Fazit – das Wirtschaftsblog

Fazit - das Wirtschaftsblog

Für alle, die’s genau wissen wollen: In diesem Blog blicken wir tiefer in Börsen und andere Märkte - meist mit wissenschaftlicher Hilfe

„Abschaffung“ des Bargelds – eine irreführende Begriffswahl

| 52 Lesermeinungen

Nach wie vor ist in der Öffentlichkeit immer einmal wieder von einer möglichen „Bargeldabschaffung“ die Rede. Doch der Begriff ist irreführend: Bargeld lässt sich gar nicht abschaffen, wie dessen mehr als 2600jährige Geschichte zeigt. Vielmehr schaffen sich politische Systeme selbst ab, indem sie die persönlichen Freiheiten zu begrenzen oder ganz aufzuheben versuchen, die mit dem Gebrauch von Geld verbunden sind. Das totalitäre Sowjetsystem ist ein eindrückliches Beispiel dieses Zusammenhangs.

Von Hendrik Mäkeler

 

Auch finanzielle und insbesondere monetäre Innovationen hat es in der Geschichte des Geldes zahlreich gegeben. Doch diese haben den bereits vorhandenen Zahlungsverkehr stets ergänzt und flexibilisiert, nicht ersetzt. So ergänzte im 7. Jahrhundert vor Christus die Erfindung von Münzgeld im kleinasiatischen Lydien die bereits vorhandenen schriftlichen Aufzeichnungen über Verbindlichkeiten (heute spräche man von Buchgeld). Die ersten Münzen bestanden aus Gold, wurden allmählich aber zunächst um Silber- und dann auch Bronzegepräge erweitert. Im Mittelalter begannen Wechsel als bargeldlose Zahlungsmöglichkeiten den Geldumlauf zu vervielfachen. Die Einführung von Banknoten, die im europäischen Raum erstmals im Jahr 1661 in Schweden erfolgte, erleichterte dort im Wortsinn ein Münzsystem, das vornehmlich aus Kupferplatten hohen Gewichts bestand. Seit dem 20. Jahrhundert machten zunächst Schecks und später auch Bank- und Kreditkarten den Zahlungsverkehr noch bequemer. Es lässt sich also eine Entwicklung hin zu immer abstrakteren Geldformen erkennen. Dabei findet durchaus ein Verdrängungswettbewerb zwischen verschiedenen nicht-baren Geldformen statt, während das Bargeld sich über die Jahrtausende hinweg als besonders nachhaltige Zahlungsform erhalten hat.

Das bedeutet natürlich nicht, dass die Bargeldformen sich nicht unterschiedlich entwickeln könnten. Während der deutschen Hyperinflation nach dem Ersten Weltkrieg etwa waren Münzen aufgrund ihres geringen Nominalwerts vorübergehend kaum nutzbar. Gepräge mit einem Nennwert von 200 und 500 Mark wurden 1923 nur zur Beschäftigung der Münzstätten hergestellt. Ein anderes Beispiel für eine unterschiedliche Entwicklung stellte unlängst Stefan Hardt, Leiter des Zentralbereichs Bargeld, beim dritten Bargeldsymposium der Bundesbank vor. Er referierte Angaben von Wertdienstleistern, dass sich die Versorgung mit Münzgeld um 30 Prozent verteuert habe. Einige Kreditinstitute wären daher nicht mehr bereit, die für sie defizitäre Münzversorgung des Kleinhandels zu übernehmen. Es ist erfreulich, dass diese Problematik so deutlich angesprochen wurde, denn selbstredend beeinflusst eine unzureichende oder fehlende Infrastruktur die Bargeldversorgung ebenfalls maßgeblich.

Ein Land kann auch auf eine eigene Bargeldausgabe verzichten, was aber nur selten vorkommt. In dem Fall ersetzen üblicherweise Banknoten und Münzen anderer Länder das einheimische Bargeld. Münzen werden dabei gewöhnlich aus Nachbarländern importiert, Banknoten können aufgrund ihres geringeren Gewichts und des höheren Wertes auch einen weiteren Weg nehmen. Entscheidend ist jedoch, dass der importierende Staat in diesem Fall seine Einnahmen aus dem Schlagschatz verliert, also dem Unterschied zwischen den Produktionskosten des Bargelds und dessen Nennwert. Zudem kann die landeseigene Zentralbank den Bargeldumlauf schlechter kontrollieren und nicht nachhaltig ein Auftreten von Fälschungen vermeiden. Umgekehrt erwächst den Staaten, die das verwendete Bargeld produzieren, ein Gewinn aus dem Schlagschatz, während deren Zentralbankpolitik direkten Einfluss auf den importierenden Staat gewinnt. Ein zentrales Element staatlicher Souveränität geht daher mit der Aufgabe von Bargeld verloren.

Dies geschah etwa infolge der Hyperinflation in Simbabwe, wo seit 2009 anstelle des Simbabwe-Dollars ausländische Währungen den Zahlungsverkehr dominieren. US-Dollar und Südafrikanischer Rand, aber auch das britische Pfund und der chinesische Renminbi übernehmen dort die Funktion des Bargelds. Die Zentralbank demonetisierte 2015 vollständig den Simbabwe-Dollar, so dass alle von ihr ausgegebenen Banknoten Ende September des Jahres ungültig wurden. Bankguthaben stellte man auf Dollar um. Mit anderen Worten verzichtet Simbabwe nunmehr vollständig auf eine eigene Landeswährung.

Bei Aufgabe nationalen Bargelds, wie man anstelle von „Bargeldabschaffung“ zutreffender formulieren sollte, schwindet mithin ein wenig beachteter Unterschied zwischen Erster und Dritter Welt. Während dies zunächst nur eine infrastrukturelle Ähnlichkeit darstellt, kann ein möglicher ökonomisch, technisch oder militärisch bedingter Blackout eines ausschließlich digitalen Systems in der Folge zu einer Angleichung weiterer Lebensbereiche führen. In Schweden, dessen Geldumlauf bereits in relativ hohem Maße bargeldlos ist, zeichnet sich zudem eine weitere Konsequenz ab: Wer kein physisches Geld nutzt, benötigt letztlich auch keine physischen Banken. Dadurch verlieren die Banken mit ihren Filialen einen zentralen Wettbewerbsvorteil, nämlich den etablierten direkten Kundenkontakt. Werden Bankgeschäfte jedoch vermehrt ins Internet verlagert, sind Fintechs und andere Konkurrenten wie etwa Telefongesellschaften oder soziale Netzwerke aufgrund ihrer technischen Kompetenz beziehungsweise der größeren Marktmacht im digitalen Umfeld den klassischen Banken weit überlegen. Die Folgen lassen sich etwa in Kenia beobachten, das weltweit führend im Bereich des Mobile-Payment ist.


 


Der Verfasser ist Leiter des Münzkabinetts an der Universität Uppsala.


52 Lesermeinungen

  1. Gerald Braunberger sagt:

    Wie Geld (auch) entsteht - hier am Beispiel der Schweiz
    Mein Kollege Johannes Ritter und ich haben in der F.A.Z. einen Artikel über Aktienanlagen von Notenbanken geschrieben und dabei auch die Aktivseite der Bilanz der Schweizerischen Nationalbank betrachtet. Ende 2015 sah sie so aus (Beträge in Milliarden Franken):

    Gold 35
    Devisen 593
    Geldmarktgeschäfte 0
    mit Banken
    Sonstige 12
    —————————
    Gesamt 640

    Kleine Frage: Aus welchem Kredit ist das Geld der Schweizerischen Nationalbank entstanden?

