Der Medienwandel macht weiterhin Zeitungen zu schaffen, doch wie steht es um Blogs? Während die einen das Ende der Self-Made-Medien vorhersagen, sprechen die anderen vom “Jahr der Blogs”. Denn über die Erfolgskritierien lässt sich trefflich streiten.
Abgenutzt und unscharf steht es da, auf dem Titelblatt einer Zeitung, dem Einband eines dünnen Buches, in einer Tickermeldung und einem Tweet. Die Krise ist das Unwort der letzten Jahre. Wie eine unaufhaltsame Seuche kann sie jedes andere Wort in ihren Schatten stellen, um es unter ihren zarten fünf Buchstaben ins Aus zu drücken: den Euro, die Zeitung, die Männlichkeit. Nun auch die Blogs. In mein E-Mail-Postfach flattert die Einladung in eine Gruppe, die sich „Blog Revival Gang“ nennt, die ich genervt in den Papierkorb schiebe. Ich erinnere mich nicht an eine Blütezeit von Blogs, nicht daran, einen Tag ohne sie zu sein, ich habe das Schreiben im Netz seit 2007 nie aufgegeben. Allein die freie Zeit, die ich als Studentin noch hatte, ist weniger geworden.
Diese Zeit fehlt nicht nur um zu schreiben, sie fehlt mir auch um zu lesen. Meinen Tick, jedes Buch zu bestellen, das interessant klingt, habe ich heftig verflucht als ich kurz vor Weihnachten von der fünften Etage mit Aufzug in ein anderes fünftes Stockwerk zog, in das man nur über exakt 100 Treppenstufen gelangt. Wenn ich nun in meiner kleinen Bibliothek Wäsche aufhänge, streife ich sehnsüchtig durch die prall gefüllten Reihen mit ungelesenen Romanen, mit Sachbüchern, die ich sporadisch bemühe, und zerfledderten Gedichtbändern. Setze ich mich an mein Laptop, begrüßt mich ein üppiges (1000+) im Feedreader; eigentlich öffne ich ihn nur alle paar Tage, um „Mark all as read“ zu klicken.
Das Sprechen von der Krise der Blogs hängt noch immer dem treuherzigen Konkurrenzstreben nach, das glaubt, Blogs würden professionellen Journalismus irgendwann ablösen. Diese Sichtweise erfasst jedoch weder die Natur von Journalismus, noch lässt sie der Praxis des Bloggens die Freiheit, die sein Charakteristikum ist. Blogs zählen schon heute zum professionellen Journalismus, sie sind fester Bestandteil von Unternehmenskommunikation und politischer Öffentlichkeitsarbeit. In diesen Bereichen haben sie eine emanzipative Rolle für die traditionelle Berichterstattung eingenommen. Blogs erlauben mehr Freiheit in der Form, mehr Nähe zu den Leserinnen und Lesern, zu Kundinnen und Kunden, zu Wählerinnen und Wählern. Sie erlauben mehr Subjektivität an Stellen, die zuvor über das Medium eine klare Grenze zwischen Sender und Empfänger eingefordert haben. Das Blog soll als Medium vor allem Vertrautheit schaffen und Gespräche stiften. In Blogs werden Diskussionen eröffnet, Fragen formuliert und Gedanken unvollendet publiziert. Blogs haben keine Freigabeschlaufe, sie machen verwundbar, sind wunderbar. Sie wirken im Regime der Leistungsgesellschaft fehl am Platz.
Dass genau in diesem Jahr die Renaissance der Blogs ausgerufen wurde, ist kurz vor einem Bundestagswahlkampf kein Zufall. Private Blogs greifen selbstverständlich politische Fragestellungen des Alltags auf, thematisch spezialisierte Angebote erörtern komplexe Zusammenhänge, Blogs bieten gesellschaftspolitischen Diskursen und sozialen Bewegungen eine Plattform, nehmen Korrektivfunktionen ein. Damit bieten sie Einblicke in die Diskussionsstände einer politisch interessierten Öffentlichkeit. Sie zeigen jedoch – wie soziale Medien insgesamt – nur kleine Ausschnitte der wahlwilligen Bevölkerung. Denn bloggen zu können ist zum einen ein Privileg, das Ressourcen wie Bildung, Zeit und Netzzugang erfordert. Es setzt die Entscheidung voraus, sich mitteilen zu wollen. Andere Menschen mit den eigenen Texten zu erreichen, erfordert wiederum ein Netzwerk und das Wissen darüber, wie Aufmerksamkeit gewonnen werden kann.
