Stützen der Gesellschaft

Stützen der Gesellschaft

Leben, Bildung, Torten und sozialunverträgliches Spätableben unter Stuck und Kronleuchtern.

Brandschatzt den Tegernsee!

Krieg dem Mietwohnungsbau, Friede den Palästen und Villen: Auch nach 5 Jahren Propaganda für ungehemmten Klassismus demonstriert der schwarze Block lieber im schäbigen Hamburg, statt die wahren Nutzniesser in besten Lagen heimzusuchen.

Ich schleifte ihre Städte und brannte ihre Orte nieder, sie wurden für immer zu roten Ruinen gemacht.
Kamose

Vielleicht ist jetzt, 5 Jahre nach Beginn dieses Blogs, ein guter Zeitpunkt, Ihnen, liebe Leser, doch einmal darüber zu sprechen, wie es dazu kam. Viele von Ihnen beklagen sich oft über meine einseitige Sichtweise und die Ignoranz, mit der ich an Problemviertel vom Frankfurter Westend bis nach Blankenese herangehe, und Sie haben natürlich recht: Sexismus, Klassismus und innerdeutsche Stammesfeindlichkeit sind die Würze meiner Schreiberei, und das liegt nicht nur daran, dass ich ein reaktionärer, eingebildeter Tropf bin, sondern auch am grundsätzlichen Webfehler dieses Blogs. Eigentlich nämlich hätte es ganz anders aussehen und ausgewogen sein sollen, aber als das nicht ging, war ich dreist genug, es eben allein und ohne Rücksicht auf Leserverluste für die FAZ zu tun. Das mit dem Vergraulen hat über 110.000 Kommentare später nicht vollumfänglich funktioniert, und weil nun doch mehr als 1, 2 Restleser gibt, kann ich auch erzählen, was ich eigentlich geplant hatte.

Eigentlich sollte neben den Ansichten vom reichen Tegernsee ein weiteres Blog stehen, das aus Sicht der untersten Klassen berichtete. Dazu habe ich mir einen schrecklichen Ort herausgesucht, nämlich Hamburg St. Pauli. Dort gibt es ein famoses Blog mit dem Namen “Rückseite der Reeperbahn“, (welche, soweit ich weiss, die Einkaufsstrasse von Blankenese ist) von einem grandiosen Autoren namens Matt Wagner. Wir hätten uns nach meiner Idee zweimal die Woche ein Thema herausgesucht und erzählt, wie das in der reichsten und ärmsten Region des Landes zu bewerten ist. Deutschland aus Sicht der antagonistischen geographischen und sozialen Systeme, hier Berge und dort Sumpf, hier der klarste See des Landes und dort das ölige Hafenbecken, hier Kühe auf Almen und dort Rechtsanwälte, PR-Arbeiter und Designer in Büros, hier die Haxnfresser und dort die Leitungsschmutzwassertrinker, hier die Prozession und dort die Sündenmeile. Das ging sich leider nicht aus, und weil es so war, habe ich halt mein Konzept halbiert, auf den Hamburger Teil verzichtet und das gemacht, was nun Geschichte des fragwürdigen Journalismus geschrieben hat.

Die ursprüngliche Idee war natürlich, durch die Schilderung der entsetzlichen Zustände in Hamburg den Menschen vor Augen zu führen, wie gross die Klassenunterschiede wirklich sind, und mit Drohmails der Antifa, Protesten und Aufforderungen, mich zu entlassen, hatte ich fest gerechnet. Nun aber fehlte das Gegenstück, alles ist hübsch und beschaulich, und niemand hat sich bislang sonderlich daran gestört, wenn ich klassistisch, sexistisch, cis-heteronormativ oder sonstwie bayerisch war. Bis vor ein paar Wochen. Seit ein paar Wochen habe ich eine feministische Giftnatter in Stalkerform an der Backe, deren Kommentare ich hier ausbrennen muss, und die Antifa. Der Antifa bin ich jüngst in diesem und diesem Beitrag auf die Füsse getreten, und seitdem und zum ersten Male seit 5 Jahren erachtet sie es wegen dieser Petitessen als ihre klassenkämpferische Pflicht, mich hart anzugehen.