    Hier der Link zum Artikel:
    https://www.faz.net/aktuell/finanzen/fonds-mehr/schweizer-nationalbank-kauft-vermehrt-aktien-14400951.html

    Gruß
    gb

  2. Gerald Braunberger sagt:

    "Zentralbankgeld ist effektiv eine Verbindlichkeit"
    David Beckworth hat mit Nick Rowe gesprochen:

    https://macromarketmusings.blogspot.de/2016/08/macro-musings-podcasts-nick-rowe.html

    Unter anderem geht es um Innengeld/Außengeld, die ökonomischen Folgen der Unterscheidung und um den Charakter von Außengeld, also Zentralbankgeld. Hier ist Beckworth zu der Frage, ob Zentralbankgeld eine Verbindlichkeit ist unter der Nebenbedingung, dass sich die Zentralbank zur Geldwertstabilität verpflichtet:

    “We also discuss the difference between money created by banks (inside money) and money created by central banks (outside money). More importantly, we consider whether shocks to inside money or outside money is more important for monetary disruptions and recessions.

    Another interesting question we explore is whether outside money is a liability for the central bank. Outside money (i.e. the monetary base) is generally not considered a liability (like inside money) since it is fiat money. It is often considered a net asset for the public. A credible commitment to price stability, however, effectively makes outside money a liability for the government. This is a point that many observers miss.”

    Rowe spricht von Zentralbankgeld als einer “impliziten, nicht rechtlichen” Verbindlichkeit, wenn die Zentralbank Preisniveaustabilitätspolitik betreibt.

    Wir wollen uns in den kommenden Wochen in FAZIT intensiver mit der Bilanz der Zentralbank befassen – nach heutiger Planung zunächst im Zusammenhang mit langfristigen Folgen von Anleihekäufen.

    Gruß
    gb

    • rum sagt:

      Rechtlich doch
      Geld wird durch Kredit geschöpft, es entstehen Verbindlichkeiten und Forderungen. Wenn die Forderungen mit den Verbindlichkeiten verrechnet werden können und sollen, dann haben die Verbindlichkeiten dieselbe Natur als die Forderungen.

    • Gerald Braunberger sagt:

      Welche Forderung hat ein Besitzer von Zentralbankgeld gegen die Zentralbank?

    • rum sagt:

      Welche Forderung?
      Er kann zwar mit Noten der Zentralbank kein Gold mehr bei ihr holen, aber er kann Schulden bei ihr mit den Noten tilgen (oder die Noten jemandem geben, der diese Schulden hat). Das meinte ich mit Verrechnung, und man verrechnet Sachen, die gleicher Natur sind. Seine “Forderung” ist, dass die Zentralbank die Noten einnehmen muss. Ein rechtlicher Anspruch besteht. Die Einlösung der Schulden bei der Zentralbank und die Einlösung der Noten und Einlagen geschehen gleichzeitig.

    • Gerald Braunberger sagt:

      Wenn Sie als Privatperson mit Banknoten zu einer Filiale der Deutschen Bundesbank gehen – was wollen Sie dort? Und was soll Ihnen die Bundesbank im Austausch gegen die Banknoten anbieten? Sie haben dort weder einen Kredit, den Sie zurückzahlen können, noch haben Sie dort ein Konto, auf das Sie das Geld einzahlen können. Und an die Assets der Bundesbank kommen Sie nicht heran.

    • rum sagt:

      Ja, in dem Sinne keine echte Forderung
      Deswegen schrieb ich: “oder die Noten jemandem geben, der diese Schulden hat”.

      Aber diejenigen, die diese Schulden haben (könnten), wollen auch kein Zentralbankgeld mehr. Das zeigt deutlich das Problem dieser Geldpolitik (Anleihekäufe und langfristige Kredite). Bei der Geldschöpfung soll gleichzeitig die Nachfrage nach dem geschöpften Geld entstehen.

  3. Gerald Braunberger sagt:

    Wer hat Zugang zu Bankkonten bei der Zentralbank?
    Ein interessanter Artikel über die Bank of England mit Links zu aktuellen Diskussionen über das Geldwesen:

    https://jpkoning.blogspot.de/2016/08/central-banks-deposits-for-you-and-me.html

    Gruß
    gb

    • www.hendrik.maekeler.eu sagt:

      Vom Alltagsgeschäft zum Privileg
      Tatsächlich ist der Zugang zu Bankkonten und entsprechenden Diensten bei der Zentralbank auch in Deutschland für Privatpersonen vom Alltagsgeschäft zum Mitarbeiterprivileg geworden. Was heute eine von wenigen Möglichkeiten der Bundesbank als einer obersten Bundesbehörde ist, um im Wettbewerb mit Banken und anderen Finanzinstituten um herausragende Mitarbeiter mithalten zu können, war für die Reichsbank Anfang des 20. Jahrhunderts noch gang und gäbe. So heißt es in einer Zusammenstellung der Zentralbanken (Dierschke und Müller: Die Notenbanken der Welt, Berlin 1926, Band 1, S. 23f.): “Neben der Notenausgabe war die Reichsbank befugt, folgende Geschäfte zu betreiben: […] 5. für Rechnung von Privatpersonen, Anstalten und Behörden Inkassos zu besorgen und nach vorheriger Deckung Zahlungen zu leisten und Anweisungen oder Überweisungen auf ihre Zweiganstalten oder Korrespondenten auszustellen”.
      Nur zur Vermeidung von Missverständnissen: Unter “Inkassogeschäft” verstand man damals den “Einzug von Wertpapieren, Wechseln u. dergl. gegen eine Vergütung” (Bastian: Lexikon des Geld-, Bank und Börsenwesens, 2. Aufl., Stuttgart 1922, S. 93).
      Um den Aufgaben im gesamten Reichsgebiet nachkommen zu können, verfügte die Reichsbank im Jahr 1923 allerdings auch über 444 Zweiganstalten (Dierschke und Müller [s.o.], S. 17), während die Bundesbank heute in der gesamten Bundesrepublik gerade einmal 35 Bankplätze nennt(https://www.bundesbank.de/Redaktion/DE/Standardartikel/Bundesbank/Hauptverwaltung_und_Filialen/hv_liste_bankplaetze_nach_ortnummern.html). Auch wenn man die Verkleinerung des Staatsgebiets seit 1923 berücksichtigt, ist doch eine massive Verringerung der räumlichen Präsenz der Zentralbank zu konstatieren.
      Dementsprechend ist eine Versorgung der Bevölkerung mit Bankdiensten in einem Ausmaße wie in Vorkriegszeiten nicht mehr möglich. Während vielfach fraglich sein mag, ob alle diese Dienste tatsächlich in den Aufgabenbereich einer Zentralbank fallen, muss man überlegen, ob die räumliche Präsenz der Zentralbank zur Erfüllung von einer derer Kernaufgaben, nämlich der Bargeldversorgung, noch hinreichend ist. Die im Blogbeitrag referierte, von Herrn Hardt angesprochene Verteuerung des Bargeldbezugs ließe sich zumindest als Hinweis auf eine Unterversorgung deuten.

    • Gerald Braunberger sagt:

      Die Folgen kleinerer Filialnetze von Zentralbanken sind ein interessantes Thema. Eine Frage ist, inwieweit sich der Umlauf der Banknoten in der Wirtschaft in Abwesenheit einer großen Zahl von Zentralbankfilialen optimiert. Es gibt ja Supermärkte, die immer dann, wenn sie sehr hohe Bargeldbestände haben, ihre Kunden an der Kasse fragen, ob sie nicht zulasten ihrer Bankkarte/Kreditkarte Bargeld mitnehmen wollen.

      Gruß
      gb

    • rum sagt:

      "Um den Aufgaben im gesamten Reichsgebiet nachkommen zu können, verfügte die Reichsbank im Jahr 1
      Nicht nur Banken, auch Firmen hatten Konnten bei der Reichsbank. Wegen der Art der damaligen Geldpolitik, hatte die Reichsbank auch einen viel engeren Bezug mit der Wirtschaft als heute. Die Filialen waren nötig. Herr Braunberger würde aber sagen, es war nur Beschäftigungspolitik. Die BuBa schafft seit langem Filiale ab. Zur Mitarbeiterprivilegierung: ich meine, es hat auch einige Vorteile, wenn direkt aus dem Gewinn der Zentralbank die Mitarbeiter bezahlt werden.