Doch vielen Bloggerinnen und Bloggern geht es nicht um eine hohe Reichweite oder darum ihr Blog zu einer festen Einkommensquelle zu entwickeln. Die Beweggründe an einem Ort im Netz öffentlich zu schreiben sind vielfältig. Die Gratifikationen, die Autorinnen und Autoren aus ihren Blogs ziehen ebenso. Von einer Krise der Blogs kann daher nur gesprochen werden, wenn die digitale Textsammlung erst dann als echtes Blog gilt, wenn es kommerzielle Erfolge aufweist, über andere Blogs und Medien hinweg meinungsbildend ist und wachsende Lesezahlen verzeichnet. Es sind die Kriterien, die auch eine gedruckte Zeitung erfolgreich machen. Diese Sichtweise auf blühende Bloglandschaften ist lustlos, ja konservativ. Denn Blogs sollen Konventionen brechen, sie nicht replizieren.
Aus technologischer Sicht wäre es für Onlinemedien keine Notwendigkeit, zwischen regulären Artikeln und Blogs ihrer Redakteure und Autoren zu unterscheiden. Die Einführung von Blogs war zunächst das Signalisieren von Modernität und die Öffnung hin zum Internet. Heute bedeuten sie eine Hierarchiestufe. Spiegel Online nennt die regelmäßigen Autorenreihen Kolumnen, beim Freitag können Redakteure frei bloggen, in ihrem Profil wird nach dem Relaunch vor ein paar Monaten auf der Website jedoch nicht mehr zwischen Artikeln, die gedruckt wurden und Blogs unterschieden. Der Verleger Jakob Augstein schrieb also beim Freitag zunächst ein Blog, jetzt heißen diese Dialoge mit der Leserschaft “Beiträge”, es gibt eine eine Gartenkolumne für die gedruckte Ausgabe (die auch online erscheint), bei Spiegel Online verfasst Augstein die Online-Kolumne „Im Zweifel links“. Live-Blogs werden getickert – von der Bundespräsidentenwahl bis zu Samstagabendunterhaltungssendungen – dann gibt es temporäre Blogs, deren Stilllegung schon bei Start fest steht, oder die jährlich zu einem Ereignis reaktiviert werden, die das Buchmessenblog der FAZ, und sicher noch ein paar andere Formen, die ich an dieser Stelle vergessen habe. Ist diese Verwirrung schon eine Krise?
Um den Medienwandel und die Entwicklung von zwischenmenschlicher Kommunikation über digitale Kanäle besser zu verstehen, können Begriffsschärfungen hilfreich sein. Dazu können Fragen diskutiert werden wie: Muss im journalistischen Kontext überhaupt von Blogs gesprochen werden? Wie viel Blog steckt in den Dialogangeboten von Unternehmen und Organisationen? Sind bezahlte Produktberichte noch Blogbeiträge? Wie verändert sich das Bloggen, wenn es zum Teil eines Berufes wird, von dem eine Person ökonomisch abhängig ist? Kann Bloggen politischer Widerstand sein?
Als Leserin unterscheide ich zwischen journalistischen Texten und Blogs – völlig wertfrei. Denn ich begreife Blogs als ein anderes Genre: mit Blogs, wenn sie mir gefallen, gehe ich eine längerfristige Beziehung ein. Mit ihren Autorinnen und Autoren, mit Menschen, die zu Texten diskutieren. Ein Blog entwickelt seine Spannung in der Forterzählung, dem hingegen sind Beiträge in professionellen Medien meist abgeschlossene Stücke; selbst wenn ich mir die wiederkehrenden Namen der Schreibenden merke, die Person dahinter wird mir kaum zugänglich. Mit einem Blog schließe ich ein emotionales Abonnement. Denn ich lese sie, weil sie beispielsweise Nischenthemen behandeln, über die ich an anderen Orten nur selten lesen kann. Ich lese sie, weil sie mich intellektuell anregen, Begeisterung auslösen für Ideen, Gedanken, sie in politischen Diskussionen Menschen aufeinander treffen lassen. Bloggen ist mehr als schreiben und lesen lassen. Die Blogs, die von mehreren Personen gemeinsam geschrieben werden, zeigen das: sie können ein Ort sein für Freundinnen und Freunde, und solche, die es werden wollen.
