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Der Euro gefährdet den Frieden

| 14 Lesermeinungen

Auch nach dem Gipfel ist der Euro noch lange nicht gerettet. Er hat die Krise mit verursacht und spaltet Europa: Ohne den Euro hätten wir weniger Probleme. Von Philip Plickert

Auch nach dem Gipfel ist der Euro noch lange nicht gerettet. Er hat die Krise mit verursacht und spaltet Europa: Ohne den Euro hätten wir weniger Probleme.

Von Philip Plickert

Glühende Euro-Europäer reagieren auf das Wort “Euro-Krise” allergisch. “Alles Gerede und Geschreibe über eine angebliche ,Krise des Euro’ ist leichtfertiges Geschwätz von Medien, von Journalisten und von Politikern”, schimpfte Helmut Schmidt jüngst auf dem SPD-Parteitag. Er war einer der Vordenker der Gemeinschaftswährung. Auch der Luxemburger Premier Jean-Claude Juncker, der den Euro mit Kohl und Mitterrand aus der Taufe gehoben hat, bekommt Zustände beim Wort Euro-Krise: “Es macht mich wütend, wenn ich höre, der Euro sei in der Krise.” Viele Veteranen der europäischen Einigung denken so.

“De Eurozeichen vor der EZB - Foto: dpar Euro ist stabil”, lautet das Mantra der Verteidiger. Die Inflation sei wie versprochen niedrig gewesen, im Durchschnitt knapp unter 2 Prozent, rechnet die Europäische Zentralbank (EZB) vor. Auch seinen Außenwert, etwa gegenüber dem Dollar, habe der Euro gut gehalten. Die Gemeinschaftswährung als solche habe mit der Krise nichts zu tun. Es gebe lediglich eine Schuldenkrise einiger Euroländer, deren Fiskalpolitik zu lax war. Und die sollen nun mit verschärften Sanktionen diszipliniert werden.

Vernichtende Bilanz

Unter Martin Feldstein - Foto: Reuters Ökonomen gibt es aber schon länger Zweifel, ob die 1999 begonnene Währungsunion wirklich eine so tolle Sache war. Jetzt hat Harvard-Professor Martin Feldstein, einer der am meisten geachteten amerikanischen Ökonomen, eine vernichtende Bilanz gezogen: Der Euro sei ein kostenträchtiges Experiment, das wenig Nutzen und viel Schaden gebracht habe. Feldstein geht so weit, den Euro als Hauptursache der gegenwärtigen Krise auszumachen. Das Aufkommen von Staatsschuldenkrisen nur zwölf Jahre nach Beginn der Währungsunion “war kein Unfall oder Ergebnis von bürokratischem Missmanagement, sondern die unvermeidliche Folge davon, einer sehr heterogenen Gruppe von Ländern eine Einheitswährung aufzuerlegen”.

Schuldenkrise, Bankenprobleme, die hohe Arbeitslosigkeit, die Handelsbilanzdefizite vieler Länder – praktisch alle ökonomischen Übel, die nun den Euroraum plagen, führt Feldstein auf die Schaffung des Euro zurück. Schon früher hat er dazu pessimistische Aufsätze geschrieben. Dass die Inflationsrate in der Eurozone gering gewesen sei, worauf die EZB so stolz ist, hält er für keine besondere Leistung. Auch andere Länder hätten eine Dekade niedriger Inflation hingekriegt, meint Feldstein, einst oberster Wirtschaftsberater von Präsident Ronald Reagan und langjähriger Chef des National Bureau of Economic Research.

Ein Einheitszins mit verzerrender Wirkung

Seine Kritik richtet sich vor allem auf die verzerrende Wirkung des Einheitszinses für den gesamten Euroraum. Der sei stets für die einen zu tief und für die anderen zu hoch. Für die Peripherie-Länder war der Zins die ersten Jahre deutlich zu niedrig. Denn real, also abzüglich ihrer höheren Inflationsrate, hatten sie sogar negative Zinsen und konnten extrem günstige Kredite aufnehmen. Diese Chance ließen sie sich nicht entgehen. Die privaten Haushalte begannen, sich stark zu verschulden. Die Konjunktur zog an, die Immobilienpreise stiegen – bis eine Blase entstand und platzte. Nun kamen wieder die alten Wettbewerbsschwächen der südeuropäischen Länder zum Vorschein. Die Staatsverschuldung steigt rasant, und die Kapitalmärkte erheben höhere Risikoaufschläge.