    • www.hendrik.maekeler.eu sagt:

      Optimierung der Bargeldbestände
      Die Optimierung ihrer Bargeldbestände, die von Supermärkten über das Angebot einer Bargeldauszahlung an der Kasse versucht wird, ist in der Tat ein interessantes Phänomen. Einmal abgesehen davon, dass es geldpsychologisch verheerend ist, beim Kauf zusätzlich Geld zu erhalten und somit gewissermaßen gefühlt für das Kaufen bezahlt zu werden, dürfte eine solche Strategie eines Supermarkts doch ebenfalls auf zu hohe Transportkosten für die Tageseinnahmen hindeuten. Oder eine zu knapp bemessene Versicherungssumme.
      Aufgrund gestiegener Kosten für die Bargeldhaltung (eventuell bedingt durch ein ausgedünntes Versorgungsnetz der Zentralbank) ist auf Seiten der individuellen Marktteilnehmer gewiss eine erhöhte Optimierung die Folge. Optimieren jedoch alle Marktteilnehmer in möglichst hohem Maße, indem sie Kosten für Bargeldhaltung und -transport so gering wie möglich halten, steht ab einem fortgeschrittenen Stadium – wie bei jeder Infrastruktur im Sparmodus – die Funktionalität der Gesamtstruktur auf dem Spiel. Quasi ein Abschied von nationalem Bargeld by accident.
      Ein ausgedünntes Filialnetz der Zentralbank müsste zudem theoretisch Einfluss auf die Umlaufgeschwindigkeit des Bargelds haben. Das heißt, wie viele Transaktionen sind mit einer einzelnen Banknote oder Münze möglich, ehe sie zur Kontrolle wieder in ein (weiter entferntes) Sortierungszentrum gelangt. Die Frage hierbei ist auch, wie flächendeckend diese Zentren von privaten Anbietern bereitgestellt werden. Im Gegensatz zur schwedischen Reichsbank macht die Bundesbank meines Wissens nach (berechtigterweise) keine Angaben zur Lage dieser privatwirtschaftlichen Sortierungszentren.

    • Gerald Braunberger sagt:

      Auch der technische Fortschritt dürfte eine Rolle spielen. Die Deutsche Bank berichtet heute in einer Morgenmail, dass in den vergangenen 12 Monaten die Umsätze im amerikanischen Online- und Versandhandel um 16 Prozent zugenommen hat, während er im traditionellen Versandhandel stagnierte. Ich kenne keine aktuellen Zahlen für Deutschland, aber die Grundtendenz dürfte kaum anders sein. Mit dem relativen Bedeutungsverlust des lokalen Filialhandels nimmt auch der Bargeldbedarf in der Fläche ab.
      Meine Vermutung – die natürlich falsch sein kann – ist, dass auch in Deutschland im Laufe der Zeit die Bedeutung des Bargelds als Zahlungsmittel drastisch zurückgehen wird, aber dass Banknoten als Wertaufbewahrungsmittel noch lange eine Rolle spielen werden.
      Gruß
      gb.

    • FrankieB sagt:

      Wertaufbewahrungsmittel Bargeld?
      Ich würde Bargeld nicht so sehr als “Wert”aufbewahrungsmittel bezeichnen als vielmehr als “Forderungs”aufbewahrungsmittel. Es stellt sich überhaupt die Frage, ob etwas von Wert sein kann, wenn es nicht zugleich eine Forderung gegenüber anderen begründet.

    • Gerald Braunberger sagt:

      Die Frage stellt sich nicht. Erkundigen Sie sich doch mal bei einem Aktionär oder einem Besitzer von nicht-schuldenbelastetem Sachvermögen wie Immobilien, Land oder Gold.
      Gruß
      gb.

  4. www.hendrik.maekeler.eu sagt:

    Seigniorage vs. Schlagschatz
    Wie erfreulich, dass der Gestalt der Zentralbankbilanz und der Frage des Schlagschatzes in der Diskussion so große Aufmerksamkeit zukommt! Zum Schlagschatz noch drei Anmerkungen:
    1) Entgegen der im wirtschaftswissenschaftlichen Schrifttum verbreiteten Praxis bevorzuge ich den Begriff „Schlagschatz“ anstelle von „Seigniorage“. Einerseits scheint mir das sprachlich eine klarere Trennung von demjenigen Teil des Zentralbankgewinns zu erlauben, der nicht auf der Emission von Zentralbankgeld beruht. Andererseits ist „Seigniorage“ insofern missverständlich, als ja gerade die Selbstverständlichkeit einer Finanzierung des Feudalherrn durch Münzgewinn unter anderem von Nicolas Oresme bestritten wurde. Er gestand lediglich eine Finanzierung der Geldversorgung über den Schlagschatz zu, da das Bargeld der Bevölkerung und nicht dem Herrscher gehöre. „Seigniorage“ wäre daher wenn überhaupt dann für die Verhältnisse vor Oresme, also vor der Mitte des 14. Jahrhunderts zu verwenden.
    2) „Das Problem der Seigniorage“ hat Otmar Issing knapp, umfassend und verständlich als Unterkapitel des Kapitels zur Inflationstheorie in seiner grundlegenden „Einführung in die Geldtheorie“ behandelt (die genauen Seitenangaben variieren je nach Auflage).
    3) Vor dem Hintergrund des heutigen negativen Zinsumfelds wäre es ebenfalls reizvoll zu überlegen, welche Aussagen sich zu der „Chicago-Regel“ bzw. „Friedman rule“ treffen lassen. Zudem ist von Interesse, wie dieses Umfeld sich auf die freiwillige zinslose Haltung von Zentralbankgeld durch Private und damit auf die Entwicklung des Schlagschatzes auswirkt.

  5. rum sagt:

    Wo ist der Unterschied?
    Im Liquiditätsgrad?

    • rum sagt:

      Das bezog sich auf Braunbergers Frage an Stocker, unten:
      “Die Zentralbank kauft die Münzen vom Staat und schreibt ihm Zentralbankgeld gut. Im anderen Falle kauft die Zentralbank Anleihen und schreibt dem Verkäufer Zentralbankgeld gut. Wo ist der Unterschied?”

    • michaelstoecker sagt:


      Vielen Dank für Ihre ausführliche Antwort, Herr Braunberger, die zu einer Klärung und Annäherung unserer Positionen beiträgt.

      ad 1.) Die Stofflichkeit ist für Nichtzentralbanken bei kleineren Zahlungen in der Tat unerheblich. Allerdings ist das Münzgeld mengenmäßig beschränkt (50 Münzen bzw. 200 EUR). Insofern sind letztlich nur auf Euro lautende Banknoten uneingeschränktes gesetzliches Zahlungsmittel. Aber auch mit Bits & Bytes kann ich im Rahmen eines Girovertrags schuldbefreiend bezahlen, sofern mein Gläubiger hiermit einverstanden ist, indem der Anspruch auf Auszahlung von Bargeld an einen Dritten (meinen Gläubiger) per Lastschrift/Gutschrift übertragen wird.

      Die Münzen werden in der Tat angekauft und dem Konto des Staates gutgeschrieben (Bilanzverlängerung), da der Staat auch Konten bei der Bundesbank unterhält; ein Privileg, das ansonsten nur Geschäftsbanken und Mitarbeitern der Bundesbank zuteil wird. Aber: Das hat nichts mit dem Wert zu tun, der auch tatsächlich von der Regierung abgekauft wurde. Zu den Details siehe: https://www.bundesbank.de/Redaktion/DE/Downloads/Veroeffentlichungen/Monatsberichte/2013/2013_01_monatsbericht.pdf?__blob=publicationFile Seite 29 ff. Dort verwendet die Bundesbank auch den historisch korrekten Begriff der Seigniorage. Das sonstige Herumgeeiere bei der Verwendung dieses Begriffes ist wohl auch der ursprünglichen fehlerhaften Darstellung der Geldschöpfung geschuldet.

