Deus ex Machina

Deus ex Machina

Über Gott und die WWWelt

Aus der konspirologischen Komfortzone

| 40 Lesermeinungen

Unser Treiben im Netz wird nahezu lückenlos erfasst und überwacht. Kryptographie-Experten raten daher zum konsequenten Verschlüsseln unserer Online-Kommunikation. Doch das ist eine Scheinlösung, die das Problem nur verlagert.

(…)Daher werden die Leute immer feindseliger und „paranoider“ gegenüber ihrem Staat, und die Regierung, die das merkt, wird immer nervöser wegen irgendwelcher „Militanten“ oder „Kulten“ oder „Hippies“ oder „Extremisten“ oder sonstigen staatsfeindlichen Minderheiten, die sich überall aufhalten und alles mögliche aushecken könnten. Daher stellt die Regierung mehr Lauscher und Abhörer ein, legt mehr Wanzen und spioniert das Volk mit immer größerem Eifer aus. Diese seltsame Schleife wird schnell zum Teufelskreis, da sich die staatliche Paranoia in Sachen Volk und die des Volkes in Sachen Staat gegenseitig aufschaukeln.  (Robert Anton Wilson im Vorwort zum „Lexikon der Verschwörungstheorien“)

Es ist fast auf den Tag genau ein Jahr her, da hatte ich als Themenanregung für dieses Blog einen Beitrag in meine Bookmarks gespeichert, der sich mit dem Bau des gigantischen Datencenters der NSA in Utah befasste und einen angeblichen Insider zu Wort kommen ließ, der eine ziemlich düstere Ansage machte, was da wohl so alles gespeichert werden würde – auch und gerade über US-Bürger. Ich konnte die Seriosität der Quelle nicht so recht einschätzen, es kam da zunächst auch nicht viel nach zum Thema. Haften blieb das Gefühl von „man müsste doch mal was dazu machen“, aber irgendwie kam jedes Mal etwas anderes dazwischen, das Thema verstaubte monatelang in der virtuellen Mappe – und dann blies plötzlich der NSA-Insider Edward Snowden in die Alarmtröte. Die staunende Weltöffentlichkeit registrierte mit heruntergeklappter Kinnlade, welch gigantischen Schnüffelaufwand die US-Behörde rund um den Globus und längs und quer durch alle Kanäle treibt. Und ich? Gestehe ich‘s offen, in dem ganzen kakophonen Crescendo von immer neuen Berichten und Enthüllungen hatte ich plötzlich Schwierigkeiten, mit eigener Stimme in das große Konzert der Jammerarien und Entrüstungs-Koloraturen einzusteigen. Denn so eine große Überraschung waren die Enthüllungen eigentlich nicht. Und doch hatte die Bestätigung, dass es wohl tatsächlich so schlimm ist wie schon länger vermutet, auch etwas Niederschmetterndes. Vorher blieb einem als einigermaßen sensibilisiertem Zeitgenossen zumindest noch das mentale Schlupfloch, man könnte mit der Vorstellung einer weitgehenden Überwachung aller digitalen Lebenszeichen ja auch einer Verschwörungstheorie aufgesessen sein.

© FAZ 

Doch in diese Komfortzone gibt es kein Zurück. Wir erleben derzeit, „wie nach und nach alle schönen Verschwörungstheorien, für die Leute über Jahrzehnte als paranoide Spinner verunglimpft wurden, sich als wahr herausstellen“, schreibt Felix von Leitner alias fefe, ein anerkannter Experte auf diesem Gebiet und Posterboy aller Berufsparanoiker. Die Existenz der NSA war jahrelang eine Verschwörungstheorie, dann Echelon, dann dass auch US-Bürger abgehört werden. Das Nato-Stay-Behind-Netzwerk und vieles andere, was heute als gesichertes Wissen gilt, war lange Verschwörungstheorie. „So langsam werden die Theorien knapp, die sich noch nicht als wahr herausgestellt haben. Was kommt als nächstes? Queen Elizabeth ist wirklich ein außerirdisches Reptil?“, fragt sich fefe.

Nun, daran, dass alle untereinander versippten Blaublütler dieses Planeten einer reptiloiden Rasse von Formwandlern angehören und uns Normalmenschen seit Menschengedenken versklavt halten, bleiben auch weiterhin Zweifel erlaubt. Zudem erklärt diese originelle Hypothese, mit welcher der einstige BBC-Sportreporter David Icke Bücher, Websites und Vortragssäle füllt, so gut wie nichts, was man nicht auch mit bodenständigeren Annahmen erklären könnte. Für viele, denen dieses konspirationstheoretische Parkett zu fremd und schlüpfrig ist, stellen sich ohnehin eher ganz praktische Fragen: Muss ich mein Kommunikationsverhalten wegen der permanenten Überwachung aller Kanäle anpassen, verschlüssle ich künftig meine Mails, hoste ich meinen Mailserver selbst – oder wenn nein, warum nicht?

© FAZ 

Ich whistleblowe an dieser Stelle mal ganz weltexklusiv, dass ich diesen Aufwand nach wie vor scheue: Ich sende und empfange unverschlüsselt, auch wenn dieses Bekenntnis technikaffinen Topcheckern unter den Internetcommunitybenutzern womöglich die Fußnägel hochrollt. Da ist natürlich Bequemlichkeit im Spiel, ganz klar, und zum anderen spielt auch die Frage nach der Verhältnismäßigkeit der Mittel hinein. Vor über zehn Jahren glaubte ich beispielsweise noch, dem großen Lauschangriff mit einem nicht auf mich registrierten Handy ein Schnippchen schlagen zu müssen, heute belächle ich diese Marotte, und ich lege das Handy zuhause oder zu Besuch auch nicht in den Kühlschrank, um es gegen unerwünschte Aktivierungen abzuschirmen. Sicher, man könnte enormen konspirativen Aufwand treiben, aber wozu? „Wer lackiert sein Auto regelmäßig um, obwohl er keine Banken damit überfällt?“ fragt Friedemann Karig in seinem lesenswerten Beitrag unter der Überschrift „Verschlüsselkinder“ auf carta.info.

Nun argumentieren die Befürworter der Kryptographie, dass man ja auch in Briefumschläge stecke, was man offen lesbaren Postkarten nicht anvertrauen möchte. Oder wenn schon mitgelesen wird, dann bauen wir wenigstens den Zaun, über den die Schnüffler steigen müssen, so dicht und hoch wie möglich. Ja, kann man natürlich so sehen. Aber was mich an dieser Auffassung (abgesehen von der Verhältnismäßigkeitsfrage und dem beträchtlichen Aufwand, den das für den technischen Laien mit sich brächte) stört ist folgendes: Ein gewaltiges gesellschaftspolitisches Problem (nämlich das der nahezu lückenlosen und verdachtsunabhängigen Überwachung aller Kommunikationskanäle und Verbindungen) wird abgewälzt auf das Individuum – aber nicht wirksam politisch bekämpft.