Da es keine Abwertungsmöglichkeiten im Euro gibt, haben die Südländer ihr wichtigstes Instrument verloren, um flexibel und differenziert auf Schocks zu reagieren, kritisiert Feldstein. Nach seiner Analyse werden infolge des starren Geld-Korsetts in Europa die zyklische Arbeitslosigkeit und konjunkturelle Krisen künftig zunehmen. Die Handelsgewinne, die es im einheitlichen Währungsraum auch gibt, wögen diese Probleme nicht auf. Beim Vergleich mit den Vereinigten Staaten, die auch einen heterogenen Wirtschaftsraum umfassen, findet Feldstein mehrere entscheidende Unterschiede: Gibt es in einem amerikanischen Bundesstaat hohe Arbeitslosigkeit, ziehen die Menschen woandershin. Die hiesigen Arbeitslosen sind viel weniger mobil; zu hoch sind die Barrieren aus Sprache, Kultur, Religion, Gewerkschaften und Sozialsystemen. Auch wenn nun einige tausend Spanier oder Griechen nach Norden ziehen – es sind vergleichsweise wenige.

Die Transferunion führt zu Unfrieden

In Amerika findet noch ein anderer Ausgleich zwischen Regionen mit schwacher und Regionen mit starker Wirtschaftsentwicklung statt: über den föderalen Finanzausgleich. Etwas vereinfacht rechnet Feldstein vor, dass ein konjunktureller Einbruch beispielsweise in Massachusetts oder Ohio, der dort die Steuereinnahmen um einen Dollar drückt, durch Transfers aus der Bundeskasse von etwa 40 Cent teilweise ausgeglichen wird. Das stabilisiert erheblich. Feldstein ist skeptisch, ob die Europäer eine ähnliche Fiskalunion akzeptieren würden. Vermutlich würden die Bürger in den nordeuropäischen Geberländern auf die Barrikaden gehen, wenn sie für permanente Milliardentransfers zur Kasse gebeten würden.

Was aber wir Proteste in Griechenland - Foto: dpad aus Europa als Friedensprojekt? Der Euro ist dabei, den Frieden zu stören, fürchtet Feldstein. Viele Griechen auf der Straße fühlen sich von Deutschland kojuniert. Kanzlerin Merkel zwinge Südeuropa zu schmerzhaften Sparkuren, die lange Rezessionen bedeuten und deren Erfolg nicht absehbar ist. In Frankreich mehren sich die Stimmen, die sich vor einer germanischen Dominanz ängstigen. Europaminister Jean Leonetti fühlt sich gar an die Stimmung zwischen den Weltkriegen erinnert und warnte vor “hysterischem Deutschenhass”. In der Londoner “Times” leistete sich der europhile Kolumnist Anatole Kaletsky die irre Bemerkung, Deutschland sei “wieder im Krieg mit Europa – wenigsten in dem Sinne, als deutsche Politik in Europa charakteristische Kriegsziele zu erreichen versucht – die Verschiebung internationaler Grenzen und die Unterwerfung fremder Völker”.

Das ist es, das hässliche Wort Krieg. Sagte nicht einst Helmut Kohl, der Euro sei “eine Frage von Krieg und Frieden”? Nun kommt tatsächlich feindselige Rhetorik auf – weil Deutschland nicht bereit ist, eine Transferunion zu schaffen und die Staatsfinanzierung über die Notenpresse zuzulassen. “Die Einführung des Euro hat Spannungen und Konflikte innerhalb Europas geschaffen, die es andernfalls nicht gegeben hätte”, lautet Feldsteins Fazit. Es ist schwer, ihm da zu widersprechen.

Der Beitrag erschien als Sonntagsökonom in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung vom 11. Dezember. Eine andere Ansicht vertritt Olaf Storbeck im Handelsblog.

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14 Lesermeinungen

  1. @janeausten
    Ja, Sie haben zum...

    @janeausten
    Ja, Sie haben zum Teil auf jeden Fall recht. Ich hatte die Rolle der irischen Banken falsch in Erinnerung. Irische Banken haben traditionell Immobilienkredite vergeben und deren Risiken total falsch eingeschätzt. Irische Banken waren auch im US-Subprime-Markt via MBSs investiert, aber dies machte nur einen kleinen Teil ihrer Schwierigkeiten aus. Hier ist ein Paper dazu: https://www.esr.ie/Vol40_2/Vol-40-2-Honohan.pdf
    Die Probleme für die irischen Steuerzahler ergab sich dann aus der Tatsache, dass die Regierung den Banken einen Blankoscheck ausstellte und ihre Schulden vergemeinschaftete.