      Zur Klarstellung für alle anderen Leser möchte ich noch betonen, dass Bargeld im physischem Besitz einer Zentralbank kein Geld ist sondern lediglich geprägtes Metall oder bedrucktes Papier. Zum Geld wird es erst dann, wenn es über den Bankensektor in die Hände von Nichtbanken gelangt.

      “Zentralbankgeld, egal in welcher Form, steht auf der Passivseite der Bilanz.”

      Wo wird dann der Münzgeldumlauf gebucht??? Die Bundesbank bilanziert das Münzgeld auf der Aktivseite und die Position auf der Passivseite lautet Banknotenumlauf und nicht Bargeldumlauf.

      ad 2.) Im Falle einer Hyperinflation wird noch eher Münzgeld nachgefragt als Papiergeld, da der Materialwert aufgrund der hohen Inflation sehr schnell über dem geprägten Wert liegen dürfte. Aber grundsätzlich d’accord. Hat allerdings nichts mit der Bilanzierungsfrage zu tun, sofern ich hier nichts übersehen habe.

      ad 3.) Eine Anleihe ist eine Forderung der ZB wohingegen Münzgeld als Bargeld bereits das Geforderte ist. Forderungen können am Fälligkeitstag prolongiert werden, Münzgeld kennt hingegen keinen Fälligkeitstag. Das ist der Unterschied. Wer als Gläubiger eine Forderung hat, der hat Macht. Wer nichts fordern kann – wie beim Münzgeld – , der ist machtlos.

      ad 4.) Die Bedeutung des schuldfreien Geldes sehe ich sehr wohl. Nicht umsonst hatte ich die Hybridität des Geldsystems erwähnt, das in Krisenzeiten sehr stark zugunsten des Staates und seiner Zentralbank ausschlägt. Werden allerdings zu viele Assets definitiv angekauft, dann droht der Ausstieg aus der selbstverschuldeten Krise zu einem finanziellen Fiasko für die ZB zu werden: https://think-beyondtheobvious.com/stelters-lektuere/why-the-end-of-austerity-would-be-an-earthquake-for-markets/

      LG Michael Stöcker

    • Gerald Braunberger sagt:

      “Werden allerdings zu viele Assets definitiv angekauft, dann droht der Ausstieg aus der selbstverschuldeten Krise zu einem finanziellen Fiasko für die ZB zu werden.”

      Die Nationalbank Tschechiens hatte als Folge von Wertverlusten auf ihre Fremdwährungsanlagen über mehrere Jahre ein negatives Eigenkapital – und hat völlig geräuschlos und effizient weiter gearbeitet.

      “Wo wird dann der Münzgeldumlauf gebucht???”

      Die Zentralbank schreibt dem Staat doch den Gegenwert auf seinem Konto gut; dadurch entsteht Zentralbankgeld.

      Gruß
      gb-

    • rum sagt:

      "dadurch entsteht Zentralbankgeld"
      Genau. Hauptsache versteht die Notenbank ihre eigene Buchführung und kann den Umlauf an gesetzlichen Zahlungsmitteln ermitteln. Diese Diskussion ist wesentlich eher etwas über Buchführung als über Geldpolitik. Wenn die Buchführung eine Wirkung auf die Geldpolitik hat, dann sollte es genauer erklärt werden.

    • Gerald Braunberger sagt:

      Das Studium von Notenbankbilanzen ist durchaus sehr lehrreich – auch im Hinblick auf die Ausgestaltung von Geldpolitik.

      Nehmen Sie den “Grundriss der Währungspolitik” von Otto Veit, ein Buch, das Sie meines Wissens kennen. Dort befindet sich auf den Seiten 598/599 eine Bilanz der Bank deutscher Länder von Mitte 1957. In ihr findet man Passiva über 28,5 Milliarden DM, davon Zentralbankgeld über gut 25 Milliarden DM. Und wenn man sich fragt, wie das Zentralbankgeld entstanden ist, sieht man auf der Aktivseite unter anderem eine Position “Inlandswechsel” über knapp 2,8 Milliarden DM. Das heißt, der Ankauf inländischer (Handels-)Wechsel hat nur zu etwas mehr als 10 Prozent zur Geldschöpfung beigetragen. Dagegen betragen die Währungsreserven (Gold und Auslandsforderungen) 19,8 Milliarden DM. Und sogar die Forderungen gegen die öffentliche Hand waren mit fast 4 Milliarden DM größer als der Wechselbestand.

      Wenn man diese Zahlen sieht, wird man doch wohl nicht behaupten wollen, dass damals:
      1. Das Wechselgeschäft ein wichtige Rolle für die Geldpolitik gespielt habe.
      2. Das Zentralbankgeld überwiegend durch Kreditschöpfung entstanden sei.
      3. Die damalige Geldpolitik stark von der Banking-Schule geprägt gewesen sei.

      Was man anhand der erheblichen Bedeutung der Währungsreserven sieht, ist ein Notenbank, deren Geldpolitik offenbar stark durch Wechselkurspolitik geprägt wurde, also eine Politik, bei der die Kontrolle des Wechselkurses möglicherweise in einen Zielkonflikt mit dem Ziel der Stabilität des inländischen Preisniveaus geraten könnte. Und dann wundert man sich auch wenig, dass wenige Jahre später in der gleichermaßen inflationsscheuen wie exportorientierten Bundesrepublik erbittert über eine Aufwertung der DM im Bretton-Woods-System diskutiert wurde.

      Gruß
      gb.

    • michaelstoecker sagt:


      Selbstverständlich kann eine ZB auch längere Zeit mit negativem EK operieren, sofern das Land eine robuste Wirtschaftsstruktur hat. Ich hatte Ihren „quietschfidelen“ Beitrag seinerzeit gelesen und einen unsinnigen Leserkommentar meinerseits kommentiert. Aber: Tschechien ist als souveräner Währungsraum wohl kaum mit Euroland und seinen asymmetrischen Aufschuldungsprozessen zu vergleichen.

      Negatives EK ist die Folge von höheren und/oder persistenten Verlusten. Dies führt wiederum dazu, dass keine Gewinne und/oder Dividenden (je nach Verfassungsstatus der ZB) ausgezahlt werden. Der ZB kann das egal sein; den Aktionären und/oder der Gemeinschaft der Bürger wiederum nicht: https://www.snb.ch/de/ifor/public/qas/id/qas_eigenkapital#t6.

      „Die Zentralbank schreibt dem Staat doch den Gegenwert auf seinem Konto gut; dadurch entsteht Zentralbankgeld.“

      Richtig: den GEGENWERT (Bilanzverlängerung). Und wo steht der „Gegenwert“ beim Banknotenumlauf? Als Wertminderung auf der Passivseite. Es handelt sich nämlich um einen Passivtausch. Der Buchungssatz hierzu: Zentralbankguthaben der XY-Bank (minus) an Banknotenumlauf (plus), sofern die Banknotenpräferenz der Bevölkerung steigt. Andersherum andersherum.

      Münzgeld: Aktiv-Passiv-Mehrung (Bilanzverlängerung) -> Münzgeld ist Aktivgeld/Willkürgeld.
      Banknoten: Passivtausch (konstante Bilanzsumme) -> Banknoten sind Passivgeld.

      Dessen ungeachtet kann eine ZB selbstverständlich mehr Bestandsgeld in den Markt geben; aber nicht über die Münzgeldseigniorage, sondern über den definitiven Ankauf von Assets. Solche Assets können selbstverständlich auch vergangenes Nichts sein (Staatsverschuldung für konsumtive Zwecke = fiktives Kapital).

