschaftswissen Wissenden durchzusetzen. Nicht selten werden sie dafür gesteinigt.
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Herrschaftswissen zu erwerben, ist hingegen relativ einfach, wenn man mit dem Strom schwimmt, erst recht, wenn man der herrschenden Klasse angehört, also dies Herrschaftswissen quasi die zweite Natur desjenigen ist. Bourdieu – https://blog.herold-binsack.eu/?p=1771 – lässt grüßen.
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Und das gilt auch und gerade für die Naturwissenschaften, bzw. für die Mathematik. Denn Logik wie Mathematik sind Sprachen aus dem Bereich des Herrschaftswissens. Mit Hilfe der Logik (= Scholastik – https://blog.herold-binsack.eu/?p=2318) wird Herrschaft begründet, mit Mathematik der Profit maximiert. Die Ökonomen des Finanzkapitals werden nicht von ungefähr von Physikern ersetzt.
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Nicht von ungefähr ist die Dialektik, die materialistische Dialektik, von Marx und Engels, die erste ernstzunehmende Kampfansage an das gesamte Repertoire – Theorien wie habituell bedingte Methoden – des Herrschaftswissens.
Devin08, iIhr Konzept vom...
Devin08, iIhr Konzept vom “Herrschaftswissen” kommt mir schräg vor. Ich kenne viele Forscher, die aus wissenschaftlicher Neugier mit sehr viel Leidenschaft für die Sache forschen, nicht für den Titel. Darunter auch einige aus eher bescheidenen Verhältnissen. Man muß ja nicht immer alles politisch-ideologisch aufladen.
Neues Geschäftsfeld für...
Neues Geschäftsfeld für Abmahn-Anwälte??
@Devin: Also die wenigsten...
@Devin: Also die wenigsten Naturwissenschaftler, die ich kenne, entstammen dem Grossbuergertum. Anders als zu Dieterich Hesslings Zeiten ist ohne wahres Interesse der Erwerb eines Doktortitels zumindest ein muehsames Geschaeft. Und untereinander benutzen Wissenschaftler ihre Titel nicht einmal – einfach weil jeder einen hat.
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Was ihre Plagiatsaffaeren anbelangt: Schavan entstammt ja eher nicht der “herrschenden Klasse”, und Gutenberg hat sich ganz offenbar nicht allzuviel “Herrschaftswissen” angeeignet (Ich sag nur Halbjurist!). Natuerlich sehen Sie die Dinge nur so, dass sie in Ihr Konzept passen, aber darf nicht auch ein Marxist zur Abwechslung mal die Gegenwart vorurteilsfrei betrachten, ohne sie zwanghaft in sein Weltbild zwaengen zu muessen?
Ich habe Schwierigkeiten der...
Ich habe Schwierigkeiten der Logik zu folgen:
„Viele finden, daß man dem gesellschaftlichen Promotionswahn Grenzen setzen sollte, indem der Titel nicht mehr Bestandteil des Namens ist, viele finden, daß man das Dissertationswesen reformieren sollte – aber passiert ist bisher nicht viel. So dringend scheint der Wunsch nach Veränderung dann doch nicht zu sein.“
Seit wann spielt es in dieser Republik wieder eine Rolle, ob jemand Veränderung wünscht? Und wenn, dann fordern zwei Drittel der Deutschen Wesentliches, wie einen Mindestlohn und den sofortigen Abzug aus Afghanistan, warum sollte eine Reform des Disseratationswesens da wichtig genommen werden. Wie
@Devin 08
ja schreibt, signalisiert eine solche Dissertation, dass der Autor die Spielregeln eines ganz bestimmten Bildungssystems, der Gesellschaft generell, akzeptiert. Und devin bezeichnet dies völlig zutreffend als Nachplappern des Herrschaftswissens. Dabei zu Plagiieren zeigt in der Realität bereits das dazugehören an und, dass man verstanden hat.
Die in Frage stehenden Arbeiten entsanden jeweils lange vor der Computerzeit, niemand musste jemals mit Entdeckung rechnen. Und es sagt natürlich etwas über die Kaste der Professoren aus, dass sie gerne solche Arbeiten durchunterschrieben haben, meist sogar ohne sie zu lesen.
Wie Devin 08 verschweigt leider auch der Blog den Kern der Sache: Es geht ja eigentlich darum, dass zitierte Stellen eben nicht als solche gekennzeichnet worden sind sondern, dass sie zum Vortäuschen einer eigenen Leistung, zur Dekoration verwendet worden sind und, und dies ist das eigentliche Problem: dass dies für die Karriere funktioniert!
Es gab ja in letzter Zeit etliche Artikel die Frau Schavans „Leistungen“ als Bildungsministerin ein wenig näher betrachtet haben und übereinstimmend alle zu dem Schluss kamen, sie habe gar nichts getan, und man könne das ganze Ministerium völlig folgenlos abschaffen.
Das Problem bei "Plagiaten"...
Das Problem bei “Plagiaten” oder wissenschaftlichem Fehlverhalten ist ja, daß die Grenze oft sehr fließend ist. Gerade bei Autoren, die nur wenig Übung im Verfassen entsprechender Arbeiten haben (oder über ein Thema schreiben, das ihnen nicht vertraut ist), passiert es sehr oft, daß Passagen aus anderen Arbeiten unabsichtlich fast wortgleich übernommen werden – ich sehe das bei mir (wenn ich über ein mir nicht unbedingtes vertrautes Thema schreibe) und natürlich auch bei Studenten, besonders bei nicht-muttersprachlern. Man liest die entsprechenden Quellen, formuliert eine Zusammenfassung, überarbeitet sie und endet letztendlich bei der Formulierung des Orginals. Mit ein wenig Erfahrung erkennt man das und kann Abhilfe schaffen – aber ob das immer funktioniert? Mir wurde von Gutachtern schon einmal vorgeworfen, eine Einleitung von mir selbst abgeschrieben zu haben – das war richtig, aber ganz sicher nicht beabsichtigt.
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Bei der Interpretation von Datensätzen ist das ähnlich (wenn wir einmal Betrug ausklammern): wo ist die Grenze zwischen kreativer Analyse und wissenschaftlichem Fehlverhalten? Wir logarithmieren Daten idR um sie zu normalisieren – aber natürlich werden die Ergebnisse dadurch auch besser: ist das handwerklich richtig, oder ist es unzulässige Manipulation? Und die gleiche Frage kann man auch Stellen wenn man trunkiert oder unzulässigerweise parametrische Test verwendet.
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Was mich aber bei dieser Diskussion am meisten irritiert ist, daß Fachfremde sich plötzlich ein Urteil über etwas anmaßen, von dem sie keine Ahnung haben. Diverse Zeitungen haben über “Fußnotenfehler” oder “Schummeleien” geschrieben, oder – wie die Bild – mangelnde Sorgfalt der Betreuer. Was dabei aber ignoriert wird ist, daß die Wissenschaft letztendlich auf Vertrauen beruht. Ich vertraue darauf, daß Veröffentlichungen meiner Kollegen auf korrekter Arbeit beruht, und ich vertraue darauf, daß meine Doktoranden ehrlich arbeiten. Wenn ich mich darauf nicht mehr verlassen kann, dann erschüttert das das Fundament, auf dem meine Arbeit steht.
@Sophia
Verglichen mit Devin08...
@Sophia
Verglichen mit Devin08 erscheinen mir Wittgenstein oder Russell geradezu selbsterklärend. ;-)
@Sophia:
Als Wurmfortsatz...
@Sophia:
Als Wurmfortsatz Ihres Blogeintrages, die Prüfung gefälschter Datensätze betreffend: Ich fand einen Aufsatz in “freaconomics” besonders spannend. Er beschäftigte sich mit der Aufdeckung von Fälschungen durch Lehrer, Schulexamen dadurch besser werden lassend. Mithilfe relativ simpler Häufungsanalysen war es dem Autoren möglich, wahrscheinliche Schummler unter den Lehrern auffliegen zu lassen, ohne die Arbeiten selbst oder die Lehrer zu kennen und zu beurteilen.
Was die sozialwissenschaftlichen Arbeiten angeht – dass Ende der siebziger/Anfang der achtziger die Standards an westdeutschen Hochschulen vorsichtig ausgedrückt zu wünschen übrig liessen, ist jedem der damals Studierenden und Lehrenden bekannt. Wenn er/sie halbwegs ehrlich ist. Wer die Masstäbe, nach denen Schavan vorsätzlicher Betrug unterstellt wurde, auf die damaligen Diplom- und Doktorarbeiten in sozial- und kulturwissenschaftlichen
anwendet … O weh, da werden aber viele ihren akademischen Titel los. Halali.
Gruss,
Thorsten Haupts
Man gehört dazu, auf diese...
Man gehört dazu, auf diese oder jene Weise
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@Sophia: Ich gebe zu, dass das, was ich hier behaupte, sehr verkürzt klingt. Doch schräg?
„Darunter auch einige aus eher bescheidenen Verhältnissen.“ Was genau soll das jetzt beweisen: meine Behauptung oder die Ihrige? Übrigens: „Ich kenne…“, dürfte für eine wissenschaftliche Beweisführung doch etwas dürftig sein. Oder kennen Sie so viele, dass Sie meine Behauptung – quasi empirisch – widerlegen könnten? Zur herrschenden Klasse – https://blog.herold-binsack.eu/?p=2316 – kann man übrigens auch gehören, ohne Kapital zu besitzen. Auch als „Offizier des Kapitals“ – ein Begriff von Marx, damit meinte er den gehobenen Beamtenapparat – kann man so einiges abstauben – in den Fluren der Herrenhäuser.
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Und auch wenn eine Frau Schavan nun nicht mal mehr eine Ausbildung hat, so gehört sie doch zu diesen „Offizieren“. Das hat sie sich schon verdient. Wie eine Frau Koch-Mehrin, vielleicht nur nicht so charmant. So habe diese ihre Schönheit eingesetzt – https://blog.herold-binsack.eu/?p=2310 -, was ich einer Frau Schavan so nicht abnehmen würde.
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Wie auch immer: Herrschaftswissen sich anzueignen, auf rein apologetische Weise, das ist wirklich nicht schwer; es sich kritisch anzueignen, will heißen: es eigentlich überwinden zu wollen, dagegen schon eher.
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Und natürlich, unter sich brauchen die Doktoren den Titel nicht, man ist ja unter seinesgleichen. Doch gegenüber der Masse!? Auf einem Friedhof in Königstein, habe ich vor einigen Jahren ein protziges Marmorgrab entdeckt, da ließ sich ein Herr Notar Sowieso begraben.
Das ist es, wovon ich rede.
HansMeier555, das stelle ich...
HansMeier555, das stelle ich mir schwierig vor, ich habe nämlich im Studium immer gehört “iudex non calculat”?
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T.I.M., genau das meine ich…
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Tyler Durden Volland, wie T.I.M. bereits gesagt hat, gilt das nur für einen sehr kleinen Teil der Wissenschaftler weltweit – und für einen minimal größeren in Deutschland. Mit Pauschalisierungen dieser Art greifen Sie zu kurz. Davon abgesehen geht es mir in dem Beitrag weniger um Plagiate, als viel mehr um Wissenschaft und den Umgang damit.
GuX, das Problem kennt jeder,...
GuX, das Problem kennt jeder, der mal längere Arbeiten mit Texten verfasst hat – deswegen sollte man auch über die Täuschungsabsicht nicht vorschnell urteilen. Daß mittlerweile Leute urteilen, die selbst kaum jemals wissenschaftlich gearbeitet haben, ist ein Kollateralschaden der Debatte – wobei umgekehrt zum Beispiel bei Guttenberg ja kein Fachwissen nötig war, um die Defizite zu erkennen. Es gibt da einfach einen riesigen Graubereich… .
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Zaungast, nun ja, selbsterklärend vielleicht gerade nicht… Wittgenstein war das einzige Seminar meines Lebens, das ich auf halbem Weg abgebrochen habe, weil ich einsehen mußte, daß ich niemals in der Lage sein würde, dazu eine qualifizierte Hausarbeit zu schreiben. Vielleicht hätte ich einfach, äh, “intertextueller” arbeiten sollen, wie in einigen der kritisierten Doktorarbeiten?
ThorHa, das ist einer Gründe,...
ThorHa, das ist einer Gründe, weshalb ich den Fall Schavan ein wenig ungerecht finde…. . Das Häufungsgesetz, daß Sie meinen ist vermutlich Benford’s Law, über das ich vor einiger Zeit mal geschrieben habe.
https://faz-community.faz.net/blogs/deus/archive/2012/12/26/ein-bisschen-erkenntnis-von-probabilistischen-gesetzmaessigkeiten.aspx
Fiel mir beim Verfassen dieses Beitrags auch spontan wieder ein…
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Devin08, außerhalb Deutschlands werden Dissertationen fast ausschließlich für wissenschaftliche Karrieren aus forscherischer Neugier verfasst – mit Herrschaft dürfte das wenig zu tun haben. Deswegen finde auch den marxistischen Hut, den Sie all Ihren (und meinen) Inhalten überstülpen in diesem Fall besonders unpassend.
@Devin08
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Es mag früher (und...
@Devin08
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Es mag früher (und vielleicht in einigen süd-östlichen Regionen auch heute noch) üblich sein, einen Doktor-Titel zu verwenden; ansonsten scheint dieser Brauch – abgesehen vielleicht von Ärzten – aus dem allgemeinen Leben zu verschwinden. Aufgrund der Eitelkeit vergangener Tage steht mein Titel auch im Reisepaß und auf der Kreditkarte, und ist dementsprechend z.B. in Hotels, Geschäften (oder auch bei Ärzten) jederzeit zu sehen – dennoch ist es sehr, sehr selten, damit angesprochen zu werden. Im UK ist es gänzlich unüblich, die Leute halten einen eben für einen Mediziner. (Da ich in den o.g. Regionen sozialisiert wurde, spreche ich Kollegen immer mit vollem Titel an, wenn ich mit ihnen auf Deutsch rede – und mit dem Vornamen, wenn die Unterhaltung auf Englisch geführt wird; und das geht nicht nur mir so.)
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Meine Erfahrung mit Doktoranden, und diese erstreckt sich über mehr als eine Dekade, bestätigt Sophias Aussage. Ich kenne eigentlich niemanden, der eine (naturwissenschaftliche) Promotion nur wegen des damit verbundenen Status macht – dazu ist es zu viel Arbeit und zu wenig Geld (eine Promotionsstelle wird schlecht bezahlt und die Arbeitszeit ist lange, mühsam und oft frustrierend). Eine Promotion zeigt, daß jemand eine hohe Frustrationstoleranz hat, gut mit Niederlagen umgehen kann und Ausdauer besitzt – und im Idealfall auch noch intellektuelle Neugierde hat; diese Eigenschaften konzentrieren sich nicht auf eine Klasse.
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Englische Hochschulen sammeln die soziooekonomischen Daten ihrer Studenten (vermutlich auch der Doktoraden) – es sollte also möglich sein, hier einen Überblick zu gewinnen (ein Freedom of Information Act request geht schnell und ohne größeren Aufwand) – sie können unsere Aussagen also einfach widerlegen.
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Mit erschließt sich allerdings auch nicht ganz, inwieweit Promotionen etwas mit “Herrschaftswissen” zu tun haben sollen.
@Sophia - wissenschaftliche...
@Sophia – wissenschaftliche Neugier:
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Sie missverstehen Herrn Binsack. Für einen echten Marxisten gibt es keine wissenschaftliche Erkenntnis an sich (wertneutral), sondern nur Arbeiten, die den nach marxistischer Auffassung herrschenden Klassenstrukturen entweder dienen oder an ihrer Überwindung arbeiten.
Unter anderem deshalb war der Beitrag von Universitäten des Ostblocks am gesamten menschlichen Wissensfortschritt so unterirdisch, ohne Betrachtung einzelner herausragender Einzelleistungen. Leuchtende Ausnahme war die Mathematik auch nur deshalb, weil selbst die marxistische Theorie bei der Aufgabe versagte, mathematische Arbeiten in diese Dialektik einzuordnen.