    Auf spanische Immobilienkredite gab’s / gibt’s aber auf jeden Fall MBSs, vor allem RMBSs. Hier ein Rating-Sheet einer spanischen RMBS: https://www.dbrs.com/research/243618 und hier noch ein Artikel dazu: https://ftalphaville.ft.com/blog/2010/10/21/377031/that-extended-espana-rmbs/

    Letztendlich habe ich aber keine genauen Zahlen dazu und der Umfang europäischer RMBSs war ohne Zweifel geringer als derer in den USA. Aber Securitization spielte zumindest eine Rolle, wenn auch nicht eine so große wie ich dachte. (Wie groß jedoch die Rolle der niedrigen EZB-Zinsen für die spanische und irische Immobilienblase war, ist mir jedoch nicht klar, weil man ja im UK eine ähnliche Blase hatte.)

  2. tricky1 sagt:

    Wie schon von mopinsky oben...
    Wie schon von mopinsky oben begründet ist der zitierte Prof. M. Feldstein keineswegs der unumstrittene Wirtschaftsguru und seine Thesen äusserst umstritten. Dass sich der Blogschreiber und FAZ-Redaktor blindlings hinter solchen Grössen versteckt ist angesichts deren Dürftigkeit höchst bedenklich.
    “Der Euro gefährdet den Frieden”
    ist ein dummer journalistischer Blickfang und die Aussage “Ohne den Euro hätten wir weniger Probleme” schlicht eine falsche und unbewiesene Behauptung. Wir hätten zwar das aktuelle Problem nicht, aber dafür die Vorteile des Euro nicht gehabt und mit grosser Wahrscheinlichkeit einfach andere Probleme!
    Im Titel “Ein Einheitszins mit verzerrender Wirkung” wird dem Euro ein Versagen angelastet, welches ganz eindeutig von der Finanzindustrie zu vertreten ist. Dass heute ganz selbstverständlich Länder mit zu hoher Verschuldung höhere Zinsen als Gegenwert des höheren Risikos zahlen müssen hätte schon vor Jahren sein müssen, es ist nicht ein Versagen des Euros sondern der Finanzindustrie.
    “Die Transferunion führt zu Unfrieden”
    geht in tatsachenwidriger Weise davon aus, dass in Europa eine nur unbegrenzte Transferunion den Euro retten könne und dies ist schlicht falsch. Die kürzlich getroffenen Stabilitätsbeschlüsse packen das Übel an der Wurzel, und falls die Finanzmärkte sich davon nicht überzeugen lassen, könnte es sehr wohl dennoch zu einer Zahlungsunfähigkeit einiger überschuldeter Euroländer kommen.
    Für diesen Fall werden die starken Länder hoffentlich längst einen Plan bereit haben, wie ein solcher Fall abgewickelt werden kann, ohne dass die zahlungsunfähigen Länder aus der EU austreten bezw. eine eigene Währung einführen müssten. Dass solche Pläne zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht öffentlich diskutiert werden ist naheliegend und müsste auch einem FAZ-Redaktor einleuchten?

  3. mopinsky sagt:

    "Harvard-Professor Martin...
    “Harvard-Professor Martin Feldstein, einer der am meisten geachteten amerikanischen Ökonomen” – Nicht mehr lange! Googlen Sie einmal nach “Inside Job”, dem Oskar-Preisgekrönten Dokumentarfilm über die Verursacher der Finanzkrise.
    Veehrter Herr Plickert
    mir scheint fast, als könnten Sie noch ein wenig besser recherchieren, um nicht geradezu im Blindflug derartiges Geschwätz von einem, ach so renommierten Ökonomen widerzukäuen.
    Im vorgenannten Film erfährt nämlich der Zuschauer ziemlich eindeutig von der unrühmlichen Rolle genau dieses Herrn Feldstein, der wie die meisten renommierten Ökonomen in amerikanischen Universitäten im Sold der Finanzelite, oder sollte ich sagen “Finanzmafia” Amerikas steht.
    Seine Aussagen sind deshalb im Licht der Standpunkte der wahren Krisenverursacher zu sehen, die seit Beginn der Krise (für mich gehören Subprimekrise und Staatsschuldenkrise zur selben Medallie) ihre Lobbyausgaben verddreifacht haben und keinen Versuch auslassen, ihre Täterschaft zu verschleiern.
    Dieselben Leute reden der Mainstreampresse die Texte von Schuld und Sparen vor, sind Sie es doch, die für die Deregulierung der Finanzmärkte und ein Verbot der staatlichen Kontrolle mehrere Milliarden Dollar ausgegeben und bis in Senat und Kongress hinein Abgeordnete gekauft und Universitätsprofessoren dazu angestiftet haben ihr Tun wirtschaftswissenschaftlich zu rechtfertigen.
    Die Resultate sind jetzt nicht nur in Amerika zu besichtigen (mehr als 20 Millionen Arbeitslose) jetzt wird auch noch Europa demontiert. Und Schuld soll der Konstruktionsgfehler des Euro sein? Dass ich nicht lache!!!

