Fazit – das Wirtschaftsblog

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Für alle, die’s genau wissen wollen: In diesem Blog blicken wir tiefer in Börsen und andere Märkte - meist mit wissenschaftlicher Hilfe

Wettbewerb bringt Wachstum

Scharfe Gesetze verbessern die Produktion - das zeigt eine neue Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung. Jetzt wird auch klar, wie viel das ausmacht.

© ddpProduktiv: Auto-Lagerung per Roboter bei VW.

Wenn ein Staat seine Wettbewerbspolitik verbessert, wächst auch seine Produktivität schneller. Das ist das Ergebnis einer neuen Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, die der F.A.Z. vorliegt. Im Auftrag der Europäischen Kommission hat der Wettbewerbsforscher Thomas Duso einen Index entwickelt, mit dem er das Kartellrecht und die Fusionskontrolle in unterschiedlichen Ländern Europas bewertet und untersucht, wie scharf diese Gesetze durchgesetzt werden: Wie viel Datenzugriff haben die Wettbewerbsbehörden? Wie viel Geld haben sie zur Verfügung? Und welche Strafen drohen Unternehmen, die gegen die Wettbewerbsgesetze verstoßen?

Das Ergebnis ist deutlich: Je wirkungsvoller die Marktmacht großer Unternehmen begrenzt und beschnitten wird, desto schneller wächst die Produktivität der jeweiligen Branche – also die Fähigkeit, mit der gleichen Arbeitszeit und dem gleichen Material mehr Produkte herzustellen. Das könnte daran liegen, dass in solchen Situationen kleinere Unternehmen den größeren eher Konkurrenz machen können und sie so dazu zwingen können, sich mehr neue Produktionsverfahren auszudenken. Größere Reformen im Wettbewerbsrecht können das Produktivitätswachstum sogar fast verdoppeln, wie der Forscher anhand von Daten der Jahre 1995 bis 2005 festgestellt hat.

Großbritannien beispielsweise gab den Wettbewerbsbehörden um die Jahrtausendwende mehr Macht, um wettbewerbsschädigendes Verhalten von Unternehmen zu entdecken. Prompt wuchs die Produktivität in der Lebensmittelindustrie im Jahr 2002 um 5,2 Prozent, während es im Jahr 2001 noch 3,2 Prozent gewesen waren.

In der Studie betrachtet der Forscher nur Jahre bis 2005, weil die Datenerhebung besonders kompliziert war – sowohl die Erhebung von Änderungen im Wettbewerbsrecht vieler europäischer Länder als auch die Daten über die Produktivität. Diese Daten bekam Duso aus dem “KLEMS”-Projekt der Europäischen Union.

Auch die Niederlande hatten Erfolg mit einer besseren Wettbewerbspolitik, wie die Studie zeigt: Sie erhöhten das Budget der Wettbewerbsbehörden und ermöglichten ihnen, qualifiziertere Mitarbeiter einzustellen. Das wirkte beispielsweise in der Textilindustrie: Dort war die Produktivität im Jahr 2001 noch um 1,2 Prozent gewachsen, im Jahr 2002 waren es schon 3,6 Prozent.

Grundsätzlich hilft Wettbewerbspolitik umso mehr, je effizienter das Rechtssystem eines Landes ist – das legen zumindest die Ergebnisse von Thomas Duso nahe. Sicher ist: je kleinere Kosten Unternehmen für die Durchsetzung von Verträgen entstanden, desto größer ist der Einfluss der Wettbewerbspolitik.

Die Wettbewerbspolitik wirkt auch stärker in der Industrie als in den Dienstleistungsbranchen. Das führt Duso darauf zurück, dass viele Dienstleistungsbranchen sowieso scharf reguliert sind, zum Beispiel die Versorgung mit Strom, Gas und Wasser, die Telekommunikationsbranche sowie Banken und Versicherungen.

Deutschland hat der Studie zufolge noch Spielraum, seine Wettbewerbspolitik zu verbessern. Zwar gehören die Gesetze laut Studie bereits zu den schärfsten in zwölf untersuchten Staaten. Doch die praktische Durchsetzung könnte dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung zufolge noch stärker sein: Budget und Personalstärke der Wettbewerbsbehörden seien noch relativ gering.

Eine kürzere Fassung des Artikels ist in der F.A.Z. vom 15. Juli erschienen.

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