Nachdenkliche, reflektierte und angemessen selbstkritische Forscher erinnern sich sporadisch daran, daß wir – der Westen – nicht der Nabel der Welt sind. Die USA sind dafür bekannt, diesem Irrglauben dauerhaft chronisch verfallen zu sein; wir auf der anderen Seite des Atlantik wähnen uns gerne aufgeklärter in solchen Fragen, ziehen dabei jedoch den Stachel aus dem Auge unseres Nächsten, ohne den eigenen Balken zu bemerken.
Besonders augenfällig ist dies, wenn es um Religion geht. Für viele aufgeklärte Europäer ist Religion ein Seitenthema, und die evangelikalen Bewegungen in den USA rufen bei Europäern oft Befremden hervor. In den Sozialwissenschaften (und besonders Wirtschaftswissenschaften) wiederum ist Religion als wesentlicher Bestimmungsfaktor menschlichen Handelns auch eher eine Nische, spätestens seit Säkularisierung und die Vorstellung vom laizistischen Staat mit dem Einfluß der Kirche aufgeräumt haben und die Zunft vor allem mit dem homo oeconomics ringt.
Zweifellos hat früher das Kirchenrecht den wirtschaftlichen Alltag vielseitig beeinflußt – man denke nur an Zünfte und Handwerk und Bankwesen – , aber das ist lange her. Umso überraschender, daß es tatsächlich bis heute Einkommensunteschiede zwischen Protestanten und Katholiken in Deutschland gibt. Zur Erklärung wird heute allerdings nicht mehr Max Webers Hypothese vom protestantischen Arbeitsethos bemüht, welche bereits in den 90er Jahren vielfach kritisiert wurde [Edit]. Zum Beispiel gingen entscheidende Innovationen – wie etwa im Bankwesen – der Reformation voraus, während es umgekehrt reichlich wesentliche Entwicklungs- und Industrialisierugsschübe in katholischen Regionen, wie zum Beispiel dem Rheinland gab.

Erst neuere Forschung in diesem Themengebiet hat gezeigt, daß es offenbar doch Unterschiede gibt, und Protestanten bis heute im Durchschnitt in Deutschland höhere Einkommen erzielen als Katholiken. Die Autoren der fraglichen Studie sehen die Ursache allerdings eher in der von Protestanten höher geschätzten Individualbildung. Da diese Wert darauf legten, die Bibel selber lesen zu können und jedem Individuum ohne Vermittlung von Priestern zugänglich zu machen, mußten guten Protestanten lesen lernen – und das eröffnete wiederum den Zugang zu vielen Arten von Bildung. Ob das tatsächlich die Ursache für die bestehenden Unterschiede ist, darüber kann man sich streiten, aber die Unterschiede sind nun einmal da – und offenbar persistent, bedenkt man, daß die Reformation mehr als 500 Jahre zurückliegt.
In anderen Ländern spielt die Kirche noch immer eine enorme Rolle, zum Beispiel in Südostasien, wo wesentliche Teile des Bankensektors darauf spezialisiert sind, Bankgeschäfte ohne die im Islam verbotenen Zinssätze zu entwickeln, während in den USA das “In God we Trust” bis heute den Alltag in vielen kleinen Dingen – und nicht nur pro Forma auf Geldscheinen – dominiert. Die USA verfügen über eine hervorragende Datenbasis und tatsächlich ist die Anzahl der Geistlichen pro Kopf um die Jahrtausendwende sogar über das Niveau von 1860 hin angestiegen, während die Ausgaben für kirchliche Belange – die in den USA freiwillig sind zugunsten der Kirche oder Kongregation, bei welcher man Mitglied ist – fast unverändert seit Jahrzehnten bei ungefähr 1 % des BNP liegen. Jenseits solcher Grundzusammenhänge fischen Forscher allerdings schnell in trüben Wassern: religiöse Menschen sind zum Beispiel seltener kriminell, aber kausale Zusammenhänge sind angesichts der Vielzahl möglicher sozio-ökonomischer Einflußfaktoren kaum klar zu beweisen. Ähnliches gilt für Effekte auf die Gesundheit jenseits von diätetischen Vorschriften: Wer nicht raucht, trinkt, und sich nicht der Völlerei hingibt, lebt logischerweise gesünder.

