In den Naturwissenschaften hat alles seine Ordnung – sogar das Chaos. Die Chaostheorie beschreibt nämlich nur scheinbar Unordnung, tatsächlich handelt es sich um Naturgesetze.
Chaos im Alltag ist ein sehr subjektives Konzept. Deutsche Autofahrer in italienischen Innenstädten klagen gerne über das dortige Verkehrschaos, aber die sind vermutlich noch nie in Kairo oder Casablanca Auto gefahren. Zuverlässige Quellen berichten, daß ein arabisches Verkehrschaos im Vergleich mit dem Trubel in indischen Metropolen verblaßt, und auch afrikanische Innenstädte sind nicht von schlechten Eltern. Dann gibt es das Winter- und Schneechaos, das im Moment wieder in aller Munde ist – obwohl es Deutschland mit schöner Regelmäßigkeit alljährlich im November oder Dezember heimsucht. Trotzdem fällt die Umstellung jedes Mal wieder schwer, und nie sind wir wirklich auf die Umstände vorbereitet. Manche Menschen richten sogar die Papierstapel auf dem Schreibtisch noch mit dem Geodreieck aus, während andere “kreatives Chaos” benötigen, um geistig angeregt zu werden. Letzere berufen sich gerne auf die Chaostheorie, genauso wie Meteorologen und Börsenmakler, aber ignorieren dabei völlig, daß in der Wissenschaft sogar das Chaos Struktur hat.
Zwar ist die Chaostheorie eine Idee der Moderne, hat aber ihre Wurzeln im 18. Jahrhundert. Seit Newton sind die Naturgesetze, welche natürliche Phänomene mit absoluter Exaktheit beschreiben und deren Vorhersagen in Experimenten stets reproduzierbar sind, der Maßstab der Wissenschaft. Diese Naturgesetze sind deterministisch – d.h. bei Kenntnis der Ausgangslage sowie der Gesetzmäßigkeiten, welche die Veränderungen beschreiben, läßt sich der Endzustand berechnen.
Mit der Statistik haben auch probabilistische Gesetze an Bedeutung gewonnen, bei denen scheinbar zufällige Ereignisse eben doch Muster bilden – wenn man sie nur oft genug wiederholt. Unendlich viele verschiedene Verteilungsfunktionen helfen bei der Beschreibung von Zusammenhängen, die sich mit bestimmten Wahrscheinlichkeiten ergeben, wie zum Beispiel das Gesetz der großen Zahl. Auch die Thermodynamik behilft sich oft mit probabilistschen Aussagen, weil die Ergebnisse nicht präzise genug meßbar sind. Die Chaostheorie hingegen ist eine Klasse für sich.
Isaac Newton bewies um die Mitte des 17. Jahrhunderts, daß sich mit Hilfe der Naturgesetze die Umlaufbahnen zweier Himmelskörper einwandfrei durch ein Gleichungssystem und entsprechende Ableitungen beschreiben lassen, so daß dieses System mathematisch allgemein lösbar ist (also lösbar für allgemeine Variablen x, y etc.). Für drei Himmelskörper konnte er das allerdings schon nicht mehr zeigen, und erst Poincaré stellte fast zweihundert Jahre später fest, daß das Gleichungssystem für mehr als zwei Himmelskörper nicht mehr allgemein lösbar ist. Eine Lösung für das sogenannte Dreikörperproblem (manchmal auch n-Körper-Problem) läßt sich mit mathematischen Verfahren, zum Beispiel Taylor-Polynomen näherungsweise schätzen, aber nicht exakt bestimmen. Implizit fand Poincaré dabei heraus, daß das die Ergebnisse von den Ausgangszuständen abhängen, die wiederum in vielen Fällen nicht mit hinreichender Exaktheit nachvollzogen werden können. Selbst in Fällen also, in denen prinzipiell Naturgesetze gelten – wie zum Beispiel bei den Umlaufbahnen von Himmelskörpern, die sich durch Masse, Anziehungskraft, Geschwindigkeit etc. beschreiben lassen – können trotzdem keine Prognosen vorgenommen werden, weil minimal unterschiedliche Anfangszustände auf längere Sicht zu völlig unterschiedlichen Umlaufenbahnen führen.