      Was man keinesfalls machen sollte (Sie sicherlich nicht, Herr Braunberger): die Geldkreisläufe von Banken und Nichtbanken in einen Topf werfen: https://soffisticated.wordpress.com/2013/07/03/die-geldkreislaufe-von-privaten-und-banken/

      LG Michael Stöcker

    • Gerald Braunberger sagt:

      Versicherer X verkauft der Zentralbank im Rahmen von deren Ankaufprogramm Anleihen und möchte den Gegenwert in Banknoten, weil er keine Lust hat, den negativen Einlagenzins der EZB indirekt zu zahlen (seine Bank berechnet ihm deswegen auch Negativzinsen).

      Ich behaupte mal, dass es bei der Zentralbank zu einer Bilanzverlängerung kommt.

      Gruß
      gb

    • michaelstoecker sagt:


      „Diese Diskussion ist wesentlich eher etwas über Buchführung als über Geldpolitik.“

      Das eine geht ohne das andere nicht. Ohne Buchführungs- und Bilanzierungskenntnisse sind sinnvolle Aussagen zum Thema Geld und Geldpolitik eher zufälliger Natur.

      LG Michael Stöcker

    • rum sagt:

      "Dagegen betragen die Währungsreserven (Gold und Auslandsforderungen)"
      Bei Exportüberschuss oder bei Auslandskrediten bekommt man Gold und Devisen, die letzten sind kurzfristige Forderungen in fremder Währung, dazu gehören auch Sorten (Noten in fremder Währung). Unmittelbar nach dem Krieg und dem Währungsschnitt brauchte man auch eine gewisse Menge Umlaufsmitteln. Die nationale Notenbank kann sich an die Banking-Schule halten, aber die Wirtschaft kann sich nicht auf das Inland einschränken, und andere Notenbanken machen, was sie wollen. Der Exportüberschuss brachte das Problem der importierten Inflation, das mit der späteren freien Konvertibilität verschärft wurde. Eine “Wechselkurspolitik” war damals, wenn man darüber überhaupt reden kann, im Rahmen von Bretton-Woods etwas ganz anderes als heute. Mit dem Exportüberschuss war die Notenbank verdammt, Devisenpolitik (nicht Wechselkurzpolitik) anstatt Diskontpolitik zu betreiben. Den Konflikt, den Sie erwähnen, gab es, ähnlich als in der Zeit zwischen den Kriegen, und das habe ich nie geleugnet. Auch in Veits Buch steht ausdrücklich, dass die Reichsbank nicht 100% nach der Banking-Schule handelte. Aber die Banking-Schule war wohl maßgebend, dass erkennt man zum Beispiel allein in der Sprache der Notenbank, in der Argumentationsweise. Zurück zum ursprünglichen Thema: ja, die Buchführung hilft, ist lehrreich und notig für die Arbeit und Kommunikation, sie sollte auch treu zu den Geschäften sein, aber wie man genau bucht, ist nicht das Wesen der Geldpolitik. Ihre Diskussion mit Herrn Stöcker kann ich daher nicht nachvollziehen.

    • Gerald Braunberger sagt:

      Die Gestalt der Zentralbankbilanz ist unter anderem wichtig für die Wahl geldpolitischer Instrumente. Insofern ist das grundsätzlich nicht ohne Belang. Die konkrete Diskussion mit Herrn Stöcker hat keinerlei praktische Bedeutung.
      Gruß
      gb

    • rum sagt:

      "Ohne Buchführungs- und Bilanzierungskenntnisse sind sinnvolle Aussagen zum Thema Geld und Geldpol
      Schmarrn! Ihre Aussagen sind eben so zufällig, weil Sie Geldpolitik auf die für sie unwesentliche Buchführung einschränken.

    • michaelstoecker sagt:


      „Ich behaupte mal, dass es bei der Zentralbank zu einer Bilanzverlängerung kommt.

      Kommt es. Da gibt es keinen Dissens. Nur: Versicherungen tätigen keine direkten Geschäfte mit der Zentralbank sondern agieren über die Geschäftsbanken. Versicherungen erwerben solche Assets mittels Ersparnisbildung der Bevölkerung. Dieses Geld war also schon im Markt (Fristentransformation). Sie veräußern solche Assets frühzeitig, da bei fallenden Zinsen Kursgewinne möglich sind, die auf Basis des kurzsichtigen Quartalsdenkens das Management im hellen Glanze leuchten lassen, bevor morgen die Lichter am ZLB ausgehen (Banken und Versicherungen als Verwalter der Illusionen).

      Willkürgeld im Rahmen der Münzgeldseigniorage hat eine andere Qualität als Schuldgeld auf Basis einer Anleiheemission, die von einer Versicherung nun wieder in Cash transformiert wird. Allerdings ist dies noch nicht in größerem Umfang passiert, da die EZB parallel zum Negativzins die hohen Nennwerte nicht mehr in den Markt gibt und somit die Lagerhaltungskosten stark ansteigen. Der 500er war hier nur der erste Schritt, sofern das Zinsniveau so niedrig bleibt und weiter sinken müsste. Wenn ja, dann wird es auch dem 200er und dem 100er an den Kragen gehen.

      Können Sie folgender differenzierteren Betrachtung zustimmen?

      Münzgeld ist als staatliches Willkürgeld aufgrund der Seigniorage eindeutig ein Aktivum, während der Banknotenumlauf sowie das Zentralbankbuchgeld auf Basis von Schuldverhältnissen sowie dem definitiven Ankauf von Assets (werthaltig oder auch nicht) hybrider Natur ist; also Aktivum und Passivum in Personalunion in Abhängigkeit der Krisensituation (mehr Krise, mehr Aktivum bzw. Aufblähung der ZB-Bilanz).

      Im Rahmen einer Bilanzrezession muss/müsste der Staat eigentlich einspringen. Tatsächlich findet aber in der Realwirtschaft nur ein Asset-Swap statt, da Herr Schäuble und sein Einflüsterer Schuknecht stoisch an der schwarzen Null festhalten. Statt Staatsanleihen gibt es nun Cash in den Bilanzen der Versicherungen. Aktivgeld steht hingegen dem Finanzminister unmittelbar für investive und oder konsumtive Zwecke zur Verfügung und hat somit realwirtschaftliche Wirkungen; so ähnlich wie beim Helikoptergeld.

      LG Michael Stöcker

    • Gerald Braunberger sagt:

      Lieber Herr Stöcker,

      da stimmt schon wieder etwas nicht. Münzgeld ist nicht deswegen ein Aktivum, weil es Seignorage gibt. Ich weiß nicht, wie es heute ist, aber früher gab es kleine Pfennigmünzen, bei denen die Prägekosten über dem Nennwert lagen. (Seignorage ist eine Ertragsgröße, aber der Staat erstellt gar keine Gewinn- und Verlustrechnung.) Wenn ich heute als Anleger einen Krügerrand im Marktwert von x erwerbe, ist es für diesen aktuellen Marktwert doch völlig irrelevant, ob der Produzent der Münze mit ihr einen Gewinn oder einen Verlust erlitten hatte.

      Beim Anleihenbeispiel kommt es darauf an, welche Anleihen angekauft werden; es ist aber egal, ob gegen Banknoten oder Münzen:

      Fall 1: Der Versicherer verkauft der staatlichen Zentralbank eine Staatsanleihe.

      Egal, ob die Staatsanleihe gegen Banknoten, Einlagen bei der Zentralbank oder Münzen (etwas unpraktisch zugegeben) getauscht wird: Es ist aus der Sicht des Privatsektors immer ein Asset Swap. Es wird ein staatliches Asset gegen ein anderes staatliches Asset getauscht. Das Realvermögen im Privatsektor bleibt unverändert.

      Fall 2: Der Versicherer verkauft der staatlichen Zentralbank eine private Unternehmensanleihe.