So gesehen ist es ermutigend, daß die Religion in der quantitativen sozialwissenschaftlichen Forschung aktuell wieder wichtiger, oder zumindest wieder öfter berücksichtigt wird. Nicht zuletzt ermöglichen weltweite „Value Surveys“ zum ersten Mal, religiöse Einstellungen jenseits von Mittelmeer und Ural systematisch zu untersuchen.
Darüber hinaus stehen heutige Sozialwissenschaftlicher nicht nur generell auf den Schultern von Riesen, sondern vor allem auch auf den Schultern von Geistlichen. Kirchliche Statistiken und die innerkirchlichen Diskurse waren der Ausgangspunkt jeder sozialwissenschaftlichen Statistik. Es waren Pfarrer wie Caspar Neumann und Johann Peter Süßmilch, die in ihren Gemeinden die ersten Bevölkerungsstatistiken erhoben und daraus systematisch Geburten- und Sterberaten ableiteten, und damit die moderne Demographie begründeten.
Zugegebenermaßen dienten ihre Arbeiten vor allem dem Zweck, Gottes planmäßiges Wirken in größerem Maßstab nachzuweisen und dadurch zur Theologie beizutragen. Diese Abeiten wären nicht denkbar gewesen in der vorreformatorischen Zeit. Es gibt Quellen, die das tridentinische Konzil von 1545 bis 1563 als zentralen Ausgangspunkt sehen, nach welchem auch theologische Diskurse sich in ihrer Qualität veränderten. Zum Beispiel scheint die Debatte darüber, ob und inwieweit der Mensch sündenfrei leben kann, tatsächlich entsprechende Ideen widerzuspiegeln. Die – offenbar im 17. Jahrhundert von Theologen vieldiskutierte – Idee, daß unter 1000 Menschen oder generell einer hineichend großen Anzahl immer einer sündigen würde, ist tatsächlich zutiefst probabilistisch und statistisch. Zwar wäre es theoretisch möglich, daß 1000 Menschen sündenfrei leben, so wie man auch 1000 Mal hintereinander eine sechs würfeln könnte – aber es ist doch reichlich unwahrscheinlich. Der Mensch war also durchaus dank freien Willens in der Lage, anständig zu leben – aber realiter, in großer Zahl, über lange Zeit, dann doch nicht – dank des Gesetz der großen Zahl und Durchschnittseffekten. Umso praktischer, daß man dennoch mit Beichte oder Gnade erlöst werden kann. Protestanten haben es da leichter .

Gleichzeitig wurde damit menschliches Handeln nicht mehr nur im Einzelfall und qualitativ-moralisch betrachtet, sondern das Element des Zufälligen stärker betont, ebenso wie das Konzept des rationalen, also interessengeleiteten Handelns, welches Verhaltensweisen vorhersehbar macht. Alles zusammen wiederum war Voraussetzung für die Arbeiten von Wissenschaftlern wie Adolphe Quételet, die von „social physics“ träumten, also einer Sozialwissenschaft, die ähnlich den Naturwissenschaften deterministische Gesetmäßigkeiten würde zeigen können. Quételet sammelte er in der erste Hälfte des 19. Jahrhunderts unzählige sozioökonomische und anthropometrische Daten, um einen „durchschnittlichen Menschen“ definieren zu können, und trug damit maßgeblich zur Weiterentwicklung der Wissenschaft bei. Die Idee von deterministischen Gesetmäßigkeiten im menschlichen Handeln war allerdings weniger erfolgreich und ist bis heute – mindestens, bestenfalls – umstritten.