Man muß sich eigentlich wundern, daß die Menschheit mit so völlig unzureichendem Wissen und Verständnis bis auf den Mond gekommen ist, aber für solche Unterfangen scheinen die näherungsweisen Schätzungen gut genug gewesen zu sein. Mit seinen Ergebnissen und Feststellungen gilt Poincaré als einer der Begründer der Chaostheorie, wobei Edward Lorenz sich als erster systematisch mit der Chaostheorie befasst hat. Auch er stieß allerdings eher zufällig darauf. 1963 befasste sich Lorenz mit Wettervorhersagen. Da Rechenzeit an Computern teuer und begrenzt war, und man den Maschinen gleichzeitig noch nicht blind vertraute, führte er einige Berechnungen mehrfach durch, wobei er aus Sparsamkeit im zweiten Durchgang auf etwas weniger Nachkommastellen rundete. Faszinierenderweise unterschieden sich die Ergebnisse voneinander, und zwar umso mehr, je länger der Zeithorizont der Prognose war.
Von diesem Ausgangspunkt entwickelte Lorenz seine Forschung weiter und stellte fest, daß minimale Unterschiede in der Ausgangssituation zu anfangs geringfügig unterschiedlichen Entwicklungen führten, aber sich diese Unterschiede im Zeitablauf immer weiter verstärkten, so daß die Endergebnisse irgendwann völlig unterschiedlich waren.
Die Wetterprognosen sahen im Ergebnis probabilistisch oder sogar chaotisch aus, waren aber durchaus von deterministischen Naturgesetzen bestimmt – ein wesentliches Merkmal der Chaostheorie. Zusätzlich verkompliziert werden chaotische Dynamiken dadurch, daß die sie beschreibenden Gleichungssysteme nichtlinearer Art sind, und sich im Zeitablauf verändern. Immerhin haben sie dafür einige hübsche mathematische Eigenschaften – zum Beispiel einen Hang zu Fraktalen (also Strukturen, bei denen die Teilstrukturen der Großstruktur entsprechen, siehe Bilder hier).
Die fraktalen Muster sind besonders nützlich, weil sie es leichter machen, wissenschaftlich-naturgesetzlich chaotische Zusammenhänge zu erkennen – jedenfalls, seit es den Computer gibt. Börsenkurse, Verkehrsflüsse, meteorologische Probleme, in allen kann man fraktale Muster erkennen, und alle weisen typisch chaotische Eigenschaften auf. Vor diesem Hintergrund wird auch das Bild vom Schmetterling, der einen Sturm verursacht, verständlich. Lorenzen verwendete diese Metapher tatsächlich für einen Vortrag; nicht zuletzt allerdings, weil einige seiner Analysen in visueller Darstellung zu Linien führten, die wie Schmetterlingsflügel aussahen. Dennoch ist das Bild nicht völlig unpassend, denn in der deterministischen Chaostheorie kann tatsächlich ein minimaler Unterschied (also auch der Flügelschlag eines Schmetterlings) zu minimalen Abweichungen führen, die sich über die Zeit so sehr potenzieren, daß völlig neue Ergebnisse zustande kommen – gegebenenfalls auch Stürme.
Diese besondere Eigenschaft erklärt auch, warum die Meteorologie bis heute eine so unpräzise Wissenschaft ist. Wir wissen viel über die Gesetzmäßigkeiten meteorologischer Phänomene, aber um die Originalzustände hinreichend exakt messen zu können, müßten wir die gesamte Erde mit Wetterstationen zupflastern. Und solange wir das nicht tun, bleibt die Unsicherheit bei Prognosen über mehr als einige wenige Tage.
Dennoch gibt es Fortschritte zu verzeichnen. Verkehrsbewegungen weisen häufig Eigenschaften von deterministischem Chaos auf – aber hier kann man durch Zugabe einiger statistischer Erfahrungswerte gute Erfolge in der Prognosequalität erzielen. Mit Hilfe der mechanischen Physik sind auch Fahrgeschäfte auf Jahrmärkten heutzutage ein sehr erfolgreiches Produkt chaostheoretischer Prinzipien. Während die ersten Karusellmodelle, die sich überraschend in mehreren Dimensionen bewegen (verschiedene Richtungen, verschiedene Geschwindigkeiten) noch mit der Intuition findiger Ingenieure entwickelt wurden, gibt es heute sogar zu diesem speziellen Thema Forschungsergebnisse, die zeigen wie manche Fahrgeschäfte äußerst sensibel auf kleine Änderungen (zum Beispiel Gewicht oder Bewegungen der Passagiere) reagieren. Und natürlicht gibt es auch Forschung, die konstruktionstechnische Sicherheitsmargen für diese Risiken berechnet. Das nimmt aber Kindern (auch großen Kindern) nicht die Freude daran, kopfüber ins Chaos einzutauchen. Und für erwachsene Chaosliebhaber gibt es den Winterverkehr oder den Sommerurlaub in Italien.