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Amüsierte Grüsse,
Thorsten Haupts,
als Nichtbeamter, Nichtunternehmer und Nichtvermögensbesitzer von Herrn Binsack trotzdem zum Offizier des Kapitals befördert.
@ThorHa
Ich habe mir einige...
@ThorHa
Ich habe mir einige der Stellen in der Dissertation angesehen – und wenn ich sie mit dem vergleiche, dass bei unseren Studenten durch eine Software gefunden wird, dann ist das doch noch recht harmlos. Bei uns hätte sie wohl nicht viel mehr als eine Warnung oder leichte Strafe erhalten.
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Im Gegensatz zu KT scheint aber die Stimmung allgemein eher gegen sie zu sein (mit Ausnahme von ein paar seltsamen Überlegungen in der Welt); hat sich da etwas geändert, oder ist das einfach nur mode?
@GuX - Stimmung gegen...
@GuX – Stimmung gegen Schavan:
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Sie ist ein Opfer ihres Image. Sie galt als fleissig, zuverlässig, nüchtern, für einen Politiker ehrlich.
Solchen Leuten verzeiht man schlicht viel weniger, als Windhunden. Enttäuschte Erwartungshaltung.
Reminder at self – das Schavan-Image um jeden Preis vermeiden.
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Gruss,
Thorsten Haupts
GuX, vielen Dank, Sie nehmen...
GuX, vielen Dank, Sie nehmen mir gerade meinen Job ab… genauso sehe ich es auch.
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Thorsten Haupts, aha… das spricht ja nicht eben für den Marxismus. Stellt sich nur noch die Frage, wo das bei Marx steht, dass die Menschheit zukünftig verdummen soll?
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GuX, ich würde auch nicht ausschließen, daß politische Erwägungen dabei eine Rolle spielen, bzw. die Debatte einfach außer Kontoll gerät…
Sophia - das käme mir nie in...
Sophia – das käme mir nie in den Sinn; schließlich schreiben Sie viel besser (und interessanter).
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Was das akademische Fehlverhalten angeht: politische Erwägungen spielen da sicher auch eine Rolle, aber vermutlich sind Universitäten es auch nicht gewohnt, Entscheidungen unter derartigem Druck zu fällen. Die Uni Düsseldorf konnte wohl nur verlieren, denn egal wie die Entscheidung ausgefallen wäre, des Volkes Zorn war ihr gewiß. In der Juristerei gibt es doch den Unterschied zwischen fahrlässig und vorsätzlich, vielleicht wäre das auch hier eine sinnvolle Unterscheidung,
Der Blogeintrag ist gut, geht...
Der Blogeintrag ist gut, geht aber minimal scharf an einem ganz wesentlichen grundsätzlicheren Problem vorbei: Die ganzen Plagiatoren haben in Fächern promoviert, in denen man keinen wissenschaftlichen Inhalt haben mus, sondern nur Texte zusammenfasst.
Frau Schavan hat sich einen Haufen Bücher zum Thema “Gewissen” zusammengesucht und die für sie relevanten Teile zusammengefasst. Egal was ich beim zusammenfassen eines Textes mache, es gibt nie und nimmer einen wissenschaftlichen INHALT: Einen neuen Algorithmus, eine neue These mit Beweis, ein neues Verfahren, eine neue Formel, etc.
Guttenberg das Gleiche: Juristen Texte zusammenfassen ist kein wissenschaftlicher Beitrag, wobei in der Juristerei sowieso nur schwerlich ein echter wissenschaftlicher Beitrag gemacht werden kann, denn etwas “Neues” kann ja da per Definition nur der Gesetzgeber “erfinden”.
So haben diese ganzen Dissertationen im Gegensatz zu denen in Naturwissenschaften eine erheblichen Nachteil: Wenn kein eigener wissenschaftlicher Inhalt vorhanden ist, dann ist das zusammengefasste eben keine eigene Idee. Hätte Frau Schavan irgendein Verfahren erfunden, mit dem man das Gewissen “messen” oder “beweisen” kann, die Zitatsfehler hätte es a.) nicht gegeben, denn wer einen eigenen Inhalt hat braucht nich plagiieren und b.) selbst bei Fehlern ist wird in der Regel viel eher “darüber hinweggesehen”.
Wer also noch nicht genug nach Plagiaten gesucht hat: Einfach alle Juristen, geisteswissenschafter oder Mediziner des Bundestags mit entsprechend weichen Themen nehmen und deren Dissertationen durchforsten. Man wird überall etwas finden.
Ich erinnere mich an den...
Ich erinnere mich an den deutschen Biologen, der seine Daten mit Photoshop aufgepeppt hat. Oder ein Primatenforscher, dessen Publikationen auf Videoaufzeichnungen beruhten, die überhaupt nicht zeigten was er beschrieb.
Wenn bei jeder Dissertation die Rohdaten/Syntax usw. veröffentlicht werden würden, könnte man sicherlich genauso viele Diss kassieren wie bei den Laberfächern.
Diskussionen in deutschen Zeitungen über den fat-pencil-test o.ä. wären bestimmt auch witziger, als über eine Schavan, die aus der Sekundärliteratur abschreibt und keine Fußnoten setzt.
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Warum man nun die Schummelei von einer Schavan relativieren sollte oder wie die FAZ Schreiberlinge gleich eine Gerechtigkeitslücke ausmachen muss, weil nicht jede Diss überprüft wird, erschließt sich mir ehrlich gesagt nicht. Der deutsche Wissenschaftsbetrieb besteht fast nur aus Filz, deshalb tut jede Diskussion darüber gut, auch wenn es nicht unmittelbare Konsequenzen zur Folge hat.
Es waere vielleicht...
Es waere vielleicht interessant gewesen, an dieser Stelle auch einmal ueber die Qualitaet der naturwissenschaftlichen Doktorarbeiten zu reflektieren. Mich wuerde wirklich interessieren, wie viele Dissertationen von (mit dem Betreuer befreundeten) Gutachtern durchgewunken werden, obgleich der Inhalt den normalen wissenschaftlichen Qualitaetsanforderungen nicht genuegt. Vielleicht bieten kumulative Promotionen einen hoeheren Sicherheitsstandard, aber ohne empirische Zahlen wuerde ich meine Hand dafuer nicht ins Feuer legen.
MuellerSchmidt, ich danke für...
MuellerSchmidt, ich danke für die Blumen, möchte aber dem Inhalt widersprechen. Es gibt durchaus originelle geisteswissenschaftliche oder juristische Promotionen, die einen Beitrag zur Erkenntnis leisten. Seit ich vor kurzem einen Blick in Aktenbestände von 1900 werfen konnte, hab ich zum Beispiel enormen Respekt vor Historikern, ebenso vor Wissenschaftlern, die bekanntes Wissen in neuen Kontext einordnen, Wissen neu verknüpfen oder neue Thesen entwickeln. Daß die objektive Beweisführung für Hypthesen komplizierter ist – siehe oben. Na klar. Aber das entwertet nicht die Leistung ernsthafter Forscher in diesen Disziplinen. Problematisch ist eher der große Graubereich, der in diesen Fächern entsteht und der tatsächlich für reine Titelpromotionen genutzt wird.
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veil of ignorance, ich fände das auch interessanter, aber die Anzahl der Stimmen wäre vermutlich beschränkt – siehe oben. Davon abgesehen finde ich auch, daß Fehlverhalten sanktioniert gehört – wobei ich mir in diesem konkreten schlimmeres Fehlverhalten vorstellen kann, und moderatere Sanktionen auch vertretbar gefunden hätte, weil die Täuschungsabsicht hier deutlich fragwürdiger ist, soweit ich das beurteilen kann.
@Sophia Amalie Antoinette...
@Sophia Amalie Antoinette Infinitesimalia: Genau das ist mein Punkt. Es mag einige Ausnahmen geben, so wie es auch Mediziner gibt, die einen vernünftigen wissenschaftlichen Inhalt haben und nicht einen besseren Aufsatz über eine Kindertagesstätte als Dissertation abgeben, aber die sind in diesen Fächern in der Regel in der Minderheit. Die grosse Menge der Arbeiten ist aber wie Schavan und Co, nur eben nicht prominent: Zusammenfassung von existerendem Text ohne jeden wissenschaftlichen Eigenwert.
Wenn jemand basierend auf Bücher-Studium eine neue These entwickelt, einen neuen Zusammenhang findet (und beweist), oder was auch immer “Neues” macht, dann ist das eine wissenschaftliche Eigenleistung. Wieviele Bücher derjenige dafür gelesen hat ist nebensächlich. Eine Promotion ist in diesem Fall dann auch angebracht, eben weil es eine “eigenständige wissenschaftliche Leistung” gibt, wie es für eine Promotion Pflicht ist.
Der Durchschnitt in vor allem den nicht-naturwissenschaftlichen Fächern sieht aber ganz anders aus: In 1-2 Semestern ist eine eigenständige wissenschaftliche Leistung vom Umfang einer Promotion nicht zu machen. Schon gar nicht im Durchschnitt. Egal ob Medizin, Sozialpädagogik oder Mathematik.
Nur als Vergleich aus der Informatik: Es gibt peer-reviews für Zeitschriften ab “date of submission” bis zum ersten Review faktisch 1 Semester brauchen. Und das ist “nur” ein einziger Zeitschriftenartikel. Wie soll da eine Promotion nach 2 Semestern draus werden?
Liebe Sophia, Sie verraten uns...
Liebe Sophia, Sie verraten uns die letzten Reservate herrschaftsfreien Diskurses, Pflanzstätten eines geradezu priesterlichen Kultes um Les sciences pour les sciences, der im neuen Kythera eines konturlosen „Auslandes“ lokalisiert ist: „ Devin08, außerhalb Deutschlands werden Dissertationen fast ausschließlich für wissenschaftliche Karrieren aus forscherischer Neugier verfasst – mit Herrschaft dürfte das wenig zu tun haben.“
Wenn das der Luhmann wüßte! Er drehte sich vor ungläubigem Erstaunen wahrscheinlich im Grabe um. Sie haben mit diesem schmissigen Satz nicht nur Devin08 geschurigelt, sondern nebenbei auch noch Bruno Latour widerlegt, obwohl dieser und Luhmann garantiert keimfreie Antimarxisten sind! Respekt!
Ich hingegen wüsste nicht, was an den Äußerungen von Devin08 und Tyler Durden Volland zum Verhältnis von Promotions“leistung“, Herrschaftswissen und Funktionsträgerschaft nicht überzeugend wäre, und ich bin kein Marxist!
Sie mögen keine Hüte, darum werde ich Ihnen auch nicht den inzwischen recht alten, aber noch immer tragbaren Hut der epistemologischen Erkenntnis andrehen, wonach es außerwissenschaftlicher Triebmittel bedarf, um wissenschaftlicher Erkenntnis zu Richtung und Richtungswechseln zu verhelfen.
Aber mir geht es wie Ihnen: die Plagiatsdebatte halte ich nicht länger für interessant, wichtiger ist der Umgang der Wissenschaft mit sich selbst: die Doktorprüfung als Initiationsritual, das die Aufnahme des Initianden in die Gemeinschaft besiegelt. Darum werden auch gelegentlich beide Augen zugedrückt, solange dem prüfenden Professor der richtige Stallgeruch in die Nase steigt.
Ich habe neulich in Honolulu zum ersten Mal nach fünfundzwanzig Jahren wieder das Bernice Pauahi Bishop Museum betreten, das unter anderem die weltweit bedeutendste Sammlung zur Kulturgeschichte Polynesiens enthält. Sehr ansprechend sind die alten Ausstellungsräume mit einer modernen Dauerausstellung zu Geschichte und Alltag Polynesiens belegt. Sehr erstaunt war ich, dort noch immer alten Fehleinschätzungen und Vagheiten über die Götterwelt der Polynesier zu begegnen, die in einer inzwischen auch schon wieder vierunddreißig Jahre alten Studie (nebenbei bemerkt einer Dissertation!) schlüssig widerlegt werden und an deren Stelle eine überzeugende Interpretation geboten wird, von der ich glaubte, dass sie sich in der Fachwelt mittlerweile längst durchgesetzt hätte.
Bei einem anderen Thema verfolgt die Einrichtung, die auf Stiftungsgelder und Spenden angewiesen ist, sehr deutlich eine politische Agenda indem sie erstaunlich kritiklos nativistische Ansätze in der Wiederaneignung der hawaiianischen Geschichte durch die Urbevölkerung zelebriert.
Wissenschaft ist nicht halb so rational wie sie sich selbst gerne suggeriert und viele Menschen Glauben macht. Das spricht nicht gegen sie, aber doch sehr dafür, ihr Auftreten in der Gesellschaft und ihre Ergebnisse kritisch in den Blick zu nehmen.
Florian, bei allem, was...
Florian, bei allem, was verboten ist, kann man nur schätzen. Wobei ja niemand daran gehindert ist, sich auch die mal genauer anzuschauen… .
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MuellerSchmidt, in der VWL vergehen unter Umständen fast 2 Jahre bis zur Rückmeldung des Editors… da ist man dankbar, daß die Veröffentlichung an sich keine Promotionsvoraussetzung ist.
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Matthias Mersch, zu dem Satz über Herrschaftswissen stehe ich – daß die Wissenschaftler am Ende auch ein Gehalt benötigen, und sowohl individuelle als auch institutionelle Anreize eine wesentliche Rolle spielen, würde ich nie in Frage stellen. Das ist sicherlich so.
Ich nehme jetzt meinen...
Ich nehme jetzt meinen Hut
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O.K., ich nehme jetzt meinen „marxistischen Hut“ (eigentlich habe ich einen „Bogardhut“, doch als Oberurseler kenne ich noch den Homburg-Hut) und verabschiede mich mit Bourdieu. Wohl wissend, dass Bourdieu kein „lupenreiner“ Marxist war. Es geht nicht nur um den „Doktor“. Der ist nur ein Synonym, für uns hier, in Deutschland (oder in Österreich).
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Zu ThorHas Verleumdungen: Es kann wohl keine Wissenschaft geben, ohne die Dialektik, allerdings geschieht das nicht bewusst und schon gar nicht unter diesem Begriff. Doch überall dort, wo von „Resonanztheorie“ die Rede ist, da geht es um Dialektik. Das ist ein wenig vergleichbar mit dem Begriff des „Ökologischen“. Die Leute wissen oft gar nicht, dass der Begriff der „Nachhaltigkeit“ dem „Ökologischen“ entlehnt ist.
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In der Mathematik selbst geht es um Logik, weniger um Dialektik. Doch überall dort, wo die Mathematik angewandt wird, wird sie konfrontiert mit der Dialektik. In der Physik, in der Chemie, in der Ökonomie, in der Soziologie, in der Psychologie… Nur darum dreht sich der Streit.
Ich empfehle Engels Schrift „Dialektik der Natur“.
Zwei Jahre?! Was tut der...
Zwei Jahre?! Was tut der Mensch in der Zeit?
Mich wundert, dass sich...
Mich wundert, dass sich niemand daran stört, dass der Blogeintrag aus der Plagiatsanfälligkeit auf den Erkenntniswert einer Wissenschaft schließt. Quantitative Methoden mögen so gut und nachvollziehbar sein, wie sie wollen: Man findet einfach etwas anderes heraus als durch geisteswissenschaftliche Forschung.
@Matthias Mersch
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Warum...
@Matthias Mersch
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Warum neigen die Freunde der Geisteswissenschaften eigentlich immer dazu, die Namen von (wirklichen oder vermeintlichen) Autoritäten zu beschwören, wenn sie eine Aussage machen?
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Aber abgesehen davon: die Promotion mag schon ein Initiationsritual sein, aber doch eher deswegen, weil es zeigt, daß der Doktorand in der Lage ist, sich über eine längere Zeit intensiv mit einem Thema zu beschäftigen. Das Ergebnis ist dabei oft zweitrangig, zumal sich das bei interessanten Themen kaum vorhersehen läßt. Es gibt genug Dissertationen, deren Ergebnis überraschten und zukünftige Forschung in eine neue Richtung lenkten – und das ist doch eigentlich auch nicht verwunderlich, denn gerade Doktoranden gehen viel unvoreingenommener an ein Thema heran und haben zum Teil auch den Ehrgeiz etwas neues zu finden; auch wenn sie es kaum glauben: die Promotion ist wohl mit die beste Zeit, Wissenschaft zu betreiben – man hat in der späteren Karriere selten so viel Freiheit.