Andererseits ist es gerade diese Tatsache, welche die Disziplin bis heute so spannend macht, daß ich seit drei Jahren immer wieder neue Themen finden kann, neue Aufsätze, und neue Phänomene. Wären Sozialwissenschaften tatsächlich deterministisch – wieviel langweiliger ginge es hier zu.
Für die Anregung, in diese Richtung zu recherchieren, Dank an Paul Bademeister!
Heute hat man aber allzu flüchtig gearbeitet, werthe Sophia!
Danke aber für den Hinweis auf Adolphe Quetelet, der mir noch sehr nützlich sein wird.
Folgendes Zitat aus Ihrem Blog-Eintrag hingegen legt meine Stirn in Falten (Max Weber hat ähnlich auf gewisse Wortbeiträge von Ernst Bloch reagiert) und wirft Fragen auf. Vor allem lässt es mich ernstlich daran zweifeln, dass Sie ausreichend Zeit dafür gefunden haben, um die entsprechenden Texte Max Webers aufmerksam zu lesen:
“Zur Erklärung wird heute allerdings nicht mehr Max Webers Hypothese vom protestantischen Arbeitsethos bemüht, welches bereits in den 90er Jahren gründlich dekonstruiert wurde. Die entscheidenden institutionellen und wirtschaftlichen Entwicklungen wie etwa im Bankwesen, gingen der Reformation voraus, während es umgekehrt reichlich wesentliche Entwicklungs- und Industrialisierugsschübe in katholischen Regionen, wie zum Beispiel dem Rheinland gab. Davon abgesehen habe ich ohnehin nie verstanden, wie das eher katholische Konzept der “guten Werke” mit Webers Arbeitsethos zu vereinbaren war.”
Das ist – mit Verlaub – eine Ansammlung von Kraut und Rüben, die mit Webers These nichts zu tun hat.
Dankbar wäre ich für die Nennung von Namen der eifrigen Dekonstrukteure, oder finden sich die im Aufsatze von Laurence Iannaccone?
Man muss Weber natürlich nicht beipflichten, lohnend ist seine Lektüre allemal und seine These zum Verhältnis zwischen Kapitalismus und protestantischer Ethik gar nicht schwer zu verstehen.
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Matthias Mersch, “Heute hat man aber allzu flüchtig gearbeitet, werthe Sophia!” – Sie dürfen gerne bezüglich Weber anderer Meinung sein, das ist alledings nur ein kleiner Teil des Beitrags, insofern scheint mir eher Ihre Lektüre allzu flüchtig? Die gewünschten Verweise auf Kritiker finden Sie tatsächlich im Aufsatz von Iannaccone.
Davon abgesehen haben Sie natürlich Recht (und ich habe meine pauschale Formulierung angepasst): Webers Ideen gingen deutlich über den simplen, monokausalen Zusammenhang hinaus, der üblicherweise auf Cocktailparties diskutiert wird – aber ich kann hier ja nicht Weber en détail sezieren, ich fand nämlich die historischen Hintergünde der Sozialwissenschaften spannender.
Davon abgesehen, hier noch die vermutlich aktuellste empirische Studie, die Webers Grundzusammenhang eher widerlegt: https://www.people.fas.harvard.edu/~cantoni/cantoni_jmp_2_7_1.pdf.
Nur für Eingeweihte?
Der Link führt auf einen gesperrten Server – offenbar nur für Uni-Mitglieder. Nicht sehr hilfreich!
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Suchet, so werdet ihr finden: https://davidecantoni.net/research.html
Unter Working Papers, gleich das erste.
falsch
“religiöse Menschen sind zum Beispiel seltener kriminell”
Das ist falsch, das Gegenteil ist der Fall. Die Gefängnisse sind unterproportional mit Atheisten besetzt, nicht-religiöse Menschen sind beiweitem weniger kriminell.