Allerbeste Sophia Amalie...
Allerbeste Sophia Amalie Antoinette,
Wie schön, wieder von Ihnen zu lesen. Und dann auch noch ein ganz und gar nicht-lineares Thema. Dynamisch! Nicht-linear-dynamisch! Ich bin entzückt!
Ich wäre gespannt auf die Erweiterung dieses Themas in die Richtung der Finanzmathematik. Vielleicht die Modelle der “Quants” in der Finanzindustrie in ihrer Sandwich-Position darstellen: Zwischen der nicht-linearen Dynamik der Märkte (Chaos!) einerseits und der immer noch oft fehlenden Berücksichtigung von Extrem-Konstellationen entlang der Forschung von Frau Klüppelsberg andererseits.
Das wäre ganz herzallerliebst. Aber vielleicht bin ich der einzige, den so etwas interessiert. Immerhin: Mich würde eine Aufbereitung durch Ihren kundigen Intellekt und ihre leichte Feder freuen. Sehr sogar. Wäre das ein Thema für Sie?
Überaus geschätzter...
Überaus geschätzter Booooster, ich bin so hocherfreut, zu später Stunde noch einen Kommentar zu erhalten (und dann noch so einen netten!), daß ich jeden Inhalt wohlwollend erwägen würde! Bei Anregungen tue ich das ohnehin immer, bei komplizierten Themen hingegen dauert die Berücksichtigung manchmal etwas länger. Aber ich habe es für die Zukunft vermerkt…
"Auch das Chaos hat Gesetze...
“Auch das Chaos hat Gesetze ”
das wirklich von Anfang an Nervende an der sogenannten Chaostheorie war, dass sie eben KEINE Chaos Theorie war sondern dass man einfach irgendwo neue Gesetzmässigkeiten fand, und denen diesen Effekt haschenden Namen gab.
“Die fraktalen Muster sind besonders nützlich, weil sie es leichter machen, wissenschaftlich-naturgesetzlich chaotische Zusammenhänge zu erkennen – …”
Das Wort “chaotisch” hat in diesem Satz doch eigentlich nicht das Geringste verloren, oder?
Und es gibt auch kein “deterministischem Chaos”, sondern nur Zustände die sich mir unseren begrenzten Mtteln nicht eindeutig formulieren lassen. Und genau so etwas pflegt man um des Effektes Willen als Chaos zu bezeichnen… eigentlich peinlich sowas.
Aber vielen Dank für das wunderbare Photo. Leider es die mangelnde Schärfe nicht zu es zu vergrössern. Haben sie ein Quelle dafür?
Wo haben Sie diese wundervolle...
Wo haben Sie diese wundervolle Installation photographiert? Und von wem ist sie? Kein Beuys, da kein Filz, kein Kiefer, da kein Blei, kein Kienholz, da nicht angestrahlt, kein Hanson, da kein Plastik. Auch nicht Nam June Paik, da kein Video. Aber doch hochklassig und sammelwürdig. Ein echtes Investment in diesen chaotischen(!) Zeiten. Hat da schon ein Händler die Hand drauf?
Gruß K
@ tylerdurdenvolland
Mit der...
@ tylerdurdenvolland
Mit der Vorstellung eines “chaotischen Chaos” verlässt man die Wissenschaft. Woher soll denn dieses “chaotischen Chaos” kommen? Vom “Chaos-Gott”? Solange man ohne diese Krücke auskommen will, wird Chaos immer irgendwie determiniert sein.
Chaos, Wissenschaft, pah!...
Chaos, Wissenschaft, pah! Unser Chaos sollte uns heilig sein.
Das dürfte auch die Frage von sven beantworten.