Bloggen kann eine Freiheitspraxis sein. Als ein Gespräch mit anderen oder mit sich selbst sind Blogs krisenfest, denn sie sind an nichts gebunden. Nicht einmal ans Netz.
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Ich möchte an dieser Stelle noch drei neue Blogs vorstellen, bei denen einige Autorinnen und Autoren mitschreiben, die ich alle über den Freitag, für den ich von 2008 bis 2010 gearbeitet habe, kennengelernt oder besser kennengelernt habe. Erst online, dann auch dort draußen in der anderen Welt. Das Netz ist weniger flüchtig als gern geschrieben wird.
Wir Wostkinder, ein neues FAZ-Blog, geschrieben von Katrin Rönicke und Marco Herack.
kleinerdrei, ein Blog von acht Autorinnen und Autoren mit dem Untertitel “Was uns am Herzen liegt”,
und 1000 Zeichen, für das schnelle Lesevergnügen.
Vielleicht finden Sie Gefallen an einem der drei oder gleich allen – oder Sie verlinken in den Kommentaren Ihre Leseempfehlungen.
Schön, dass wir einer Meinung...
Schön, dass wir einer Meinung sind: Es gibt keine Blog-Krise. Hab ich auch vor ein paar Tagen geschrieben, äh gebloggt: https://buggisch.wordpress.com/2013/01/16/gibt-es-eine-blog-krise/
Ich glaube nur nicht, dass viele Leser eine vergleichbare “Unterscheidung zwischen journalistischen Texten und Blogs” vornehmen, sondern dass beide “Textsorten” sich immer mehr annähern bzw. die Grenzen verschwimmen. Einerseits weil es immer mehr Blogs gibt, die Themen in ähnlicher Weise behandeln wie “journalistische Texte”, andererseits weil immer mehr journalistische Angebote auf Blogger als Autoren zurückgreifen …
Ein großartiger...
Ein großartiger Schlussabsatz, den sich wohl viele BloggerInnen ab und an vor Augen halten :)
Die Unterscheidung zwischen...
Die Unterscheidung zwischen Bloggern und kommerziellen Bloggern oder sonst professionellen Journalisten erinnert mich (natürlich) an das Bloggertreffen der Frankfurter Schirn Kunsthalle im vergangenen Sommer. Da waren diese Welten aufeinandergeprallt, wunderbar getrennt durch Mercedes Bunz, die sich als Moderatorin erkundigte, wer von den Anwesenden denn gerne vom Bloggen leben können wolle?
Ich glaube, die Unterscheidung der Bindung, die man beim Lesen eingeht, trifft es gut. Hier die Blogger, dort die Profis. Und der Versuch, die Grenze zwischen dem Bloggen und der journalistischen Arbeit beim Freitag zu verwischen, setzt ja gerade dort an und will den Internetauftritt und die Journalisten als Autoren interessanter machen und den Leser stärker binden. Was aber nicht klappt. Obwohl ich auch mal beim Freitag zu bloggen begonnen hatte, verfolge ich ihn mittlerweile gar nicht mehr.
@schneeschmelze Wenn ich mir...
@schneeschmelze Wenn ich mir das Spannungsverhältnis von Journalist_innen und Blogger_innen anschaue, hat sich in den letzten Jahren leider wenig geändert. Arroganz existiert auf beiden Seiten. Von meiner Arbeit beim Freitag erinnere ich aber, dass die Redaktion auch sehr oft von Beiträgen der Community profitiert hat, weil sich Expert_innen zu einzelnen Themen hervortaten, die es so in der Redaktion nicht gab. Zudem gibt es zahlreiche Menschen ohne journalistische Ausbildung, die einfach so hervorragend schreiben und dabei spannende Einblicke in ihre Berufe und ihr Leben gewähren.
Eine Blogger-Community aus Leser_innen bei einer Zeitung aufzubauen, ist aus meiner Sicht deshalb so schwierig, weil so viele unterschiedliche Menschen mit unterschiedlichen Interessen, politischen Haltungen … aufeinander treffen. Sinnvoller sind daher vielleicht wirklich Gemeinschaftsblogs mit Autorinnen und Autoren, die sich ein wenig kennen.
ganz d'accord. aber eine frage...
ganz d’accord. aber eine frage bleibt am ende: warum sollten blogs nicht aufs netz angewiesen sein? und tipp bez. blogs: das bretterblog. ein wissenschaftliches gemeinschaftliches blog an dem ich mitschreibe.