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Cimpoler, ich kann da nur auf in Iannaccone zitierte Studien verweisen, die zeigen, daß religiöse Menschen seltener kriminell sind (wobei der kausale Zusammehang, wie bereits gesagt, kaum nachweisbar ist, es handelt sich also nur um eine Korrelation). Wobei das natürlich vom Studiendesign abhängt, sowie der Definition von “religiös” und “atheistisch”. Ich will nicht ausschließen, daß sich gegenteilige Belege finden lassen – woher stammt denn Ihre Information?
Zeilenschinderei
Stünden Sozialwissenschaftler nicht allein auf den Schultern von Riesen, sondern vor allem auf denen von Geistlichen, gäbe es keine Eigenständigkeit in modernen Gesellschaften und alles löste sich im Elend einseitiger Abhängigkeiten auf. Dass eine solche Beschreibung allein fiktiven Charakter haben kann und niemals wahre Aussagen zur Realität des Einzelnen liefert, liegt auf der Hand. Fraglich daher, wessen höchst verbotswidrig in Szene gesetztes Werk besagte Zeilenschinderei erfüllt.
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Der noch bei Trost ist, ich kann nicht folgen.
Prüfung bestanden
Dass Sie dem zitierten Fehlverhalten nicht allein sozialwissenschaftlicher Laien keine Folge leisten möchten, spricht für Sie und Ihre Einsichtsfähigkeit.
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Der noch bei Trost ist, können Sie bitte präzisieren, welches Fehlverhalten ich vermeintlich eingesehen haben? Ihr Textverständis scheint mir immer rätselhafter….
Wahrscheinlich keine Korrelation, außer bei Drogenmissbrauch ...
Darf man hier Links einbauen? (bitte www ergänzen:)
iguw.de/uploads/media/hermann_.pdf
Der Vortrag von Hermann aus dem Jahre 2000 wertet bis dahin vorliegende statistsiche Studien zum Zusammenhang zwischen Religiosität und Kriminalität aus.
Anscheinend gibt es nur die Relevanz, dass religiöse Jugendliche seltener Drogen- und Alkohol-Delikte begehen, Nur eine Studie glaubt nachweisen zu können, dass religiöse Menschen wirklich weniger Straftaten begehen (nämlich die letzte in der Darstellung, von 1996).
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Wolfram Jäger, darf man, solange es weder ehrenrührig noch anrüchig ist. Viele Dank für den Link, das schaue ich mir in Ruhe an!
Verzeihung - wissen Sie es wirklich nicht, oder hindert Sie die political correctness am Aussprechen
Man bekommt keine aussagekräftigen Ergebnisse, wenn man die unterschiedlichsten Kohorten bunt zusammenmischt und kräftig schüttelt.
In der FAZ wurden vor wenigen Jahren mal über die Ergebnisse einer Studie berichtet, nach der junge Christen umso weniger zu Gewalt neigen, je religiöser sie sind. Bei jungen Muslimen war es genau umgekehrt.
Zu den Ursachen empfehle ich das Buch der türkischstämmigen Soziologin Necla Kelek “Die verlorenen Söhne”, in denen sie Interviews mit türkischen Strafgefangenen führt. (Ich hatte von diesem Buch lediglich mehr oder weniger trockene Fakten und Informationen erwartet, nicht aber die erschütternden Biographien, aus denen es zum Großteil besteht. Wer die Menschen, die hier unter uns leben, besser verstehen will, sollte es unbedingt lesen.)
Hier habe ich die Studie gefunden - die FAZ berichtete unter dem Titel "Gewaltbereitschaft als
Kultur” am 14. Juni 2010 über der Untersuchungsbericht Nr. 109 des Kriminologischen Instituts Niedersachsen auf S.9:
“Eine hohe Religiosität kann vor delinquentem Verhalten schützen. Zu beachten sind
aber differenzielle Befunde hinsichtlich des Gewaltverhaltens: Eine hohe christliche Religiosität senkt die Gewaltbereitschaft, eine hohe islamische Religiosität erhöht sie indirekt, in dem sie Faktoren verstärkt, die die Gewaltbereitschaft fördern. Zudem zeigt sich, dass eine hohe Religiosität die Integration von jugendlichen Migranten nicht behindert; dies gilt allerdings erneut nicht für muslimische Migranten.”
https://www.kfn.de/home/Religion_und_Integration.htm
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Das ist ein klassischer Fall von “Kausalität und Korrelation verwechselt”. Der Korrelation mag ein ursächlicher Zusammenhang zugrunde liegen, nachweisen kann man das nicht und sollte entsprechend vorsichtig formulieren.