Zudem braucht es keine Prophetengabe, um vorherzusehen, dass signifikant steigende Verschlüsselungsraten im Datenverkehr die Dienste auf den Plan rufen würden, Mittel für noch leistungsfähigere Codebrechern mit noch viel mehr Rechenpower zu fordern, um dieser potenziellen Bedrohung der allgemeinen Sicherheit Herr zu werden. Oder wie es Friedemann Karig auf carta.info ausdrückt: „Individuelle Verschlüsselung setzt eine Negativ-Spirale in Gang. Individuell wie politisch. Denn jeder bauernschlaue Geheimdienst wird, seiner Logik gemäß, folgern: Wer verschlüsselt, hat etwas zu verbergen.“

© FAZ 

Und zu guter Letzt: Wenn sich schon der amtierende Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich nicht entblödet, Sicherheit als „Supergrundrecht“ zu deklarieren, das vor allen anderen Grundrechten Vorrang genieße, sollte es den fortgeschrittenen Konspirologen doch stutzig machen, wenn der CSU-Mann den Bürgern im gleichen Atemzug ans Herz legt, selber für den Datenschutz zu sorgen und der Verschlüsselungstechnik mehr Aufmerksamkeit zu widmen. Wenn das in der Form, wie es für normalsterbliche Nichtnerds praktizierbar ist, einen wirksamer Schutz gegen die Neugier der in- und ausländischen Überwacher böte, würde der Innenminister das bestimmt nicht empfehlen, oder? Das Schlusswort überlasse ich dem verstorbenen Altmeister R.A. Wilson: „All diese Zyklen verwickeln sich zu einem Knäuel von seltsamen Schleifen und Teufelskreisen, aus denen es gegenwärtig keinen Ausweg zu geben scheint. Und jede Stimme, die versucht oder vorgibt, in dieser schizoiden Situation die Wahrheit zu sagen, gerät sofort unter Verdacht, ein weiterer Verführer oder Manipulator zu sein.“


40 Lesermeinungen

  1. sven sagt:

    Verschlüsseln…
    “Ein gewaltiges gesellschaftspolitisches Problem (nämlich das der nahezu lückenlosen und verdachtsunabhängigen Überwachung aller Kommunikationskanäle und Verbindungen) wird abgewälzt auf das Individuum – aber nicht wirksam politisch bekämpft”

    Politische Änderungen haben in meiner Generation keine Chance mehr. CDU/CSU, FDP, SPD und Grüne wollten und wollen abhören. Die PDS sicher auch, sobald sie an den Fleischtöpfen sitzt (und ach, Piraten…).

    Verschlüsseln mit gnuPGP macht das Mitlesen schwer bis unmöglich, und bis zur Entwicklung von Quatencomputern wird sich daran auch nichts ändern. Eine Negativ-Spirale mit dem Ergebnis immer aufgeblähterer Dienste sehe ich auch nicht. Dienste sind immer noch Behörden. Und solche Bürokratien beschäftigen sich mit zunehmender Größe immer mehr mit sich selbst. Wie dysfunktional es dann zugeht sieht man ja schön bei Bradley Manning: ein Gefreiter (!) kann die ganze internationale Politik aufwirbeln.

    Allen meinen geschäftlichen Mails hatte ich vor ca. 10 Jahren immer eine pgp-Signatur beigefügt. Ich habe keine einzige verschlüsselte oder auch nur signierte Mail erhalten. Dies in einem Umfeld wo man öfters 10-seitige Verschwiegenheitsverpflichtungen für Angebotsunterlagen unterschreiben muß (die selbstredend per mail kamen). Ich hoffe und glaube, daß dies sich jetzt ein wenig ändert.

    Natürlich hilft das Inhalte verschlüsseln nur begrenzt. Die Verbindungsdaten bleiben immer noch. Und wieviele der TOR-Endnodes sind nicht von der NSA?

    • marco_settembrini_di_novetre sagt:

      Naja,
      letztlich ist der reale politische Impact eines Bradley Manning (oder überhaupt von der ganzen wikileaks-Geschichte) doch recht begrenzt, wenn man mal den Theaterdonner ausblendet. Ich meine, selbst wenn der US-Verteidigungsminister deswegen seinen Hut hätte nehmen müssen, wäre der nächste Wunschkandidat des militärisch-industriellen Komplexes ins Kabinett gekommen, aber weder die US-Außenpolitik noch das System als solches hätte ernsthaft gewackelt.

      Mit dem Hinweis auf geschäftliche Mail haben Sie aber einen wichtigen Punkt. Wenn man davon ausgeht, dass die massiven Erkenntnisinteressen der US-Auslandsdienste gerade auch in Richtung Deutschland nicht völlig frei sind von wirtschaftlichen Interessen, sollte es aus wohlverstandem Eigeninteresse der Wirtschaftsspionage nicht leichter gemacht werden als nötig.

    • sven sagt:

      Titel eingeben
      Der Kaiser stand nackt am Bahnhof. Alle habe ihn gesehen, auch meine Tante. Das hat Diskursfelder geöffnet, die vorher kaum möglich waren. Das trifft bei Snowden natürlich noch viel stärker zu.

      Konkrete Konsequenzen? Zu Manning Zeiten hatten glaube ich ca. 70.000 Leute Zugriff auf die Depeschen. Das wird sich wohl fundamental gewandelt haben. Nach Snowden schieben alle Sicherheitsbehörden Panik. Eine Organisation in der Misstrauen herrscht ist sehr ineffizient. Organisationen die Geheimnisse bewahren wollen sind nicht skalierter.

      Die Hetzjagt auf Manning, Assange und Snowden ist zur Meinungsbildung auch sehr hilfreich.

    • marco_settembrini_di_novetre sagt:

      Ja schon,
      aber um Meinungen schert sich die Machtpolitik nicht so viel wie man gemeinhin denkt. Zum Thema Snowden gibt es übrigens auch eine interessante Hypothese, die ich nicht vorschnell ins Reich der Phantasie verweisen würde: Zwischen den verschiedenen US-Diensten existieren zum Teil zum Teil erhebliche Rivalitäten, besonders zwischen der NSA, die in den letzten Jahren fantastilliardenschwer gepäppelt wurde, und der CIA, dem konventionelleren Auslandsgeheimdienst, der sich im gleichen Zeitraum eher stiefmütterlich behandelt fühlte. Snowdon hat seine Karriere bei der CIA gestartet, stieg dann angeblich wegen ethischer Bedenken aus und heuerte dann über Umwege bei einem privaten contractor der NSA an (wo ja ethisch kaum vertretbareres abläuft). Und dann bekommt so ein nicht mal 30jähriger Jüngling clearance für Megatonnen von hochbrisantem Zeug? Wie nun, wenn er nach wie vor ein CIA-Uboot geblieben wäre mit dem Ziel, dem rivalisierenden Auslandsgeheimdienst so richtig in die Suppe zu spucken? Ich denke nicht, dass der sich alles, was er im Tornister haben will, eigenhändig bei der NSA unter den Nagel gerissen hat, der ist auch massiv mit Material eingedeckt worden, das andere für ihn gesammelt haben. Dass die Russen und andere ihn nicht mit Hurra empfangen haben, kann durchaus den Grund haben, dass die den CIA-Stallgeruch wahrnehmen und sich nicht gern ein faules Ei unterschieben lassen.