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Der Stallgeruch spielt sicher eine Rolle – wie bei so vielen anderen Dingen auch – aber meine bescheidene Erfahrung im Bereich der Naturwissenschaften sagt mir, daß der Stallgeruch bei einer schlechten Arbeit nicht viel hilft. Ein Betreuer wird versuchen, eine schlechte Arbeit zu vermeiden (dafür ist ein Betreuer schließlich da) – aber wenn der Kandidat nicht in der Lage ist, dann gibt es durchaus auch die Möglichkeit des Durchfallens (die Prüfung nach einem Jahr im UK sorgt hier dafür, daß die Zahl der unliebsamen Überraschungen klein bleibt).
Eine Kleinigkeit, die mir...
Eine Kleinigkeit, die mir auffiel, muss ich an dieser Stelle doch noch einmal hinterfragen: Wie kann man Wittgenstein nennen und dann doch versuchen, sich pro Formalsprache zu äußern? Richtig ist sicher, dass Statistiken nachvollziehbarer sind. Aber sie sind auch recht wertlos. Interessant wird ihre Interpretation.
<blockquote>Sofie: "Niemand...
Wohin es führt, wenn man Disziplinen mathematisiert, die nicht auf einer objektiven mathematischen Basis aufbauen, sehen wir in den sogenannten ökonomischen Wissenschaften. Dort hat die in gewissem Grade sicher sinnvolle Mathematik ein Eigenleben entwickelt und wurde sogar bewusst angewendet, um vom Kern der Probleme abzulenken.
Aufgestellte Hypothesen, angewendete Methoden und gezogene Schlüsse sind in der Ökonomie wie auch in all’ den anderen Wissenschaften, in denen wir jüngst so viele Probleme hatten, in hohem Maße vom Standpunkt des Forschers und dem sozialem Druck, dem er ausgesetzt ist, abhängig.
Hier Verbesserungen durch eine Mathematisierung zu erwarten ist genauso irrig, wie es Unsinn ist, was Psychologen wie Manfred Spitzer und Co in die Welt setzen. Mit bildgebenden Verfahren (Mathematik und Physik) will man das Denken oder gar “Verbrechergene” erklären.
Otium, findet man Ihre Meinung...
Otium, findet man Ihre Meinung nach mehr oder wenige heraus? Und wie quantifizieren Sie den Erkenntnisgewinn?
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GuX, ich würde hinzufügen: der Doktorand zeigt auch, daß er das bestehende Wissen überblickt und eine eigene, originelle Idee entwickeln kann, die das Wissen mehrt, und zwar im Idealfall eigenständig.
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JoS, ich würde den Beitrag eigentlich gerne so verstanden wissen, daß die Interpretation immer den interessanten Teil darstellt – sich allerdings möglicherweise bei Zahlen leichter ein Konsens finden läßt als bei Sprache?
m_jensen, auch hier:...
m_jensen, auch hier: Pauschalisierungen sind immer schwierig. Mathematik, gut und sachgerecht angewendet, ist durchaus nützlich. Und es sind am Ende die Individuen, die Technik mißbrauchen….
GuX, Luhmann ist der neue...
GuX, Luhmann ist der neue Aristoteles. Wer zuerst Luhmann sagt hat gewonnen.
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Nein, Polemik beiseite. Koennte vielleicht devin, tyler oder M. Mersch mir mit klaren, konkreten Worten (und nicht Literaturvorschlaegen) erklaeren, was er (oder Luhmann) unter “Herrschaftswissen” versteht? Und dann, wieso sagen wir mal ein Grundlagenforscher Teilhabe an Herrschaft hat, die anderen “Klassen” (?) verwehrt waere? Ich frage aus ernsthaftem Interesse.
T.I.M, vielen Dank - Luhmann...
T.I.M, vielen Dank – Luhmann war/ist mir kein Begriff, aber wenn man so in sein Museum gebannt ist, und kaum die Welt sieht … leider kann ich aber auch mit der schnell auffindbaren Texten nicht viel anfangen, weil ich sie einfach nicht verstehe. Ich schliesse mich aber der Bitte nach einer Erklärung an, denn das würde ich auch gerne verstehen.
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Sophia, volle Zustimmung!
Als unbeteiligter...
Als unbeteiligter Außenstehender ohne jede Aktien in diesem Geschäft kann man natürlich müßig spekulieren, wie sehr es wohl wehtut, wenn man seine wissenschaftliche Reputation auf Lügen aufbaut und es jemand entdeckt. Und anderen Außenstehenden mag dann die orientierungslose Lethargie, die man bei diesem Herumspekulieren ausstrahlt, wie Weisheit vorkommen. Allein – das ist eine Verwechslung.
Wer meint, es käme bei der Wissenschaft eben nicht so drauf an, ob gefälscht, oder ausgedacht, oder abgeschrieben, oder bei der Agentur in Auftrag gegeben, der könnte eigentlich Wissenschaft an sich samt und sonders in die Tonne treten, soweit er denn weiß, was das ist. Möge derjenige sich dann denjenigen Heldentaten widmen, die seines Formats angemessen sind: Bloggerülpse verfassen, beispielsweise. Anwesende selbstverständlich eingeschlossen.
Der ideelle Ausdruck der...
Der ideelle Ausdruck der herrschenden materiellen Verhältnisse
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@T.I.M: Auch auf die Gefahr hin, dass ich diesem Blog wieder einen marxistischen Hut aufsetze, beginne ich mit einem Zitat von Marx, welches ich dieser Tage erst in einem anderen Beitrag gepostet habe: „Die herrschenden Gedanken sind weiter nichts als der ideelle Ausdruck der herrschenden materiellen Verhältnisse; also der Verhältnisse…, die eben die eine Klasse zur herrschenden machen, also die Gedanken ihrer Herrschaft.“ (Deutsche Ideologie, MEW, Bd. 3, S. 46, I. Feuerbach, Gegensatz von materialistischer und idealistischer Anschauung, vgl.: https://blog.herold-binsack.eu/?p=2333)
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Im Gegensatz zu Bourdieu geht Marx davon aus, dass die herrschenden Gedanken, nicht nur die Gedanken der Herrschenden sind, also ihr Klassenprivileg, sondern, dass sie die Herrschaft der Herrschenden gedanklich nach außen vermitteln. Das heißt, dass diese Gedanken, jetzt mal mit „Wissen“ übersetzt, Herrschaftswissen repräsentieren. Also, dass die Herrschaft auf die anderen Klassen vermittelst dieses Wissen funktioniert. Die subalternen Klassen sind von diesem Wissen also nicht ausgeschlossen, das wäre vorkapitalistisch, sondern sie sind vermittelst dieses Wissens in die Herrschaftsmechanismen geradezu eingeschlossen. Das macht es nicht nur schwer, Herrschaftswissen als solches zu erkennen, es macht es auch fast unmöglich, sich ihm zu entziehen, es zu ersetzen.
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Und nun kommt Bourdieu. Denn Bourdieu beschäftigt sich damit, wie sich dies Herrschaftswissen auf die Herrschenden selbst auswirkt. Welchen besonderen Habitus es sich nicht nur verdankt, sondern ständig reproduziert. Wer von klein auf damit aufwächst, eine besondere Sprache zu sprechen, eine die andere erst umständlich und nachträglich lernen müssen, hat einen schon nicht mehr einholbaren Startvorteil. Der solchermaßen Begünstigte verinnerlicht diesen Startvorteil zudem nicht als Klassenprivileg, sondern als individuelle Leistung. Als eigene Schöpfung. Woraus er wiederum seinen individuellen Herrschaftsanspruch – als „Leistungsträger“ – ableitet, usw. usf. Sein Habitus vermittelt ihm die reale Illusion einer besonderen individuellen Begabtheit.
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Real ist diese Illusion, weil er ja tatsächlich eine besondere Begabung erhält, nur ist diese wesentlich klassenbedingt und eben nicht individuell-intellektuell. Und natürlich drückt sich diese Begabung eben darin aus, dass er die gesellschaftlichen Bedingungen, die ihn begünstigten, wiederum besonders leicht zu reproduzieren versteht.
Kurz gesagt: Während die Abkömmlinge der herrschenden Klasse sich in den Wissenschaften zu bewegen vermögen wie ein Fisch im Wasser, müssen die anderen zuvor reichlich Trockenübungen absolvieren.
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Aber selbst das ist noch nicht Alles. Auch die Themen in den Wissenschaften werden weitgehend von den Interessen eben derselben Herrschenden bestimmt. Es ist ihre Produktionsweise die der Wissenschaft und Technik die Vorgaben macht. Wissenschaft und Technik sind mitnichten klassenneutral zu begreifen. Also auch die wissenschaftlichen Bemühungen außerhalb der herrschenden Klasse stabilisieren die Herrschaft der Herrschenden, bestätigen unaufhörlich die Macht des Herrschaftswissens. Diesbezüglich ist der Kapitalismus tatsächlich „alternativlos“, nicht zu hintergehen. Gleich welche intellektuelle Anstrengung auch immer, sie wird das Herrschaftswissen nicht untergraben können. Selbst die revolutionäre Theorie des Marxismus kommt nicht umhin an der Entwicklung des Herrschaftswissens Teil zu nehmen. Allerdings nimmt sie kritisch Teil.
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Die kapitalistische Konkurrenz drückt sich am krassesten in der Rüstung aus. Und diese wiederum drückt der gesamten Wissenschaft und Technik den Stempel auf. Mit ein Grund im Übrigen dafür, warum gerade die Erfolge in der sowjetischen Rüstungsindustrie den Sozialismus am nachhaltigsten zerstörten. Es zwang dem Sozialismus nämlich eine völlig falsche, da der kapitalistischen Konkurrenz geschuldeten Entwicklung der Produktivkräfte auf. Man denke sich eine klassenlose Gesellschaft, ohne Krieg, ohne Bürgerkrieg, ohne Ausbeutung und Unterdrückung und wir hätten eine völlig andere Entwicklung der Produktivkräfte. Also auch in den besonderen Ausdrucksweisen der Produktivkräfte ist das Herrschaftswissen verarbeitet.
Zur Sache (Schätzchen oder...
Zur Sache (Schätzchen oder Ihr liebe Blogger)
Luhmann – wurde im selben Semester promoviert und habilitiert.
Fälschung gibt es überall – das macht Wissenschaft an sich aber nicht falsch.
Sophie geht es, wie sie sagt, um den Umgang mit Wissenschaft. Dann könnte es helfen diese als normalen Teil des Lebens anzusehen und dann zu fragen, wieviel Lug und Trug und Eitelkeit man aushalten kann und will (und wo sonst kann man so relativ leicht dieselben aufdecken?)
Was ich beim Publizieren wie den Teufel fürchte ist, dass mir ein dummer Fehler unterlaufen ist (den auch die Gutachter übersehen haben), was ich immer zu vermeiden suche, ist der “Schönheit” meiner Daten und Modelle zu erliegen und auf was ich hoffe, das alles haarklein nachgerechnet und nach-gedacht wird.
@Geisteswissenschaftler-Basher – Ihr langweilt mich
bhiemer, was wollen Sie mir...
bhiemer, was wollen Sie mir denn mit Ihren kryptischen, verschwurbelten Sätzen unterstellen? Davon abgesehen hat in diesem Geschäft fast jeder Aktien: jene mit Titel ohnehin. Jene ohne nur allzu oft auch, wie ich immer wieder feststelle, weil sie nämlich gerne einen hätten.
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pmohler, danke. Vor allem hierfür: “@Geisteswissenschaftler-Basher – Ihr langweilt mich”.
Devin, vielen Dank fuer die...
Devin, vielen Dank fuer die ausfuehrliche Antwort. Gerade wenn man sich die Wirtschaftswissenschaften oder die Juristerei ansieht kann man auch nicht umhin, Marx in gewisser Weise recht zu geben. Aber mit der konkreten Anwendung auf die naturwissenschaften habe ich durchaus meine Probleme:
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“Die herrschenden Gedanken sind weiter nichts als der ideelle Ausdruck der herrschenden materiellen Verhältnisse” Was bitte sind denn, zum Beispiel, die herrschenden Gedanken der anorganischen Chemie und wieso sollen diese Ausdruck der Klassengesellschaft sein? Die herrschenden Gedanken koennen doch wohl nicht anderes als die gegenwaertig besten Theorien sein. Diese werden aber von der Wissenschaft immer an neue Ergebnisse angepasst und keineswegs als “absolut wahr” angesehen. Auch wuerde es an den herrschenden materiwellen Verhaeltnissen vermutlich wenig aendern, wenn, sagen wir mal, herauskaeme, dass die Lanthanoidenkontraktion um 20% staerker ausfaellt als durch Einsteins Relativitaetstheorie vorausgesagt.
Besser noch: Die “herrschende Klasse” verstuende in Mehrzahl gar nicht, wovon ich spreche.
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“Bourdieu[:] Wer von klein auf damit aufwächst, eine besondere Sprache zu sprechen, eine die andere erst umständlich und nachträglich lernen müssen, hat einen schon nicht mehr einholbaren Startvorteil.” Ich bin mir relativ sicher, dass meine Eltern nicht wissen, was ein Ion ist. Auch von meinen ehemaligen Kommilitonen stammt kaum einer aus einer Familie, in der die tatsaechlich “besondere Sprache der Naturwissenschaft” am Fruehstueckstisch gesprochen wurde. Ich habe hier Kollegen aus aller Welt und ein alter Witz besagt “The world language of science is broken English”…
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Jetzt koennten Sie vielleicht argumentieren, dass die herrschende Klasse ueberhaupt aus eigenem Interesse die Moeglichkeit naturwissenschaftlicher Bildung bereitstellt. Das kommt dann zu Ihrem Punkt:
“Auch die Themen in den Wissenschaften werden weitgehend von den Interessen eben derselben Herrschenden bestimmt. Es ist ihre Produktionsweise die der Wissenschaft und Technik die Vorgaben macht.”
Also ich kenne eine ganze Menge Forscher, die technisch voellig irrelevante Grundlagenforschung betreiben. Andere, eher ingenieurstechnisch orientierte, WOLLEN ja etwas in ihren Augen sinnvolles/praktisches herstellen. Diese Menschen haetten wahrscheinlich auch in der anarchistischen Urgesellschaft bessere Steinschleudern zur Mammutjagd entwickelt, ganz einfach weil ihnen das ein Gefuehl der befriedigung gibt.
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“Und [die Ruestung] wiederum drückt der gesamten Wissenschaft und Technik den Stempel auf”. Ich habe grosse deutsche Industrieunternehmen von innen gesehen, und es sieht fuer mich eher danach aus, dass es umgekehrt ist: Die Ruestungsindustrie, von einigen wenigen Feldern einmal angesehen (Raketensteuerung etc.) nimmt Errungenschaften anderer Gebiete auf.
@GuX
„Gerade bei Autoren,...
@GuX
„Gerade bei Autoren, die nur wenig Übung im Verfassen entsprechender Arbeiten haben…“
Ich glaube es ist hilfreich wenn man bei der Wahrheit bleibt? Es geht hier nicht um eine Einkaufsliste für ALDI, sondern um eine Disseratation, ich nehme an, dass ihnen und den betreffenden Studenten der Unterschied geläufig ist, bzw. war? Ihre heuchlerische Idee bei einer Dissertation müsse der „Unterschied zwischen fahrlässig und vorsätzlich, vielleicht wäre das auch hier eine sinnvolle Unterscheidung,“eine Rolle spielen, sagt vieles über sie und damit auch die Bildungsmisere dieses Landes aus
Es geht um Kenntlichmachung des Kopierens durch Angabe der Quelle, so etwas übersieht man nicht, man tut es um den Eindruck zu erwecken man habe mehr selber geschrieben, als geborgt. Man tut es, weil ja in Vor-Computerzeiten keine Gefahr bestand dabei erwischt zu werden.
