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Nasty Women: Clintons Handlanger machen Trump great again

Am 22. September beklagte die amerikanische Aktivistin und Bestsellerautorin Jessica Valenti im Guardian, dass trotz aller Skandale und Unwahrheiten dem republikanischen Präsidentschaftskandidaten Donald Trump noch immer von vielen geglaubt werde. Seine Gegnerin Hillary Clinton habe es als Frau ungleich schwerer, und das habe auch mit der Gesellschaft zu tun – hier namentlich Hass auf Frauen und das Patriarchat, das notorisch Männern den Vorzug gäbe. Valenti, die als junge Stimme des neuen Feminismus gilt, zog andere Ursachen für den weit verbreiteten Zweifel an Clinton erst gar nicht in Betracht.

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Einen Monat später gibt es durchaus handfeste Gründe, um an Clintons Kampagne im Allgemeinen und an Jessica Valenti im Besonderen zu zweifeln, denn Wikileaks hat Mails aus dem elektonischen Briefkasten von Clintons Kampagnenleiter John Podesta veröffentlicht. Wie Wikileaks an die Mails gekommen ist – sei es der russische Geheimdienst, sei es ein Hacker, sei es jemand innerhalb der Kampagne – ist nicht bekannt. Allerdings kann inzwischen als gesichert gelten, dass die Mails authentisch sind. Und eine dieser Mails ist ein Grund, warum Trump relativ zu Clinton wieder grösser werden könnte. Denn in dieser Mail vom 20. Januar 2016 wird eine Internetattacke des Clintonlagers besprochen. Nicht gegen Trump, sondern gegen Clintons aussichtsreichen demokratischen Mitbewerber Bernie Sanders.

Sanders hatte kurz davor die Organisationen Human Rights Campaign HRC und Planned Parenthood als Teil des “politischen Establishments“ bezeichnet, was bei deren Unterstützern nicht wirklich gut ankam. Planned Parenthood ist die grösste Hilfsorganisation in den USA bei Schwangerschaftsabbrüchen, aber auch politisch sehr einflussreich. Sie verfügt über einen Wahlkampfspenden sammelnden Super-PAC, der vor allem Clinton nahe steht. Und in dieser Situation im Januar will das Clintonlager alles, was Sanders sagt, gegen ihn verwenden:

We are trying to do a few bigger campaign things (such as amplifying any remarks the candidate makes) and possibly sending an email, while also working with HRC, Planned Parenthood, and people who can help push this behind the scenes without our fingerprints

Clintons Team will also, dass die Organisationen und Personen scheinbar eigenständig gegen Sanders aktiv werden, ohne dass Clinton sich die Finger schmutzig machen müsste. “Astroturfing“ nennt man diese geheimen Absprachen, bei denen scheinbar unabhängige Personen und Verbände auftreten und aus angeblich eigener Überzeugung eine bestimmte Position vertreten. Planned Parenthoods Reaktion sei, so berichtet die Mail “not coordinated“, aber “so they have told us they are planning to do more“. Zyniker würden im Gegenzug davon ausgehen, dass die Drähte zu den anderen fraglichen Gruppen nochmals erheblich besser – und koordiniert – sind. Danach wird vorgeschlagen, einen Hashtag bei Twitter in die Welt zu setzen, der sich in Form eines gehässigen Shitstorms gegen Sanders richtet:

Pushing #ImSoEstablishment <https://twitter.com/search?f=tweets&vertical=default&q=%23ImSoEstablishment&src=typd> behind the scenes through HRC, Planned Parenthood, NARAL, a diverse array of bloggers, and progressive people out in the world

Das sieht dann so aus:

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Die nächste Eskalationsstufe nach dem Astroturfing und dem selbst gestalteten Shitstorm ist dann die Zusammenarbeit mit Journalisten.

Working with bloggers and columnists to write about this from a racial justice and reproductive rights perspective, including a few people who joined us on a call to talk about the “Bernie Backlash” that was unfolding even before his remarks last night—current list is Elianne Ramos, Jessica Valenti (who is writing a column on this as we speak), Jamil Smith, Sady Doyle, Aminatou Sow, Gabe Ortiz, and others

Das Kampagnenbüro von Clinton ist vorab bereits informiert, dass Jessica Valenti beim Guardian einen Beitrag schreiben wird, der Sanders scharf angeht: Zwei Tage nach der Mail erscheint dieser Beitrag tatsächlich, mit einem Lobgesang auf Clinton:

While Hillary Clinton has centered her campaign on women’s rights, been vocal about overturning the Hyde Amendment and has brought up Republican efforts to defund Planned Parenthood in nearly every debate, Sanders has been much less proactive.