<p>Auf mich macht von den drei...
Auf mich macht von den drei verlinkten Blogempfehlungen die “1000 Zeichen” noch den frischesten Eindruck, auch wenn man gewiss die drei Blogs so nicht vergleichen kann. Bei den Wostkindern ist mir auch nach dem zweiten Beitrag immer noch nicht klar, wohin die inhaltliche Reise dort gehen und inwieweit eine Diskussion in den Kommentaren geführt werden soll. Eine lebhafte Debatte sieht jedenfalls anders aus. “Unter drei”, naja, von allem irgendwie etwas, hauptsächlich Identitätsfindungskram mit Gendergedöns (Creepercard anyone?), das reizt mich jetzt nicht unbedingt.
Ich denke, die Leser suchen sich ihre Blogs immer noch selbst aus, ihnen etwas vorzusetzen oder gar vorzumachen reicht nicht mehr aus. Ich meine hierbei diejenigen Blogmacher, die sich vor einigen Jahren mit dem Erfolg eines Zufallstreffers und aus der Stadt der Städte aufgemacht haben die übrige Blogrepublik zu lehren, wie man mit Blogs Geld verdient und zu sagen, wer was davon versteht und wer nicht.
Wer aber in Wahrheit die Nase vorn hat und seit Jahren “abliefert”, zeigt u.a. ein Blick auf die Blogstatistik hier bei der FAZ.
Sehr schön, erhebend. Es...
Sehr schön, erhebend. Es hilft halt nichts, dass man jetzt das Bloggen nachträglich als individualistisches Hobby umdeutet. :-)
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Damals, als es anfing, träumten sehr wohl viele Netzträumer und Avantgardisten von einer Herrschaft der Kleinen im Netz gegen die Großen. Das David-Goliath-Ding. Die Weltherrschaft der Guten.
Mit Huff hie und adnation dorten als dem schlimmsten Höhepunkt.
Ein sehr erhellender Text,...
Ein sehr erhellender Text, danke dafür. Tatsächlich sind Blogs ein Genre für sich, so sehe ich das auch, und der Kardinalfehler ist, die Blogs immer in Konkurrenz zum Print-Journalismus zu sehen. Das war für mich der Fehler in Schirrmachers Artikel von vor ein paar Monaten, dass er den Erfolg oder Misserfolg von Blogs nur in rein ökonomischen Begriffen maß. (Leider ist der Schirrmachertext mittlerweile hinter der Paywall verschwunden, ich hätte ihn jetzt gern nochmal nachgelesen und korrekt zitiert). Für mich ist das völlig in Ordnung, dass kein Blogger rein vom Bloggen leben kann, dass es keine kommerziell erfolgreichen Blogs gibt. Ich will ja auch weder die FAZ noch den Spiegel ablösen mit der Bloggerei. Genau die Tatsache, dass der Blogger unabhängig ist vom okönomischen Erfolgsdruck, lässt meines Erachtens so eine schöne Vielfalt von wundervollen Texten in den Blogs erstehen.
Als ich anfing zu bloggen, vor noch nicht mal einem Jahr, da zeigte sich bei meinen Freunden ein ziemlich stereotypes Reaktionsmuster: Sie fanden es zunächst super und lobten mich für die guten Texte, aber irgendwann kam skeptisch die Frage nachgeschoben: Warum machst du das eigentlich? Ich druckste dann immer so herum und wusste es fast selber nicht. Aber heute und insbesondere nach der Lektüre des Artikels oben würde ich antworten: Ich machs erstens für euch, ich schenk euch das. Zweitens kann ich die Möglichkeiten dieser Publikationsform nur austesten, indem ich es mache. Und drittens ist es ein Spaß.
[Dieser Kommentar, der so objektiv anfing, endete jetzt doch wieder total subjektiv. Ich bin wohl der geborene Blogger.]
Alles richtig. Nur dass...
Alles richtig. Nur dass Gärtner Augsteins Kolumne schon seit langem eingestellt ist. Die Kolumne von Freitag-Koch Kabisch, meiner Ansicht nach aktuell die beste Koch-Kolumne der Republik (sorry, Herr Dollase), erscheint weiterhin – und entspricht auch noch ganz den Blog-Regeln. Immer ein Geschenk
Lieber Stefan Manger, Sie...