      Egal, ob die Unternehmensanleihe gegen Banknoten, Einlagen bei der Zentralbank oder Münzen (etwas unpraktisch zugegeben) getauscht wird: Es handelt sich immer um einen Reinvermögenszuwachs im Privatsektor, da die Unternehmensanleihe aus der Sicht des Privatsektors kein Nettovermögen ist (der privaten Forderung steht eine private Verbindlichkeit entgegen), das staatliche Asset aber schon.

      Gruß
      gb.

    • michaelstoecker sagt:


      Nee, nee, Frau Orti, ich schränke hier gar nichts ein. Ich rede von den elementaren Basics, die leider auch bei der Spitze der Bundesbank immer wieder für Verwirrung sorgen:

      „Weil die Zinsen so niedrig und bei der EZB sogar negativ sind, müssen sie irgendetwas mit ihrem Geld machen. Und deshalb vergeben sie so viele Immobilienkredite.“ https://www.spiegel.de/wirtschaft/immobilien-bundesbank-warnt-vor-preisblase-a-1084518.html.

      Wenn Ihnen dieser „Schmarrn“ nicht klar sein sollte, dann noch einmal hier nachlesen: https://www.bundesbank.de/Redaktion/DE/FAQ_Listen/faq_zum_thema_geldschoepfung.html?docId=322134#322134

      Aber Herr Braunberger hat selbstverständlich recht, wenn er schreibt: „Die konkrete Diskussion mit Herrn Stöcker hat keinerlei praktische Bedeutung.“

      LG Michael Stöcker

    • rum sagt:

      "grundsätzlich nicht ohne Belang"
      Genau. Ohne Belang ist es nicht, aber ist nicht das Wesentliche.

      Betriebswirtschaftlich kann man sich auf Buchführung und Bilanz einschränken, hier geht es aber um volkswirtschaftliche Erwägungen.

    • Gerald Braunberger sagt:

      Naja, wenn die Instrumentenwahl nicht wichtig ist: Warum regen sich manche Leute so sehr über die Anleihenkaufprogramme auf?

    • rum sagt:

      "Warum regen sich manche Leute so sehr über die Anleihenkaufprogramme"
      Ich habe nie gesagt, dass die Instrumentenwahl nicht wichtig sei.

      Grundsätzlich gibt es aber nur ein Instrument: Diskont.

      Warum regt man sich auf? Zum Beispiel weil sie eine Verzerrung in den Markt bringen, die Staaten künstlich liquider und längerfristig illiquider macht, weil sie die Kontrolle des Kreditvolumens durch die Notenbank einschränken, weil die Qualität des Kredites der Notenbank und nicht allein das Kreditvolumen eine Rolle spielt, weil sie Risiken bringen.

    • michaelstoecker sagt:


      Lieber Herr Braunberger,

      vielen Dank für die anregende Diskussion. Ich denke, die Argumente sind ausgetauscht und müssen nun nur noch verstanden und/oder richtig einsortiert werden. Wir liegen doch eigentlich sehr nahe bei einander. Ich werde alles noch einmal in Ruhe durchdenken und gegebenenfalls zu einem späteren Zeitpunkt wieder aufgreifen. Da das Münzgeld eine zu vernachlässigende Größe ist, ist die Diskussion zudem eher akademischer Natur.

      Noch kurz zu den 1 und 2 Cent Münzen: Deren Herstellungskosten sind in der Tat höher als der geprägte Wert (negative Seigniorage). Ein echter Sparfuchs wie unser Schäuble müsste sich also als schwäbischer Pfennigfuchser eigentlich für die Abschaffung der Kupfermünzen einsetzen. Da er den Pfennig auch nicht mehr ehren kann, sollte ihm dies eigentlich nicht so schwer fallen (es sei denn, er setzt auf die Reaktivierung des Pfennigs, wenn er den Euro zu Tode gespart hat). Andere Länder in sind hier schon einen Schritt weiter und auch in Deutschland laufen die ersten Tests: https://www.faz.net/aktuell/finanzen/abschaffung-der-ein-und-zwei-cent-muenzen-14029112.html.

      Und abschließend noch ein Hinweis auf Japan: Nach 25 Jahren des Herumexperimentierens machen sie nun endlich das Richtige: https://www.tagesanzeiger.ch/wirtschaft/konjunktur/Jeder-arme-Japaner-erhaelt-150-Franken-Bar-auf-die-Hand/story/19383388.

      LG Michael Stöcker

    • rum sagt:

      "Ich rede von den elementaren Basics"
      Herr Stöcker, ich verstehe Ihre Argumente kaum, ich weiß nicht mal, was Sie sagen wollen. Vielleicht sind Sie aber doch ein Genie. Übrigens, mein letzter Buchkauf in der Materie: Georg Friedrich Knapps “Staatliche Theorie des Geldes”. Da verstehe ich auch nur Bahnhof. Haben Sie, Herr Braunberger, auch das Buch?

    • Gerald Braunberger sagt:

      Ich wollte sogar einmal eine Artikelserie über die “Staatliche Theorie” schreiben, bin aber aus Zeitgründen nicht über den ersten Teil hinaus gekommen:

      https://blogs.faz.net/fazit/2012/01/18/was-ist-neu-an-der-mmt-eine-erinnerung-an-georg-friedrich-knapps-staatliche-theorie-des-geldes-188/

      Was immer die Verdienste des Buches sein mögen, es ist auch Ausdruck typisch deutscher “Begriffsnationalökonomie”, wie man das früher nannte. Es wird viel mit Definitionen gespielt und mit juristischen Konstruktionen. Ich habe auch Knapps Schüler Bendixen gelesen und fand den leichter zugänglich.

      Gruß
      gb

  6. hamiyildiz sagt:

    Kein Trinkgeld und kein Geschenk an Kinder oder Enkelkinder
    ohne Wissen des Finanzminister und der Bank? Tolle Idee.
    Die Bank weiss dann auch wo ich einkaufe , welche Lebensmittel ich einkaufe und in welchem Puff oder Toilette ich unterwegs bin.

    Dementsprechend wird dann die Werbung am Handy oder am PC optimiert, einfach super dieser Gedanke, da fühlt man sich doch total frei.

    Ich habe dann überhaupt kein Zugriff mehr auf mein Geld, wenn alles nur noch virtuell vorhanden ist.
    Man ist immer abhängig, von der Bank vom Staat, vom Strom.

    Angenommen beim Einkaufen fällt der Strom aus, wie neulich in Frankfurt für ca. eine Stunde am frühen Nachmittag, dann stehen alle im Supermarkt an der Kasse und keiner kann Einkaufen, oder man braucht dringend ein Medikament von der Apotheke das geht dann auch wieder nicht, dann hat man Pech wenn man nicht das nötige Geld dabei hat.

    Ausserdem werden manche schnell den Überblick über Ihr Guthaben verlieren, viele Alte Menschen auf jeden Fall.
    Mach nichts, die bekommen dann einen Betreuer , der dann das Konto auch “betreut”, wahnsinnig lustig wird das.

    Die, die mit Bargeld auch nicht umgehen können habe ich gar nicht mitberechnet.

    Was und wen stört das Bargeld?

    Die Banken wollen die volle Kontrolle, der Staat macht mit, dann reden die Menschen trotzdem noch von Freiheit und Demokratie, nicht zu fassen.

    Man kann verstehen warum die gegen den Bitcoin sind, da entgleitet nämlich die volle Kontrolle über die Menschen.

    1984 ist im vollen Gange die meisten merken das eh nicht, dafür gibt es die Europameisterschaft und gleich danach die Olympiade, danach wieder die Bundesliga und Champions League usw. in der Zwischenzeit werden dann ganz still Gesetze vom Bundestag verabschiedet.

    Was verdient denn die Bank beiden Einkäufen mit?
    Macht das die Waren nicht teuerer?
    Was mache ich wenn der Mitarbeiter der Bank einfach falsche Zahlen tippt, oder macht das alles der Computer selbstätig?