Auch der schwarze Journalist Jamil Smith liefert am 25. Januar wie gewünscht im Magazin New Republic, wo er Sanders bei Fragen der Minderheitenpolitik deutlich kritisiert. Es sind – wenn man den Zusammenhang nicht kennt – erstaunliche Angriffe von Links gegen Clintons Gegner in einer Zeit der Vorwahlen, da die Herzen der Progressiven eigentlich Sanders zufliegen.

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Auch die anderen in der Mail genannten Personen – Blogger aus dem Bereich der sog. “Social Justice Warrior“ – setzten sich danach klar gegen Sanders ein. Eine von ihnen ist inzwischen auch offiziell in Clintons Team – Monate nachdem sie der Mail zufolge verdeckt für Clintons Lager aktiv wurde. Besonders peinlich die Veröffentlichungen für den ohnehin in die Krise geratenen Guardian, der im September 30% seiner Mitarbeiter in den USA entlassen musste. Guardian-Autorin Valenti kam schon wegen ihrer Unterstützung für den UVA-Vergewaltigung-Hoax des Rolling Stones in die Kritik, und im April stellte der Guardian die Hate Speech speziell gegen Valenti gross heraus, die sich dann in Folge den Medien als Opfer eines Internetmobs präsentierte. Und nun verbreitet sich im Netz die Erkenntnis, dass sie selbst Teil einer gesteuerten Gruppierung war, die verdeckt gegen Bernie Sanders arbeitete.

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Valenti streitet nicht die Mail ab, führt das Wissen um ihren kommenden Beitrag beim Guardian aber darauf zurück, dass sie die Clintonkampagne wegen eines Statements kontaktiert habe. Die Kampagne selbst, die genauer Auskunft über den “Call“ geben könnte, schweigt – die Vermutung liegt nahe, dass Fragen zu den bislang nicht genannten Aktivisten, den “others“, die ebenfalls angefragt wurden, nicht gerade erwünscht wären. Trotzdem ist das Vorgehen gegen Sanders ein Problem für die demokratische Partei, deren Nominierungsorganisation ebenfalls aktiv half, um Sanders als Kandidaten zu verhindern – ein Wissen, das wir ebenso Wikileaks verdanken. Nur mühsam ist es gelungen, innerhalb der Partei die Gräben zwischen den Sandersanhängern und dem Clinton-Establishment zu schliessen, und den Unterlegenen die Zusage abzuringen, sich nun hinter Clinton zu scharen.

Die Veröffentlichung kommt zur Unzeit, weil ein weiteres Leck eine Rede von Clinton vor Gewerkschaftlern bekannt gemacht hat. Darin äusserte sie sich abfällig über die Umweltbewegungen, die zumeist hinter Sanders standen, und betonte, sie müssten sich mit ihren Forderungen zurückhalten. Clinton bestätigte damit für manche erneut, dass sie eine Vertreterin des Systems Washington ist, und was sie mit ihren Verbündeten wirklich plant, wenn sie erst an der Macht ist. Für Anhänger von Sanders, die auf einen Politikwechsel hofften, ist das alles nicht wirklich eine Wahlempfehlung.

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Donald Trump wird währenddessen nicht müde darauf hinzuweisen, dass die ihm feindlichen Medien mit Clinton paktierten, und verbreitet Verdächtigungen wegen eines angeblich drohenden Wahlbetrugs, den auch der ein oder andere Sandersanhänger schon früher erkennen wollte. Die bislang bekannten Methoden von Clintons Team bei den Vorwahlen spielen Trump dabei in die Hände, und zudem droht gerade noch neues Ungemach wegen Clintons Umgang mit ihren Emails und ominösen Spenden an die Frau des Untersuchungsbeamten. Und dann sind da noch die Verbindungen zwischen dem Clintonlager und dem gescheiterten Versuch, Julian Assange mit einem Hoax wegen sexuell motivierter Kinderbelästigung im Internet zu diskreditieren.

Das macht Trump nicht zu einem besseren Menschen, stützt aber in den Augen seiner Wähler die These vom drohenden Betrug  – und es ist auch nicht gerade der Begeisterung für die Kandidatin Clinton zuträglich, die von vielen bestenfalls als kleineres Übel im Vergleich zu Trump gesehen wird.