      Ich versteige mich nicht zu der Behauptung, so und nicht anders muss es sein, aber wie gesagt, ich würde das nicht vorschnell abtun. Wie schrieb der Riese bei “Twin Peaks” dem Special Agent Cooper nächtens ins Stammbuch? “Die Eulen sind nicht was sie scheinen.” ;-)

    • sven sagt:

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      Ausschließen kann ich natürlich nicht, daß es so gelaufen ist, doch für meinen Geschmack ist das zu kompliziert und unwahrscheinlich.

      Man denke an Manning: Als Gefreiter mit IT Studium (und ohne unterschriebenen Vertrag :) hatte er auch Zugriff auf Top Secret-NoFor Dokumente. Die Dienste haben nach 9/11 so verzweifelt auf Effizienz getrimmt, daß sie sämtliche Geheimdienststandards wegfallen ließen. Das Ergebnis sehen wir.

      Auch aus eigener Erfahrung: Je größer eine Organisation ist und je formeller Sicherheitsvorkehrungen sind, desto mehr verkommen die Vorgaben zur reinen Formalie – und die NSA hat glaube ich 20000 Beschäftigte plus Outsourcing wie bei Snowden.

      (und aus Twin Peeks ist mir nur “verdammt guter Kaffee!” erinnerlich)

    • Dass er losgeschickt worden ist war schon immer naheliegend und ein Gruss an den Gegner sowieso sagt:

      Denn wie auch die vollkommen verquere Diskussion zeigt besteht ein erheblicher Klaerungsbedarf
      Und nach einer solchen Klaerung kann man viel besser arbeiten.

  2. WOELPHCHEN sagt:

    Sehr guter Beitrag.
    Eigentlich ein Problem, dessen Lösung uns das Universum zeigt.
    Deflation und Inflation müssen in einem gesunden, “vernüftigen” Verhältnis zu einander stehen, dann “Gleichgewicht”…”Gerechtigkeit”…”Gesundheit”,
    sonst…”Krankheit”. Nur, wohin “übertragen” wir diese “Erkenntnis”? Welche
    “Kräfte” sind überhaupt verantwortlich…Freiheit und Sicherheit in “Würde”
    von jeder “Einzelperson” als “Empfänger” und Freiheit und Sicherheit in “Würde”
    vom “Staatskomplex” als “Sender”…wir haben “Nehmer-Qualitäten”
    und “Geberqualitäten”….Die “Deflation” der Geber sorgt für “Inflation” der Nehmer.
    Ein gesundes, vernünftiges “Verhältnis” der Beiden geht nur mittels
    Dialog, Selbsterkenntnis und Einsicht. Ansonsten…”Schieflage” bis “????”.
    Es liegt unser, “Aller”, Hand. Zwangsmaßnahmen der einen oder der anderen Seite
    bedeuten, “Zerstörung”….der Lebensqualität auf der einen Seite
    und des “Regierungsystem-(Qualität?)”- auf der anderen Seite.
    Die “Qualität” unsere “Vernunft” entscheidet.
    Ein “Prüfstein” für unseren “Bildung-Status-Quo”.
    ….spannende Zeiten…nicht nur hier….im Finanzsektor gilt genau das gleiche.
    ….schau’n mer mal…sagt der “Kaiser”.

    :-)

  3. astroklaus sagt:

    Schlösser und Schlüssel
    Ist nicht schon seit vielen Jahren die maximale Länge der üblicherweise verfügbaren Schlüssel begrenzt? DAMIT Dienste wie die NSA das mit vertretbarem Aufwand knacken können.
    In kleinerem Maßstab sieht man das doch auch bei den Schlössern für Koffer und Reisetaschen: Dort bekommt man zunehmend “TSA-taugliche” Schlösser, das heißt, sie lassen sich mit einem Generalschlüssel öffnen, egal wie sie sonst verschlossen wurden. Dabei habe ich mich immer gefragt: wer stellt denn dort sicher, daß kein “Unbefugter” so einen Generalschlüssel hat?
    Neu ist das alles in der Tat nicht.

    • marco_settembrini_di_novetre sagt:

      Titel eingeben
      Von der limitierten Schlüssellänge hatte ich auch verschiedentlich gehört, bzw. gelesen. Ich muss gestehen, dass ich auf dem Gebiet der völlige Laie bin und mich schwer damit tue, aus widersprüchlichen Aussagen à la “Verfahren X ist sicher” – “nein, ist es nicht” irgendwelche brauchbaren Plausibilitäten abzuleiten. In meiner medienjournalistischen Tätigkeit hatte ich mich lange mit Pay TV befasst, von den Anfängen von Kirchs Teleclub in den späten 80ern über die Premiere-Ära bis zum Neustart unter dem Sky-Label, und so weit ich das überblicke sind die ach so sicheren Verfahren irgendwann doch immer geknackt worden, so dass die nächste teurere und kompliziertere Verschlüsselungsstufe her musste. Und selbst wenn die Erfahrungen mit dieser Spezialanwendung nicht repräsentativ sein mögen für das gesamte Thema Kryptographie, neige ich doch zur Auffassung: Sicher ist, das so gut wie nichts wirklich sicher ist.

    • Wau Holland sagt:

      hat vor einem Vertrauen in PGP eimmer gewarnt
      Und irgendwer hat es in Oxford dann auch einmal ausgerechnet. Es ist kein Problem..

    • marco_settembrini_di_novetre sagt:

      Gibt es dazu
      vielleicht auch einen Link? (Ach ja, mit Blick auf morgige Verpflichtungen muss ich den Platz am Schaltpult für heute räumen, also nicht wundern, wenn hier jetzt Nachtruhe einkehrt).

    • Papillion fragen sagt:

      Es gibt auch f2f
      Oxford ist vielleicht im Spiegelarchiv.

    • astroklaus sagt:

      Schlüssel und Sicherheit
      Ganz vereinfacht gesagt kann “im Prinzip” jeder derzeit verwendete Schlüssel geknackt werden – es kann aber sein, daß das länger dauert als das Universum alt ist.
      Die Länge des Schlüssels steht im Verhältnis zum Rechenaufwand: wenn ein “normaler” von einem Supercomputer vielleicht in ein paar Sekunden geknackt werden kann, braucht es für einen langen schon ein paar Stunden – und das lohnt sich nun wirklich nicht für jede Tante-Emma-E-Mail.
      Wenn also die verfügbaren Schlüssel auf zB 128 bit begrenzt sind, knackt den ein NSA-Computer zum Frühstück.
      Ein Standardwerk dazu ist von Bruce Schneier: “Secrets and Lies: Digital Security in a Networked World” von 2004(!) – ist also auch nichts Neues…

    • tylerdurdenvolland sagt:

      Etwas mehr Konsequenz.....
      Schauen sie sich die Entwicklung der Arbeitsgeschwindigkeit von Computern in den letzten 5 oder 10 Jahre an. Dann denken sie dies mal weiter ebenfalls 5 bis 10 Jahre in die Zukunft… wer glaubt es könne eine nicht zu knackende Verschlüsselung auf Dauer geben, der träumt.

