16:40 Wenige Stunden vor der PK hatte ein Pariser Medium verbreitet, die Ratingagentur Moody’s habe die französische Regierung von einer bevorstehenden Abstufung der Bonitätsnote von Aa1 auf Aa2 in Kenntnis gesetzt. Aus Regierungskreisen wurde dies als eine “falsche und skandalöse Meldung” bezeichnet. Gerüchte über eine bevorstehende Herabstufung durch Moody’s kursieren seit Mittwoch an den Finanzmärkten. Die Royal Bank of Scotland hatte in einem Bericht aus ihrem Research unter anderem geschrieben:
“On Friday, Moody’s is scheduled to review the sovereign rating of France. We see a strong likelihood that France could be downgraded from Aa1 to Aa2, in line with S&P’s rating. Moody’s have usually published a rating review after the market close (though they can move before, or not at all with no announcement). From a ratings perspective we are inclined to expect a negative outlook given the deterioration in all the key indicators Moody’s are considering (see below); we have however a much lower conviction on the outlook than the downgrade.”
16:44 Die PK soll um 17 Uhr in Anwesenheit nahezu der gesamten Regierung unter Premierminister Manuel Valls beginnen. Bei früheren Gelegenheiten hatte sich der Beginn ein wenig verzögert. Hollande will nach Pariser Medienberichten zunächst eine kurze Erklärung abgeben und sich dann den Fragen der Journalisten aus dem In- und Ausland stellen.
17:00 Die Veranstaltung findet in einer schwierigen Zeit für Hollande statt. In den Umfragen befinden sich seine Beliebtheitswerte im Keller und sein Premierminister Manuel Valls hat gerade erst eine Vertrauenabstimmung in der Nationalversammlung nur mit einer kleinen Mehrheit gewonnen. Hoffnung auf eine höhere Beliebtheit hat Hollande unter anderem mit Blick auf die angeblich unmittelbar bevorstehende Rückkehr seines Vorgängers Nicolas Sarkozy auf die politische Bühne: Hollande will von dem konfrontativen Stil Sarkozys profitieren. Die schlechten Umfragewerte Hollandes haben viel mit der schwierigen wirtschaftlichen Lage Frankreichs zu tun und dem Eindruck, dass Hollande keine klare wirtschafts- und finanzpolitische Linie hat.
17:10 Die PK beginnt.
17:12 Hollande: “Europa steht angesichts der Krise jetzt vor entscheidenden Weichenstellungen. In Frankreich herrscht ein hohes Maß an Misstrauen.”
17:17 Der Präsident warnt zunächst ausführlich vor den Gefahren des Terrorismus und betont seine Rolle als Verantwortlicher für die Sicherheit Frankreichs. Er ist bereit, die französische Luftwaffe für Einsätze gegen den “Islamischen Staat” im Irak einzusetzen, er schließt aber den Einsatz von Bodentruppen ebenso aus wie militärische Aktionen in Syrien.
17:27 Hollande spricht sich für eine gemeinsame europäische Verteidigungsindustrie aus und fordert generell eine engere Zusammenarbeit in Europa unter anderem gegen “Exzesse der Globalisierung”.
17:29 Heute ist die Gefahr nicht mehr der Zusammenbruch der Währungsunion, aber eine nachhaltige Wachstumsschwäche Europas bei einer überbewerteten Währung, auch wenn es der EZB gelungen sei, den Wechselkurs etwas zu senken.
17:31 Frankreich will keine neuen fiskalpolitischen Regeln in Europa und auch keine Sonderbehandlung. Aber mehr als die 50 Milliarden Euro Ausgabenkürzungen gehen aus konjunkturpolitischen Gründen nicht und die vorhandenen europäischen Regeln müssen “flexibel” angewendet werden.
17:33 Deutschland hat recht, “bei jeder Gelegenheit” mehr Reformen in Frankreich zu fordern. Frankreich braucht mehr Reformen, aber Deutschland kann nicht verlangen, dass Frankreich in 5 Jahren so viele Reformen macht, für die Deutschland mehr als 10 Jahre bei günstigeren wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und ohne strenge finanzpolitische Regeln gebraucht hat.