Vielen Dank für Ihre Ermahnung, vorsichtig zu formulieren
Allerdings ist Ihr “… klassischer Fall von …” auch nicht gerade eine bedächtige Formulierung.
Haben Sie denn die Studie mal angeschaut?
Ich sehe jedenfalls keinen Grund, den Forschern eines renommierten Instituts, die über zwei Jahre hinweg mehr als 44 000 Jugendliche zum Thema Gewalt und Religiosität befragt haben, zu unterstellen, sie könnten Kausalität und Korrelation nicht auseinanderhalten und würden deshalb die Ergebnisse ihrer Studie falsch interpretieren.
– Aber vielleicht ist Ihnen ja entgangen, daß in dem Zitat die Forscher selbst sprechen, daß nicht ich da – womöglich falsch – Befunde interpretiere. Es sollte doch nur ein Beleg für meine “unbewiesenen Behauptungen” in meinem ersten Kommentar sein.
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Liebe Gabi Heintz, habe ich. Die Studie des KFN gibt rein deskriptive Statistiken auf Basis von Befragungen wieder, das sind also nicht einmal Korrelationen konditional auf andere Faktoren (Elternhaus, Bildung etc.), und ist ganz sicher ganz weit weg von Kausalität. Davon abgsehen dürfte es enorm schwierig sein, diese Faktoren empirisch sauber zu identifizieren. Ein Beispiel: Kinder mit muslimischem Hintergrund haben oftmals einen generell anderen Hintergrund (hinsichtlich Bildung, Berufschancen, Unterstützungsmöglichkeiten des Elternhauses) – das alles zusammen erklärt Delinquenz, ebenso wie Religiosität. Gilt natürlich auch für Kinder aller anderen Konfessionen. Ähnliche Probleme mit kausal empirischer Analyse habe ich hier schon einmal aufgezeigt: https://blogs.faz.net/deus/2013/03/31/essen-lassen-uber-gesellschaft-und-gewicht-1403/
Insofern muß ich das nicht bedächtig formulieren – es ist eine Tatsache. Die Autoren der Studie zeigen die Grenzen auf (S. 29), weisen auf das Problem hin und erlauben sich vor diesem Hintergrund die etwas einfacheren Formulierungen im weiteren Text, die manchmal Kausalität nahelegen (hier allerdings sehr ausgeprägt, manches hätte man m.E. wirklich vorsichtiger formulieren können). Das ist aber generell durchaus übliche Praxis, weil die nicht-kausalen Formulierungen so mühsam sind. Allerdings werden diese Formulierungen dann von den Medien ohne Einschränkung übernommen, und so entsteht in der Öffentlichkeit der Eindruck, es handele sich um ursächliche Zusammenhänge. Leider. Ist aber eher ein Problem der Kommunikation zwischen Forschern und der Allgemeinheit bzw. der Rezeption solcher Studien in den Medien. Jedenfalls wollte ich mit meiner Feststellung weder Sie (danke für den Link, übrigens!) noch die Forscher angreifen.
PEW Studien sagen das genau Gegenteil über die USA
Der langfristige Trend zeigt wer langfristig zunimmt und wer abnimmt.
https://www.pewforum.org/Unaffiliated/nones-on-the-rise.aspx
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Hm, ja, das ist das eine Ende der Verteilung – am anderen sind die Evangelikalen, die ja auch Zulauf haben, oder? Danke für den Link!