5 JAHRE UND JETZT ERST MERKEN SIE, WAS HIER PASSIERT! DA BRAUCHT IHR EUCH NICHT ZU WUNDERN, WENN WIR EUCH BEI DEN NEBENKOSTEN AUCH DIE BENZINRECHNUNG VOM S560 UNTERJUBELN, IHR GEISTIGEN BODENDECKER!

Da habe ich ja bislang richtig Schwein gehabt, mit solchen Randalierern. Die besondere Ironie liegt allerdings darin begründet, dass sie zwar an den Tegernsee schreiben, ihr Mütchen aber bipolar von Wasserwerfern in Hamburg kühlen lassen. Und da muss ich Ihnen die Geschichte meiner Grosstante B. väterlicherseits erzählen, die als schwarzes Schaf der Familie Bayern verlassen und in Hamburg Karriere und Geld gemacht hat, an der Seite eines nicht ganz ehelichen Kommerzienratsohnes mit Senffabrik in jener Stadt im Sumpf. Bekanntlich wurde die Innenstadt von Hamburg im zweiten Weltkrieg – ganz im Gegensatz zu Tegernsee, wo die Amerikaner ihre erste Regierung einrichteten, gleich bei mir um die Ecke – zusammengebombt. Und danach gab es enorm zinsgünstige Kredite, wenn man so etwas wie die jetzt berühmt gewordenen Essohäuser baute. Man musste nur zugreifen und Wohnraum für arme Leute schaffen. Das ist nicht ehrenrührig, kleine Wohnungen für Ärmere bringen oft enorm guten Return on Investment, weil sie, auf den Quadratmeter berechnet, teuer sind und aufgrund der begrenzten Möglichkeiten dieser Menschen alternativlos wie die Merkel’sche Politik. Man kann da nicht wie in Rottach frei zwischen den Villen wählen. Deshalb also baute die B. mit ihrem Mann auf St. Pauli ein grosses Miethaus, und zahlte die Schulden auf den Backen der Mieteinnahmen und der Inflation ab. Im Prinzip, erzählte sie, was das so gefördert, dass es geschenkt war. Und als sie starb, haben wir das geerbt. Neben ihren Photoalben vom mondänen Leben und anderen Dingen, die Sie, liebe Leser, nichts angehen.

Aber in Hamburg, vor diesem Haus, marschiert der schwarze Block. Er stört die Mieter, er beleidigt die armen Sparer, die dumm genug sind, solche billig nach dem Krieg gebauten Häuser und Wohnungen zu kaufen, und absurderweise für Gentrifizierer gehalten werden, weil sie sich dafür und eine angeblich gute Lage 30 Jahre in Zinsknechtschaft bei Banken begeben. Gegen diese armen Menschen randaliert die Antifa. Die wahren Gewinner, oder besser, ihre Erben, die nichts dazu getan haben, als nett zu ihrer Grosstante zu sein, die sind nicht dort in St. Pauli. Die sind, das kann ich auf 10 Meter Breite genau sagen, auf meiner Terrasse am Tegernsee. Und sonst nirgendwo. Wirklich. Der ganze Tegernee wird umsiedelt von Menschen, die irgendwann auf solche Arten zu Vermögen kamen. Kein reicher Privatier würde freiwillig in St. Pauli leben. Die sind alle hier. Sei es, weil sie aus guten Häusern kommen oder sei es, weil sie in jene Firmen investieren, die in Berlin und Hamburg Leuten einreden, sie müssten da jetzt teuer kaufen und zu den Gewinnern gehören. Statt dessen schauen sie hinten hinaus auf das ölige Wasser oder verhungerte Modewochenmodelle und davor randaliert die Antifa. Also, alles wie immer eigentlich. Die Nichtelite macht sich klassenkämpferisch gegenseitig fertig, die einen versuchen, mehr Miete herauszupressen und die anderen, die mit Gewalt zu mindern, und wir haben unsere Ruhe.