Von einfachen Doktortitel Trägern, von Ministern und erst recht „Bildungs“ministern hat man das Recht soviel (so wenig!) Rechtschaffenheit und intellektuelle Redlichkeit zu fordern.
Ihre Aussage, dass Fachfremde sich über die Anforderung an eine Dissertation, die anscheinend das heutige Professoren und Studenten Niveau übersteigen, keine Meinung, oder gar ein Urteil haben zu dürfen, ist genau die Form der Unverschämtheit die das Problem auszeichnet.
Ich weiss aus eigener Erfahrung dass Gott-sei-Dank nicht alle Professoren es sich so einfach machen, wie sie das tun.
So etwas: „Mit erschließt sich allerdings auch nicht ganz, inwieweit Promotionen etwas mit “Herrschaftswissen” zu tun haben sollen“, spricht übrigens Bände.
Leider hat aber die Realität gezeigt, dass zwar einige der Regierenden, aber weder Frau Wagenknecht noch Herr Gysi betrogen haben. Denn der Shitstorm in der Spiesser Presse würde noch in huindert Jahren seinesgleichen suchen! (Ich bin KEIN Linke-Wähler)
Wollen sie ihren Beitrag nicht doch lieber noch einmal überdenken?
@Sophia
„Davon abgesehen geht es mir in dem Beitrag weniger um Plagiate, als viel mehr um Wissenschaft und den Umgang damit.“
Sie haben doch genug Beipiele gegeben, wo soll der Unterschied zwischen einem Plagiat und dem Vortäuschen von Research liegen? Beides zeigt doch „Wissenschaft und den Umgang damit“ heutzutage, gerade GuXens Kommentare zeigen das unmissverständlich.
Devins Kritik ist wohl zutreffender, als es auf den ersten Blick aussieht. Es geht einmal um Herrschaftswissen und auch darum sich auf den akzeptierten Wegen in diese Herrschafts Kaste hineinzulügen. Zeigt nicht die ganze Diskussion um selbsternannte Eliten und sogenannte Leistungsträger, dass er damit recht hat?
Sie sehen doch an GuXens Beiträgen, dass er darin nicht mal ein Problem sehen kann!
@MuellerSchmidt
Korrekt. Zweck des ganzen Zirkus ist der Nachweis, dass man begriffen hat wie das System funktioniert, bereit ist es mitzuspielen so man dafür selber Anteil an den Pfründen erlangt. Man muss sich zu diesem Punkt nur die mal völlig lächerliche Macht ansehen, die eine Verbrecher Institution wie die Kirche auch heute noch an bayrischen Universitäten hat! Das Ausmass an Korruption, Dummheit und Kungelei muss ungeheuerlich sein!
@T.I.M.
Wenn sich ihnen der Begriff des „Herrschaftswissens“wirklich nicht von selbst erklärt, Respekt, sie sind der erste den ich da treffe, also gern ein kleines, naheliegendes Beispiel:
Das Forum in der FAZ zeichnet sich dadurch aus, dass Kommentare, die diesem Herrschaftswissen widersprechen, die gar zum Nachdenken über dessen Inhalte anregen könnten, zensiert werden.
Der Einzige dem das Publizieren solchen gednaklengutes erlaubt ist erlaubt ist, ist wegen seiner Stellung als Mitherausgeber Schirrmacher, etwas das dem rset des kadens ein böser Dorm im Auge sein dürfte. Nur er hat mich mit seinen Artikeln zur FAZ gelockt hat. Ausser dem Feuilleton ist das Blatt sowieso widerlich, und ein banaler Verbreiter eben jenes Herrschaftswissens. Eines „Wissen“ das die Aufgabe hat den Status Quo möglichst so lange wie möglich auf gewaltfreie Art zu erhalten. Bestes Beispiel ist die grandios erfolgreiche Diffamierung „Der Linken“ durch gleichgeschaltete Manipulation und Meinungsmache in ALLEN Medien. Zu Zeiten eines Rudolf Augstein oder eines Henry Nannen wäre so etwas genau so wenig möglich gewesen, wie heute ein Willy Brandt noch möglich wäre.
Diese Blogs hier zeichnen sich hingegen genau dadurch aus, dass die identischen Kommentare, die in FAZ Foren zensiert werden, problemlos veröffentlicht werden. (Nur bei unserem Gumprecht nicht, aber den zu Lesen oder gar zu diskutieren wäre eh Zeitverschwendung).
@GuX (18.2. 20:57):
„Warum...
@GuX (18.2. 20:57):
„Warum neigen die Freunde der Geisteswissenschaften eigentlich immer dazu, die Namen von (wirklichen oder vermeintlichen) Autoritäten zu beschwören, wenn sie eine Aussage machen?“
Nun, das hat mit dem schönen Zitat von den Wissenschaftlern als Zwergen zu tun, die auf den Schultern von Riesen sitzen (ein Zitat, dessen Herkunft und Karriere übrigens sehr interessant ist und gut zum Thema des Blogeintrags passt). Freunde der Naturwissenschaften verdrängen gerne diese Position. In ihrem Umfeld werden sie nur gelegentlich daran erinnert, wenn ihre Riesen schemenhaft in Begriffspaaren wie der euklidschen Geometrie, dem ohmschen Gesetz oder der heisenbergschen Unschärferelation auftauchen.
Der Verweis auf Autoritäten ist a.) eine Rückversicherung darüber, dass der eigene Standpunkt sicher im Herrschaftswissen verwurzelt ist (und damit dem rituellen Zitat verwandt), b.) das Genügen der Pflicht zur ordnungsgemäßen Zitation (über die bösen Folgen, die eine Vernachlässigung dieser guten Sitte nach sich ziehen kann, sind mittlerweile ja sogar weite Kreise außerhalb der Wissenschaften informiert) und c.) Imponiergehabe des Bildungsprotzes, der mit der Erwähnung großer Namen erkennen geben möchte, Kenntnisse erlangt zu haben, die aus dem lebenszeitaufwändigen Studium dicker Bücher resultieren. Der Bildungsprotz spart sich aber auch gerne die Lektüre und baut dann allein auf die Zugkraft großer Namen. Inhalte spielen dabei keine Rolle mehr (womit sich wieder der Kreis zu Guttenberg und Co. schließt).
@T.I.M. (18.2. 22:19):
„Koennte vielleicht devin, tyler oder M. Mersch mir mit klaren, konkreten Worten (und nicht Literaturvorschlaegen) erklaeren, was er (oder Luhmann) unter “Herrschaftswissen” versteht? Und dann, wieso sagen wir mal ein Grundlagenforscher Teilhabe an Herrschaft hat, die anderen “Klassen” (?) verwehrt waere? Ich frage aus ernsthaftem Interesse.”
Nur als nichtmarxistische Ergänzung zu den guten Ausführungen von Devin08:
Grundlagenforscher bewegen sich im Rahmen dessen, was eine Gesellschaft in ihrer jeweiligen Epoche als Wissenschaft definiert. Diese Definition wird nicht von der Wissenschaft selbst geliefert, sondern von den Bedürfnissen und Interessen der Gesellschaft. Definiert werden diese Bedürfnisse und Interessen von Funktionsträgern und Investoren auf dem Wege der Meinungsführerschaft. Inwiefern dem einzelnen Grundlagenforscher daraus Macht zuwächst, wäre im Einzelfall zu untersuchen. Ich gehe davon aus, dass ihn in der Regel größere Zusammenhänge nicht interessieren. In seinem Lebensmittelpunkt stehen vermutlich Spaß an der Freud, sich mit seinem jeweiligen wissenschaftlichen Gegenstand beschäftigen zu können und der Ehrgeiz, eine Professur, ein Forschungsprojekt, einen Sonderforschungsbereich etc. zu ergattern, um damit an ein Gratifikationssystem anzudocken, dass das Abgreifen von Prestige, Weisungsbefugnis (Personalverantwortung), Geld und geldwerten Vorteilen ermöglicht.
Werter Devin08, wenn Sie...
Werter Devin08, wenn Sie folgendes Schreiben: “Wer von klein auf damit aufwächst, eine besondere Sprache zu sprechen, eine die andere erst umständlich und nachträglich lernen müssen, hat einen schon nicht mehr einholbaren Startvorteil. ” und danach Ihre Beiträge lesen, müssen Sie dann nicht zumindest schmunzeln?
Werter tylerdurdenvorland, ich...
Werter tylerdurdenvorland, ich ziehe es durchaus vor, bei der Wahrheit zu bleiben; und meine Erfahrung mit Studenten – auch Doktoranden – ist die hier geschilderte. Wie z.B. von pmohler hier geschildert haben auch erfahrenere Autoren manchmal die Sorge, Fehler zu machen; das ist nunmal eine menschliche Eigenschaft.
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Wenn ich mich lange mit einem Text von x beschäftige, Teile dieses Textes auch in meine Arbeit einbauen will, so besteht in der Tat die Gefahr, ungewollt Formulierungen und Gedanken auf eine Art zu übernehmen, die man oberflächlich als “cut & paste” ansehen kann (ich meine hier nicht die Kopie ganzer Passagen, sondern die einzelner Sätze oder gar Formulierungen).
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Weshalb die Idee heuchlerisch ist, auch Doktoranden die Möglichkeit von unabsichtlichen Fehlern zuzubilligen, müssen Sie mir bitte erklären. Viele der kritisierten Stellen sind ja keine wortwörtlichen Kopien, sondern Umformulierungen – es wurde unsauber gearbeitet, keine Frage: aber Betrug? Das ist etwas anderes. Ich kenne Ihre Erfahrung mit Dissertationen (und anderen Studentenarbeiten) nicht – aber meine Meinung beruht auf meiner Erfahrung in diesem Bereich.
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Ich bleibe noch immer dabei, daß sich Fachfremde mit derart vernichtender Kritik zunächst zurückhalten sollten; im Falle von Frau Schavan waren viele der Kritiker weder promoviert, noch Geisteswissenschaftler. Es geht nicht darum, Kritik zu unterbinden – aber eine Demokratisierung der Kritik ist nicht unbedingt immer hilfreich. Wo habe ich geschrieben, daß sie sich kein Urteil bilden dürfen? Sie sollten sich nur bewußt sein, wo ihre Grenzen sind. Im übrigen bin ich kein Professor, und ich mache es mir ganz sicher nicht einfach.
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Wenn meine Aussage Bände spricht – könnten Sie mir es bitte erklären? Ich bin nunmal nur ein ungebildeter Chemiker, der mit solchen Aussagen jenseits der oberflächlichen Bedeutung wenig anfangen kann.
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Im übrigen ist Ihre Unterstellung, wonach ich kein Problem mit Plagiaten und anderem Fehlverhalten hätte, falsch – und das habe ich hier auch dargelegt. Wissenschaft beruht auf Vertrauen, und dementsprechend ist Fehlverhalten auch entsprechend schlimm. Dennoch sollte man auch hier die Ursache für entsprechendes Verhalten nicht aus den Augen verlieren.
Matthias, vielen Dank für die...
Matthias, vielen Dank für die Erklärung; das macht es nachvollziehbarer. Statistiker und Chemiker neigen ja auch zu diesem “Namedropping”, allerdings ein wenig subtiler. In dem Bereich, in dem ich arbeite, ist es recht unüblich, daher finde ich die Formulierung “Nach Meier …” immer ein wenig merkwürdig – aber natürlich machen wir letztendlich Gleiches.
@tylerdurdenvolland - ein...
@tylerdurdenvolland – ein Nachtrag noch zu meinem vorherigen Kommentar.
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Ich bin erstaunt, daß Sie T.I.M. zugestehen, den Begriff des “Herrschaftswissen” als nicht selbsterklärend anzusehen, während Sie das bei mir nicht tun. Habe ich Sie derart verärgert? Im übrigen widersprechen Sie direkt meiner Aussage vom 20:57 hinweisen: dort habe ich eigentlich recht eindeutig meine Meinung zum Ausdruck gebracht, wonach eine Promotion eben nichts mit einem “hineinlügen” in eine Herrschaftskaste zu tun hat; und die Pfründe, die man durch eine Promotion erlangt, würde ich gerne einmal kennenlernen.
"Grundlagenforscher bewegen...
“Grundlagenforscher bewegen sich im Rahmen dessen, was eine Gesellschaft in ihrer jeweiligen Epoche als Wissenschaft definiert.”
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Es gibt nur eine gültige Definition von Wissenschaft – und ausserhalb der Geistes- und Kulturwissenschaften nicht einmal die Möglichkeit, sich eine andere (sinnvolle) auszudenken.
Imponiergehabe des Bildungsprotzes …
…
Gruss,
Thorsten Haupts
Steinschleuder für die...
Steinschleuder für die Mammutjagd?
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@TIM: „Was bitte sind denn, zum Beispiel, die herrschenden Gedanken der anorganischen Chemie und wieso sollen diese Ausdruck der Klassengesellschaft sein?“
Ich erinnere mich heute noch daran, wie ich meinen Chemielehrer auf dem Wirtschaftsgymnasium nach der Dialektik in der Natur fragte. Der schaute mich an, als hätte ihn ein Pferd getreten. Also „leugnen“, was offenkundig ist, wäre der erste „herrschende Gedanke“. Wie gesagt: ich empfehle Engels „Dialektik der Natur“. Er beschreibt dort sehr gut das Verhältnis der bürgerlichen Wissenschaft zur Dialektik. Einzig allein, weil das Kapital die Erkenntnisse z.B. aus der Chemie benötigt, wendet es an, was es leugnet. Doch eben genau dies verweist darauf, dass es des Kapitals spezielles Interesse ist, und eben nicht ein allgemeines, was die „herrschenden Gedanken“ ausmacht. Das Schießpulver wäre vielleicht nicht erfunden worden, wenn die Kriege der Herrschenden es nicht verlangt hätten. Und Einstein hat sich ein Leben lang darüber geärgert, dass er – der Pazifist – letztlich der Erfinder der Atombombe ist.
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„Diese Menschen haetten wahrscheinlich auch in der anarchistischen Urgesellschaft bessere Steinschleuder zur Mammutjagd entwickelt, ganz einfach weil ihnen das ein Gefuehl der Befriedigung gibt.“ Steinschleuder für die Mammutjagd? Doch wohl nur, wenn der Homo Sapiens vom Jeti abstammen würde. Doch keine Frage: Die Ausbeutung der Lohnarbeit funktioniert ja auch deshalb so gut, weil sie die „Selbstausbeutung“ des Arbeiters beinhaltet. Marx spricht in en „Grundrissen“ von „der Arbeit sans Phrase“, der Arbeit also, die es schon immer gegeben hat, und die das Kapital, wie selbstverständlich, mit ausbeutet. Doch der Kapitalismus setzt mit seinem „Markt“ neue Maßstäbe. Weil dort über das Schicksal der Erfindungen und deren Werte bestimmt wird. Nehmen wir die Glühbirne. Sie wurde solange am Material verschlechtert, bis sie den Profit einfuhr, den man sich wünschte. Das war die reinste Verschwörung. Und jeder ahnt doch, dass Computer/Drucker/Durchlauferhitzer… eine vorgegebene Verfallszeit offenbar haben. Einige wenige minderwertige Bauteile – und diese im Ersatz nur schwer zu bekommen, reichen aus. Das Profitinteresse behindert zunehmend die Entwicklung der Produktivkräfte. Und doch sind es genau diese Produktivkräfte, die die Produktionsweise in Frage stellen werden. Allerdings dies nur vermittelst des darin enthaltenen Klassenkampfes. Aber das ist ein anderes Thema.