      Und dann bitte nicht vergessen: Je besser die Verschlüsselung ist, die sie benutzen, umso Verdächtiger machen sie sich bei den Schlapphüten….

    • marco_settembrini_di_novetre sagt:

      Eben.
      Und wenn Sie nicht kooperieren, ihre Festplatteninhalte zu entschlüsseln: Knast.
      https://www.guardian.co.uk/uk/2010/oct/05/password-computer-teenager

  4. WOELPHCHEN sagt:

    Solange wir "konstruktive" Sicherheit brauchen...
    um unsere Freiheit zu bewachen, kann das “Bewachen” ausufern.
    Mit dem Effekt, die Qualität der Freiheit erfährt “Inflation”;
    wegen der “Deflation” der “konstruktiven Sicherheit”…aus bewachen wird überwachen….
    aus überwachen wird…hochgerechnetes überwachen…bis zum Erwachen….Zerstörung
    keine Freiheit mehr…Bewegungslosigkeit…der Menschen…von Maschinen als 100%
    Sicherheit eingestuft.
    Wir müssen uns “Freiheitsqualität” als “Basismaß” nehmen und die Sicherheit entsprechend
    “qualifizieren”….umgekehrt passiert o.g.
    Der “Bewachungsstaus” darf nicht zur Überwachung des Menschen führen.
    Bei Hilferuf einer Ehefrau, aus Angst vor Gewalt, sagt die Polizei auch:
    Wir dürfen frühestens während der Tat…und viele sagen auch:
    “Erst muß erst was passieren”.

    Reziproker Zusammenhang…nur die “Vernunft” kann helfen…und um die ist es
    aus “Bildungsmangel” nicht gut bestellt. Verflixte Geschichte.
    Die Notwendigkeit einer “konstruktiven Sicherheit” ist Folge von “Bildungsmangel”.
    Bildungsmangel bewirkt “Vernunftmangel”. Eigentlich ist die Erde sicher genug.
    Der Vernunftstatus des Menschen verlangt aber nach Sicherheit, Marke Eigenkonstruktion.
    Bildungssysteme weltweit sind der Schlüssel. Alles andere ist weder echte Freiheit,
    noch natürliche Sicherheit auf der Erde…die wir mit entsprechendem “Vernunftstatus”
    haben können.

    :-)

  5. goetzeclan sagt:

    Gemeinsamkeiten schweißen zusammen.
    Zwei Dinge haben die lauschende NSA und die aufgescheuchten Abhörgegner gemeinsam. 1. Sie sehen überall Feinde, und 2. sie sind immun gegen die Wahrheit, ausser ihrer eigenen …

    • Gut und boese sagt:

      Gefahren und Interessen
      Die Gefahr, von einem Terrorakt betroffen zu werden, ist kleiner als die Gefahr, einen Blumentopf auf den Kopf zu bekommen. Alles nur Theater. Fuer den Besitz der Daten brauchen sie keine Rechtfertigung und was facebook und google duerfen duerfen sie auch. Emails scannen etc. Nur was sie dann duerfen, wenn sie etwas gefunden haben, ist fraglich. Was darf facebook?

  6. sambossa sagt:

    Webwissen auf deutsch
    Habe ich sie jetzt richtig verstanden, Marco: also einfach weiter seine Datenspuren auslegen und hoffen, vom großen Sturm verschont zu werden und als treudeutscher Michel unseren Politikern zu vertrauen?

    CSU-Politiker Uhl kürzlich in der FAZ: “Wenn Sie innerhalb Deutschlands eine E-Mail verschicken, ist es durchaus denkbar, dass diese über die Vereinigten Staaten und wieder zurück läuft… Für mich war das neu…”

    Schallendes Gelächter bei Facebook, Google und Co über dieses Webwissen des innenpolitischen Sprechers der Union.

    • marco_settembrini_di_novetre sagt:

      Da unsere Politiker
      in diesen Tagen eine sehr traurige Vorstellung geben als Büttel der Besatzungsmacht (ich wüßte nicht mehr zu verargumentieren, warum man den Sachverhalt politisch korrekter bemänteln müsste), ist Vertrauen in diese Kaste so ziemlich das Letzte, wozu ich raten würde. Wenn Sie mit PGP, eigenem Mailserver und allem Pipapo besser schlafen können, nutzen Sie’s. Ich sage nicht, dass ich eine bessere Lösung hätte.

    • Gute Idee sagt:

      Eine Frage der RAM-Preise
      Was aergert ist die vorgefuehrte Besatzungsmacht, bei der man sich nicht beschweren sollte, dass man den Krieg verloren hat. Was wir haben ist eine Sicherheitspartnerschaft in welchem Rahmen auch immer und wichtig ist nur, dass nicht auch die Staatsanwaelte an diese Daten kommen.

    • ThorHa sagt:

      Das Web verlangt, das jeder alles über es weiss.
      Sonst lacht es. Schallend. In Irrenhäusern tun das Insassen auch immer …

      Gruss,
      Thorsten Haupts

    • tylerdurdenvolland sagt:

      Man sollte tun was möglich ist....
      Wenn man (aus welchen Gründen auch immer) nicht will, dass man als Absender oder Adressat gesehen wird, einen VPN benutzen.

      Dazu kann man im Internet problemlos 10 verschiedene Identitäten benutzen, mit 10 verschiedenen e-mail Adressen.

      Bei Blogs, wie zum Beispiel in der FAZ, sollte man ausserdem immer stutzig werden, wenn Klarnamen gefordert werden. Mittlerweile sollte jeder wissen was das bedeutet… oder glaubt jemand immer noch an Zufälle?

      Und man kann versuchen sich immer klar zu machen WAS man nicht gelesen haben will. Den Rest in Klartext, das füllt die Datenspeicher. Diese gesammelten Daten mit anderen Identitäten in Verbindung zu bringen, bedar eines ungeheuren Aufwandes.

      Aber all dies sind Kindereien im Vergleich was diese Entwicklung für die Zukunft bedeuten kann, und für die Einsicht, dass man dem nichts, NICHTS, entgegen setzen kann.