Lieber Stefan Manger, Sie haben natürlich Recht, ich hätte das noch einmal kurz prüfen sollen. Ich bekomme den Freitag auch immer noch gedruckt, nur fehlt mir führ die vollständige Lektüre leider meist die Zeit.
Einen Überblick über die Kochkolumnen der Republik habe ich leider nicht, ich hoffe, Sie haben ihr Urteil bei Jörn Kabisch schon einmal kommentiert. In dieser Kolumne zeigt sich ja auch, dass die Gespräche zwischen Autoren und Lesern wirklich gelingen können und einen deutlichen Mehrwert bieten, als wenn ein Artikel unkommentiert bleibt.
Die meisten haben bis zum Tag...
Die meisten haben bis zum Tag X vergessen, dass sie etwas vergessen haben. Ein Blog zur Erinnerung.
Die Wurstkinder ist doch mal...
Die Wurstkinder ist doch mal wieder ein typisches Beispiel für Dinge, die außerhalb von Berlin nicht gehen. Nach Michael Seeheimer und Julia Seeliger ist das schon der Dritte Coup der FAZ.
@veil of ignorance Ich würde...
@veil of ignorance Ich würde sagen: abwarten. Die Texte zu Wirtschaftsthemen und Piraten von Marco Herack finde ich stets lesenswert und Katrin Rönicke hat schon beim Freitag und privat immer tolle Artikel zu Bildungs- und Geschlechterthemen geschrieben.
Hier z.B. https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/die-piraten-und-hartz-iv-ihr-seid-wahrlich-systemrelevant-11815054.html
Wenn Sie das Thema des Blogs grundsätzlich interessiert, lohnt es sich auch mit Autor und Autorin ins Gespräch zu kommen, und zu sagen, welche Themen man als Leser spannend findet und was an den Texten aus Ihrer Sicht verbessert werden könnte.
"Bloggen kann eine...
“Bloggen kann eine Freiheitspraxis sein”, schreibst Du in Deinem Text. Aber gerade die Praxis der FAZ im Umgang mit den hier Bloggenden hat doch gezeigt, dass die Freiheiten klar verteilt sind. Von einem Tag auf den anderen wurden hier die Blogs der Zeitrafferin, das TV- und das Supermarktblog und – auch anderen Gründen – auch das Blog von @mspro abgeschaltet. Von einer Krise würde ich vielleicht auch nicht sprechen, aber – wenn ein Verlag Inhalte willkürlich depublizieren und Autor die Plattform entziehen kann – auch nicht von einem Blog.
Blogs ersetzen keine...
Blogs ersetzen keine traditionellen Nachrichtenquellen, aber können ihnen sekundieren, ihnen Beine machen, sie berichtigen, sie ergänzen, sie verändern und auf diese Weise eine Schrittmacherfunktion ausüben.
Allerdings ist Bloggen ein Langstreckenlauf. Und seit WordPress sein Ranking nicht mehr hat (seitdem es fast ausschließlich durch Psychopathenblogs dominiert wurde), ist diese Form der Selbstbestätigung weggefallen…
@bosch: Je nach Plattform...
@bosch: Je nach Plattform variieren die Möglichkeiten der konkreten Ausübung dieser Freiheitspraxis durchaus. Vom Standpunkt der reinen Lehre aus gesehen bloggt es sich mit einer selbstgehosteten Präsenz wohl am unabhängigsten. Und verglichen damit ist ein Zeitungsblog wie dieses hier tatsächlich mehr als Hybridform zwischen Bloggen und herkömmlichem Medienbusiness zu sehen. Im Übrigen habe ich den Beitrag der Kollegin Teresa auch gar nicht so verstanden, als ginge es ihr hauptsächlich um die Zeitungsblogs. Die sind nur eine Untergattung inmitten einer größeren Artenvielfalt (und bei weitem nicht die wichtigste).
@bosch: Die genannten Blogs...
@bosch: Die genannten Blogs zählten imho auch nicht gerade zu den Perlen, die hier zu finden waren. Zudem sollte man sich schon im Klaren darüber sein, welche Verträge man unterschreibt, die eben gewisse Spielregeln vorgeben. Muss jeder selbst wissen, ob man sich daran hält oder nicht.