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„Die Ruestungsindustrie, von einigen wenigen Feldern einmal abgesehen (Raketensteuerung etc.) nimmt Errungenschaften anderer Gebiete auf.“ Das kann nicht Ihr Ernst sein. Selbst das sog. „intelligente Auto“ ist auf eine Entwicklung in der Rüstungsindustrie zurück zu führen. Die Technologie, die es möglich macht, dem Soldaten den Schießbefehl direkt ins Gehirn zu geben, und damit dessen „Entscheidungsfreiheit“ unterläuft, ist der Autoindustrie übereignet worden. Teflon und Gore Tex sind nicht für die Küche der Hausfrau oder den Schneeanzug entwickelt worden, sondern für die Raumfahrt. Und ohne die Interessen der Rüstung- wie Sicherheitsindustrie wäre die ganze Computertechnologie wahrscheinlich so nicht entwickelt worden. Und am Kampf um die Ausgestaltung derselbigen können wir die Interessen der herrschenden Klasse nur allzu deutlich erkennen. Doch mit dieser Technologie wurde die Büchse der Pandora geöffnet. Vom Finanzkrieg bis zum Cyberkrieg – alles macht sie möglich. Aber auch Bürgerkriege! Vielleicht sind es nun genau diese Produktivkräfte, die die kapitalistische Produktionsweise hinweg fegen werden.
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@Tyler: Auch Schirrmacher hat mich schon zensiert , ein Beispiel: https://blog.herold-binsack.eu/?p=1546.
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@GuX: Oh ja, da kommt einem das Schmunzeln. Doch was denken Sie, wie schwer es mir fällt, Lektüre wie „Das Kapital“ zu verstehen, oder gar Hegels „Phänomenologie des Geistes“. Als Kind aus einer Arbeiterkleinfamilie, bzw. gar Bauerngroßfamilie, fällt mir dialektisches oder gar logisches Denken nicht leicht. Noch auf dem Wirtschaftsgymnasium hatte ich mich mit dem „elaborierten Code“ der herrschenden Klasse zu kämpfen. Eine Mitschülerin aus dem schönen Schönberg, dem eigentlichen Reichenviertel Kronbergs, war regelmäßig darüber empört, dass mein Deutschlehrer meine Arbeiten fast genauso gut benotete wie die Ihrigen. Sie war die Beste – definitiv. Um ihrem Klassendünkel zu genügen, ihren Hass also etwas zu besänftigen, benotete er mich konsequent eine halbe Note schlechter. Mir hätte das genügt, ihr offenbar nicht. Ich hatte wohl etwas Glück, denn mein Deutschlehrer – der einzige Sozialdemokrat, den ich kannte, der Bebels „Die Frau und der Sozialismus“ immer auf seinem Schreibtisch liegen hatte – war vielleicht der einzige damals, der bei mir ein gewisses Potential entdeckt zu haben glaubte. Ich selber hätte mich nie so gut benotet. So sehr hatte ich bereits die Macht des Herrschaftswissens verinnerlicht. Das Mädel konnte Gedichte schreiben, ich bestenfalls Toilettensprüche. Marxist wurde ich aber nicht dank dieses wohlwollenden Sozialdemokraten, sondern durch einen katholischen Pfarrer, der so revolutionär war, dass er Predigtverbot bekam. Doch unterrichten durfte er uns. Kant-Hegel-Marx, die lernte ich durch ihn kennen und mit diesen den elaborierten Code. Und obwohl längst aus der Kirche ausgetreten, besuchte ich seinen Religionsunterricht – neben seinem Geschichtsunterricht – mit wachsender Freude.
@Herold Binsack
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Ich habe...
@Herold Binsack
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Ich habe zwar einen hier viel-gescholtenen bürgerlichen Hintergrund, allerdings fällt mir trotz langen Studiums noch immer sehr schwer, Konzepte wie die Dialektik (oder gar den Marxismus) in die Naturwissenschaften zu übertragen (ganz abgesehen davon, den Code der Geisteswissenschaftler zu entziffern: aber ich vermute, das ist einfach die Fachsprache die man lernen muß, wenn man dazugehören will. Vielleicht könnten wir alle versuchen, uns ein wenig verständlicher und klarer auszudrücken? Das würde helfen, Mißverständnisse zu vermeiden und letztendlich allen etwas bringen.)
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Was Sie über Klassenzugehörigkeit und Klassenselbstverständnis sagen (soweit ich das verstehe) kann ich – ohne mich der philosophischen Grundlagen zu bedienen, die ich schlicht nicht verstehe – durchaus nachvollziehen. Das UK dürfte wohl eine gefestigtere Klassenstruktur haben als Deutschland, aber da man das akzeptiert, wird auch viel offener damit umgegangen und man versucht gezielt, das, was sie als “die Macht des Herrschaftswissen”, zu verringern (zumindest verstehe ich das so – wie gesagt, ich bin ein einfacher Naturwissenschaftler).
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Aber das ist schwerer als ich gedacht hätte. Oxbridge wird ständig dafür kritisiert, zu wenig Studenten aus den unteren Klassen (um Mißverständnisse zu vermeiden – ich verwende die Bezeichnung “untere Klasse” ohne Wertung, sondern nur als Übersetzung von “lower socio-economic class”) aufzunehmen, und die Unis bemühen sich redlich, wie ich aus eigener Erfahrung weiß. Aber was hilft es, wenn die Uni Studenten mit offenen Armen (und finanzieller Unterstützung!) empfangen will, wenn die Lehrer sie nicht unterstützen (“das ist nichts für Leute wie Dich”) und die Schüler sich selbst einreden, daß das nichts für sie sei? Ich kann meine Studenten so gut wie möglich unterstützen (und mir ist ehrlich gesagt deren Herkunft recht egal – im positiven Sinn), aber wenn sie nicht zu uns kommen, was soll ich dann tun?
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Bildung ist aber nicht die einzige Sache; bei der Gesundheit beobachten wir den gleichen Effekt (und nicht nur im UK, sondern auch im Resteuropa) – je niedriger die Klasse, desto schlechter die Gesundheit. Und überraschenderweise auch desto geringer das Interesse an der eigenen Gesundheit. Wenn man mir erklärt, daß gesunde Ernährung (um ein Beispiel aus meiner Arbeit zu nehmen) nur etwas für die Mittelklasse ist – wie soll man das verstehen? Ich kann mir nur schwer vorstellen, daß so eine Einstellung wirklich nur mit der Unterdrückung durch die “Herrschenden” zu erklären ist. Könnte es nicht auch sein, daß die Angehörigen dieser Klassen eben aus dem Grund in den entsprechenden Klassen sind, weil ihnen die Motivation zum Aufstieg fehlt? Das war früher ganz sicher anders, aber inzwischen stehen die Türen eigentlich allen Menschen offen – es mag vielleicht schwerer sein für machen, aber unmöglich ist es nicht.
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Im UK gab es dazu vor kurzem eine interessante Diskussion – “want of aspiration”, also den Mangel an Streben nach einem Ziel insbesondere bei jungen weißen Männern der unteren Klassen. Das ist ein wirkliches Problem – aber ich glaube eben nicht, daß man das so einfach mit dem vorgebrachten “Herrschaftswissen” erklären kann.
Lücken im...
Lücken im Herrschaftswissen
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Oh, jetzt sind mir doch gleich zwei Sinn entstellende Fehler unterlaufen, bei der Einarbeitung der Errungenschaften des Herrschaftswissens in meinen Beitrag.
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Der Satz im letzten Absatz, vierte Zeile, muss lauten: „Noch auf dem Wirtschaftsgymnasium hatte ich mit dem „elaborierten Code“ der herrschenden Klasse zu kämpfen.” Nur ein Flüchtigkeitsfehler! Doch ein Indiz dafür, dass Sätze formulieren wie umformulieren, ob der modernen Technik wohl schneller von der Hand geht, doch nicht immer als Verbesserung.
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Ganz deutlich an dem Grammatikfehler in der 7. Zeile zu erkennen, wo mir mein Rechner allzu flott die höfliche Anrede, bzw. die Weisheiten der neueren deutschen Rechtsschreibung vorschlägt.
Das Possessivpronomen die „ihrigen” muss natürlich kleingeschrieben werden. Auch das habe ich übersehen, weil ich der „Wissenschaft“ wie der Technik, als verlässliche Produktivkraft auf den Leim ging. In meinem eigenen Blog korrigiere ich das natürlich – stillschweigend. Und stünde nicht diese Korrektur hier, wüsste niemand mehr, welche Lücken da waren – in meinem „Herrschaftswissen“.
@Binsack:
...
Sehen Sie, ich...
@Binsack:
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Sehen Sie, ich entstamme der Vorgängerklasse Ihrer Schulkameradin – und halte es bis heute für den grössten denkbaren Bildungsskandal, dass man die einen mit einem Wortschaz von 500 und die anderen mit einem Wortschatz von 3000 einschult, ohne etwas zu unternehmen, das Potential der 500er zu heben.
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Das alles ändert genau nichts daran, dass Hegel/Marx eine extreme Fachsprache verwenden und von jedem verlangen, sich dort einzulesen. Nach vielen fruchtlosen Debatten bin ich mittlerweile der Überzeugung, dass Debatten zwischen Marxisten und Nichtmarxisten einfach deshalb völlig sinnlos sind, weil man einander nichts zu sagen hat.
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Und die Verantwortung dafür liegt auf der Seite der kleinen Minderheit, die von der grossen Mehrheit fordert, sich in Terminologie, Dialektikansatz und Hermeneutik der kleinen Minderheit gefälligst einzuarbeiten, wenn sie mitreden will. Ich kenne, begrenzte Erfahrung vermutlich, keine andere Gruppe, deren Arroganz so vollständig auf der Beherrschung einer Spezialcodierung von Umgangssprache beruht, die diese Gruppe für Erkenntnisfortschritt hält. Das erklärt allerdings auch ihre anhaltende Erfolglosigkeit.
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Gruss,
Thorsten Haupts
@GuX: mit Ihrer Beobachtung...
@GuX: mit Ihrer Beobachtung treffen Sie sicher das Richtige, ich bin mir aber nicht sicher, ob Sie nicht Ursache und Wirkung verwechseln. Schaut man sich an, auf welchen Feldern die erstaunlichsten Veränderungen stattgefunden haben, so kommt man sofort auf die Elektronik im allgemeinen und die Unterhaltungselektronik im Besonderen.
Ein Marxist würde jetzt sofort den Verdacht äussern, dass hier ein unverhältnismässig grosser Anteil von Ingenieur- und Forschungsleistung hingeht, damit man mit den schlussendlich entwickelten Produkten die unteren Klassen (um in Ihrer Terminologie zu bleiben) dazu zu bringen, sich mit ihrer Situation abzufinden und nicht nach unstatthaftem sozialen Aufstieg zu streben -quasi die Rolle, die früher die Religion innehatte. Nicht dass ich das unbedingt so sehen würde, aber es fiele mir schwer, dieses Argument zu entkräften. Um es überspitzt auszudrücken: hätte Honecker seinerzeit Privanfernsehen zugelassen, könnte es die DDR heute noch geben.
Also ich bin inzwischen...
Also ich bin inzwischen vollständig verwirrt: sorge ich als klassenbewußter Wissenschaftler unbewußt (und im Auftrag der herrschenden Klassen) dafür, daß die niederen Klassen unwissend und unterdrückt bleiben? Vielleicht sollte ich mir dazu die Sprache der Marxisten aneignen und so lange auf die Angehörigen der entsprechenden Klassen einreden, bis sie von selbst jegliche Beschäftigung mit Bildung und Wissenschaft aufgeben.
tylerdurdenvolland, erstens...
tylerdurdenvolland, erstens gebe ich GuX recht, es gibt einen Unterschied zwischen Schlamperei und Achtlosigkeit und Täuschung. Ich behaupte mal, keine einzige Dissertation ist perfekt – Fehler gibt es immer, auch in der Zitierweise und den Quellenangaben. Zweitens: ich habe seit Monaten keinen Kommentar mehr zensiert, und mache das überhaupt nur, wenn Personen ausfällig werden oder sich ins rechte Spektum verirren. Differenzieren Sie also bitte, wem Sie hier was vorwerfen.
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aristius fuscus, das ist ein interessantes Argument… wobei ich mir dem Marxismus so fundamentale Probleme habe… zuwenig freier Wille, für meinen Geschmack.
@ThorHa
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Ist dann nicht genau...
@ThorHa
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Ist dann nicht genau die Hegel/Marxsche Fachsprache ein hervorragendes Beispiel für Herrschaftswissen, nämlich ein Code, den nur die eingeweihten verstehen und der alle anderen abschrecken soll? In einem Fachgebiet, indem man sich zwar auf Englisch als die Hauptsprache geeignet hat, aber in dem die meisten Wissenschaftler eben keine Muttersprachler sind, ist eine derartige Vorgehensweise praktisch nicht möglich, denn die feinen Nuancen der Sprache gehen sehr rasch verloren und man muß auf genügend Redundanz achten. Vielleicht ist das ja ein Vorteil.
@aristius fuscus
Interessante...
@aristius fuscus
Interessante These! Ich glaube allerdings nicht, dass die DDR untergegangen ist, weil die zeitgemäße und zeitgerechte Einführung des Privatfernsehens verbaselt worden wäre. Es lag wohl eher an den Tücken der politischen Ökonomie: Der von F.J. Strauß eingefädelte Milliardenkredit wurde zur Konsumation verfrühstückt, statt damit Produktionskapazitäten für Robotron aufzubauen, um als Zuliefernation mit den Japanern ins Geschäft zu kommen, die ernsthaft an einer Zusammenarbeit interessiert waren.
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@GuX
Ihre Schilderung der Situation in Großbritannien finde ich sehr interessant, da sie von authentischer Erfahrung geleitet ist. Könnte es aber sein, dass Sie die soziale Frage Englands aus der traditionellen Perspektive der deutschen Sozialdemokratie betrachten (die seit der Agenda 2010 allerdings weitgehend ablegt ist)? Also dahingehend, wie sich brachliegendes Bildungspotenzial im Arbeiterhaushalt fördern, entwickeln und nutzen ließe. Auf der Insel hingegen wird seitens von Adel und Bürgertum die soziale Frage als Verteilungskampf – mithin Klassenkampf im klassischen Sinne – wahrgenommen, auf Seite der „lower class“ hingegen als trotziges Beharren auf Tradition und Kultur der Proletarier. Ich empfehle Ihnen (Entschuldigung, T.I.M.!) die Lektüre dieses in allgemeinverständlicher Sprache abgefassten Beitrags in der marxistischer Tendenzen weitgehend unverdächtigen Publikation des Bundestages „Das Parlament“:
https://www.das-parlament.de/2010/49/Beilage/003.html
@GuX: was Ihre Verwirrung...
@GuX: was Ihre Verwirrung angeht: wir Naturwissenschaftler sind da aussen vor, egal was die Philosophie welcher Couleur auch immer behauptet: die Sprache der Naturwissenschaft ist die Mathematik und die ist klassenlos. Mit dem Problem müssen sich die Laberfächer auseinandersetzen :).
P.S.: das mit den Laberfächern war Ironie, vor den meisten Geisteswissenschaften (vor allem den Sprachwissenschaften) habe ich jede Menge Respekt.
@Matthias
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Ich muß gestehen,...
@Matthias
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Ich muß gestehen, daß ich mich vor meinem Aufenthalt im UK eigentlich nur wenig mit der Problematik beschäftigt habe, weil sie in meiner Umgebung (aufgewachsen in einer Kleinstadt) eigentlich nie eine Rolle gespielt hat. Ich mache mir darüber eigentlich erst intensivere Gedanken, seit ich ein Teil des Bildungssystems bin und mich damit eben auch beruflich beschäftige.
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Vielen Dank für den Artikel – der ist sehr interessant. Auch wenn die Situation im UK schlecht ist, so versucht man aktiv daran zu arbeiten; das Problem ist nur, daß diejenigen, die sich dafür interessieren, gerade der Mittelschicht angehören die die unteren Klassen eben nicht verstehen. Aber ich sehe das Problem (auch) an einer anderen Stelle: man hat, gerade unter New Labour, versucht, den Aufstieg durch Bildung dadurch zu erleichtern, daß man in Schulen neue Fächer einführt die zwar zu besseren Noten, aber nicht unbedingt zu der erhofften besseren Bildung führen. Letztendlich hat es dazu geführt, daß die guten Schulen weiterhin die klassischen Fächer unterrichten während die Schulen in schlechteren Gegenden auf die neuen Fächer ausweichen; damit haben sie zwar bessere Ergebnisse, aber die Unis wollen diese Studenten verständlicherweise nicht, denn ihnen fehlt die entsprechende Ausbildung. Ein gutes Beispiel für gut gemeint ist nicht unbedingt das gleiche wie gut gemacht.