      Empfohlener Lesestoff (in der FAZ besprochen)

      Gary Shteyngart: Super Sad True Love Story

    • Ein stiller Gast sagt:

      Our allied
      Werter Sgnore Settembrini,
      .
      Ihr Geschätztes mit den Obamazäpfchen (Sie belieben, von Bütteln der Besatzungsmacht zu sprechen, dafür schreiben Sie auch in einem Qualitätsmedium) gefällt mir nicht.
      .
      Es ist die Entscheidung sowohl der Bundesrepublik, wie auch der Europäischen Union, das Militärische auszusourcen. Diese Entscheidung ist letztlich der Bequemlichkeit des Wählers geschuldet, jeder bkommt da, was er verdient.
      .
      Weiter ist die Ablenkung ein anerkanntes Mittel politischer Äußerung. Wovon könnte in diesem Zusammenhang abgelenkt werden? Vierlleicht davon, dass auch keiner so recht weiss, was unsere Inland- und Auslandsgeheimdienste so treiben?
      .
      Oder dass diese BRD längst geronnenes Chaos ist, was sich bislang eher an gewsisen Bahnhofs-, Konzertsaal- und Flugplatzbauten oder bei der Besachafffung von Flugmaterial für die Bundeswehr beobachten ließ? Dass bei all dem neben eigenen Diensten auch Freund und Feind begierig mitlauschen und als Dank noch die eine oder andere Info vom Tisch fällt, ist doch eher nebensächlich, oder doch nicht?

    • marco_settembrini_di_novetre sagt:

      Das muss Ihnen auch nicht gefallen, was ich schrieb, aber ich halte es da im Zweifelsfall mit Pontius Pilatus, meinem Lieblinghelden aus der Bibel: “Was ich geschrieben habe, bleibt geschrieben”. Zumal die Frage ist, wieviel echten Entscheidungsspielraum die mehr oder weniger von den Westalliierten modellierte Bunzrepublik in diesen heiklen Fragen je hatte. Ich darf Ihnen in diesem Zusammenhang diverse Interviews mit dem Freiburger Historiker Josef Foschepoth anempfehlen, der den Kontinuitäten der Nachkriegspolitik sehr kenntnisreich nachspürt und darlegt, dass diverse Zusatzvereinbarungen zum Nato-Truppenstatut und andere Vertragswerke aus der Zeit vor der Wiedervereinigung weiterhin Gültigkeit haben und die auch nicht von den 2+4-Verträgen außer Kraft gesetzt wurden.

      Dass irgendwas natürlich auch immer dazu dienen kann, von irgendwas anderem abzulenken, das ist ja nun eine konspirologische Binse. Aber Ihr Ausdruck “geronnenes Chaos” gefällt mir, wenngleich ich die Symbolkraft von ein paar aus dem Ruder gelaufenen Großprojekten auch nicht überbewerten würde. Gucken Sie sich, wenn wir von Militärischem reden, auch gerne mal näher an, was sich die USA mit ihren ambitionierten Kampfflugzeugen der fünften Generation (also F 22 und Joint Strike Fighter) für Zilliardengräber an die Backe gebunden haben. Da kommen Sie aus dem Kopfschütteln auch kaum noch raus.

    • Ein stiller Gast sagt:

      Re: Our allied
      Werter Signore Settembrini,
      .
      Ihr Verweis auf den seinerzeit Landpfleger Pontius Pilatus, schon nicht schlecht und danke dafür, werde mir das für passende Gelegenheiten in Erinnerung behalten.
      .
      Die Nachkriegspolitik hat ihre Wurzeln in der Vorkriegszeit und es lässt sich für Europa begründen, dass diese für uns mit denm Ende des ancien regime begann. Jedenfalls war die Reichseinigung als kleindeutsche Lösung unter preussischer Vorherrschaft so problematisch, dass für ihre Bewältigung zwei weitere Kriege notwendig waren, die in Folge weltweite Auswirkungen hatten und die US of A zur Supermacht wachsen liessen.
      .
      Oder anders für diejenigen, die noch mit alten staatsrechtlichen Begriffen, wie etwa der Souveränität (das war letztlich das jus bellum et pacis des Monarchen, als dieser noch seine Herrschaft glaubhaft und glaubwürdig auf Gott selber beziehen konnte und auch bezog, damit war aber bei uns spätestens im November 1918 Schluss) argumentieren, es war sehr freundlich von den United Nations (so hiess die Anti-Hitler Koalition 1945), zumindest Trizonesien unter Bewährung zu stellen, Stalin hatte mit der Ostzuone anderes vor, alte russischE Traditionen übrigens, schon in Sibirien erprobt und bewährt:
      .
      Warum dieser Exkurs? Für mich ist klar, dass die Zeit amerikanischer Weltmacht, NSA hin oder her, sich ihrem Ende zuneigt. Ähnlich wie die UdSSR den Gorbatschow machen musste, wird vermutlich schon der nächste PotUS seine Machtansprüche auf den Kernbereich des Imperiums zurückfahren müssen. Dann hat Deutschland gute Voraussetzungen, sich an der Seite Russllands wiederzufinden.
      .
      Aber zum Thema:
      Wirtschaftsspionage durch Verbündete könnte ein Thema werden, auch wenn der BND selber sowas in den USA betrieben haben soll. Bevor die Entrüstung einsetzt: Schliesslich ist man hierzulande in der Wahl der Mittel wenig wählerisch, wenn es darum geht, Steuereinnahmen zu sichern.
      .
      Bleibt die Frage, weche Möglichkeiten dem Einzelnen, oder, wie er blad wieder genannt werden wird, dem mündigen Bürger, bleiben. Auf konstitutionelle Garantien verlässt man sich im Bereich der elektonischen Datenfernübertrageung eher nicht. Auch auf technisches Unvermögen, Informationen umfassend zusammenzutragen, ist kein Verlass mehr, schade eigentlich, das war bisher der beste Datenschutz. Es bleibt noch der Anfang der Selbsbestimmung, zu entscheiden, welche Technologien welches Risiko bedeuten, und inwieweit Datenschutz gegen Bequemlichkeit verhandelt wird. Am Beipiel Telefon: Wenn ich weiss, dass Telefongespräche abgehört werden können und sich Handys orten lassen, wäre eine Möglichkeit aktiven Datenschutzes, auf das Handy zu verzichten und übers Festnetz keine vertraulichen Informationen zu kommunizieren.

  7. Daten und Leser sagt:

    Eine Serie von logfiles
    Schon ein logfile kann interessant sein, wie interessant sind dann erst mehrere. Facebook wuerden wir ohne weiteres zugestehen, sich seine Daten anzusehen, und das Internet gehoert den USA.

