Lange wurde Donald Trump ausgelacht, wenn er gegen Medien wetterte und behauptete, sie würden parteiisch für das Establishment und die Demokraten arbeiten. Der Höhepunkt war erreicht, als er ein Mikrophon für sein schlechtes Abschneiden verantwortlich machte. Seitdem ist das Lachen leiser geworden, denn tatsächlich war das Mikrophon nicht in Ordnung. Dann kam die Wikileaks-Veröffentlichung der Mails von Demokraten, die besprachen, wie sie bekannte Journalisten in einem Conference Call gegen den demokratischen Bewerber Bernie Sanders in Position bringen können. Beobachter fragten sich an dieser Stelle, was dann erst wohl gegen Trump unternommen wurde.
Zuerst betrafen die Leaks aber die CNN-Journalistin Donna Brazile. Sie hatte offensichtlich Fragen, die Bürger an Clinton stellen würden, vor einem Townhall Meeting an die Demokraten weitergeleitet. Brazile, die inzwischen interimistisch das demokratische National Comittee leitet, wurde daraufhin von CNN gefeuert. CNN-Chef Jeff Zucker beklagte in einer Redaktionssitzung den Vorfall und nannte das Verhalten der Journalistin “abstossend“ und “unethisch“.
UPDATE: Wikileaks veröffentlichte gerade eine Mail, in der Brazile zwei weitere Fragen verrät, sowie eine Mail, in der ein Mitarbeiter einen Antwortvorschlag für Clinton formuliert. /UPDATE
Man darf gespannt sein, was Zucker heute zu Protokoll gibt, denn Wikileaks hat weitere Mails veröffentlicht. Auch diesmal erlauben sie Einblicke in die Kooperation von CNN-Mitarbeitern und Vertretern des Wahlkampfstabes von Hillary Clinton.
Besonders gravierend ist eine Mail der Rechercheleiterin Lauren Dillon, die im April in Clintons Team die Aufforderung verbreitet, Fragen an Donald Trump vorzubereiten: Wolf Blitzer is interviewing Trump on Tues ahead of his foreign policy address on Wed. Please send me thoughts by 10:30 AM tomorrow. Darauf reagieren die Mitarbeiter mit sehr komplizierten Fragen, die offensichtlich dazu geeignet sein sollen, den Befragten in die Enge zu treiben – etwa, wie viele Militärbasen die USA im Südostpazifik haben sollten. Es wird aus der Mail nicht ersichtlich, wie die Verbindung zwischen CNN und den Demokraten abläuft, und wer für die Kommunikation des Senders verantwortlich ist. Dillon jedenfalls ist über die Abläufe zwischen CNN und den Republikanern bestens informiert, denn sie antwortet erneut: CNN said the interview was cancelled as of now but will keep the questions for the next one
Offensichtlich handelt es sich nicht um eine lose Verbindung, sondern um eine längerfristig angelegte Kooperation. Wolf Blitzer gilt als eines der Aushängeschilder von CNN, und hat in den vergangenen Jahren immer wieder die Wahlen für den Sender präsentiert. Gegenüber Trump-Unterstützer Rudy Guiliani gab er sich erst vor kurzem als harter und unbestechlicher Nachfrager. Warum jemand im Sender meint, ein journalistisches Schwergewicht wie Blitzer würde die Hilfe der Demokraten zu brauchen, ist nur schwer erklärbar. Es handelt sich aber nicht um einen Einzelall, denn eine weitere Mail der Demokraten bringt auch den nicht minder populären CNN-Moderatot Jake Tepper in Schwierigkeiten.