  4. janeausten sagt:

    @schmeconomics
    Also dass die...

    @schmeconomics
    Also dass die Immobilienblasen in Spanien und Irland durch komische Finanzprodukte befördert wurden, höre ich zum ersten Mal. War es tatsächlich der Fall, dass irische/britische/spanische Subprime-Loans von Banken zerstückelt als CDO’s mit AAA-Rating an Investoren verkauft wurden? Dazu würde mich eine Quellenangabe interessieren. Ich dachte bisher, dass sei nur in den USA der Fall gewesen…

  5. Handyman1 sagt:

    Nicht gut durchdacht

    Ich bin...
    Nicht gut durchdacht
    Ich bin nicht mit dem Wirtschaftler einverstanden.
    Zuerst ist die Arbeitsmobilität in Europa ziemlich hoch. Z.B. in Holland gibt es jetzt schon 200.000 polnische Einwohner und noch mehr Arbeiter die noch in Polen wohnen. Ausserdem werden viele junge Griechen und Spanier in den nächsten Jahren nach Norden wandern. Dann geht es um substanzielle Zahlen.
    Und ja, Europa ist keine richte Transferunion wie die Vereinigten Staten. Aber es gibt viele Währungsgebiete in der Welt die keine Transferunion sind und trotsdem prima funktionieren trotz grosser lokalen Wirtschaftsunterschiede.
    Die Krise ist das Beste dass Europa passieren konnte ! Endlich, nach Jahrzehnte, werden die fundamentele Wirtschaftsproblemen deutlich. Im Süden is es die fehlende Wettbewerbsfähigkeit. Durch den Euro gibt es jetzt kein entfliehen mehr durch Währungstricks. Jetzt mussen die richtige Probleme gelöst werden.
    Aber auch im Norden gillt das fundamentele Probleme jetzt offenbar werden. Z.B. in Holland haben die Leute im durchschnitt die höchste Hypothekverschuldung Europas weil der Stat Hypotheken subventioniert.
    Durch die Krise gerät Europa jetzt in einen Reformodus die sie letzten Endes stärken wird.
    Nur diese Krise, die nur indirect mit der Euro zu tun hat, zwingt Europa ihre Probleme zu lösen. Diese Krise ist gut für Europa !

  6. rum sagt:

    Auch soziale Unfrieden. Das...
    Auch soziale Unfrieden. Das bringt Arebeitslosigkeit und Inflation. Spannung zwischen Arbeitgeber und Arebeitnehmer, zwischen Vermieter und Mieter. Heute wird ein Inflationsgesetz endgültig ratifiziert: Rundfunkbeitrag. Der Kreis der Schuldner wurde immer vergrößert, da jetzt jeder Haushalt Zwangsschuldner ist, können sie die Gebühren für die Staatspropaganda beliebig erhöhen. Und die Staatspropaganda ist in der kommenden EURO-Diktatur sehr wichtig. Wahrscheinlich werden die Rundfunkprogramme nicht genügen, dann werden sie Haschisch und Opium legalisieren, um die Massen ruhig und verblödet zu halten.

  7. felixeuropa sagt:

