Fazit – das Wirtschaftsblog

Fazit - das Wirtschaftsblog

Für alle, die’s genau wissen wollen: In diesem Blog blicken wir tiefer in Börsen und andere Märkte - meist mit wissenschaftlicher Hilfe

Der Nachteil am Verbraucherschutz

Verbraucherschutz hilft den Verbrauchern nicht immer. Denn viele Leute können auf sich selbst achten. Wer das versteht, erkennt: Verbraucherschutz kann sogar schädlich werden. Zum Beispiel bei den Billigfliegern.

© dpaRyanair ist billig – gerade wegen der Zusatzgebühren.

Es gibt große Ärgernisse für die Verbraucherschützer in Deutschland: Hohe Dispo-Zinsen von Banken, Sondergebühren von Billigfliegern oder Roaming-Gebühren. Gelegentlich kommt dann die Europäische Union und hilft den Verbrauchern, indem sie Höchstpreise ansetzt – zum Beispiel bei den Roaming-Gebühren. Doch das muss nicht immer gut sein, wie der britische Wettbewerbs-Ökonom Mark Armstrong auf der Jahrestagung der Ökonomen-Vereinigung “Verein für Socialpolitik” deutlich gemacht hat.

Armstrong geht in vielen seiner Arbeiten davon aus, dass nicht alle Verbraucher gleich wenig wissen. Manche Verbraucher informieren sich, gucken hin und achten darauf, was sie tun. Das ändert die Situation auf Märkten manchmal ganz grundlegend. Dazu unterscheidet er drei Fälle von Märkten – und der dritte ist der Knackpunkt:

1. Informierte und ignorante Verbraucher haben wenig miteinander zu tun

Armstrongs Beispiel sind nutzlose Diätprodukte. Die informierten Verbraucher wissen, dass die Produkte nichts nützen, und ignorieren sie. Die ignoranten Verbraucher dagegen kaufen weiterhin.

2. Die ignoranten Verbraucher profitieren von denen, die Bescheid wissen

So ist das auf vielen Märkten, wie Google-Chefökonom Hal Varian schon in den 80er-Jahren betont hat. Nehmen wir zum Beispiel die Restaurants in einer Kleinstadt: Die schlechten Restaurants bekommen keine Kunden und halten sich nur schwer. Besucher können im Prinzip jedes Restaurant besuchen, das sich gehalten hat – es wird nicht ganz übel sein. (Schwieriger ist das an sehr touristischen Orten, dort kommen die informierten Restaurant-Kunden ja gar nicht hin, dort haben wir eher den ersten Fall.)

Im Prinzip könnte das auch mit technischen Geräten und vielen Produkten so laufen. Doch wir alle wissen, was auch die Theorie zeigt: Die Verkäufer im Laden können diesen Effekt behindern. Wenn sie genug Provision bekommen, empfehlen sie manchmal die schlechteren Produkte – und schon können die sich halten.

3. Die informierten Verbraucher profitieren von den ignoranten

Hier wird es spannend. Es gibt nämlich auch viele Märkte, auf denen die informierten Verbraucher Geld sparen zu Lasten derer, die sich nicht informieren. Beispiel Billigflieger: Dort herrscht scharfe Konkurrenz, jeder will den günstigsten Ticketpreis anbieten – aber irgendwie müssen die Fluggesellschaften auch ihre Kosten decken. Ryanair und Co. sind auf die Idee gekommen, ihre Tickets billig anzubieten und für andere Dinge hohe Gebühren zu verlangen: zum Beispiel für Gepäck oder auch nur dafür, dass man ohne ausgedruckte Bordkarte zum Flughafen kommt. Das hat einen einfachen Effekt: Wer aufpasst und seine Bordkarte ausdruckt, kann billig fliegen. Wer nicht aufpasst, zahlt umso mehr – er zahlt quasi für die schlaueren Leute mit.

Ähnlich ist der Fall bei Mietwagen-Firmen, die für das Tanken hohe Preise verlangen. Oder bei Banken, die einerseits billige Girokonten anbieten, aber andererseits hohe Dispo-Zinsen verlangen. Solange auf dem Markt genug Konkurrenz herrscht (und das Hauptprodukt nicht gratis angeboten wird), profitieren nicht etwa die Firmen von den hohen versteckten Kosten. Sondern die Leute, die die versteckten Kosten finden.

Das bedeutet: Sobald Verbraucherschutz über die Information hinausgeht, sorgt er für seine ganz eigene Umverteilung. Wenn Dispozinsen oder Roaming-Kosten gedeckelt werden, dann verlieren die aufmerksamen Verbraucher Geld, und es profitieren die unaufmerksamen.

Das ist ganz bequem – plötzlich müssen die Kunden weniger aufmerksam sein. Doch genau das kann zum Problem für alle werden, wie Mark Armstrong vorgerechnet hat. Denn wenn die Kunden nicht mehr aufpassen, können die Firmen auch eher neue versteckte Kosten durchsetzen. Armstrong kann an einigen einfachen Zahlenbeispielen vorrechnen, dass solche Preisdeckel möglicherweise dazu führen, dass die Basispreise steigen und die Kunden insgesamt trotz Preisdeckel mehr zahlen als vorher.

Update: Inzwischen ist auch ein Video mit dem Vortrag und seinen Folien online.


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