17:37 Hollande spricht sich für eine wettbewerbsfähigere französische Wirtschaft aus und stellt seinen “Pakt der Verantwortung” zwischen den Sozialpartnern heraus. Eine Politik zugunsten der Unternehmen ist schwierig für seine linke Mehrheit, aber sie ist unwiderruflich. Keine französische Regierung vor ihm hat so viele Einsparungen im Staatshaushalt beschlossen.
17:52 Hollandes Einführung ist mit dem für solche Gelegenheiten typischen Pathos zu Ende gegangen. Sie hat länger gedauert als erwartet. Nun kommen Fragen und Antworten.
18:11 Nachdem Hollande bei früheren Gelegenheiten eine Verbesserung des französischen Arbeitsmarkts in relativ kurzer Zeit in Aussicht gestellt hatte, sagt er nun, er hoffe, dass positive Ergebnisse seiner Politik bis zum Jahr 2017 sichtbar werden. Im Jahre 2017 finden die nächsten Präsidentschaftswahlen statt.
18:16 Hollande sagt, er wisse nicht, was die Ratingagentur Moody’s am Freitag entscheiden werde. Und falls er es wisse, dürfe er es nicht sagen. Frankreich hat bereits mehrere Herabstufungen seines Ratings erlebt und trotzdem hat Frankreich noch nie so wenige Zinsen auf seine Staatsanleihen zahlen müssen. Gleichzeitig ist der Renditeabstand zwischen Frankreich und Deutschland sehr gering und deutlich niedriger als im Jahre 2012. In einem Kontext sehr niedriger Inflation und Wirtschaftswachstum kann man Staatsdefizite nicht mit Gewalt reduzieren. Wichtiger als das Rating ist die Möglichkeit für Unternehmen, Kredite von Banken zu erhalten.
18:21 Hollande kündigt an, er werde sein Mandat bis 2017 ausüben ohne Rücksicht auf seine Popularität.
18:23 Hollande macht einen Unterschied zwischen der “extremen Rechten”, gemeint ist der Front National, und den Wählern, die nicht alle “extrem rechts” seien. Die extreme Rechte gibt es auch anderswo, auch wenn ihr Gewicht in Frankreich “besorgniserregend” ist. Hollande räumt eine Mitverantwortung der Regierenden für den Aufstieg des Front National ein, weil sie auf die Sorgen vieler Menschen zum Beispiel vor den Gefahren der Immigration nicht immer eine überzeugende Antwort geben.
18:28 Man muss nach den Worten Hollandes auf die Besorgnisse der Menschen eingehen, aber man darf trotzdem keine wirtschaftlich nachteiligen Entscheidungen treffen wie den Austritt Frankreichs aus der Währungsunion oder den Aufbau von Handelsschranken, um Importe zu verhindern.
18:34 Hollande räumt ein, dass es eine große Skepsis angesichts der Steuerpolitik der vergangenen Jahre gibt. Er kündigt an, dass es keine Erhöhung der Mehrwertsteuer geben wird – ein Projekt, das im Umfeld der Sozialistischen Partei immer wieder einmal erwogen wird.
18:38 Der Staatspräsident sagt, dass Frankreich seit langem in Europa einen schlechten Ruf wegen seiner Staatsverschuldung besitzt, der bis auf seine Vorgänger Jacques Chirac und Nicolas Sarkozy zurückgeht. Er wird auf dem EU-Gipfel im Oktober für eine flexible Anwendung der Regeln drängen im Interesse von mehr Wirtschaftswachstum und Wettbewerbsfähigkeit in Frankreich. Er weiß heute nicht, ob er sich durchsetzen kann. Das vordringliche Ziel für Frankreich muss sein, seinen Rückstand gegenüber Deutschland auf dem Gebiet der Investitionen aufzuholen. Auf die Dauer kann es nicht sein, dass zwei benachbarte Länder wie Deutschland und Frankreich so extrem unterschiedliche Ergebnisse im Außenhandel haben – Deutschland einen hohen Überschuss, Frankreich ein hohes Defizit.
19:15 Die Pressekonferenz ist beendet. In der letzten halben Stunde ging es überwiegend um verschiedene außenpolitische Themen.