    Offensichtlich übersieht...
    Offensichtlich übersieht Feldstein geflissentlich die große Verantwortung der US-Banken für den Knall am Immobilienmarkt. Sicher, die EU braucht meist länger, um zu Entscheidungen zu kommen. Aber den Frieden in Gefahr zu sehen, das halte ich doch für masslos übertrieben. Ja, es waren Deutschland und Frankreich, die den Stabilitätspakt brachen und sich dann einen Persilschein ausstellten. Damit war doch für die übrigen Länder klar: die Defizitgrenzen können überschritten werden, es passiert nichts. Da zeigt sich, dass ohne automatische Konsequenzen keine Disziplin aufzubauen ist.
    Der Einheitszins sei ein Problem, meint Feldstein. Ja freilich, vor allem dann, wenn Banken aus lauter profitsucht, Kredite an Haushalte und Staaten vergeben, ohne deren kreditwürdigkeit zu überprüfen. Dass dies über Jahre geschah, ist nachweisbar. Aber es ist genauso nachweisbar, dass die Banken über all die ertragreichen Jahre mit den Gewinnen Schindluder trieben. Statt – wie jeder ordentliche Kaufmann – für schlechte zeit zurückzulegen, wurde das Geld mit vollen Händen rausgeworfen. Das gefiel den psychose-gefährdeten Tradern, aber auch den Aktionären. Und als Lehman krachte, mussten die Staaten ran. So was aber auch. Eine Bank ist ein Unternehmen. Und für Unternehmen gilt doch: wer am Markt nicht besteht, der geht in die Insolvenz. Nun scheinen sich die Banken nicht mehr zu trauen. Dafür den Euro verantwortlich zu machen, das halte ich doch für sehr vermessen. Die Gier der Banken, die Kurzlebigkeit der sogenannten Finanzmärkte, der pervertierte ShareholderValue und nicht zuletzt die an den nächsten Wahlen orientierten politiker, das sind einige der Ursachen.

  8. Clemenson sagt:

    England ist das beste...
    England ist das beste Beispiel, wie man mit der EU einen offenen und koordinierten Markt haben kann, ohne die Währung und das Sparkonto miteinander zu teilen.
    Die Politik & Medien machen ständig Stimmung, dass der EURO der Garant von Wohlstand und Frieden ist … dies ist eine platte, dumme Lüge.

  9. Ich stimme Martin Feldsteins...
    Ich stimme Martin Feldsteins Analyse grundsätzlich zu. Im Grunde legt er einfach dar, warum die EMU keine Optimum Currency Area ist und warum sich daraus dann die aktuell vorliegenden Probleme ergeben haben.

    Dennoch hat er einige Sachverhalte benannt, die einfach nichts (oder nur sekundär) mit dem Euro zu tun haben. Irland und Spanien sind nicht in ihrer misslichen Lage, weil sie den Euro haben sondern weil 2007-2008 riesige Immobilienblasen geplatzt sind, womit eine Menge Schulden von nicht-staatlichen Akteuren verstaatlicht wurden und eigentlich unproduktive Sektoren massenhaft Jobs abgebaut haben (v.a. die Bau- und Finanzbranchen).
    Ok, man kann argumentieren, dass die spanischen Zinsen mit der Euro-Einführung zu niedrig gehalten wurden und dass sich die Immobilienblase daraus gespeist hat. Aber das ist sicherlich nur die halbe Wahrheit und trifft auf Irland überhaupt nicht zu. In beiden Ländern war letztendlich nichts anderes als in den USA und GB festzustellen, wo man dachte, man hätte die neueste Finanzalchemie (i.e. Securitization) erfunden, die Risiko verschwinden lässt und man dennoch schöne Returns einfahren kann. Ich weiß nicht, was das mit dem Euro zu tun hat, denn die USA und GB haben offensichtlich keinen Euro…. Das die Regierungn (vor allem die irische) dann die gesamten Banken zu einem horrenden Preis gestützt haben, hat auch nichts mit dem Euro zu tun sondern war (rückblickend) einfach ein Fehler der agierenden Politiker.

    Was Feldsteins Analyse aber auch nochmal deutlich macht, ist die kategorische deutsche “Nein”-Haltung, die einer eventuellen Lösung einfach entgegensteht. Eigentlich ist es doch gar nicht so schwer zu sehen, welche Optionen man noch hat:
    a) Euro zerbricht und man kriegt wohl einen Nord-Euro. Das will die Bundesregierung aber nicht.
    b) Der Euro wird um jeden Preis zusammengehalten. Das wird aber kosten: die Peripherieländer müssen langfristig wettbewerbsfähiger werden; Deutschland muss bereit sein, zu zahlen, um die Anleihemärkte zu beruhigen; und alle EMU-Mitglieder müssen Souveränitätsrecht abgeben.
    Aber das will die Bundesregierungen und Herr Weidmann auch nicht….