@Devin: Danke fuer die Muehe,...
@Devin: Danke fuer die Muehe, die Sie sich mit Ihrer Antwort gemacht haben, aber wirklich konkret haben Sie meine Fragen nicht beantworten koennen. Ich tendiere dazu, ThorHa recht zu geben, was die Kommunikationsprobleme zwischen Marxisten (zumindest Ihnen) und nicht-Marxisten (zumindest mir) aufgrund unterschiedlicher Sprachcodes anbelangt. Vielleicht sollten wir an dieser Stelle aufhoeren, bevor wir uns weiter im Kreis drehen, und uns einigen, in unserer Weltsicht (auch bezueglich Herrschaftswissen) uneinig zu sein.
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@GuX: Deutscher Chemiker in OxBridge, kein Prof, Erfahrung mit statistischen Methoden (also irgendwas Bio…) – beinahe haette ich geglaubt, Sie zu kennen. Aber die Ernaehrungssache bedeutet wohl, dass Sie doch jemand anderes sind (Ihre Initialien sind nicht MM, oder?).
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@Tyler: Natuerlich habe ich eine intuitive Auffassung von Herrschaftswissen; diese ist auch der kurzen Definition in der dt. Wikipedia nicht unaehnlich. Allerdings schien meine Auffassung nicht mit der marxistischen zusammenzufallen, so dass ich um eine konkrete, logisch belastbare Definition gebeten habe um endlich nicht mehr aneinander vorbei zu reden.
Die Art und Weise, GuX wegen einer realistischen Betrachtung anzugehen (“Ihre heuchlerische Idee bei einer Dissertation müsse der „Unterschied zwischen fahrlässig und vorsätzlich, vielleicht wäre das auch hier eine sinnvolle Unterscheidung,“eine Rolle spielen, sagt vieles über sie und damit auch die Bildungsmisere dieses Landes aus”) ist uebrigens ziemlich unangemessen. Zum einen gibt es keinen Grund, derart persoenlich zu werden, zum anderen ist an der urspruenglichen Aussage kaum etwas auszusetzen, zumindest wenn man akzeptiert, dass es einen Unterschied zwischen Mord, Totschlag und fahrlaessiger Toetung geben sollte.
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@Matthias Mersch: Wie wird denn Wissenschaft heute definiert und wie hat sich das seit der Renaissance veraendert (also seit der Vertreibung der Religion aus der Naturwissenschaft, wenn Sie so wollen)?
T.I.M. - vielen Dank für den...
T.I.M. – vielen Dank für den Beistand. Nein, ich bin nicht mehr in Oxbridge (war dort aber einige Jahre – natürlich an der besseren der beiden) und die Initialen stimmen auch nicht so ganz.
Vom „freien Willen“ zum...
Vom „freien Willen“ zum Weltgeist
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@Sophia Amalia: Nun ja, ich sehe mich als Marxist, der den „freien Willen“ verteidigt. In politischer Hinsicht, wie auch und gerade aus philosophisch-naturwissenschaftlicher Perspektive. So bestreite ich zum Beispiel eines Wolf Singers scheinbar neurowissenschaftlich untermauerte Behauptung bzgl. des fehlenden freien Willens – https://blog.herold-binsack.eu/?p=2271.
Ich habe mich wiederholt damit auseinander gesetzt.
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@GuX u.a.: Hegels Sprache war auch der damaligen Zeit geschuldet. Denn auch ein Kant hat nicht anders gesprochen. Doch ihm gegenüber sind wir gerechter. Merkwürdig. Ich schätze mal, weil es ein Interesse daran gibt. Leute wie Hegel, Kant oder Marx waren Heroen des Denkens – https://blog.herold-binsack.eu/?p=2237.
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Auch Marx hat die meisten Werke in der Originalsprache studiert. Das heißt, bevor er ein russisches Buch gelesen hat, lernte er erst mal schnell russisch. Außerdem war er lange Zeit durch Hegel geprägt. So ist „Das Kapital“, insbesondere der Bd. I (es wird da noch viel gehegelt) schwer zu lesen, aber keine Zumutung. Es ergibt sich zum Teil aus dem Problem der Darstellungsweise. Vom Abstrakten hin zum Konkreten aufsteigend, bedeutet, dass man nicht mit den Erscheinungen, sondern mit dem Wesen eines Dings beginnt. Das ergibt sich daraus, dass das, was sich als historisch durchgesetzt präsentiert, nicht immer einer Geschichte folgt. Zwischen Erscheinung und Wesen gibt es neben dem historisch-dialektischen auch einen logischen – https://blog.herold-binsack.eu/?p=1970 Zusammenhang. Mal ist die Ware ein historisches Produkt, mal die „logische Grundlage“ – die Urzelle einer ganzen ökonomischen Formation. Dies zu vermitteln, hätte aus dem Bd. I zwei Bände gemacht.
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Ganz anders bei Hegels „Phänomenologie des Geistes“. Ein als niemals abgeschlossen vorzustellender Prozess, nämlich der im Denken des Menschen, erscheint in der Diktion eines „Weltgeistes“ als quasi – von vorneherein – abgeschlossen, bzw. als im Prinzip abschließbar. Der Weltgeist gleicht nicht von ungefähr einem überirdischen Schöpfer, der sich da im Irdischen verwirklicht. Und genau das hatte Marx im „Kapital“ zu korrigieren.
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Und Hegels Interesse an einer geschlossenen Darstellung eben dieses schon übermenschlichen Geistes, nämlich aus dem Ideal heraus, steht im Widerspruch zur Realität des Dargestellten. Ist somit weder dialektisch noch logisch vermittelbar. Doch die Methode der Dialektik und die Forderungen der Logik werden scheint’s aufrecht erhalten. Der „Weltgeist“ muss ihm ein Anker gewesen sein, anhand dessen er sich immer wieder die Abstraktionen aus den Tiefen seines Hirns zog. Daher die unendlichen Schleifen, die vielen Wiederholungen, wie die zum Teil sehr kryptischen Formulierungen. Und das macht die Zumutung.
@Devin08:
Vielen Dank für den...
@Devin08:
Vielen Dank für den kurzen Exkurs! Ich verstehe durchaus, daß die Sprache von Kant, Hegel und Marx die Sprache der damaligen Zeit war – aber bedeutet dies, daß man sie heute noch genau so benutzen muß. Wenn Sprache überzeugen soll, dann sollte sie doch auch diejenigen erreichen, die zu überzeugen sind. Ich gebe zu, daß das nicht immer leicht ist, da man meistens im eigenen Jargon gefangen ist; aber wenn man einmal damit anfängt bemerkt man schnell, daß es eigentlich gar nicht so schwierig ist – und man den Kreis der Empfänger seiner Nachrichten stark erweitert.
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Wie aristicus geschrieben hat, haben es die Naturwissenschaften vielleicht einfacher, weil sich Vieles auf die eine oder andere Art mathematisch ausdrücken läßt – aber vielleicht auch deswegen, weil man keine Sorge hat, durch einfache Formulierung plötzlich als weniger brilliant angesehen zu werden.
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Ich hab irgendwo im Keller noch eine MEGA, vielleicht werde ich mal wieder einen Blick hineinwerfen. Ich hätte nie gedacht, daß ein Beitrag über Fehlverhalten in der Wissenschaft zu einer derartigen Diskussion führt.
@ GuX - "Ist dann nicht genau...
@ GuX – “Ist dann nicht genau die Hegel/Marxsche Fachsprache ein hervorragendes Beispiel für Herrschaftswissen, nämlich ein Code, den nur die eingeweihten verstehen und der alle anderen abschrecken soll?”
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Nicht ganz. Er ist ganz sicher ein Code für Eingeweihte. Aber er soll deren Überlegenheit und deren Führungsanspruch für die Massen demonstrieren. Leider hat der böse Kapitalismus zuviele Menschen zu schnell aus der Dummheit herausgeführt, die es gebraucht hätte, um diesen Führungsanspruch durchsetzen zu können.
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Gruss,
Thorsten Haupts
@Devin08: Freier Willen und...
@Devin08: Freier Willen und Forschung
Ich – Doktor (Pfui!) der Mathematik – zitiere: „Und das – Herrschaftswissen zu erwerben – gilt auch und gerade für die Naturwissenschaften, bzw. für die Mathematik. Denn Logik wie Mathematik sind Sprachen aus dem Bereich des Herrschaftswissens. Mit Hilfe der Logik (= Scholastik – blog.herold-binsack.eu) wird Herrschaft begründet, mit Mathematik der Profit maximiert. Die Ökonomen des Finanzkapitals werden nicht von ungefähr von Physikern ersetzt.“
Das würde ich gerne konkret verstehen. Ist Zählen bereits der Einstieg ins Herrschaftswissen, oder fängt das bei der Arithmethik, also den Grundrechenarten an. Oder erst bei Funktionen wie Potenzen, Logarithmus oder … Und was ist mit Grenzübergängen, dem Begriff der Umgebung, einem Integral….? Ich bitte um klare – in allgemeinverständlichem Deutsch verfasste Darlegungen ohne Zitationslisten. Und wieso ist die (elementare) Logik, die die binäre Werte „WAHR“ und „FALSCH“ verwendet – denen m.W. der Marxismus nicht so ablehnend gegenüber steht ein Instrument des Herrschaftswissens.
Eine Erklärung meinerseits zum Thema Profitmaximierung: man braucht wahrlich keinerlei Mathematik, um Profit zu maximieren. Warren Buffet (und vilee Steinreiche) versteht davon vermutlich nicht mehr als ein Mittelstufenschüler – wozu auch? Umgekehrt kenne ich wenige Mathematiker, die aufgrund ihrer Mathematikkenntnisse reich geworden sind – viel mehr steht ihnen ihre Wahrheitsliebe (SIC!) eher im Wege.
@Matthias Mersch
„Grundlagenforscher bewegen sich im Rahmen dessen, was eine Gesellschaft in ihrer jeweiligen Epoche als Wissenschaft definiert. Diese Definition wird nicht von der Wissenschaft selbst geliefert, sondern von den Bedürfnissen und Interessen der Gesellschaft.“ Das bekäme ich gerne mal anhand der Quantentheorie, der speziellen Relativitätstheorie und z.B. de Vita des indischen Mathematikers Ramanujan erklärt. Die seinerzeit herrschende Forschung konnte mit deren Erkenntnissen– vorsichtig gesagt – überhaupt nichts anfangen. Und ich würde auch gerne verstehen, warum sehr junge, mathematikgegeisterte Menschen Zahlentheorie lieben – ich gehörte auch dazu – bevor sie eine Ahnung von Kryptographie, Codierung, Geheimdiensten etc. haben. (Das bezieht sich auch auf andere Darlegungen von Devin08). Ich habe mich nicht vor irgendeinen Karren spannen kassen –oder bilde ich armet Irrer das alles nur ein?!?
Den Marxismus zeichnen nach meinem – dialektisch ungeschulten – Verständnis folgende Dinge aus. Jedenfalls lernte ich das von notorischen Vorlesungsstörern so kennen.
I. Er ist ein reiner Materialismus, d.h. eine nicht-materielle Essenz ist ihm fremd.
II. Ein quasi-religiöser Glaube an den Determinismus. Jede historische Entwicklung muss als unweigerliche Konsequenz einer lange zurückliegenden Vorentwicklung angesehen werden. Zufälle gibt es einfach nicht. Insofern ist er die Mutter aller Verschwörungstheorien. Ich streite ab, dass ein Marxist wirklich an den freien Willenglauben kann, wie Devin08 äußert.
III. Das Streben nach absoluter Deutungshoheit. Dafür bedient er sich einer eigenen Sprache, die hier im Blog in größererm Umfang zu lesen ist.
IV. Er ist, so sagte es zutreffend mein Vater, der wahrlich nicht zur herrschenden Klasse gehörte, die „Philosophie des Neides“. Und genau so ist dann das hier wiedergegebene Interpretationsmuster von Promotionen: „Statusdenken“, wie gleich im ersten Beitrag von Devin08 unterstellt. Und wozu brauchte es dann die entsprechenden in den Siebziger Jahren verliehenen Professuren in sozialwissenschaftlichen Disziplinen? War das die Reprise des Marsches durch die Institutionen wie 40 Jahre zuvor?
Devin08, wenn der Mensch einen...
Devin08, wenn der Mensch einen freien Willen hat, dann kann er sich ja von der Herrschaft befreien, oder? Und wenn er es nicht tut, muß wohl auch das etwas mit Wollen zu tun haben. Funktioniert ja prinzipiell, siehe Ägypten oder Tunesien. Oder die DDR.
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GuX, ich bin auch immer wieder überrascht, aus welchen Themen sich hier endlose Debatten ergeben -und welche kläglich im Sande verlaufen.
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MarzoMatto, stimme in vielem zu, aber bitte: die marxisitsche Sprache findet sich hoffentlich in den Kommentaren, nicht in meinem Beitrag. Ich habe nämlich von Marxismus so wenig Ahnung, daß ich mich beinahe dafür schämen muß.
Schon wieder eine andere Nacht...
Schon wieder eine andere Nacht – sind wir weiter in der Diskussion über die Verwendung von Wissenschaft? Ich denke schon. Nachdem üblichen Austeilen von kleinen Gemeinheiten in Blogs würde ich, was ich da so lese, gerne wie folgt zusammenfassen (das ist ein Beispiel für Seminarsoziolekt, nicht hübsch, aber lang):
1. Wissenschaft hat auch etwas mit Macht zu tun. Max Horkheimer (hier zitiert weil es sich um einen mündlichen Kommentar in einem Seminar handelte) meinte zur Wertfreiheit von Wissenschaft etwa so: wenn man sich an eine wissenschaftliche Arbeit macht, überlegt man sich zuerst die möglichen gesellschaftlichen Konsequenzen (was zum Nichtmachen führen kann), dann arbeitet man entsprechend den Methoden und Theorien seiner Wissenschaft, wenn man fertig ist, schaut man sich das Ergebnis an und überlegt, was für gesellschaftliche Folgen das haben könnte und entscheidet über die Veröffentlichung.
2. Davon sind die Naturwissenschaften nicht ausgeschlossen. Auch teile ich nicht die Meinung, selbige mit Mathematik zu verwechseln (die ja manche als Geisteswissenschaft ansehen).
3. Sobald Wissen Macht sein kann (und wenn es nur den Zugang zu besseren Stellen ist) kommt die Politik mit der fast zwanghafte Abschottung von Machmenschen vom Rest der Menschheit. Das gelingt oft sehr lange: beispielsweilse blieb der Anteil einer Kohorte junger Leute, welche ein Universität besuchte in Deutschland zwischen 1917 und den siebziger Jahren konstant (ca 6%). Das war effektive Machtkontrolle, weil nur die Uni Zugang zum höheren Dienst in Staat und Wirtschaft eröffnete. Die bewußte Öffnung der Universitäten hat danach zu einem Zuwachs von Studienanfängern auf über 30% geführt. Damit hat sich die Universität etc. als Mittel der Zugangskontrolle zur Macht mehr oder weniger erledigt. Zugleich wird der Heiligenschein zunehmend aberkannt und Wissenschaft integraler Teil unserer Gesellschaft (Zeichen dafür: dieser Blog).
4. Fachsprachen (Herrschaftswissen): Wissen light ist nicht zu haben, aber die deutsche Dunkelheit des Ausdrucks kann und sollte man verlernen.
5. Geschichte der Arbeiterbewegung – Bildung und Aspiration, ebenso wie der Wille zur Teilhabe an Macht, gehören, so weit ich weiss in D und UK (dort insbesondere Schottland) zur Arbeiterbewegung. Eine ganz hässliche Seite der Bekämpfung von Gewerkschaften war die absichtliche Zerstörung derer Bildungswerke.
6. und jetzt? Gute Nacht, mehr fällt mir nach dem langen Lesen nicht mehr ein, ausser den Augen, die zufallen.