  8. Devin08 sagt:

    Wir alle sind Prism
    Ein wirklich gutes Blog. Dem kann ich nur hinzufügen, was ich an anderer Stelle (https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/auf-dem-weg-zur-totalen-ueberwachung-wir-muessen-jetzt-handeln-12285395.html) schon gepostet hatte:
    .
    Wir alle sind Prism
    Handeln jetzt wie in alle Zukunft. Wir werden diese Entwicklung nicht verhindern, wenn wir die politisch-ökonomischen u n d ideologischen Kräfte, die an diesem Projekt beteiligt sind, nicht maximal isolieren. Dazu gehört zunächst, dass wir diese Kräfte als (herrschende) Klasse definieren. Es ist das Finanzkapital „höchstselbst“, welches da am Werk ist. Doch ist das Finanzkapital nicht einfach ein zu isolierendes (subjektives) Agentennetz und „Prism“ etwas, was man dann vom Markt nehmen könnte. Auf dem „Markt“ tritt es uns nicht nur entgegen als produktives Konstrukt aus einer bestimmten Wertschöpfungskette heraus, als eines vom Menschen geschaffenes Ding. Es ist die geistige Gestalt, welche den materialen Produzenten ersetzt. Das „abstrakte“ an der Arbeit, die weggeblendete gesellschaftliche Übereinkunft, zeigt sich in der Ware als Ideologie (bzgl. derselbigen). Als des Subjekts „notwendiges Phantasma“ (https://blog.herold-binsack.eu/negative-dialektik-2/), wie Marx sich ausdrückte. Was gewissermaßen in jeder Ware als Geist mitzirkuliert. Wir alle sind Prism.

    • marco_settembrini_di_novetre sagt:

      @Herold Binsack:
      In diesem Falle will mir fast scheinen, als verschleierte eine Aussage à la “Wir alle sind PRISM” (auch wenn sie nicht per se falsch ist) mehr als dass sie enthüllt. Die Feststellung “Wir alle sind Splitterbomben” hätte man anhand einer Analyse der Kapitalflüsse zwischen einem Riesterrente-Anbieter, diversen Investmentfonds in dessen Analageportfolio und diversen Anbietern von Waren und Dienstleistungen, deren Papiere zum Teil über diese Fonds gehalten werden, noch nachvollziehbar machen können, wie es vor Jahren mal einem ZEIT-Dossier versucht worden ist. Aber PRISM? Da habe ich salopp gesagt “keine Aktien drinne”, und es ist wie Sie ja schon darlegten, auch keine Ware, die wir (oder unsere gewählten politischen Repräsentanten) kaufen oder im Regal liegenlassen können. Ich sehe da auch weniger geistige Gestalten als Abstrakta irgendwelcher weggeblendeter gesellschaftlicher Übereinkünfte, sondern in erster Linie einen gigantischen Kontroll- und Überwachungsapparat.

    • Devin08 sagt:

      Auszuspähendes Objekt ob unseres Konsumentenseins
      Im Sinne von „einer falschen Ideologie folgen“ wäre das nicht „verschleiernd“ zu verstehen. Ganz im Gegenteil! Wäre das Ausmaß nicht so über alle Maßen gigantisch, hätten sich wohl erheblich weniger darüber aufgeregt. So aber spüren die Leute offenbar schockartig, wie sie nicht nur theoretisch, sondern ganz praktisch davon betroffen sind. Ich erinnere mich noch gut an die Zeiten der ständigen Fahndungen nach „RAF-Terroristen“. Die ganze Nation schien mit im Fieber zu sein. Doch wenn man plötzlich selber in so eine Schleierfahndung gerät und in die Gewehrläufe der Polizei gucken darf, ohne dass man sich also irgendeines Verbrechens bewusst ist, was eine solche Maßnahme rechtfertigen würde, ist die Aufregung groß. Und wenn ein Herr Friedrichs „die Sicherheit“ als Grundrecht ins Gespräch zu bringen versucht, dann möchte er damit die „Freiheit des Kapitals“ „gesichert“ sehen? Die Freiheit des Eigentums, die Freiheit der Ausbeutung, die Freiheit des Handels…Er spekuliert hierbei auf das Bewusstsein des gewöhnlichen Konsumenten, der sich üblicherweise nicht in der Rolle des Objekts von Bespitzelungen sieht, dennoch sein Konsumsubjektsein gesichert sehen möchte. Und das ist der andere Ausdruck von „Eigentum sichern“.
      .
      Yogeswhar brachte es (vermutlich unbewusst) auf den Punkt: Entweder potentielle Bedrohung oder Konsument (https://blog.herold-binsack.eu/wenn-revolutionarer-widerstand-okonomisch-ausgebeutet-wird/).
      Der diesbezüglichen Dialektik dürfte er sich dabei nicht bewusst gewesen sein.
      Auszuspähendes Objekt o b unseres Konsumentenseins nämlich, müsste es heißen. Um es ganz provokativ auf den Punkt zu bringen: Wer den Kapitalismus für „alternativlos“ hält, hat es verdient vom NSA überwacht zu werden.
      .
      Das Eine geht zunehmend nicht mehr ohne das Andere.

    • marco_settembrini_di_novetre sagt:

      Ja gut, aber das andere (das realsozialistische Modell) ging auch nicht ohne das eine (Überwachung durch Stasi, KGB, Securitate & Co.) wenn ich das mal so sagen darf. Insofern finde ich nach wie vor, dass “die Freiheit des Kapitals” nicht zwingenderweise die oberste Direktive sein muss, die von totalitärem systemischem Handeln verteidigt wird. Aber vielleicht liegt auch nur daran, dass ich in dieser marxistischen Diktion, wie Sie sie handhaben, nicht so drin bin und daher “das Kapital” auch nicht recht als handelnden Akteur zu sehen vermag.

  9. ThorHa sagt:

    Nur zur Klarstellung: Wegen der Grenzüberschreitungen beim Schnüfeln gegen US-Bürger
    stehen die Geheimdienste in den USA zur Zeit unter erheblichem Druck. Nur interessieren praktisch niemanden in den USA die Grundrechte deutscher Bürger, auch nicht in den einschlägigen Bürgerrechtsbewegungen.

    Wäre Deutschlands Regierung ehrlich, müsste sie ihrer Bevölkerung klar eines von zwei Dingen sagen: Entweder “Wir sind mit den NSA ganz zufrieden, weil wir´s selbst machen würden, könnten wir´s.” Oder “Wir sind zwar stinksauer, haben aber keine Idee, wie wir die USA zur Einhaltung deutscher Datenschutzgrundsätze zwingen können.”

    Das eigentliche Problem ist die Internet-Infrastruktur, deren Schwerpunkt sich weltweit eindeutig in den USA befindet. Bei den Daten, die dort durch- oder zusammenlaufen, ist technisch nicht zu verhindern, dass sie abgegriffen werden. Und schon gar nicht, wenn dieses Abgreifen durch die USA dort völlig legal ist!

    Womit klar auf der Hand liegt, wie Europa den Datenschutz seiner Bürger verbessern könnte: Durch IT-Infrastrukturen, die auf Wunsch von deren Benutzern “geschlossen” bleiben, d.h., den Datenverkehr nur innerhalb Europas (minus Grossbritannien) routen. Das würde erheblichen Aufwand kosten, wäre aber machbar und würde einen Teilschutz ermöglichen.

    Ich bezweifle, dass es jemals dazu kommt. Nach (statistisch unerheblichen) Zufallsumfragen in meinem akademischen Umfeld ist mindestens die Hälfte nicht wirklich überrascht und mindestens 90% sind nicht wirklich beunruhigt.

