Fazit – das Wirtschaftsblog

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Für alle, die’s genau wissen wollen: In diesem Blog blicken wir tiefer in Börsen und andere Märkte - meist mit wissenschaftlicher Hilfe

Eine Verteidigung der Ordnungsökonomik

Rüdiger Bachmann ist in seinem jüngsten Konferenzgeflüster hart mit dem Ordoliberalismus ins Gericht gegangen. Nun erwidert Viktor Vanberg, langjähriger Leiter des Walter Eucken-Instituts in Freiburg.

Von Viktor Vanberg

In seinem mit Johannes Pennekamp geführten Gespräch fühlt sich der “Makroökonom der University of Notre Dame (Indiana)”, Rüdiger Bachmann, einmal mehr bemüßigt, den Ordoliberalismus als veraltete und obsolete Doktrin abzutun, über die moderne Ökonomen wie er längst hinweggegangen sind. “Gute Ökonomen”, so lässt er uns wissen, “lassen sich heute von Argumenten und neuen Daten überzeugen, sie sind nicht auf eine Deutung der Dinge festgelegt. Wirtschaftspolitische Empfehlungen guter Forscher sind nicht vorgefertigt. Ordoliberale und Linkskeynesianer waren in dieser Hinsicht schlechte Beispiele, aber das ist die Vergangenheit.”

Nun ist es zwar zweifelsfrei so, dass die ordnungspolitische Forschungs- und Lehrtradition der Freiburger Schule in der heutigen mathematisierungs- und datenverliebten und von Zeitschriftenrankings gegängelten Ökonomik an den Rand gedrängt worden ist. Dies ist aber weder ein Beleg dafür, dass seine derzeitige Ausrichtung dem Fach eine blühende Zukunft garantiert, noch ist es ein Argument gegen die analytische Fruchtbarkeit und wirtschaftspolitische Relevanz einer Ordnungsökonomik, die moderne Theorieansätze wie die Institutionenökonomik oder die konstitutionelle Ökonomik in ihr Forschungsprogramm integriert und weiterentwickelt.

Was jene, von Bachmann gepriesenen “guten Ökonomen” anbelangt, die sich nicht auf “eine Deutung der Dinge festlegen”, sondern ihre “nicht vorgefertigten” wirtschaftspolitischen Empfehlungen von auf den konkreten Fall bezogenen “Argumenten und neuen Daten” bestimmen lassen, so ist daran zu erinnern, was der Begründer der Freiburger Schule, Walter Eucken, seinerzeit den Vertretern der Historischen Schule entgegengehalten hat. Durch ihre auf den konkreten Problemfall ausgerichteten empirischen Studien und Politikempfehlungen sei ihnen, so Eucken, die Fähigkeit abhandengekommen, “die wirtschaftspolitischen Einzelfragen als Teilfragen der gesamten Wirtschaftsverfassung zu sehen.”

Freilich ist die heutige formal-technisch hochgerüstete Ökonomik nicht mit der Historischen Schule zu vergleichen. Aber moderne Ökonomen, die sich etwas darauf zu Gute halten, “nicht auf eine Deutung der Dinge festgelegt” zu sein, muss man daran erinnern, dass ohne eine theoriebasierte “Deutung der Dinge” ökonomische Beratung in Gefahr ist, einen, wie es wiederum Walter Eucken formuliert hat, diskretionären “Punktualismus bei der Behandlung wirtschaftspolitischer Probleme” zu fördern. Mit seinem ordnungspolitischen Ansatz ging es Walter Eucken darum, die Bedeutung eines den Ordnungsrahmen, die Wirtschaftsverfassung, ins Auge fassenden Forschungsprogramms und einer an allgemeinen Prinzipien orientierten Wirtschaftspolitik zu betonen. Als Friedrich von Hayek 1962 seine Antrittsvorlesung an der Universität Freiburg hielt, sagte er an seine Fachkollegen gerichtet: “Prinzipien sind der wichtigste Beitrag, den wir zur Frage der Politik leisten können.” Die Dauerkrise in der Europäischen Währungsunion bietet ein anschauliches Beispiel dafür, wohin eine Politik führt, die Prinzipien zugunsten eines diskretionären Punktualismus zur Seite schiebt.