    So etwas kann ein gesunder Mensch nicht gutheissen.
    Die jenigen die das Bargeld abschaffen wollen, brauchen dringend eine Psychotherapie.
    Ich bin für Bargeld.

  7. MDietz sagt:

    So undenkbar ist das wohl nicht
    Wenn die dänische Notenbank sich mit der Frage des vollständigen Ersatzes von dänischen Banknoten und Münzen durch elektronisches Geld seriös beschäftigt, und die Frage auch politisch und in den Medien breit diskutiert wird, so doch wohl, weil der Gedanke so abwegig nicht ist.

    Es gibt jede Menge positive Argumente für diese Operation: Verfolgbarkeit finanzieller Transaktionen für den Staat, keine Sicherheitsprobleme mit dem Bargeld und auch sonst weniger Hantierungskosten, bessere Wiederbeschaffungsmöglichkeiten für Opfer von Straftaten u.ä. Der “Schlagschatz” für den Staat hat da eher ein schwaches Gewicht.

    Ein totaler Blackout aller Zahlungssysteme einige Sekunden oder gar Minuten lang ist kein komplett verrückter Gedanke, aber zum einen wird die Infrastruktur wohl optimiert werden, wenn Schadensersatzfragen entsprechend geregelt sind. Zum anderen, wenn die Verbreitung elektronischer Zahlungsmethoden so weitergeht wie bisher, werden die Bürger Bargeld wohl nicht mehr mit sich herumtragen wollen, nur um jedes Restrisko auszuschliessen.

    Ausländisches Bargeld wurde historisch im Alltag immer dann benutzt, wenn kein Vertrauen in das heimische Geld bestand, sonst nicht. Auch in einer Welt ohne Münzen ohne Scheine wird es wohl Kosten des Geldwechselns und Kursrisiken geben. Der moderne Staat hat ein enormes Gewicht in der Wirtschaft, und er wird darauf bestehen, dass “seine” elektronische Währung angewandt wird.

    Ob das elektronische Geld bei den Banken aufbewahrt wird oder nicht, ist eine Frage von Bequemlichkeit, Sicherheit, Verzinsung und nicht zuletzt Jura. Langfristig kann man dazu wohl kaum Aussagen machen, und in der näheren Zukunft spricht noch sehr viel für Banken.

    • www.hendrik.maekeler.eu sagt:

      Undenkbar vielleicht nicht, aber zu Ende gedacht?
      Nein, undenkbar ist eine Aufgabe von nationalem Bargeld nicht, wie ja Simbabwe zeigt. Dass nicht nur fehlendes Vertrauen sondern auch fehlende Verfügbarkeit von nationalem Bargeld, ja sogar als praktisch empfundener Stückelungen (vor allem Kleingeld) zum Import von Fremdwährungen und -nominalen führt, zeigen sehr deutlich der Nobelpreisträger Thomas J. Sargent und sein Mitautor François R. Velde in dem überaus lesenswerten Buch “The Big Problem of Small Change”. Wer ein Beispiel aus der Antike bevorzugt, mag alternativ einen Blick in Frank Bergers vorzügliche Dissertation “Untersuchungen zu römerzeitlichen Münzfunden in Nordwestdeutschland” werfen, der sich unter anderem mit dem Umgang der (bargeldlosen) Germanen jenseits des römischen Reichs mit römischem Bargeld beschreibt.
      Man muss nicht von einem vollständigen Blackout aller Zahlungssysteme ausgehen, um das Problem zu erkennen. Auch ein längerer Ausfall eines einzelnen Internetproviders hat massive Folgen für Online-Zahlungen. Weitere bei näherer Betrachtung doch sehr dubiose Argumente aus dem Bereich werden zumindest in Schweden inzwischen als solche deutlich benannt. Eine Zusammenstellung findet sich in diesem Blog unter https://blogs.faz.net/fazit/2015/05/18/bargeldaufstand-in-schweden-5838/

  8. michaelstoecker sagt:

    In der Tat: Eine irreführende Begriffswahl
    „Entscheidend ist jedoch, dass der importierende Staat in diesem Fall seine Einnahmen aus dem Schlagschatz verliert, also dem Unterschied zwischen den Produktionskosten des Bargelds und dessen Nennwert.“

    Den Schlagschatz (Seigniorage) gibt es nur beim Münzgeld, nicht jedoch bei den Banknoten. Von daher wird das wertmäßig unbedeutende Münzgeld auch auf der Aktivseite der Bundesbank weit unten verbucht (Pos. 11.1), der Banknotenumlauf hingegen auf der Passivseite ganz oben: https://www.bundesbank.de/Redaktion/DE/Pressemitteilungen/BBK/2016/2016_02_24_geschaeftsbericht_2015_bilanz.pdf?__blob=publicationFile

    Wer sich nun darüber wundert, dass Bargeld auf unterschiedlichen Seiten der Zentralbankbilanz verbucht wird, bei allen Nichtbanken hingegen ausschließlich auf der Aktivseite, der ist der Hybridität unseres Geldsystems auf der Spur. Eine gute Quelle hierzu ist Perry Mehrling: https://www.perrymehrling.com/2015/06/why-is-money-difficult/.

    LG Michael Stöcker

    • Gerald Braunberger sagt:

      Lieber Herr Stöcker,

      Bargeld befindet sich auf der Passivseite der Zentralbankbilanz, weil es von der Zentralbank produziert wird – technisch ist es eine Verbindlichkeit. (Die Handhabung stammt aus der Zeit, als Banknoten gegen in der Zentralbank befindliches Edelmetall auf Verlangen eingetauscht werden mussten. Damals war der Charakter der Banknote als Verbindlichkeit deutlicher als heute.)

      Münzgeld befindet sich auf der Aktivseite der Zentralbank, weil es nicht von ihr, sondern von der Regierung produziert wird. (https://www.bundesbank.de/Navigation/DE/Service/Glossar/_functions/glossar.html?lv2=32042&lv3=62066). Aus der Sicht der Zentralbank ist es ein Asset.

      Mit der Existenz eines Schlagschatzes/Seignorage, die Bestandteil der Gewinn- und Verlustrechnung wäre, hat die unterschiedliche Bilanzierung nichts zu tun.

      Würden die Regierungen das Recht, Münzen zu prägen, an die Zentralbank abgeben, erschienen auch die Münzen wie die Banknoten auf der Passivseite. Bei Zentralbanken, die sich zu 100 Prozent im Besitz des Staates befinden, ist es aus fiskalischer Sicht letztlich irrelevant, ob Regierung oder Zentralbank das Bargeld herstellt.

      Natürlich fällt auch bei der Banknotenproduktion ein Gewinn an, übrigens ein sehr viel größerer als bei der Münzproduktion. Der Begriff Schlagschatz/Münzgewinn, der ursprünglich nur für Münzen galt, wird von Ökonomen längst auch für den Gewinn aus der Banknotenproduktion verwendet, wenn auch nicht immer klar definiert. Die Bundesbank hat recht, wenn sie schreibt, dass der Begriff heute schwammig verwendet wird: https://www.bundesbank.de/Navigation/DE/Service/Glossar/_functions/glossar.html?lv2=32052&lv3=61886

      Gruß
      gb

    • michaelstoecker sagt:

      Bestandsbuchung versus Erfolgsbuchung
      Lieber Herr Braunberger,

      da Sie ja die Auffassung vertreten, dass die Verbuchung des Banknotenumlaufs in einem Kreditgeldsystem erfolgswirksam wäre, dann können Sie diese Aussage auf sehr einfache Weise selber falsifizieren. Versuchen Sie einfach den hierzu passenden Buchungssatz aufzustellen. Sollte Ihnen dies tatsächlich gelingen, dann würden Sie das nun seit über 500 Jahren gültige Prinzip der Doppik revolutionieren.

