Es war einmal eine Zeit vor dem Internet, da malte man Figuren mit dicken Brüsten ganz offensiv an die Wände der Salons der Mächtigen und dachte sich nichts dabei. Das war halt so, man fand das hübsch und dekorativ, denn das Mittelalter war vorbei und man musste nehmen, was man kriegen konnte. Politisch war die Gier auch gross, aber damals versuchten Verschwörer und Intriganten meist, still und verschwiegen zu agieren. Mit heimlicher Wühlarbeit. Nichts über ihre wahren Motive sollte an die Öffentlichkeit, das Volk sollte später glauben, es würde schon alles so seine Richtigkeit haben. Idealerweise verkündete die frohe Botschaft jemand, der anständig wirkte und nicht vielleicht gerade mit einer neuen Mätresse und Medienbegleitung seine alte Beziehung absägte. So jemand galt damals noch als nicht ministertauglich.
So war das früher in den Zeiten der dicken Brüste. Die gibt es im Internet auch, vor allem auf Pornoseiten, aber auch – deutlich keuscher und ohne Sexualakte – in der Werbung, und sie sollen nun nach Willen von Justizminister Heiko Maas und der SPD verschwinden. Dafür hat ein Verein namens Pinkstinks lobbyiert, und eine runde Woche nach dem Bekanntwerden der Pläne ist es vielleicht ganz interessant, sich das Wirken der neuen Lobby und ihres Umfelds im Netz zu widmen. Denn Pinkstinks und ihr vom Genderglauben geprägtes Umfeld arbeiten nich nur klandestin, sie gehen auch an die Öffentlichkeit. Etwa, wenn es um Märchen, Sexismus und Rape Culture geht. Das sollte vielleicht so klingen:
“…und als der Prinz sah, dass Dornröschen schlief, wurde ihm bewusst, dass ein Kuss jetzt ohne ihre Einwilligung nicht konsensual wäre, ja sogar ein sexueller Übergriff und eine Vergewaltigung. Da hielt er inne und erkannte, dass er ohnehin nur wegen ihrer Normschönheit scharf auf sie war. Er schaute auf seinem Tablet nach, was wohl Emma, Pinkstinks, Anne Wizorek und Jasna Strick dazu sagen würden, und bekehrt verliess er das Schloss, schenkte sein Königreich dem Frauenrat NRW, und heiratete eine Fatacceptance-Aktivistin mit lila Haaren und 43 Piercings im Ohr. Und wenn sie nicht gestorben sind, fördern sie noch heute Genderlehrstühle und machen Coachings über die Blau-Rosa-Falle.“
So muss Dornröschen wohl in Zukunft klingen, wenn sich eine Berliner Feministin mit Schwerpunkt auf Kindeswohl mit ihren Wünschen durchsetzt. Sie hat vorgestern bei Twitter geschrieben, sie müsste mit dem Schulsystem wegen Rape Culture reden. Der eigentlich banale Anlass: Ein Kinderaufsatz über den Kuss des Prinzen im Märchen Dornröschen, der bekanntlich eine schlafende und deshalb nicht zustimmende Prinzessin erweckt. Auf den Einwand, es sei doch nur ein Märchen, entgegnete sie, Märchen und Geschichten transportierten Werte und Einstellungen einer Gesellschaft. Mindestens 32 andere Personen verbreiteten ihre Einschätzung, hier handle es sich um Rape Culture – bis sich eine andere Nutzerin dann deutlich beschwerte, woraufhin der Tweet wieder gelöscht wurde. Die Geschichte zeigt dennoch sehr schon, wo Feministinnen heute bereits Anlass sehen, sich über Sexismus zu beschweren. Und das wiederum ist von Bedeutung, wenn angeblich “sexistische“ Werbung verboten und wegklagbar werden soll: Die Definition von Sexismus ist bei solchen Klagefreudigen sehr umfassend. So umfassend wie ihre Einschätzung, dass nur sie wissen, was stimmt.
Dieser Tweet kommt von einer weiteren Aktivistin aus Berlin und beschäftigt sich nicht weiter mit meinem letzten Beitrag zum Thema. Die Anwältin und Feministin Judith Brandner geht auf kein Argument ein, sie ignoriert 50.000 Leser und eine Debatte über Werbeverbote mit über dreihundert Kommentaren. Alles, was sie mitzuteilen hat ist, dass das Feuilleton und meine Person eine Fortbildung in Gender Mainstreaming nötig hätten. Es interessiert sie überhaupt nicht, welche Positionen vertreten werden. Eine Debatte ist erkennbar nicht erwünscht. Sie hält sich für wissend, und wer nicht so weit ist, hat sich eben in ihrer Ideologie fortzubilden. Sehr aufmerksam und höflich. So öffnet frau heute Türen zu Herzen und zum Verstand.