;-)
@tylerdurdenvolland /...
@tylerdurdenvolland / Kalchas
Das ist/war eine Installation von Marc Köschinger in Eichstätt.
tylerdurdenvolland, die...
tylerdurdenvolland, die etablierten Begrifflichkeiten habe ich nicht erfunden – sondern wundere mich nur darüber. Genau wie Sie. Die Quelle der Fotos bin ich, ich frage mal bei den Kollegen, ob und wie ich eine Vergrößerung einstellen kann.
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Kalchas, das ist das erste Mal, daß die Leser mehr über die Bilder als über den Text wissen wollen. Es handelt sich um das Schmetterlingshaus in Eichstätt.
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sven, naja… es gibt ja immer noch “randomness”…. die ist nicht deterministisch, und erfordert trotzdem keinen Gott?
muscat, leben Sie im kreativen...
muscat, leben Sie im kreativen Chaos? Wobei ein bißchen Chaos wie Salz in der Suppe ist, ganz ohne wäre auch langweilig.
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focio, was meine Leser so alles wissen…. das ist eigentlich das Spannendste an diesem Job.
Werte Frau...
Werte Frau Infinitesimalia,
Dem Dank ebenso wie den Wünschen von Herrn Boooster möchte ich mich gerne anschliessen. In der Tat ein wunderbarer Aufsatz, und eine Erweiterung auf die Finanzmathematik würde ich auch gerne lesen.
Dass uns diese Phänomene chaotisch erscheinen hat übrigens nichts damit zu tun, dass wir irgendwelche geheimnisvollen Gesetzmässigkeiten nicht verstanden hätten oder nicht formulieren können (dieser Irrtum wird auch bei der Unschärferelation immer wieder aufgewärmt), sondern schlicht damit, dass Systeme, die durch zwei oder mehr gekoppelte Differentialgleichungen beschrieben werden, nun einmal nicht geschlossen lösbar sind. Das gilt für Planetensysteme mit 3 oder Objekten ebenso wie für das Wasserstoffmolekül am unteren Ende der Grössenskala. Vor einigen Jahren (mittlerweile schon Jahrzehnten) habe ich oszillierende chemische Reaktionen untersucht, die bei geringfügiger Änderung der Ausgangsparameter auch in ein chaotisches Verhalten münden können, um dann wieder auf einer etwas anderen Trajektorie zu landen. Der Mechanismus dieser Reaktionen war vollständig verstanden, trotzdem war eine Voraussage des Verhaltens nicht möglich. Die Natur stimmt eben nicht immer mit unserer Alltagserfahrung (die in der Regel ja deterministisch ist) überein, das müssen wir einfach akzeptieren.
Naja, liebe SAAI, was den Text...
Naja, liebe SAAI, was den Text angeht, da bin ich vom Fach, und was den Wert komplexer mathematischer Modelle inkl. Chaostheorie in der VWL und der Finanzwelt angeht, so habe da meine eigene (ketzerische) Meinung. Es gibt dort ja nicht mal Einverständnis darüber, was Geld eigentlich ist.
Mit den um diese Zeit üblichen Wünschen K
@muscat
Heil...
@muscat
Heil Eris!
@Infinitesimalia
Für mich ist “randomness” eine (praktische) Krücke, die es uns ermöglicht von allen möglichen Kleinstursache zu abstrahieren und etwas als ganzes greifbarer zu machen. Sicher, in der Quantenphysik ist randomness Teil des Konzepts. Hier kann man dann auf x-dimensionale String-Kosmologien warten, die diese dann doch als determiniert sehen (so halte ich es) oder die randomness einem Chaos-Gott zuschreiben (so mögen es andere machen).
aristius fuscus, es ist mir...
aristius fuscus, es ist mir immer ein Vergnügen, meine Leser zu erfreuen. Wobei es schwierig ist, jedermanns Verständnisniveau zu treffen. Je nachdem, wie vertraut man mit den Grundlagen ist (Differentialrechnung Taylorserien, Physik) sind meine Ausführungen für manche trivial – und für andere zu hoch…
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Kalchas, ach ja, die Mathematisierung der Wirtschaft – alle Jahre wieder ein dankbares Thema. Aber vielleicht nicht heute? Wobei ich dals weitere Anregung für zukünftige Beiträge betrachte. Ketzerische Meinungen sind hier wirklich IMMER willkommen, nur zu!