@GuX
„Weshalb die Idee...
@GuX
„Weshalb die Idee heuchlerisch ist, auch Doktoranden die Möglichkeit von unabsichtlichen Fehlern zuzubilligen, müssen Sie mir bitte erklären.“
Nicht diese Idee ist heuchlerisch, sondern ihre Behauptung hier ginge es um ein oder zwei Fehler! Sie kennen die Ergebnisse der Recherche von Schavans Arbeit oder gar der von Guttenberg?
Ich will ihnen allerdings gerne zubilligen, dass es ohne Computer nicht möglich war Dissertationen so zu überprüfen wie heute. Aber sie tun nun mal ausserdem so, als sei das auch nach dem Überprüfen deshalb immer noch alles völlig in Ordnung so.
Recherchieren sie sie doch mal zB was so einen Hartz IV Bezieher für Konsequenzen erwarten, wenn er sich mal „irrt“ oder „einen Fehler“ macht….
Die Betrügerei dieser Doktores steht ja nicht im luftleeren Raum, sondern sie symbolisiert das Verhalten so mancher Mitglieder der Eliten und Leistungsträger Kaste!
Es ist das Beschönigen dieser Tatsache, ihr Messen mit zweierlei Mass, das ihre Aussagen so peinlich und heuchlerisch für mich macht.
Wie lächerlich ist denn sowas:
„…..-im Falle von Frau Schavan waren viele der Kritiker weder promoviert, noch Geisteswissenschaftler.“
Um fehlende Angaben über Zitat Quellen monieren zu dürfen muss man Geisteswissenschaftler sein????
@Sophia
Tut mir leid wenn ich mich nicht konkret genug ausgedrückt hatte. Ich wollte ihnen ganz bestimmt keine Zensur unterstellen, ich meinte ausdrücklich nur den redaktionellen Teil der FAZ, sorry.
Ganz anders bei „…es gibt einen Unterschied zwischen Schlamperei und Achtlosigkeit und Täuschung.“
Selbstverstädnlich gibt es den, und er ist quantitativ. Also wie ich schon GuX vorgeschlagen habe, schauen sie sich auf den einschlägigen Webseiten die Arbeiten von Schavan und Guttenberg an, zählen sie mit und dann sagen sie nochmal, dies sei kein gewollte Täuschung!
Dass es anders geht, es also nicht einfach nur Zufall ist, zeigt wie gesagt, dass weder Gysi noch Wagenknecht solche „Schlamperei und Achtlosigkeit“ gemacht haben, sonst hätten sie schon längste den wohl grössten Shitstorn aller Zeiten erlebt!
Ich habe kein grossen Problem mit der Verlogenheit und der Korruption der Gesellschaft, ich habe keinerlei Illusionen, es überrascht mich nicht. Aber was ich nicht mag, das ist diese Heuchelei mit der versucht wird Dinge zu beschönigen, weil man den Status Quo sonst in aller Öffentlichkeit in Frage stellen würde und die existierenden Machtverhält mit Gealt aufrechterhalten müsste. Etwas das „man“ vermeiden will.
Dieses Verhalten von Schavan@Co ist NORMAL!
Und die gesamte Medienlandschaft ist seit etlichen Jahren mit Meinungsmache und Manipulation erfolgreich damit beschäftigt zu verhindern, dass die Masse der Bürger dies endlich begreift. Schavan selber ist so uninteressant wie das umfallende Fahrrad in Peking…
@T.I.M
Meine Auffassung von Herrschaftswissen entspricht der ihren, und ich bin keineswegs Marxist, ich bin Anarchist. Was nur eines besagt nämlich, dass niemand das Recht hat in das Leben eines anderen Menschen gegen dessen Willen oder ohne dessen Wissen einzugreifen. (Ich will nur den üblichen falschen Unterstellungen gegen Anarchisten vorbeugen)
Auch ihnen kann ich den Vorwurf der Heuchelei nicht ersparen. Denn ihr Beispiel von „Mord, Totschlag und fahrlaessiger Toetung“ zeigt ja drei Tatbestände, die alle drei Konsequenzen nach sich ziehen. Während mit der Behauptung, Schavan habe lediglich etwas übersehen, versucht wird ihr ganzes Verhalten zu rationalisieren und somit Konsequnezen unangemessen wären.
Sie haben als viertes bei ihrem Beispiel „Notwehr“ vergessen. War ihnen wohl klar wie heuchlerisch das erst geklungen hätte?
Tyler Durden Volland, dann bin...
Tyler Durden Volland, dann bin ich schon mal etwas beruhigt…. auf die Zensurfreiheit hier bin ich nämlich durchaus stolz. Davon abgesehen: bei KTG springt einem die Täuschungsabsicht geradezu ins Auge. Bei Schavan habe ich nur kurz draufgeschaut und hatte den Eindruck, daß das lange nicht so eklatant ist, zumal gemessen an früheren Maßstäben, wo die absolute Akkuratesse bei der gedanklichen Übernahme noch nicht so gefordert war wie heute. Hinzu kommt, daß ich selbst überhaupt nicht beurteilen kann, ob jenseits der fragwürdigen Stellen Schavans Arbeit einen wissenschaftlichen Beitrag leistet – was ja ebenfalls bei Rechtmäßigkeit des Titels zu beachten wäre.
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pmohler, sehr löbliche Zusammenfassung – aber wo sind bitte die Quellenangaben?
@pmohler
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Ihrem ersten Punkt...
@pmohler
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Ihrem ersten Punkt möchte ich ganz energisch widersprechen. Auch wenn man sich manchmal über die gesellschaftlichen Konsequenzen Gedanken macht, so denke ich nicht, daß dies unbedingt zu einer Selbstzensur führt. Wissenschaftler sind nämlich auch neugierig – und oft überwiegt die Neugierde und Wahrheitsliebe.
@Tyler Durden Volland
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Ich...
@Tyler Durden Volland
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Ich kann mich nicht erinnern, das Fehlverhalten von Guttenberg mit dem von Schavan gleichgesetzt zu haben. Bei Guttenberg sind ganze Passagen direkt übernommen worden – hier ein Versehen anzunehmen fällt schwer. Aber die Passagen, die ich bei Schavan gesehen habe (nein, ich habe nicht alle gesehen), lassen sich durchaus mit schlampiger Arbeit erklären – so etwas sehe ich bei meinen Studenten (bis zu Doktoranden) regelmäßig: und zwar nicht, weil sie betrügen wollen.
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Das hat überhaupt nichts mit Hartz IV Beziehern zu tun; ich kann nur schwer nachvollziehen, wie dieses Beispiel hier als Argument verwendet werden kann.
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Und was die Kritik angeht: wer die Arbeitsweise von Schavan kritisiert – bei der es eben um kurze Passagen mit fehlerhafter Quellenangabe, und nicht um lange, übernommene Texte geht – sollte sich mit solchen Arbeiten vorher schon einmal beschäftigt haben. Obwohl ich viel mit solchen Dingen zu tun habe, wäre ich bei der Verurteilung geisteswissenschaftlicher Arbeiten deutlich vorsichtiger, da es sich um einen anderen Stil und eine andere Vorgehensweise handelt. Kritik bedarf nunmal eines qualifizierten Kritikers um sinnvoll zu sein.
@pmohler (20.2. 1:50)
Ich...
@pmohler (20.2. 1:50)
Ich stimme Ihnen vollkommen zu, auch ohne Quellenangabe!
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@T.I.M. (19.2. 18:01)
@Matthias Mersch: Wie wird denn Wissenschaft heute definiert und wie hat sich das seit der Renaissance veraendert (also seit der Vertreibung der Religion aus der Naturwissenschaft, wenn Sie so wollen)?
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Schon das mechanistische Weltbild der Renaissance und damit die Auffassung von Wissenschaft kam weitgehend ohne Gott aus, was nicht bedeutet, dass Galileo Galilei und Issac Newton keine religiösen Menschen gewesen wären, was sich u.a. an ihren theologischen Schriften ablesen lässt. Lesen Sie hingegen “Der Teil und das Ganze” aus der Feder von Werner Heisenberg, so wird Ihnen eine Gottesvorstellung entgegentreten, die christlichen Glauben für vereinbar mit naturwissenschaftlicher Erkenntnis hält.Wieder andere machen aus ihrem Wissenschaftsglauben eine Religion. Religion ist also mitnichten aus der Wissenschaft vertrieben.
Für die Definition von Wissenschaft heute halte ich zwei Dinge für bedeutsam: Das weitere Auseinanderdriften von Natur- und Geisteswissenschaften (eindrucksvoll in diesem Forum demonstriert) und das immer größere Ausdifferenzieren (positiv aufgefasst) oder Ausfransen (negativ aufgefasst) der Wissenschaften in unzählige Fachgebiete zu dem, was Adorno als Departementalisierung des Geistes geschmäht hat. Dennoch gibt es Leitwissenschaften, an denen besonders gut der Einfluss von Moden und Bedürfnissen der Gesellschaft sichtbar wird: in den fünfziger und sechziger Jahren war dies die Kernphysik, in den siebziger Jahren Kybernetik und Soziologie, in den achtziger Jahren Ökologie, in den neunziger Jahren die Betriebswirtschaftslehre (die ich persönlich gar nicht zu den Wissenschaften zählen würde) und heute sind es wohl die Neurowissenschaften und die Biotechnologie, während die Wissenschaftlichkeit oder die Universitätsreife einer alten Leitwissenschaft wie der Theologie zunehmend in Frage gestellt wird. Eindrucksvoll ist auch die Karriere der Zahnmedizin von der Tätigkeit des Baders über den Dentisten zum großverdienenden Doktor in den achtziger Jahren, während man heute hört, dass es immer schwieriger werden soll, als Zahnarzt auf seine Kosten zu kommen.
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@MarzoMatto (19.2. 23:14)
@Matthias Mersch
Grundlagenforscher bewegen sich im Rahmen dessen, was eine Gesellschaft in ihrer jeweiligen Epoche als Wissenschaft definiert. Diese Definition wird nicht von der Wissenschaft selbst geliefert, sondern von den Bedürfnissen und Interessen der Gesellschaft.“ Das bekäme ich gerne mal anhand der Quantentheorie, der speziellen Relativitätstheorie und z.B. de Vita des indischen Mathematikers Ramanujan erklärt. Die seinerzeit herrschende Forschung konnte mit deren Erkenntnissen– vorsichtig gesagt – überhaupt nichts anfangen. Und ich würde auch gerne verstehen, warum sehr junge, mathematikgegeisterte Menschen Zahlentheorie lieben – ich gehörte auch dazu – bevor sie eine Ahnung von Kryptographie, Codierung, Geheimdiensten etc. haben. (Das bezieht sich auch auf andere Darlegungen von Devin08). Ich habe mich nicht vor irgendeinen Karren spannen kassen –oder bilde ich armet Irrer das alles nur ein?!?
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„Vor irgendeinen Karren“ sind sie immer gespannt, im beruflichen wie im privaten Leben, ich halte das für eine unausweichliche Bedingung menschlicher Existenz. Die Frage rührt nicht an geheimdienstliche Tätigkeit, sondern daran, warum und wodurch junge Menschen ihre Begeisterung für Mathematik entdecken oder warum es vor dreißig Jahren in Deutschland fast keine Physikstudentinnen gab und noch heute sehr wenige Ingenieurinnen. Begeisterung und Abkühlung werden gesellschaftlich vermittelt.
Wenn Sie von der „herrschenden Forschung“ sprechen, meinen Sie damit die Beharrungstendenz der Wissenschaft, ich spreche nicht darüber und auch nicht von den vielzitierten Paradigmenwechseln in den Naturwissenschaften, auf die Sie anspielen, sondern darüber, was diesen Beharrungstendenzen und Revolutionen der Wissenschaften den Rahmen bereitstellt. Was Wissenschaft ist, wird uns von unseren Vorstellungen darüber diktiert, was des Wissens würdig ist. Dazu ein konkretes Beispiel: Einige Aborigines, die bekanntlich eine höchst elaborierte Kunst des Überlebens in ungastlicher Umgebung kultiviert haben, wurden einmal auf ein Flugzeug angesprochen, das gerade über ihre Köpfe flog. Selbstbewusst erklärten sie auf eine entsprechende Frage, dass sie ohne Weiteres etwas Ähnliches konstruiert haben würden, wenn sich ihnen denn die Notwendigkeit dazu erschlossen hätte. Man kann das natürlich als haltlose Prahlerei abtun, je mehr ich aber über diese Äußerung nachdenke, desto schlüssiger kommt sie mir vor: eine Gesellschaft erarbeitet sich das, was sie – aus welchen Gründen auch immer – für notwendig und erstrebenswert hält.
Die beste Erläuterung der sozialen und historischen Bedingtheit der Quantentheorie erhalten Sie in dem von Karl von Meyenn herausgegebenen Band “Quantenmechanik und Weimarer Republik”, Braunschweig, Wiesbaden: Vieweg 1994
Grundlegend und sehr empfehlenswert zur Frage der Einbettung der Relativitätstheorie in das geistige Umfeld ihrer Entstehungsjahre ist Alfred Fölsing,”Albert Einstein: Eine Biografie”, Frankfurt/Main: Suhrkamp 1993. Das Buch ist zwar ein bisschen dick, aber das Leben Einsteins war ja auch lang und interessant.
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Selbst die Leistungen einer Inselbegabung wie Ramanujan hätte es nicht gegeben, wenn die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen nicht „gestimmt“ hätten. In seinem Fall: Abstammung aus einer brahmanischen Familie als grundlegende Voraussetzung des Bildungserwerbs, frühzeitige Berührung mit dem britisch geprägten kolonialen Bildungssystem des damaligen Indiens, in dem keine traditionelle indische Mathematik mehr gelehrt wurde, sondern die britisch vermittelte internationale, wegweisender Kontakt zu V. Ramaswamy Ayer, der als Absolvent des Presidency College (britische Gründung um 1840) in Madras im Dienste der Kolonialverwaltung stand und die Indian Mathematical Society gründete, die natürlich in der Tradition der Akademiegründungen im Europa des 17.und 18.Jahrhunderts wurzelt.
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Ich finde, dass Ihnen die vorlesungsstörenden Studenten durchaus etwas beigebracht haben, was mich in meiner Überzeugung bestätigt, dass Professoren viel Nützliches von ihren Studenten lernen können, auch wenn diese oft als Störfaktoren wahrgenommen werden. Von unseren Eltern lernen wir leider viel weniger, als man gemeinhin annimmt. Ohne ihrem Vater oder dem Andenken an ihn zu nahe treten zu wollen, glaube ich, dass er Sie in diesem Fall etwas Falsches gelehrt hat, das zudem Marx und Engels sehr Unrecht tut.
Na, das ist mir ein schönes "Pflichtfeld"! FAZ.NET setzt einen großen Schritt in die verwaltete Welt
Dem Satzspiegel der Kommentare hat die neuerliche Verschlimmbesserung der Website jedenfalls nicht gut getan. Die diskreten Pünktchen taugen nicht mehr zum Setzen einer Leerzeile. So ergibt sich selbst ganz ohne Zutun des Autors eine gräßliche Textpampe …
Die Wissenschaft ist nicht selten eine Hure
@Marzo Matto: Ich befürchte, dass ich Ihre Fantasie nicht anregen kann, daher nur ein ganz kurzer Kommentar. Von den ersten Philosophen an wird immer wieder die eine Frage diskutiert, nämlich inwieweit nicht die Theorien der Menschen die Interessen derer vertreten, die die Muse dazu haben, Theorien zu vertreten. Welche Rolle spielt die Wissenschaft? Wem nützt sie? Wem schadet sie? Und Sie stellen sich hier hin und tun so, als hörten Sie das zum ersten Mal!? Studieren Sie die Scholastik! Erkennen Sie das Interessegeleitete an der Logik, und Sie werden vielleicht drauf kommen, wie sehr die herrschenden Gedanken die Gedanken der Herrschenden sind! Bei aller Liebe zur Weisheit, die „Vernunft“ ist eine opportunistische Disziplin, so wie die Wissenschaft nicht selten eine Hure. In meinem Blog komme ich immer wieder auf diese Themen zurück! Und holen Sie Marx und Engels aus dem Keller, dort gehören Sie nicht hin! Und den Ausführungen von Mathias Mersch habe ich nichts hinzuzufügen.