Nicht minder selbstüberzeugt ist auch die Juristin, die am Schreibtisch von Heiko Maas ihre Lobbyarbeit tätigt: Berit Völzmann von Pinkstinks – das hinter ihr stehende, SPD-nahe Netzwerk hat Hadmut Danisch recherchiert – sieht im geplanten Verbotswerk gar Freiheit, mit einer raperöschennahen Interpretation von Rollenbildern:
Gleichzeitig übt Werbung einen besonders starken Einfluss auf Rezipient_innen und damit auch darauf aus, welche (geschlechtlichen) Idealbilder Menschen entwickeln und zu erreichen versuchen. In diesem Sinn soll das Verbot gerade zu einem Mehr an Freiheit beitragen: Der Freiheit nämlich, sein Leben unbeschwert von dem Erwartungsdruck zu führen, wie man sich “als Mann” oder “als Frau” zu verhalten habe.
Die Kommentare darunter sind nicht immer ganz höflich – es scheint, als ob die sehr offensive Medienstrategie, die Pinkstinks verfolgt, nicht den Umstand verdecken kann, dass die Gruppierung selbst sehr wohl einen Erwartungsdruck aufbaut, wie Frauen und Männer sich zu verhalten hätten. Das hat im Sinne eines modernen Geschlechterbildes zu sein, und wie das aussehen muss, damit es nicht sexistisch ist – das wiederum legt Pinkstinks mit den Kampagnen gegen Konzerne fest.
Stevie Schmiedel, die Chefin des Vereins Pinkstinks, setzt dann noch eins drauf. Nachdem eine Vielzahl von Reaktionen auf den Gesetzesentwurf in den Medien eher negativ waren, wischt sie die Kritik mit folgender Bemerkung über den Journalismus beiseite:
Wenn Journalist*innen anrufen und nicht wissen, was der Deutsche Werberat ist, kann ich das noch verstehen: Die Lage zeigt mal wieder, wie unterbezahlt und überfordert die Branche ist, zum Recherchieren bleibt keine Zeit.
Nun kann sicher nicht jeder Journalist seinen Lebensunterhalt durch wüste Pressebeschimpfungen, Shitstormkampagnen gegen Firmen und den Bezug von Spenden, Stiftungs- und Förderungsgeldern bestreiten – solche Privilegien hat der medienkritische Genderismus der AfD und ihren “Lügenpresse“ brüllenden Helfern voraus. Auch bekommt die AfD nicht vom Bundesfamilienministerium eine Party finanziert, wo dann exakt jene Margarete Stokowski mitarbeitet, die sich letzte Woche bei Spiegel Online über die Gesetzesinitiative von Pinkstinks prompt schleichfreute, ohne auf ihre Verbindung hinzuweisen. Den dazu passenden, zweiseitigen Gefälligkeitsbeitrag im gedruckten Spiegel findet Schmiedel dann wieder “grandios recherchiert“. Ansonsten vermeldet sie scheinbar Beruhigendes: Nur Verbraucherschützer und Konkurrenten sollen gegen solche Werbung klagen können – wer die alten Kampagnen von Pinkstinks kennt, hat aber auch eine gewisse Ahnung, wie dann Verbraucherschützer und Firmen ermuntert werden könnten, die jurstische Drecksarbeit zu erledigen.
Nils Plickert, ebenfalls von Pinkstinks, darf dazu bei Zeit Online weitergehend vorschlagen, der – privat organisierte – Werberat dürfte ein Fahrzeug mit fragwürdiger Werbung aus dem Verkehr ziehen – wen interessiert schon das Grundgesetz und die Gewaltenteilung, wenn es um die Durchsetzung der eigenen Ideologie geht. Man mag es kaum glauben, aber diesen Verfassungstotalschaden mit privatem Eingriff in Besitzrechte und StVZO verbreitet öffentlich eine Organisation, die den Justizminister Heiko Maas und die SPD berät.
Aber so ist das eben im neuen Lobbyismusgeschäft, das nach innen wirken und nach aussen Aufmerksamkeit erzeugen muss: Den eigenen Vorstellungen ist der Weg rücksichtslos zu ebnen, Widerspruch wird nicht geduldet, Verbot ist in ‘Wirklichkeit Freiheit, kritische Medien sollen die Klappe halten, die einen Rollenbilder müssen weg und die Vorstellungen des Genderismus sind erlaubt, wer es nicht einsieht, muss eben umerzogen werden. Dafür hat man den eigenen Draht zum Familienministerium, für das man als Veranstalter auftritt, und zu Heiko Maas und der SPD, und stellt das auch konsequent stolz heraus. Ich weiss nicht, ob es für einen Bundesminister besonders schmeichelhaft ist, wenn er so öffentlich an den Busen der Bewegung gezogen wird.
Von der werbenden Industrie mit ihrer Neigung zum Verkauf mit Sex hört man dagegen momentan gar nichts mehr. Vielleicht sammeln sie auch still einfach das Material über die Gegenseite, um zu zeigen, wer da dem Minister ein Gesetz in die Feder diktieren möchte. Rechtsunsicherheit und Auflagen, die sich am Willen von radikalen, staatlich geförderten Aktivistinnen orientieren, müssen schliesslich erst einmal durch das Parlament. Und dort sitzen, so vermute ich, auch Politiker, die nach altem Herkommen nicht als zwergenhafte Ansprechpartner auf Brustwarzenhöhe von Lobbyistinnen Aufmerksamkeit erregen wollen.