Hallo,
darf ich ein klein...
Hallo,
darf ich ein klein wenig Fachliches hinzufügen? Viele Probleme der Welt führen bei einer Modellbildung zu mathematischen Gleichungen, die nicht exakt gelöst werden können. In solchen Fällen behelfen wir uns mit Näherungsverfahren. Gerade bei nichtlinearen Differentialgleichungen kann man mit Hilfe der Taylor-Polynome leichte Verfahren, z.B. das Euler-Verfahren, entwickeln, die uns dann eine Näherungslösung bringen. Mathemtiker können dann sogar abschätzen, wie weit die Näherunslösung von der unbekannten exakten Lösung entfernt ist. Manche von diesen Verfahren sind aber leider nicht stabil. Das bedeutet, dass bei kleiner Änderung der Anfangsdaten, die ja in der Regel Meßdaten sind und nicht exakt bestimmt werden können, der Computer völlig unakzeptable Ergebnisse berechnet. Für ein solches Verhalten benutzen Nichtfachleute gerne den Begriff Chaos, das hat aber mit Chaos nichts zu tun, sondern mit Nicht-Stabilität. Für Einzelheiten verweise ich die interessierten Leser gerne auf mein Buch ‘Höhere Mathematik für Ingenieure etc’, zitiert auf meiner home-page.
Herzlichen Vorweihnachtsgruß
N.H.
sven, und ich dachte immer,...
sven, und ich dachte immer, Quantenphysik wäre gerade NICHT probabilistisch? Während Münzenwerfen oder so genau das ist?
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NH, Komplimente nehme ich am liebsten entgegen, aber fachliche Beiträge am zweitliebsten. Vielen Dank daher für die Erläuterungen – ich weiß ungefähr, was Taylor-Polynome sind, rechne aber eher selten (=nie) damit.
Nur mal kurz: Wenn mich nicht...
Nur mal kurz: Wenn mich nicht alles täuscht, dann ist Quantenphysik probabilistisch (Einstein irrte mit “Gott würfelt nicht”) und hat zunächst nichts mit deterministischen Chaos zu tun – es sei denn, man kann findet bei dem Problem innerhalb der Quantenphysik noch eine nichtlineare n-dimensionale DGL – dann wäre sie auch deterministisch chaotisch. Aber ein schöner Artikel! Auch wenn dieses freie Geständnis des nicht-Nutzens von Taylor-Polynomen natürlich sehr traurig stimmt.
Nun ja, damit sich die...
Nun ja, damit sich die Menschen in der Fülle der Ereignisse einigermaßen sicher fühlen, erfinden sie (mathematische) Modelle, mit den sie z.B. physikalische Beobachtungen beschreiben, vorhersagen können – und um ihr Sicherheitsgefühl zu erhöhen, nennen sie das dann Naturgesetz — Frau Sophia: liefert Ihnen Ihre Weisheit eine besseres Verständnis?
Isaac Newton leitete aus der Annahme, dass die Sonne die Erde durch Gravitation anzieht, die “Keplerschen Gesetze” ab. Wie denn die Sonne das macht, die Erde anzuziehen, wie die Erde den Mond anzieht usw. konnte er nicht erklären und kann die Physik bis heute nicht erklären – der Begriff Graviationsfeld reicht dafür wohl nicht.
Und weiter: damit in den “Weiten des Weltalls” diese Gravition auch stimmt, wurde die dunkle Materie “erfunden” – und niemand weiß, was das ist. Hauptsache, sie erlaubt uns, weiter an die Gravitionsregeln zu glauben.
EulenFuchsWiesel, aber ist...
EulenFuchsWiesel, aber ist nicht der Clou an Schrödingers Katze gerade, daß diese nicht mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit tot oder lebendigt ist, sondern beides gleichzeitig, in überlagerten Zuständen? Also NICHT probabilistisch? Davon abgesehen tut mir das mit den Taylorserien natürlich sehr leid – ich kenne aber Leute, die das rechnen. Zählt das auch?