Aber nein, es war einigen Herrschaften schlicht egal, Hinweise wurden in den Wind geschlagen, und als alles zu spät war, wurden wortreiche Blogeinträge verfasst, die mehr nach Rechtfertigung klangen als nach Entschuldigung. Alles ziemlich dürftig.
Mit anderen Worten: Die Freiheit wurde von einigen der Herrschaften nicht genutzt, stattdessen lieber hinterher rumgepöbelt und nun wird der böse Vorwurf “Depublikation” erhoben.
Ganz davon ab: Wer hat den verquasten Kram gelesen? Eben. Wie geht’s Ihrem Nudelfreund eigentlich?
Die von Frau Bücker hier...
Die von Frau Bücker hier geäußerte Einschätzung zu Blogs ist völlig richtig. Blogs werden den professionellen Journalismus nicht ablösen. Die Krise des Journalismus liegt nicht darin, dass Blogs die Leser “wegschnappen”, sondern im inhaltlichen Angebot der Medien. Auf allen Nachrichtenseiten findet man im Grunde das gleiche, weil alle die selben Agenturmeldungen nutzen. Nur die Kommentare unterscheiden sich. Dass sich die Zahlungsbereitschaft der Menschen dafür in Grenzen hält, ist somit nachvollziehbar.
Das wäre anders, wenn inhaltliche Angebote an die Leser gemacht würden, die man anderswo nicht erhält. Hier haben Blogs – egal, ob in Politik, Mode, u.a. – ihre Nische. Das stellt keine Konkurrenz zu den Medien da, sondern ein Angebot an diejenigen, die nach speziellen Informationen zu einzelnen Themen suchen. Wie sollte ein einzelner oder selbst eine Gruppe auch die Arbeit einer Zeitungsredaktion leisten?
Ich halte Blogs aus “Unternehmenskommunikation und politischer Öffentlichkeitsarbeit” nicht für Blogs im eigentlichen Sinne. Dabei handelt es sich doch lediglich um technisch anders umgsetzte Werbeplattformen für das betreffende Unternehmen oder die betreffende politische Partei. Wenn nicht diese Plattform gewählt würde, dann eben eine andere, aber der Inhalt von Unternehmen und Parteien wäre doch der gleiche. Das ist Werbung – aber nicht mehr.
Ja, Blogs sind eine “Freiheitspraxis” und ein wichtiger Beitrag für unsere Demokratie. Sehr viele Themen würden sonst im deutschen Sprachraum gar nicht stattfinden
@bosch Die Blogs bei der FAZ...
@bosch Die Blogs bei der FAZ werden von Autorinnen und Autoren mit einem Vertragsverhältnis geschrieben, sind daher in einem anderen Maße frei als selbst und unabhängig gehostete Blogs. Daher auch meine Frage: Sind Blogs im journalistischen Kontext noch Blogs?
Wenn ich mich recht erinnere war das seit Längerem einer der wichtigen Punkte in der Debatte um die Potentiale von Blogs: sich darum kümmern, dass die Inhalte nicht auf Plattformen liegen, die letztlich die Rechte daran besitzen.
"Inhalte nicht auf...
“Inhalte nicht auf Plattformen, die die Rechte daran…” für sich vereinnahmen via ToS. Ganz wichtiger Punkt, der allerdings allerlei Kenntnisse (und Zeit!) voraussetzt, wenn man das anders handhaben möchte.
Ansonsten finde ich die Bezeichnung “blog” mittlerweile überholt: Sie erinnert irgendwie an “Hobby-Kleinklein” – aus dieser Ecke sind viele hervorragende Blogs längst wieder draußen und sind Magazine oder komplette Magazin-Netzwerke. Ein paar Beispiele:
– Conscientious https://jmcolberg.com/weblog/
– https://culturevisuelle.org/ (als “Atelier des icônes” vor einigen Jahren von André Gunthert ins Leben gerufen und mittlerweile ein Netzwerk von derzeit 115 themenverwandten Blogs)
Das exzellente Magazin OWNI hat leider mittlerweile die Segel gestrichen: https://owni.fr/.
Blogs sind und waren für mich...
Blogs sind und waren für mich immer ein Blick auf die Menschen, die diesen Blog betreiben. Ohne den Anspruch auf investigativen Journalismus – ganz banal ein Logbuch der Interessen, Ansichten und Meinungen.