Aber ich habe 5. Geburtstag mit diesem Blog und da bin ich grosszügig. Lieber Mob, liebe Berliner Linkspiraten, liebe Antideutschen, und Flüchtlingshelfer: Kommt an den Tegernsee. Wenn die CSU nicht tagt, gibt es kaum Polizei, nur ein paar Vorderladerschützen und Jäger, ganz harmlos. Es gibt keine Wasserwerfer, nur die Wasserwacht. Es gibt enorm viele ältere Menschen, die sich kaum wehren können, und Randale nur vom Umschalten aus dem Fernsehen kennen. Die Möglichkeiten sind fast unbegrenzt, und niemand rechnet mit Euch. Hier ist viel Platz für Graffiti, und statt Tränengas haben wir Heilklima. Besetzte Häuser haben wir nur in Form von Hotels, aber den ein oder anderen Steuerflüchtling könnt ihr hier schon verteidigen. Ich glaube, es gibt kein Feindbild, das wir hier nicht bedienen können. Am Gymnasium Tegernsee hat man sich gegen eine Ganztagesbetreuung ausgesprochen, weil die Mütter das hier dank des Reichtums meist selber machen: Da ist auch viel Bedarf für die Feministinnen, die unseren Müttern erklären, wo die Problematik der Privilegien von 300 Quadratmetern Wohnfläche, Personal, Pool und überzähligen Bentleys zu finden ist. Ja, es mangelt bei uns am Bewusstsein, da habt ihr viel zu tun.

Ich würde also eine Spontandemo vorschlagen, vom Rathaus Tegernsee bis zur Abschlusskundgebung am goldenen Stern an der Überfahrt (->Schnittchen). Ihr lasst Euch einfach morgen früh vom Chauffeur nach Tegel bringen, fliegt nach München, und fahrt mit dem Limousinenservice nach Tegernsee, aber bitte keine US-Fahrzeuge, die sind nämlich stillos und man verwechselt Euch mit einem Junggesell*Innenabschied, und das wäre der Revolution nicht zuträglich. So gegen 14 Uhr werde ich da auch sein, und zwar am Seehaus, auf einer Bank, einen Tee trinkend, schräg gegenüber von Eurer Versammlung, wo sonst die Blasmusikkapelle spielt. Danach zieht ihr an der Schlosspromenade vorbei zum Sandy Beach. Dann durch den Park nach Rottach, und auf der Uferpromenade, die Araber mit “Hoch! Die! Internationale! Solidarität!” grüssend, zur Überfahrt. Danach zerstreut Ihr Euch und macht, was Ihr eben so tut.

Und ich berichte dann wirklich gerne über Eure Forderungen und deren tatkträftige Umsetzung. Ihr müsst deshalb keine Drohmails schreiben, und vor dem Haus von Matt Wagner auch nichts abfackeln. Das ist Eure Chance, endlich einmal angemessen zu demonstrieren, und so ein Tag am See tut Euch sicher auch nicht schlecht. Ja, ich gebe Euch sogar Ratschläge, wo man die besten Pralinen für die Daheimgebliebenen findet, die wegen des Seminars “Absolute Queerfeminismus 101” keine Zeit hatten.

Wenn nicht? Nun, dann habt Ihr sicher Verständnis, wenn wir angesichts dieses fehlenden Engagements und der ausgefallenen Unterhaltung diese unpolitische Neigung nutzen und noch schnell die nächste Mieterhöhung ankündigen. Wer genug Geld hat, um bei Matt Wagner zu randalieren, kann auch etwas zu meiner kleinen Privatfeier für 5 Jahre Stützen der Gesellschaft beitragen. Seht es sportlich, 15% gehen locker, das bin ich Grosstante B. und meinem Ruf als Kommerzienratsohnesserben schuldig, und danach haben Eure Genderfreundinnen angesichts auslimitierter Konten weniger Anlass, mit Euch über Eure geschmälerten Privilegien zu reden. Das ist auch ganz nett, und macht vielleicht sogar den Blick auf die graue Alster erträglicher, an der ihr Euch, so vermute ich, 150 Quadratmeter zu viert teilen müsst. Schrecklich.

HINWEIS:

Wer kein geistiger Bodendecker ist, kann angesichts der technischen Probleme auch gern das Kommentarblog zur Stimmabgabe nutzen.