    Offensichtlich gibt es einen Graben von der Breite des atlantischen Ozeans beim Grundvertrauen in Behörden und Regierungen in Deutschland, der sich zwischen den Proficheckern und Journalisten und der Bevölkerung auftut. Nur heisst das auch, dass sich der (berechtigte!) Aufregungssturm um Schnüffelprogramme spätestens dann legen wird, wenn Snowden nichts wirklich Neues mehr nachlegen kann.

    Die grösste Gefahr des Schnüffelns – alle Apokalyptiker bitte weghören – ist für mich ohnehin nicht der Datenmissbrauch zu Einschüchterungs- oder Kriminalisierungszwecken. Sondern Wilsons schon genannte These von einer sich selbst verstärkenden Spirale aus gegenseitiger Paranoia zwischen Regierungen und Bevölkerung. Ich würde schon heute Behörden routinemässig und ohne schlechtes Gewissen belügen, wenn diese Informationen abfragen, sofern ich damit durchzukommen glaube. Und das ist eindeutig eine Vorstufe zu Paranoia.

    Gruss,
    Thorsten Haupts

    • Moritz sagt:

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      Oh, ich denke, Snowden WIRD nachlegen.

      Dem Geraune nach wird genau um das Thema ” wahres Ausmaß der privaten Datenschnüffelei” nachgelegt. Ich bin gespannt.

      Ansonsten d’accord.
      Schon lange wusste man als satirehaft gescheitelte Existenz und als semi-gebildeter halb-IT-ler, dass ein “W-LAN ein mächtiges Instrument ist, die Festplatte ins Internet zu verlegen” (Hohn der Titanic schon vor Jahren).

      Weiter mit Satire:
      Eine Cloud ist auch nicht irgendeine diffuse Wolke, sondern eine Ansammlung von vielen schwarzen brummenden Kästen, call it Server. Die Datensammler müssen endlich nicht mehr alles mühsam zusammensuchen, sondern haben es schön ordentlich beisammen :-)

      Bin vom Typ her nicht paranoid (eher unbeschwert so: “rin in die Kartoffeln, raus aus den Kartoffeln”), doch das was gerade abgeht – und wir wissen noch nicht alles, macht mich wahlweise renitent oder überwachsam, und beides gleichzeitig.

      Die Endwirkung bei den Bürgern wird sein: Keinen Respekt mehr vor gar nix, die einen – und wurschtegal, Ducken, die anderen. Die Möglichkeit einer demokratischen Pesönlichkeitsentwicklung ist somit im Verpuppungsstadium gestoppt. Sehe das ähnlich wie Sie als Gefahr für demokratisch verfasste Länder, deren Regierungen genießen bereits wegen der Bankenkrise nicht mehr das Vertrauen. Jetzt wird es noch schlimmer mit dem Misstrauen und deren Bürger haben auch noch Recht.

    • tylerdurdenvolland sagt:

      Hier irren Sie…
      Hier irren Sie…
      „Wäre Deutschlands Regierung ehrlich, müsste sie ihrer Bevölkerung klar eines von zwei Dingen sagen: Entweder “Wir sind mit den NSA ganz zufrieden, weil wir´s selbst machen würden, könnten wir´s.” Oder “Wir sind zwar stinksauer, haben aber keine Idee, wie wir die USA zur Einhaltung deutscher Datenschutzgrundsätze zwingen können.”“

      Bundeswehrkreise haben bestätigt, dass diese Software in ihrem besitz ist, und die diese in Afghanistan seit Jahren benutzt.

      „Wäre Deutschlands Regierung ehrlich….“, nun, so bald der Lachkrampf über einen solchen Gedanken vergangen ist, kann man den Gedanken ja aml durchspielen.
      Eine Regierung wird bei solchen Themen immer nur das zugeben, was nicht mehr zu leugnen ist. Das sollte der bayrischen Staatstrojaner Story eigentlich jeder wissen. Das Merkel, Friedrich & Co von der ganzen geschichte in völliger Ahnungsloskeit überrascht worden sind, kann nur jemand für möglich der Bild für eine Zeitung hält oder in einer Höhle lebt.

      Frau Merkel hat ein Problem. Sie muss unter allen Umständen verhindern, dass irgendwelche Details darüber, was sie alles zum Thema nicht weiss, und wann sie es nicht wusste, VOR den Wahlen an die Öffenlichkeit gelangen. Sie hat dabei allerdings den Vorteil, dass jede unserer fünf Einheitsparteien in derselben heuchelerischen Lage ist.

    • colorcraze sagt:

      Titel eingeben
      “Datenverkehr nur innerhalb Europas” – hm, aber ich denke, auch dabei könnten Ausleitungen stattfinden, gibt ja genug “exterritoriale Zonen”. Auch darum sehen das die meisten eher resigniert.
      Vor einiger Zeit (2 Jahren? weiß nicht mehr) titelte das Handelsblatt mal von einem “Geheimprojekt D-verkabelung” oder so ähnlich. Ich konnte mir den leicht ätzenden Kommentar, daß seit Wikileaks wohl geheim wäre, was in der Zeitung steht, nicht verkneifen.

    • colorcraze sagt:

      Titel eingeben
      Entweder “Wir sind mit den NSA ganz zufrieden, weil wir´s selbst machen würden, könnten wir´s.” Oder “Wir sind zwar stinksauer, haben aber keine Idee, wie wir die USA zur Einhaltung deutscher Datenschutzgrundsätze zwingen können.”

      De facto ist es beides, und dazu evt. noch ein wenig Furcht, daß mans selber eben nicht kann, vermehrt um den Ärger, selbst (als “fremder Staatsbürger” ohne Rücksicht auf die Stellung als Politiker) eben deutlich den Maßregeln unterworfen zu sein. Und den Untertanen eine Haltung vorspielen zu müssen, die man so eindeutig eben nicht hat, und sich weder zu vertreten traut noch für die billigen Plätze unter persönlichem Risiko einfordern will.

      Was durchaus “unsere Oberen/Gewählten” als nackte Kaiser bzw. bloße Büttel, abhängig von auswärtigen Geheimdiensten (das mit Marx als oberste Stufe der Produktion, mithin Aktion des Finanzkapitals – das ja gewissermaßen die Zukünfte – futures and bonds – auswürfelt – zu sehen, erscheint mir so abwegig nicht, da eine wirkliche Bank vor allem und zuerst auf präzisere und zutreffendere Informationen vor allem anderen angewiesen ist, um das Geschäft machen zu können), aussehen läßt: was ja durchaus nicht unwahr ist.
      Mit anderen Worten, unsere Politikerkaste hat wenig Macht und gibt – man könnte sagen, ähnlich wie “im Süden” (um das einfach nur noch peinliche, weil längst von den Strukturähnlichkeiten aufgefressene “dritte Welt” zu umgehen) herzlich wenig auf die anwandlungen der “Bürger” und “des Volkes”, sondern sieht zu, daß sie von ihren auswärtig-internationalen Oberherren (große Firmen gehören da auch dazu) ihre venia legendi erhaten bzw. erneuert bekommt und ihr eigenes Schäflein halbwegs ins Trockene bringt.