So ein Blog ist mal unterhaltsamer, informativer und netter aufgemacht, mal eben nicht und fällt damit durchs Raster. Die Vielzahl der Blogs im Zeitverlauf stellt allerdings auch eine Anforderung an Blogbetreiber, denn sie müssen schon inhaltlich und gestalterisch eine Qualität vorweisen, um einen Reiz für den Besucher auszuüben. das hat sich mit Sicherheit geändert. Und jeder Hype kommt irgendwann auf ein normales Maß zurück.
Ich versuche auf meinem Blog auch immer wieder Neuerungen einfliessen zu lassen und die Seite für den Besucher attraktiv zu machen. Der Spass an der Sache und das Feedback der Besucher ist der Dank dafür.
Blogs sind nicht unbedingt...
Blogs sind nicht unbedingt gleich Blogs.
Es gibt fachlich-sachliche Blogs (z. B. http://www.der-wirtschaftsingenieur.de) oder fachlich-persönliche Blogs (fachliche Themen mit unterstrichen subjektivem Unterton) sowie rein personenbezogene Blogs. Letztere sind meistens eine reine Selbstdarstellung mit einer sehr kleinen Zielgruppe (Familie/Freunde).
Alle diese Blogs werden den professionellen Journalismus nicht ablösen, aber sie schaffen einen netten Zusatz zum professionellen Journalismus, eine dritte, unabhängige und weitgehend lobby-einflussfreie Meinung.
Und manche Blogs könnten mit etwas unternehmerischen Ideenreichtum und Ehrgeiz mal in den professionellen Journalismus aufsteigen und zur “professionellen Zeitung” werden. Bleiben wir gespannt!
@Teresa Maria Bücker 22....
@Teresa Maria Bücker 22. Januar 2013, 08:27
Würde mich ganz ungemein interessieren, wie so ein Vertrag aussieht und wie viel oder wenig? die hiesigen AutorInnen dafür kriegen???
Die Autorin hat völlig Recht:...
Die Autorin hat völlig Recht: Das Bloggen, die Blogs befinden sich keineswegs in einer wie auch immer gearteten Krise. Bloggen ist die Interaktionsform unserer Zeit. Und es stimmt- den meisten Bloggern geht es nicht allein um Reichweite und Traffic, sondern um das Bloggen an sich. Für die Öffentlichkeit (mag sie auch noch so klein sein) einen wie auch immer gearteten Text zu schreiben und damit Teil der Blogospähre und dem Web2.0 zu sein ist Zeugnis gelebter, demokratischer Netzkultur. Und das tolle- in meinem Blog, kann ich grundsätzlich über das schreiben was ich will, denn: My Blog is my castle! (Andrea Diener) https://glossariumblog.blogspot.de
Das mit den Büchern kenne ich...
Das mit den Büchern kenne ich auch; zum Glück sind es bei mir nur 58 Stufen (obwohl 5. Stock). Zudem vermeide ich Umzüge. Ich bin deswegen auch für ein FAZ-Blog mit dem Titel “Die Buchstützen der Gesellschaft”, aber der Name hat noch nicht durchgeschlagen!
@Felix
Natürlich werden Blogs...
@Felix
Natürlich werden Blogs den professionellen Journalismus nicht ablösen! Alles andere ist eine These, die seit Geburt des Netzes immer wieder vertreten wird, richtiger wird sie aber dadurch noch lange nicht. Man muss das einfach ein bischen weniger platt sehen. Siehe z.B. hier:
https://gedankenstrich.org/2013/01/das-ende-der-zeitung-mal-wieder/
Das da erwähnte Buch habe ich noch nicht, aber man kann den Einleitungsbeitrag für umme lesen: https://books.google.de/books?id=cJVfdFIi2NgC
Sind glaube ich z.T die Autoren, die damals auch schon die “INternet-Ökomomie” gemacht haben… (und da wird die Ablösungsthese auch schon erörtert!)
Medienhäuser und Verlage...
Medienhäuser und Verlage überlegen über neue Finanzierungsmöglichkeiten, um am Nachrichtenmarkt zu bestehen. Doch vielleicht braucht es für Nachrichten gar keinen Markt https://www.theeuropean.de/alexander-goerlach/5789-finanzierung-des-journalismus