White evang.
white evang. sind doch die Evangelikalen, oder? (In Abgrezung zu “Mainline”=Lutheraner, Anglikaner, etc.) Zumindest laut dieser Studie aendert sich da nicht viel. Ausserdem interessant: In den USA sind die Katholiken schon seit einiger Zeit die staerkste Konfession (wenn man nicht alle “Protestanten” in einen Topf steckt, was theologisch auch sehr fragwuerdig waere).
In Europa duerfte die Anzahl der Atheisten und Agnostiker knapp eine Groessenordnung groesser sein.
Tatsaechlich soll die Zahl der Evangelikalen uebrigens in Suedamerika wachsen (auch wenn ich dazu keine Studie zur hand habe). Vermutlich hofft die RKK dieses Phaenomen mit dem neuen Papst abzumildern oder gar umzudrehen.
es geht nicht nur ums Geldverdienen
Weber ist mit ziemlicher Sicherheit ebenso wie viele soziologische Theoretiker nicht falsifizierbar im Sinne moderner statistischer Methoden. Und wenn es so sein sollte, dann läßt sich über deren Thesen so trefflich streiten.
Re Religionsuntersuchungen, dazu gibt es z.B. die Untersuchungen des International Social Survey Programme (ISSP) mit drei vergleichenden Umfragen zu Religion (1991, 1998 und 2008), die Daten etc. sind frei zugänglich via http://www.issp.org.
Re Kirche und Entwicklung quantitativer Methoden, mit die ersten quantitativen Inhaltsanalysen sollen schwedische Kleriker angestellt haben, um häretische Texte zu identifizieren.
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Peter Mohler, das mit den Inhaltsagaben wußte ich nicht, obwohl Textinhaltsanalyse ja bereits Thema hier war. Immer wieder faszinierend, was es alles gibt – gibt es dazu Quellen?
Literatur schwedische Inhaltsanalyse
Gerne, hier ist ein Link zu einem Text, der sich sehr ausführlich mit der damaligen Diskussion auseinandersetzt. In den Lehrbüchern zur Inhaltsanalyse wird das Ereignis meist mit ein paar Zeilen abgetan:
https://www.corwin.com/upm-data/23161_Chapter_1.pdf
flüchtig...
Hat die Autokorrektur heute ihren freien Tag?
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Nein, seit ich meine Tastatur gesäubert habe, klemmen etliche Tasten, und mein Lektor ist tatsächlich im Urlaub.
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Geschenkt! So hab ich als Nicht-Akademiker auch mal ein Erfolgserlebnis ;)
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Und wieder habe ich jemanden glücklich gemacht. Ob man meinen Heiligenschein schon sieht?
Leider muß ich mich der Kritik am "flüchtigen Arbeiten" anschließen
Die theologischen Aussagen sind oft schief und /oder unzulässig vereinfachend wiedergegeben.
“Theoretisch” sei es möglich, daß 1000 Menschen “sündenfrei leben” könnten – ? Praktisch sei aber unter 1000 Menschen immer mindestens einer, “der sündigt” – ?
Das muß aber wirklich ohne großes Nachdenken einfach so in die Tasten geflossen sein, liebe Sophia …
Wenn es auch nur einen einzigen Menschen (nicht nur „unter 1000“, sondern überhaupt) gäbe, der NICHT sündigt, hätte Gott nicht Mensch werden müssen, um uns zu erlösen.
Vermutlich ist beim „Sündigen“ der Verstoß gegen eines der 10 Gebote gemeint.
Und daß Protestanten deshalb höhere Einkommen erzielten, weil sie die Individualbildung “höher schätzen” würden (und das mit dem individuellen Bibellesen in Zusammenhang stünde), scheint mir doch eine weit hergeholte Interpretation.
Wie viel näher liegt da die Calvin’sche Theologie des wirtschaftlichen Erfolgs, der ein Zeichen für Gottes Segen sei?