Jason Seher, einer der Autoren der Sendung, dankt darin einem Clintonmitarbeiter für die Überlassung eines Kollegen, der dem Sender hilft, die Republikaner in schlechtem Licht erscheinen zu lassen: Thanks for facilitating Luis coming on today, and bearing with us through a meelee of GOP nonsense and cancellations and all that. Any particular points he’ll want to make? We’re gonna stay Dem focused. Und der Angeschriebene wendet sich in völliger Offenheit an seine Kollegen: Need to know asap if we want to offer Jake Tapper questions to ask us. Sprich, die Demokraten überlegen, ob sie Jake Tepper die Fragen anbieten wollen, die er ihnen in der Sendung stellen soll. CNN erscheint da auch bei freundlicher Betrachtung mehr wie eine PR-Agentur denn wie ein unabhängiger Sender, denn auch zum Republikaner Ted Cruz durften Fragen eingereicht werden
Weniger erbaut sind Teammitglieder von Clinton, wenn Sendungen kritisch werden. Im MSNBC-Format Morning Joe, das der ehemalige republikanische Kongressabgeordnete Joe Scarborough moderiert, war Kritik am politischen System in den USA laut geworden. Empört schreibt daraufhin der Kampagnenmanager Luis Miranda in Anspielung auf ein Slangwort, das Scarborough in einer Sendung verwendete: Fucking Joe claiming the system is rigged, party against him, we need to complain to their producer. Das ist nicht ohne Ironie, denn Miranda stürzte kurz darauf über die Wikileaks-Veröffentlichungen über die Bemühungen der Demokraten, Bernie Sanders zu verhindern – und bewies damit, dass das System tatsächlich so “rigged“ ist, wie er das mit der beabsichtigten Vorsprache bei den Verantwortlichen der kritischen Sendung erneut belegte.
Für das Lager von Trump sind die neuesten Enthüllungen natürlich ein Festmahl, das im Netz weidlich ausgeschlachtet wird. Neben Peinlichkeiten wie die Debatte darüber, ob “Bimbo“ nicht doch ein legitimer Begriff ist, tauchte auch eine Mail zum Thema des Privatlebens von Donald Trump auf. In einem Viralvideo versuchten die Demokraten im Mai, ihn als Frauenfeind darzustellen. Bei der Besprechung stellt ein Mitarbeiter die Frage nach dem Zeitpunkt, zu dem sie ihr Kompromat auspacken wollen: Are we doing anything with the allegations that he raped his ex-wife or are we saving that for another time? Dem stehen die Republikaner, die laut über exuelle Verfehlungen von Bill Clinton diskutieren, allerdings nicht nach.
Manchmal liegen sie trotz des ergiebigen Materials auch daneben. So wird eine simple Spende einer Clintonmitarbeiteruin an ein Medium in Texas gleich als Bestechung dargestellt. Und natürlich versuchen die Republikaner mit weiteren pikanten Details über den innerparteilichen Machtkampf der Demokraten, Anhänger von Bernie Sanders auf ihre Seite zu ziehen, oder zumindest Clintons Team bei ihnen unwählbar zu machen. Etwaige Absprachen der Republikaner mit Fox News oder klerikalen Eiferern im Talk Radio sind nicht Gegenstand der Wikileaks-Veröffentlichungen, Sichtbar werden nur die Strategien des Clintonlagers, auf das Julian Assange und seine Mitstreiter nach Jahren der Verfolgung durch Obama und Clinton denkbar schlecht zu sprechen sind.
Unabhängig davon werden die neuen Enthüllungen dazu beitragen, Trump bei seinen Anhängern glaubwürdig zu machen, wenn er die Korruption des Establishments kritisiert. Sein Hashtag #draintheswamp hat nun mit CNN ein Medium gefunden, an dem nachgewiesen werden kann, wie das Zusammenspiel von Politik und Medien funktioniert. Für Hillary Clinton, die versucht, Donald Trump als gefährlich und verantwortungslos darzustellen, kommen diese Enthüllungen zum denkbar schlechtesten Zeitpunkt. Demokraten und Medien sehen dabei nicht gut aus. Und CNN hat als Haussender der Demokraten nur einen Tag, die Kooperation zu erklären.