T.I.M. @Matthias Mersch
Deswegen sag ich ja “etwa seit der Renaissance”. Dass es in der Wissenschaft unterschiedliche Moden gibt (“Leitwissenschaften” wenn Sie so wollen) bestreite ich ja nicht, bloss aendert das nichts an der grundsaetzlichen Definition von Wissenschaft. Galilei (als einer der ersten) hatte keine grundlegend andere Vorstellung von Wissenschaft als wir heute.
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Bei der Theologie habe ich so meine Probleme, weil durchaus wissenschaftliche Methoden angewendet werden, ausser in der Religionssoziologie und -geschichte die moeglichen Ergebnisse aber schwerlich “offen” sind (sondern ab einem gewissen Punkt dogmatisch). Man kann aber moeglicherweise Theologie auch so auslegen, dass sie noch als Wissenschaft durchgeht. .
Mit “Vertreibung der Religion” meinte ich die klare Trennung von wissenschaftlicher Erkenntnis und religioesem Glaube (was nicht heisst, dass Wissenschaftler nicht religioes sein koennen)
T.I.M. @Tyler: Schavan (zum letzten) [ceterum censeo: Die neuen Kommentare sind Muell!]
Soweit ich das gesehen habe, hat Schavan ja keine Quellen verheimlicht, sondern sie hat nahe am Wortlaut paraphrasiert, anstatt, korrekterweise, in direkter und indirekter Rede zu zitieren, was den gesamten Umfang der uebernommenen Darstellung klargemacht haette. Die richtigen Quellen sind aber (fast immer) zitiert. Was GuX wohl meint, wenn er sich (wie ich auch) kein Urteil ueber geisteswissenschaftliche Arbeiten anmassen will, ist, dass direktes Zitieren in naturwissenschaftlichen Arbeiten quasi nicht vorkommt. I.d.R. ist der eigenstaendige Part der Forschungsleistung klar ersichtlich (vor allem bei experimentellen Arbeiten). .
Notwehr ist uebrigens kein Straftatbestand, insofern auch nicht Teil meiner Analogie.
Stellen zaehlen, an denen (auf die selbe Art) falsch zitiert wurde, beweist keinen Vorsatz. Wir werden uns hier nicht einigen, aber ich verstehe die Radikalitaet moralischer Ueberlegenheit nicht, mit der die Diskussion von vielen gefuehrt wird.
@sophia.infinitesimalia
So weit ich weiss, schrieb sie ihre Arbeit kurz nachdem die neuen Regeln für Dissertationen verabschiedet worden sind. Da sie also zu jener Zeit in aller Munde waren, muss sie diese gekannt haben…
Ich habe das allerdings nicht selbst recherchiert, dazu ist mir Frau Schavan denn doch viel zu uninteressant, sie ist ja nicht mehr als ein Symptom der zugrunde liegenden eigentlichen Krankheit, aber ich bin recht sicher es in einer offiziellen Quelle gelesen zu haben.
Ob “Schavans Arbeit einen wissenschaftlichen Beitrag leistet” weiss ich auch nicht, aber man muss schon sehr viel Phantasie haben um davon auszugehen, dass dies bei vielen Dissertationen der Fall ist.
Da wird man wohl allgemein Zugeständnisse machen müssen.
@sophia.infinitesimalia
Mal so als Randbemerkung. Als ich vor so zehn Jahren mal in der Kho Suan Road in Bangkok etwas recherchierte, konnte ich sehen, dass man dort Ph.D. Urkunden für 50 Euro erwerben konnte. Ich hab mir eine von Berkeley zeigen lassen und konnte keinen krassen Unterschied zu meiner eigenen feststellen…..
Die Wunder der Computer Technik…..
Düsseldorfer Rektor Piper antwortet Biedenkopf und Winnacker
Wen das Thema noch interessiert, hier ist noch was lesenswertes:
https://erbloggtes.wordpress.com/2013/02/16/dusseldorfer-rektor-piper-antwortet-biedenkopf-und-winnacker/
Mein letzter Beitrag wurde nicht freigeschaltet
Was ist mit meinem letzten Beitrag? Er wurde nicht freigeschaltet, wird aber als doppelt gepostet gewertet? Habe ich jemanden beleidigt?
Eigentlich ging es wohl mal um die Frage, warum jemand Forschung treibt (I)
Und dann wird uns erzählt, was der Marxismus darüber meint: Forscher eignen sich Herrschaftswissen an und verfügen darüber dann – Wissen ist ja Macht (z.B. auf dem Gebiet der Logik). Und die Frage, warum etwas ergründen will, wird von der Gesellschaft quasi mitbestimmt. Natürlich auch schon im Kindesalter. Es wird der freie Wille propagiert, aber der Forscher besitzt ihn dann doch wieder nicht. Außerdem brauchen Professoren und Studenten in ihrer offenkundigen Beschränktheit anscheinend eine ganze Menge Unterstützung z.B. durch – sorry: pöbelnde, nicht einmal wenigstens von elementaren Grundkenntnissen beeinträchtigte – Störer und andere “Kämpfer”, damit sie zu kritischen Wissenschaftlern werden und letztere überhaupt erst verstehen. Dabei ist die materielle Abhängigkeit offenkundig, dass also ein Forscher wie ein Kulturschaffender dem schnöden Broterwerb nachgehen muss. Mehr dazu bei Philip Mirowski nachlesen oder in den Life Sciences ~ Bio-Engineering.
Eigentlich ging es wohl mal um die Frage, warum jemand Forschung treibt (II)
Wenn es dann endlich konkret werden soll, wird man – s. pmohler – wie gehabt auf umfangreiche Sekundärliteratur verwiesen. Auf den Unterschied zwischen Grundlagen- und anwendungsorientierter Forschung wird auch nicht eingegangen. Die Grundlagenforschung in Quantenmechanik und Relativitätstheorie entsprang – so mitgeteilt – dem gesellschaftlichen Umfeld und nicht dem Dilemma, das zwei Theorien sich beißen. Vielleicht war das ja nur ein ideologisches Plagiat, aber genauso haben die – nochmals SORRY – arischen Rasse-Theoretiker angesichts des methodischen, für Sie unverständlichen Repertoires dieser Theorien auch argumentiert und sich ganz genauso biographischer Deutungen bemüht wie pmohler. Auch wenn ich manchem zustimmen kann und „der Kapitalismus“ in seiner materialistischen Plumpheit – soundsoviel Forschung missbraucht: monokausale, evidenzfrei angelegte Interpretationsmuster dienen nicht der Erkenntnis, sondern der Deutungshoheit – also Machtausübung und letztlich Unterjochung.
Bedauere die Verzögerung...
… ich habe ein Weilchen gebraucht, um mich wieder einloggen zu können.
Gast, nennen Sie mich naiv, aber ich hoffe durchaus, daß die Mehrzahl der Promotionen noch wissenschaftlichen Zwecken dient und nicht nur der Selbstdarstellung.
Marzo Matto, hier geht es andauernd um alles, auch um die ganz großen Fragen des Lebens – wobei ich gestehen muß, Ihnen nicht ganz folgen zu können.
Excusé, liebe Sophia Amalie Antoinette Infinitesimalia, die ganz großen Fragen...
…werden hier von ein paar Unentwegten eingebracht, die dem Rest klar machen wollen, dass diese total unemanzipiert sind, wenn Sie Wissenschaft treiben. Gottlob plädieren diese (Devin08 und Matthias Mersch z.B.) für ein Denksystem, das nachweislich niemals nur den geringsten Anschein hatte, Menschen zu bevormunden. Spaß beiseite: ich habe anstatt dieser exegetischen Zitier-Orgien noch kein griffiges Argument genannt bekommen, was gegen den naturwissenschaftlichen Grundsatz der Forderung nach Reproduzierbarkeit von Ergebnissen durch Experimente resp. logisch-wasserdichte Beweise spricht. Und ich spare mir auch das notorisch auferlegte Literaturstudium, wenn die Kommentatoren nicht den zentrelen Punkt ihrer Auffassungen erklären können. Für Verschwörungstheorien (vom stets waltenden Herrschaftswissen) ist mir dann meine Zeit doch zu schade.
Allerdings: kein nicht-triviales System/Programm/Schaltung ist so lückenloses, dass es nicht einen Fehler haben kann, sofern die Menge aller möglichen Szenarien zu mächtig ist. Analoges gilt für die Exceptions bei mathematischen Beweisen. Und für manche Theorie wie die diversen String-Theorien gibt es auch kein Experiment. Aber darum geht es hier in der Diskussion m.E. nicht. Die Logik z.B. soll Teil des Herrschaftswissens sein und muss durch die Dialektik ersetzt werden. Wie wird also dialektisch ergründet, ob sqrt(2) keine rationale Zahl ist.
Was den wissenschaftlichen Betrug anbelangt: den gibt es natürlich auch in den Naturwissenschaften getreu der Devise: publish or perish. Naturwissenschaftler sind (auch) keine Heiligen, und Finanzmittel sind knapp. Ich würde dennoch eher das Augenmerk auf Wissenschaftler “auf dem zweiten Bildungsweg” legen. Damit meine ich diejenigen, die in Beratungsfirmen oder in der Politik in part-time mal schnell eine Diss hinlegen und von denen danach nie wieder etwas Wissenschaftliches vernehmbar ist. Sie brauchen Gutachter, die wiederum Drittmittel brauchen: “wes Brot ich ess, des Lied ich sing.” Mit Ratings und Rankings, die die Wirtschaft den akdemischen Einrichtugnen uvm. übergeholfen hat, hat die Erpressbarkeit durchaus, das Niveau aber keineswegs zugenommen. Je weniger Geld im Spiel ist, desto unabhängiger kann auch die Forschung sein. Und da spielt dann die Anwendbarkeit in der Tat eine ganz essentielle Rolle – genau wie imSport: wer davon leben muss, wird zu ganz anderen Kompromissen gezwungen und – s. die aktuelle Diskussion – hat keinen Raum mehr für die unbefangene Freude ander Bewegung.
Absätze einfügen....
… geht jetzt übrigens mit dem html-br. Also < und br und >. Das nenne ich Fortschritt, da wollen wir hier nicht den Punkten nachweinen, auch wenn wir selbige im Laufe der letzten zwei Jahre liebgewonnen haben.
@Marzo Matto (22.2. nachts um hoiber oanse)
Auf den Unterschied zwischen Grundlagen- und anwendungsorientierter Forschung wird nicht eingegangen, weil es keinen Wesensunterschied zwischen ihnen gibt, sondern nur einen Unterschied in den persönlichen Eignungen und Steckenpferdreitereien der Forschungspersönlichkeiten.
In unserer Wissenschaftstradition ist es angelegt, den Naturwissenschaften Objektivität, Geschichtslosigkeit und Unabhängigkeit vom gesellschaftlichen oder – besser: kollektiven – Umfeld zu bescheinigen. Dieses Bild halte ich für falsch, da romantisch verklärt und einer wissenschaftlichen Betrachtung der Entstehungsgeschichte von Wissenschaften und wissenschaftlichen Theorien nicht standhaltend.
Aber das heißt nicht, dass es keine binnenwissenschaftlichen Diskurse über Wert und Einordnung neuer Theorien gäbe! Natürlich “bissen sich zwei Theorien” in der Physik, aber das Aufkommen der Quantenmechanik allein auf die “Beißtheorie” gründen zu wollen, wäre monokausal und würde uns hinsichtlich der Frage nach der Entstehung wissenschaftlicher Tatsachen in die Irre führe. Näheres, lieber Verrückter März, ist halt nur durch einen gewissen Leseaufwand zu erfahren.
Die unbeabsichtigte Ironie der “Deutschen Physik” liegt darin, dass sich ihre Nutznießer nicht auf ihre Ergebnisse verlassen mochten und stattdessen mit qualifizierten “Ariern” wie v. Weizsäcker und Heisenberg mit “jüdischem Wissen” an einer Atombombe basteln ließen. Über die Frage, warum diese Herren der Herrenrasse, deren Angehörige sie waren und in deren Dienst sie standen, nicht die gewünschte Lieferleistung erbrachten, wurden wir von ihnen nach 1945 zu einer amüsanten Märchenstunde eingeladen, wonach es weitgehend ihrer moralischen Größe geschuldet sei, durch absichtsvolle Trödelei verhindert zu haben, dass es schon vor Kim Jong Il und der Bildzeitung einen “Irren mit der Bombe” gegeben hätte.
Oha, einmal Godwins Law so früh im Fred?
Schwerpunkte wissenschaftlicher Forschung bzw. deren finanzielle Förderung werden durch zeitgebundene gesellschaftliche Interessen bestimmt? Geschenkt. Natürlich, was denn sonst. Aber “Grundlagenforscher bewegen sich im Rahmen dessen, was eine Gesellschaft in ihrer jeweiligen Epoche als Wissenschaft definiert.” ist eine, ahemm, interessante Sicht.
Nur nicht richtig. Wissenschaft ist intersubjektiv, in den harten Wissenschaften reproduzierbar und empirisch (sprich experimentell) überprüfbar. Und das ist der Kern von Wissenschaft, der sich seit nunmehr hunderten von Jahren nicht verändert hat. Für die Funktionsweise eine Verbrennungsmotors ist es vollkommen irrelevant, was die “Gesellschaft als Wissenschaft definiert”. Wissenschaftlich ist die Erklärung für seine Funktionsweise, die ich überall auf der Welt reproduzieren und experimentell überprüfen kann, alles andere ist Schwurbelei.
Und unter welchen gesellschaftlichen Rahmenbedingungen eine wissenschaftliche Erkenntnis zustande kam, ist am Ende des Tages völlig irrelevant. Übrig bleibt eine intersubjektive und bis zu ihrer Widerlegung bzw. Aufhebung durch eine bessere gültige wissenschaftliche Theorie.
Gruss,
Thorsten Haupts
Friedensangebot an Herrn Mersch: Sie haben Recht und ich meine Ruhe
Da Sie Objektivierbarkeit im Dienste des/eines Herrschaftswissens ausmachen, erübrigen sich weitere, aus meiner unmaßgebliche Sicht redliche Diskussionsansätze wie von Herrn Haupts. Jedenfalls verstehe ich jetzt, warum jenseits des – vermutlich auch nicht objektivierbaren – eisernen Vorhangs grundsätzlich Prüfungen in Marxismus/Leninismus abzulegen waren, um die Läuterung und Befreiung vom Herrschaftswissen vor den Platons Politeia entlehnten Wächterkommisionen zu belegen, und das natürlich ganz ohne Zwang. Die Wissenschaftler waren sicherlich viel belesener in der einschlägigen Materie. Wenn ich mal wieder Zeit dafür habe, gehe ich auch in mich, wem ich als Jüngling willfährig war, als ich mich in grandioser Vermessenheit für den großen Satz von Fermat und Anderes interessiert habe. Sehr erhellend auch, dass Ihnen als Beleg für Ihre Erkenntnisse die gottlob erfolglosen deutschen Versuche, eine Atombombe zu bauen, einfallen. Klar, dass zwischen Theorie (Quantenmechanik und Kernphysik) und Anwendung (Entwicklung einer Kernwaffe) allenfalls graduelle Unterschiede bestanden. Was meine Sie, was ich so in meinem Hobbykeller bastele…
Ich verabschiede mich hier,
wer mal im neuen Salon vom Don vorbeiguckt, wird leicht feststellen, dass wir softwaretechnisch direkt von leicht veraltet auf totaler Murks umgeschaltet haben. Schade um die schönen Diskussionen, die sich nach Sophias anregenden Artikeln häufig entwickelten.
Gruss,
Thorsten Haupts
Kommando zurück
Geht doch. Ab jetzt ist es wieder erträglich.
Überflieger
Einem Überflieger wird dann gelegentlich eine Zweitverwertung seines Werkes gestattet.