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Yemaja, ich habe von Physik wenig Ahnung, bin aber geneigt, den Fachleuten ihre Naturgesetze abzukaufen. Wirtschaftswissenschaftlern hingegen nicht, weil die dortigen Gesetze und Modelle stets unvollständig sind. Das macht sie nicht unnütz – es ändert nur die Aussagekraft. Die philosophischen Fragen, die sich aus Ihrem Kommentar ableiten (was sehen wir, was nehmen wir überhaupt wahr, was können wir messen etc.), hach, das ist so kompliziert… dafür ist es zu spät am Abend.
sehr schön geschrieben,...
sehr schön geschrieben, danke!
wenn wir noch hinzudenken daß wir nur ca. 10% dessen was ist kennen und beschreiben können (der Rest ist dunkle Materie, oder so was) wirds langsam gruselig;
Spannend wäre es, die...
Spannend wäre es, die Forschungen von Ilya Prigogine zu würdigen. Im Januar jährt sich zum 10. Mal sein Todestag. Ist sein “Vom Sein zum Werden” in Vergessenheit geraten?
Also, ich meine mich aus...
Also, ich meine mich aus meinem Studium an einen Satz zu erinnern, der wie folgt ging: “Bei der Quantenmechanik handelt es sich um eine streng deterministische Wahrscheinlichkeitstheorie, was sie einzigartig macht.”
Aber es ist es wohl müßig, über die QM zu diskutieren, da schon ganz andere das nicht getan haben (siehe zB Herrn Feynman:„Es gab eine Zeit, als Zeitungen sagten, nur zwölf Menschen verstünden die Relativitätstheorie. Ich glaube nicht, dass es jemals eine solche Zeit gab. Auf der anderen Seite denke ich, es ist sicher zu sagen, niemand versteht Quantenmechanik.“)
Die ausgelassenen Taylorserien sind verzeihlich, ich freu mich ja schon, wenn die Leute sich nicht auf “In Mathe war ich immer schlecht” zurückziehen. Im nächsten Level darf man dann übrigens gegen die Volterra Reihen kämpfen.
Wahrscheinlich viele Grüße
tiberiat, deswegen macht...
tiberiat, deswegen macht Forschung aber doch so Spaß! Aufregend!
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NouvelleAlliance, schaue ich mir an…
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EulenFuchsWiesel, über die Koketterie von “in Mathe war ich immer schlecht” habe ich mich hier auch schon geäußert. Ein sehr dankbares Thema!
@Sven.
Sie fragen den falschen...
@Sven.
Sie fragen den falschen hier…. Ich habe das Wort Chaos nicht in solchem Zusammenhang gebracht, Leute wie Mandelbrot, die etwas verkaufen wollen, taten das vor 40 Jahren. Ich nur klar stellen, dass der Begriff Chaos mit dem was diese „Wissenschaft“ meint nichts zu tun hat.
Ob es ein Chaos ausserhalb unserer Ideenwelt überhaupt gibt, das ist ein anderes Thema. Aber die Chaostheorie hat mit Chaos nichts zu tun.
@focion
Danke für den Köschinger, wird mal das Internet befragen.
@Sophia
Sie waren da nicht gemeint, aber bei mir kommt beim Thema Chaos immer der ganze Ärger wieder hoch. So schön die Apfelmännchen damals auch waren, so zu tun als hätte das alles was mit Wissenschaft oder gar Chaos zu tun hat mich masslos geärgert. Und wie alle drauf sprangen…..
Später hab ich dann verstanden, dass die „Wissenschaft“ halt wirklich nicht mehr ist, als die Religion des 20.Jahrhunderts.
Auch bei der „randomness“ stellt ja sich ja die Frage ob es diese gibt, oder ob ganz einfach nur unser heutiges Wissen nicht reicht, oder, ob vielleicht unser Verstand grundsätzliche Grenzen hat. Hume und Kant haben in der Richtung ja ein paar Tips gegeben.
Da ist es natürlich einfacher die „wissenschaftliche“ These aufzustellen, da sei tatsächlich Chaos oder random im Spiel.
Und diejenigen die ganz in der Tradition der Kirchen stehend den Mensch als Mittelpunkt und als die ultima ratio der Existenz/Schöpfung sehen, die benutzen solchen These um ihr Weltbild aufrecht zu erhalten und die Menschheit unter grossem Beifall daran zu hindern sich auch bei diesem Thema ihres eigenen Verstandes zu bedienen.