  10. Devin08 sagt:

    Die Gefahr für den...
    Die Gefahr für den Weltfrieden
    .
    Gleich wie man die Sache auch sehen mag, ob man Euroskeptiker ist oder nicht, faktisch läuft alles darauf hinaus die Eurozone zu teilen. Wenn die EZB nicht komplett zur europäischen Bad-Bank werden will, muss sie eine solche aus sich heraus gebären, und das kann nur geschehen, indem ein Teil der Eurozone gleich mit ausgelagert wird. Der Euro wird geteilt in eine harte und in eine weiche Währungszone. Und ich vermute mal, dass Frankreich zur weichen Zone und Deutschland zur harten gehören wird. Der Auftritt Camerons wäre hierfür schon mal der Prolog gewesen. Am Ende wird sich heraus stellen, dass das Vereinte Europa ein „unmögliches“, bzw. „reaktionäres“ Projekt (Lenin) gewesen ist.
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    Die Gefahr für den Frieden ist mit dem Euro so groß wie ohne denselbigen, da definitiv kein einziges Problem gelöst ist, was zu den beiden bisherigen Weltkriegen geführt hat.
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    Die nationalistischen Strömungen im Osten und auch Süden Europas (welche sich fatalerweise im Norden spiegeln) ähneln denen, wie sie sich zwischen den beiden Weltkriegen auf eben genau demselben Terrain (https://blog.herold-binsack.eu/?p=1921) dargestellt haben. Die Exportüberschüsse Deutschlands haben ihr Gegenüber in einer maßlosen Verschuldung des übrigen Europas (https://blog.herold-binsack.eu/?p=1923). Der billige Euro machte es möglich. Die englische Kritik ist daher nicht ganz unberechtigt, wenn auch nicht gerade wenig demagogisch. Denn England hatte mit seiner Finanzoffensive nichts anderes im Sinn.
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    In Europa wird bereits Krieg geführt, wenn auch mit anderen Mitteln. Und um genau das so lange wie möglich zu verschleiern, dafür kreierte man das System „Merkozy“. Mit diesem emphatischen Begriff will man eine Einheit Frankreichs mit Deutschland illustrieren, die es in Wirklichkeit nicht gibt.
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    Frankreich kämpft um ein Weiter-so im Hartwährungsbereich (versucht somit Deutschland zu zwingen, gegen die eigenen Interessen zu arbeiten), während Deutschland längst die Weichen dafür gestellt hat (keine Eurobonds), dass Frankreich rausfliegt. England wird dafür geopfert. Doch wo es so aussieht, dass England damit neutralisiert wäre, ist die Akte noch nicht geschlossen. Sollte Frankreich gezwungen sein, dann zum Führer der Weichwährungszone zu werden und Deutschland das Privileg genießen, die Hartwährungszone zu führen, wird England auf der Stelle zu Frankreichs Verbündeten.
    Damit hätten wir die Wiederholung genau jenes Szenariums, welches zu den bisherigen beiden Weltkriegen geführt hat.
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    Sollte Deutschland aber die Eurobonds akzeptieren, wird es in „ewiger“ Schuldknechtschaft zugunsten Frankreichs verharren, womit wir ein System hätten, wie nach „Versailles“.
    Bzgl. dieser Situation gibt es offenbar keine „politische“ (finanzpolitische) Lösung mehr. Und genau darauf bereiten sich Europas Konservative nun vor. Der Bonapartismus (https://blog.herold-binsack.eu/?p=1928) liegt in der Luft – in ganz Europa.
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    Dem gegenüber gibt es nur noch eine revolutionäre Lösung, wie sie sich zurzeit nur in Griechenland abspielt (und wovon wir über die offiziellen Medien so gut wie nichts erfahren). Denn auch die Revolution liegt in der Luft. Nur sind die Revolutionäre bei weitem noch nicht so gut (https://blog.herold-binsack.eu/?p=1924) aufgestellt, wie ihre Gegner. Denn auch die weltweite Jugend- und Frauenbewegung, welche in Form der „Arabellion“ ihren Anfang nahm, zeigt sich auf dem Niveau einer europäischen Linke (https://blog.herold-binsack.eu/?p=1910), bzw. auch einer „Ocupy“- oder „Empört Euch“-Bewegung, im hohen Maße anfällig für opportunistische (antisemitische, antiislamische, rassistische…) Affekte. Ohne eine Kritik derselbigen, allerdings im solidarischen Geist (und eben nicht auf Zizeksche Weise: https://blog.herold-binsack.eu/?p=1919), kann sich eine revolutionäre Bewegung nicht bilden. Und ohne eine solche wird ein neuer Weltkrieg nicht mehr zu vermeiden sein.

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