Vielleicht hat es zu einer entspannteren Sicht der Katholiken auf Geld und Arbeit geführt, daß diese beiden sein und bleiben können, was sie sind – und nicht auch noch zur Selbstvergewisserung des eigenen Seelenheils gebraucht werden?
(Und vielleicht sind auch ganz banale klimatische Unterschiede mit daran beteiligt, in den überwiegend katholischen Südländern das dolce far niente gefahrloser leben zu können als im Norden, wo man z 80 – 90% des Jahres mit widerigen Witterungsbedingungen – um’s Überleben – zu kämpfen hat?)
Und was haben Sie sich bei folgendem gedacht:
“Umso praktischer, daß man dennoch mit Beichte oder Gnade erlöst werden kann. Protestanten haben es da leichter .”
Glauben Sie, die Katholiken wären nicht durch Gnade erlöst?
Die Vergebung innerhalb der Beichte ist doch auch Gnade – oder denken Sie, das wäre irgendwie etwas Magisches oder ein Automat “Oben Sünde rein – unten Vergebung raus”?
Und welcher, glauben Sie, ist der schwerere Weg, um mit etwas Bösem, das man getan hat, das einem auf dem Gewissen liegt, das einen belastet und quält, das man gerne ungeschehen machen würde, fertig zu werden:
“Einfach so” per Vernunft “in den leeren Raum hinein” daran zu glauben, daß mir vergeben ist, ganz für mich allein?
Oder:
Einen Ritus zu absolvieren, der ein Aussprechen des “Unaussprechlichen”, Gesten, das Bekennen aufrichtiger Reue und des festen Vorsatzes, so etwas nie im Leben wieder zu tun, Formeln, eine Buße (die immer ein Gebet, oft auch eine Wiedergutmachung umfaßt, in strafrechtlich relevanten Fällen auch eine Selbstanzeige beinhalten kann, manchmal muß) etc. verlangt und der mit der festen (und von Jesus autorisierten) Zusicherung des Priesters schließt, daß mir Gott vergeben hat – ?
Es gibt Psychotherapeuten, die sagen, daß die Wartezeiten bei ihnen weniger lang wären, wenn die Leute wieder mehr zur Beichte gingen.
Aber ansonsten – Sie haben vollkommen recht: die Sozialwissenschaften werden niemals langweilig.
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Gabi Heintz, “”Theoretisch” sei es möglich, daß 1000 Menschen “sündenfrei leben” könnten – ? Praktisch sei aber unter 1000 Menschen immer mindestens einer, “der sündigt” – ? ” – das Zitat soll nur die historische Debatte illustrieren, ich habe keinerlei Ambition, dazu Stellung zu beziehen, weil ich mich damit nicht auskenne, ich bin schließlich weder Theologin noch Philosophin. Ähnliches gilt für das Konzept der Gnade, ich würde da niemals Fachwissen für mich reklamieren wollen – es scheint ja aber doch in diesem Punkt fundamentale Unterschiede zwischen Protestanten und Katholiken zu geben, und darauf wollte ich hinweisen.
Die Calvinsche Theologie ist insofern als Erklärung unzulänglich, als sie geographisch beschränkt ist – das Phänomen der Einkommens- und Bildungsunterschiede hingegen vielerorts gilt. Von allen möglichen Ansätzen mit konkret wirtschaftlichen Auswirkungen, die außerdem meßbar sind, scheint mir Bildung am ehesten glaubwürdig und nachvollziehbar, zumal es dazu systematische Forschungsarbeiten gibt. Aber für solche Differenzen und zur Korrektur der zwangsläufigen Unschärfen (bei begrenzter Beitragslänge) gibt es ja die Kommentare.
Zitate
Zu wissen, was man weiß, und zu wissen, was man tut, das ist Wissen.
Konfuzius
Besser schweigen und als Narr scheinen, als sprechen und jeden Zweifel beseitigen.
Abraham Lincoln
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Wolfgang Hennig, sehr kryptisch, ist das der Mittelweg zwischen Schweigen und Reden?