Solche Paradigmen herrschen immer so lange, bis irgendjemand wie Kopernikus, wie Darwin oder wie Freud daherkommt.
Letzten Monat zB fand jemand, dass Heisenbergs Unschärferelation möglicherweise doch nicht ganz so unscharf ist sondern, dass nur unser Wissen auf dem Gebiet eben damals noch nicht weit genug war. Es gibt mir zu viele offene Fragen, die einfach ex cathedra als nicht beantwortbar bezeichnet werden, wo es doch genauso gut, ganz banal, nur um die Grenzen unseres heutigen Wissens gehen dürfte….
Auch die berühmte Katze ist unsinnig, denn sie ist zu jedem Zeitpunkt eindeutig entweder ganz tot oder ganz lebendig. Nur weil wir keinen Weg kennen in der Kiste nachzusehen, wissen wir es nicht, das hat aber überhaupt nichts mit dem Zustand der Katze selber zu tun. Der ist immer eindeutig entweder der eine oder der andere.
Ein gutes Beispiel für Absurdität ist:
@aristius fuscus
„…habe ich oszillierende chemische Reaktionen untersucht, die bei geringfügiger Änderung der Ausgangsparameter auch in ein chaotisches Verhalten münden können, um dann wieder auf einer etwas anderen Trajektorie zu landen.“
Sie können Reaktionen nicht vorhersehen und ändern die Ausgangsparameter und wundern sich dann, dass sie zu einem anderen Resultat kommen und sehen da nicht dein eigenen Mangel an Wissen, sondern Chaos? Danke für dieses wunderbare Beispiel für „Wissenschaft“? Weil ihnen das Wissen dafür fehlt, oder die dafür nötige Datenmenge zu gross wäre, oder deren Verarbeitung sie und ihren Computer überfordert, deshalb ist „eine Voraussage des Verhaltens nicht möglich“? Und zwar grundsätzlich?
Grüß Gott, wundere mich...
Grüß Gott, wundere mich trotz der frühen Morgenstunde, warum Blogschreiber so überzufällig häufig sich den Spass am Leben zu verkneifen versuchen wollen (ist der Satz lange genug?). Wunderschöner Artikel, natürlich auch erleuchtende Kommentare der Mehrheit. Haben Sie noch einen Weihnachtswunsch offen? Wenn ja dann empfehle ich allen, wenn Sie es noch nicht haben, das wunderbare Buch von Lord Rees (Royal Astronomer) mit dem verführerischen Titel JUST SIX NUMBERS (1999, Basic Books). Mein Untertitel würde lauten: auf die Kommastelle genauer Zufall. Frohe Festtage
pm
Tyler Durden Volland, ich bin...
Tyler Durden Volland, ich bin auf jeden Fall gespannt auf zukünftige Fortschritte und stimme zu: da kommt sicher noch einiges.
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pmohler, wir verkneifen uns den Spaß am Leben? Woher wissen Sie das? Oder meinen Sie gar nicht mich und die Kollegen hier? Die Buchempfehlung schaue ich mir gerne für den nächsten (oder überüberübernächsten) Beitrag hier an – privat lese ich nur Belletristik.
@ tylerdurdenvolland
Ja, das...
@ tylerdurdenvolland
Ja, das was ich damals gemacht habe, hielt ich und halte ich noch für Wissenschaft. Wir haben die Reaktion verstanden und sie ist eben unter geeigenter Wahl der Augangsbedingungen prinzipiell nicht vorhersehbar. Das war damals so (als wir noch mit Apple 2e gerechnet haben) und daran hat sich nichts geändert.
Damit möchte ich es gut sein lassen, denn Sie haben sich mit Ihrer flüchtig hingeworfener Bemerkung über die Unschärferelation als Gesprächspartner restlos disqualifiziert. Um die Unschärferelation zu erschüttern braucht es schon etwas mehr als etwas “was jemand letzten monat herausgefunden hat”. Damit haben sie sich auf dieselbe Stufe gestellt wie all die Journalisten (in des Wortes abfälligster Bedeutung), die schon über das Ende der Relativitätstheorie spekuliert haben, als ein herausgezogener Stecker den Experimentatoren Teilchen vorgegaukelt hat, die sich schneller als Licht bewegen. Etwas mehr Bescheidenheit bezüglich des eigenen Wissen und etwas mehr Respekt vor denen, die sich mit diesen Fragestellungen eingehend beschäftigen und nicht nur vor sich hin dilettieren, ist schon angebracht.