  10. tylerdurdenvolland sagt:

    Etwas mehr Durchblick gefällig?
    Man sollte sich keinen Illusionen hingeben. Am besten sagt einem das der Lacher des Tages, heute aus dem Spiegel:

    https://www.spiegel.de/politik/ausland/us-geheimgericht-erneuert-lizenz-zur-telefonueberwachung-a-912158.html

    Dort steht ganz ernsthaft und fett gedruckt:

    “Die Regierung in Washington sammelt weiter Metadaten zu Telefonaten in den USA. Eine entsprechende Genehmigung habe ein Geheimgericht erneuert. Die Bekanntgabe der Entscheidung bezeichneten die Behörden als Zeichen für mehr Transparenz.”

    Die Entscheidung eines Geheimgerichtes wird in unseren Zeiten als Zeichen für Transparenz bezeichnet…

    Noch Fragen?

    Immer wieder lesenswert in Wikipedia: Postdemokratie

  11. peter sagt:

    Wie tief das Loch ist das sich da auftut...
    Ken Thompson “Reflections on Trusting Trust” 1984

  12. Filou sagt:

    Paranoia überall (Kopie aus einem anderen Blog)
    Lange her, da sah’ ich eine Kommödie, in der sich jemand über Drahtkleiderbügel in seinen Hotelzimmern beklagte. Neben dem Radioempfänger für Ausserirdische in seiner Zahnfüllung, die ihm seltsame Aufträge gerade dann erteilten, wenn es nicht passte, kam nun die Verfolgung durch Drahtkleiderbügel hinzu. Es war zum Wahnsinnigwerden. Der Mann wurde auch Wahnsinnig.
    Aber das ist ja noch garnichts!
    Wir haben seit kurzem die Zahnbürstenmetapher. Das ist viel schlimmer.
    Montagabend, wenn ich meine ‘Stunde des schlechten Geschmacks’ zelebriere, schaue ich manchmal Beckmann. Gast war diesmal u.A. ein gewisser Herr Schirrmacher, der sehr besorgt von dem Verrat seiner Zahnbürste ans Internet berichtete. Ich musss Herrn S. ernst nehmen, immerhin ist er-aber das wissen wir ja.
    Später, verlinkt bei den Stützen, las ich wieder über die heimtükische Zahnbürste, erschienen in der FAZ. Wahrscheinlich übernahm S. dieses Bild, weil es ihm plastisch genug schien, um mit besorgter Miene in einem populäridiotischen Gesprächskreis auf die Gefahren des Postprivatismis zu weisen. S. schätzte das Publikum sogar richtig ein. Fehlt nur noch der Microchip in der Kukident-Tube.
    Das kann man alles durchgehen lassen; es ist Sommer, es ist heiss-gegen die Nacht hin ist man nicht mehr ganz Herr seiner Sinne.
    Gerade eben las ich nun bei SPON von Herrn Fleischhauer , den ich ebenfalls zu den Zurechnungsfähigen zähle (im Gegensatz zu Jakob Walser), dieselbe Toothbrush-Vermutung. Jetzt wir’ds eng.
    Hiermit erkläre ich die Zahnbürste zur WELTMETAPHER.
    Meinem lieben Staugsaub-Roboter, sollte er mich jemals verpetzen, werde ich den Akku aus dem Plastikkörper reissen und den Haien [1] zum Frass vorwerfen.
    [1] Haie, hier in Holland? Die Eisberge schmelzen, der Meeresspiegel steigt, irgendwann haben die Haie den letzten süssen Eisbären aufgefressen, dann werden sie vor meiner Haustür schwimmen. Ich sag’s euch, so wird’s kommen.

  13. mark sagt:

    Was tun?
    Das einzig Gute an der jetzigen Situation ist, dass wir nun schwarz auf weiß haben, woran wir sind. Probleme haben wir dagegen gleich ein paar mehr.

    Auf politischer Ebene ist ein Versagen ja durchaus abzusehen. Die Reaktionen von Friedrich und Pofalla sind bestenfalls grotesk im Hinblick auf das Ausmaß dieser lückenlosen und verdachtsunabhängigen Generalüberwachung. Aber mit dem Internet hat’s die Politik eh nicht so.

    Den Einsatz von Verschlüsselung halte ich auch für keine Lösung. Wobei ich allerdings der Signifikanz der angesprochenen Negativspirale widersprechen muss. Diese Entwicklung ist unvermeidbar, selbst wenn nur wenige Verschlüsselung einsetzen. Ich halte den Einsatz für Verschlüsselung deshalb für keine Lösung, weil es sehr kompliziert ist sie richtig anzuwenden und extrem einfach ist, es falsch zu machen. Die NSA knackt Verschlüsselung nicht, sie umgeht sie geschickt. Und dann sind da ja noch die Daten, die eh nicht verschlüsselt werden würden, Kommunikationspartner bei einer Email etwa.

    Echte Anonymität im Internet zu erreichen ist quasi ein Ding der Unmöglichkeit. Und auch Tor kann dies nicht garantieren, wie gerade Wissenschaftler gezeigt haben – vom US Naval Research Laboratory übrigens, ein Schelm wer Böses dabei denkt. Letztlich sind hier technische Grenzen gesetzt durch die im Internet eingesetzten Technologien und deren Verwendung.

    Was tun also? Die Frage liest sich letztlich als: Was kann ich dagegen tun, dass jemand der über quasi unbegrenzte Ressourcen (Geld+Leute) verfügt, nicht alles über mich ausspioniert?

    Auf die Straße gehen! Aber ändert das wirklich was? Was kümmert die NSA denn deutsche Gesetzgebung? Und selbst wenn die Amerikaner auf die Straße gingen, wer garantiert uns denn, dass Land y uns nicht genauso abhört und da keiner auf die Strasse geht?

    Alles verschlüsseln! Gesetzten Falles, man schafft es tatsächlich dass die Kryptographie nicht umgangen werden kann, so hat man natürlich die Genugtuung, dass man der NSA Extra-Arbeit gemacht hat.

    Einfach weiter so! Da spielt natürlich die Hoffnung rein, dass man in der Masse untergeht. Quasi wie eine Herde Zebras bei der jedes hofft, dass der Löwe es nicht sieht, wenn er Hunger hat.

    Die letzte Hoffnung die mir bleibt ist, dass es möglich sein muss eine technische Lösung zu konstruieren, die uns Anonymität im Netz (zu einem gewissen Grad) garantieren kann und dass die Politik die Entwicklung und Inbetriebnahme einer solchen Lösung fördert und fordert. Wo ich bei ersterem noch guter Dinge bin, bin ich bei letzterem eher zurückhaltend. Bis dahin muss ein jeder sich selbst entscheiden, wie er damit umgeht.

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