Pardon, muss mir entgangen...
Pardon, muss mir entgangen sein, vielleicht werde ich ihn mir über die Feiertage zu Gemüte führen.
an die unendlich tolle Sophia,...
an die unendlich tolle Sophia, nein ich habe nicht die Mehrheit aller Blogschreiber gemeint und auch nicht die Autoren sondern die wenigen, welche partout die leichte Hand mit seicht verwechseln wollen.
@taylor - "ob es randomness...
@taylor – “ob es randomness überhaupt gibt” – da sagt der angewandte Statistiker, wenn ich nichts weiss, dann greife ich zum Zufall (gilt insbesondere für die Stichprobenziehung, wo im günstigsten Fall nur wenig dem Zufall überlassen wird)
EulenFuchsWiesel, ich wollte...
EulenFuchsWiesel, ich wollte damit keineswegs die Lektüre hier erzwingen, sondern lediglich sagen: das wundert mich heute auch, daß mathematischer Analphabetismus so weitläufig akezptiert ist, daß sich Menschen regelrecht damit schmücken.
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pmohler, es ist aber auch ein schmaler Grat zwischen seicht und leicht. Wobei ich mich bemühe, nicht zu ersteren zu gehören.
@aristius fuscus
Ich bin nicht...
@aristius fuscus
Ich bin nicht ihr papi, googlen sie es einfach selber, das Internet müsste voll davon sein. Es ist nicht meine Schuld wenn sie was nicht wissen, aber typisch finde ich diese lächerliche Einstellung wenn es da was gäbe, “dann wüsste ich es und nicht sie”….. wenn sie sich nicht mal auf ihren eigenen Gebiet auf den Laufenden halten, so hab ich damit kein Problem. Es ist immer diese lächerliche Anmassung die die “Wissenschaft” so peinlich macht.
Glauben sie wirklich dass irgendein Astronom oder Physiker im Altertum weniger überzeugt von seinem Weltbild war, als sie von ihrem? Ihre “Wissen”schaft wird niemals mehr sein, als derzeit gültige Theorien, und das heisst konsequent zu Ende gedacht, dass sie unter allen Umständen falsch sind. Oder wollen sie uns etwa ernsthaft erzählen, sie hätten auch nur auf einem Gebiet “endgültiges” Wissen?
jetzt weiss ich wieder, wer...
jetzt weiss ich wieder, wer mich am frühen morgen hellwach gemacht hat die hochunfröhliche, nicht einmal fortiter in re, suaviter in modo Kommunikation der beiden.
@Sophia Amalie Antoinette...
@Sophia Amalie Antoinette Infinitesimalia: Ich lese Ihre Artikel zwar unregelmäßig (wenn auch iA unkommentiert) aber gerne. Die Frage ist eher, ob ich mich dann daran erinnern werde, dass ich es vorhatte.
@Tyler Durden Volland: kleine Literatureempfehlung: Hirsch, Smale, Devanley: Differential Equations, Dynamical Systems & Introduction to Chaos. Ja, kleine Änderungen der Anfangsparameter können große Änderungen im Endergebnis hervorrufen und das ist was besonderes.
@EulenFuchsWiesel
eigentlich...
@EulenFuchsWiesel
eigentlich wollt ich es ja lassen, aber wenn es zu absurd wird, kann man es so nicht stehen, lassen.
“Ja, kleine Änderungen der Anfangsparameter können große Änderungen im Endergebnis hervorrufen und das ist was besonderes.”
Das ist eine lächerliche Banalität und alles andere als was Besonderes.
Schon Anfang der 70er wusste das jeder. Nur von uns wollte keiner, dass der Staat sein Gehalt für den Rest des Lebens finanziert, weil man so eine “sensationell” grundlegende Einsicht hatte und ihr den Stempel Wissenschaft aufdrückte!
@Sophia Amalie Antoinette...
@Sophia Amalie Antoinette Infinitesimalia
14. Dezember 2012, 23:52
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OMG nicht-probabilistische quantenmechanische Überlagerungen, da hat die Autorin in den Vorlesungen nicht-infinetisimal geschlafen oder geschwänzt!