      Eine ähnliche Diskussion hierzu hatte ich vor einiger Zeit mal mit Ihrem Kollegen vom Handelsblatt: https://zinsfehler.wordpress.com/2015/01/20/qe-versus-ml/. Dort finden Sie auch einen Link zu einem ausgezeichneten Beitrag aus dem Jahre 2013 mit dem Titel: “Das vergangene Märchen der Seigniorage “, mit weiteren lesenswerten Kommentaren.

      LG Michael Stöcker

    • Gerald Braunberger sagt:

      Ich ahnte, dass diese Geschichte kommen würde.

      Halten wir zunächst einmal fest, dass Sie meinen Erläuterungen zur unterschiedlichen Bilanzierung von Banknoten und Münzen nicht widersprochen haben, die rein gar nichts mit Ihrer Erklärung zu tun hat. Darf man daraus den Schluss ziehen, dass Sie Ihre Erklärung nicht aufrecht erhalten?

      Nun zu der anderen Sache:

      Ich bin eine Zentralbank, Sie sind ein privater Vermögensbesitzer, der Bargeld präferiert. Ich kaufe Ihnen eine Anleihe im Wert von 1000 Euro mit einem Kupon von x (beliebig) Prozent ab, indem ich Ihnen frisch gedruckte Banknoten in die Hand drücke. Ich habe eine Bilanzverlängerung, Sie einen Aktivtausch; die Buchungssätze können wir beide aufschreiben.

      Wollen Sie ernsthaft behaupten, dass es für meine G+V irrelevant ist, ob ich die Banknote zu Kosten von 1 oder 1000 Euro herstelle, wenn ich dafür ein Asset im Wert von 1000 Euro erhalte – und dass ich jährliche Erträge in Höhe des Zinskupons der Anleihe habe, während die laufenden Kosten des Bargeldumlaufs minimal sind (ich muss als Zentralbank beschädigte Scheine ersetzen, aber das ist es auch)?

      Oder um es so allgemein auszudrücken, wie es in zahllosen Lehrbüchern steht: Wenn ich mit meinen Banknoten als Staat Ressourcen vom privaten Sektor erwerben kann, hängt die Rentabilität des staatlichen Vorgehens auch von den Kosten der Banknotenherstellung ab.

      Gruß
      gb.

    • michaelstoecker sagt:


      “Darf man daraus den Schluss ziehen, dass Sie Ihre Erklärung nicht aufrecht erhalten?”

      Nein, das darf man nicht!

      Sie haben behauptet, dass bereits durch die Banknotenproduktion ein Gewinn entstünde. Dem habe ich widersprochen. Nun lenken Sie ein und kassieren Ihre ursprüngliche Aussage und verlagern den potentiellen Gewinn (der auch schon mal zu einem Verlust mutieren kann) auf die Zinserträge.Da gibt es allerdings keinen Dissens, denn dies sind übliche Bankgeschäfte.

      Diese Erträge gibt es allerdings in viel effizienterer Weise ebenso beim Zentralbankbuchgeld; und zwar auf Knopfdruck ganz ohne Druck- und Transportkosten. Die Kosten der IT-Infrastruktur sind Fixkosten. Der Wunsch nach Bargeldzahlung und/oder Bargeldhaltung unterminiert also die Effizienz eines modernen Geldsystems: https://soffisticated.wordpress.com/2016/01/15/bargeld-oder-nicht-bargeld-das-ist-hier-die-frage/.

      Allerdings gibt es triftige Gründe für die Bargeldzahlung/Bargeldhaltung jenseits schnöder ökonomischer Effizienzüberlegungen: https://soffisticated.wordpress.com/2013/07/03/die-geldkreislaufe-von-privaten-und-banken/ sowie https://www.zeit.de/2014/38/geld-bargeld-abschaffen-faigle

      LG Michael Stöcker

    • Gerald Braunberger sagt:

      Lieber Herr Stöcker,

      so geht es wirklich nicht: Sie weichen aus, wie es nicht anders zu erwarten war, wenn man Ihr schräges Argumentationsmuster kennt.

      Sie nennen kein nachvollziehbares Argument, warum Münzen und Banknoten auf unterschiedlichen Seiten der Zentralbankbilanz erscheinen sollten; ich hatte ein solches genannt. Sie sind darauf nicht eingegangen; offenbar haben Sie kein Argument dagegen.

      Natürlich entsteht ein Gewinn aus einem Vergleich von Erträgen und Kosten. Woraus soll er denn sonst entstehen? Dass die Produktionskosten von Banknoten und Buchgeld in etwa vergleichbar sind, bestreitet kein Mensch. Solange es aber auch eine Präferenz für Bargeld gibt, zählen für die G+V auch die niedrigen Produktionskosten für Bargeld. Die Präferenz für Bargeld war in meinem Beispiel enthalten, auf das Sie natürlich nicht eingegangen sind.

      Gruß
      gb.

    • michaelstoecker sagt:


      Erst einmal herzlichen Dank, dass Sie die Diskussion aufgenommenen haben trotz meines “schrägen Argumentationsmusters”. Bei dieser doch sehr speziellen Thematik gibt es nicht mehr viele ernst zunehmende Diskutanten. Von daher möchte ich auf einzelne Aspekte Ihrer Argumentation näher eingehen, die zu einer sukzessiven Klärung beitragen können (sofern Sie denn möchten). Sie schreiben:

      “Bargeld befindet sich auf der Passivseite der Zentralbankbilanz, weil es von der Zentralbank produziert wird – technisch ist es eine Verbindlichkeit.”

      Der überwiegende Teil des Bargeldes wird auf der Passivseite verbucht; es sind die Banknoten. Das Münzgeld hingegen wird auf der Aktivseite verbucht. Beim Münzgeld handelt es sich um reines Bestandsgeld, das auf ewig als willkürlicher Vermögenswert die Bilanz einer ZB ziert. Damit die Willkür nicht aus dem Ruder läuft, ist der jährliche Zuwachs durch die EZB zu genehmigen: https://www.bundesbank.de/Redaktion/DE/Dossier/Service/schule_und_bildung_kapitel_2.html?notFirst=true&docId=149300

      Dass der Banknotenumlauf auf der Passivseite zu verbuchen ist verweist hier keinesfalls auf eine Verbindlichkeit der ZB sondern darauf, dass unser Geldsystem ein 2-stufiges Kreditgeldsystem ist mit einem Erfüllungsstandard, den die Geschäftsbanken nicht selber erzeugen können. Letztlich steht also hinter dem Banknotenumlauf überwiegend ein reales Schuldverhältnis (in Ihrem Beispiel das Schuldverhältnis des Staates, obwohl Banknoten ausschließlich über die Geschäftsbanken in Umlauf kommen) und in geringerem Umfang auch ein realer Vermögenswert (insbesondere Gold; Immobilien etc. nur in sehr geringem Umfang, da die Verwaltung von Sachvermögen gerade keine genuine Aufgabe einer ZB ist).

      Es ist insbesondere die Dimension Zeit, die das Münzgeld (kein Rückzahlungstermin) als Willkürgeld von den Banknoten als Schuldgeld unterscheidet. Banknoten gelangen ausschließlich nur auf Anforderung von Nichtbanken in Umlauf. Die Verbuchung auf der Passivseite ist eine buchungstechnische Notwendigkeit sowie ein sachlicher Hinweis darauf, dass wir es überwiegend mit einem privaten Schuldgeldsystem zu tun haben und nur in sehr geringem Umfang mit einem staatlichen Willkürgeld. Insofern handelt es sich beim Banknotenumlauf auch nicht um eine technische Verbindlichkeit der ZB, sondern vielmehr um einen Erinnerungsposten daran, dass eine ZB auch tatsächlich das Geschuldete aus dem Kreditvertrag oder Kaufvertrag geleistet hat. Denn wie Sie zu recht betonen, gibt es keine Einlösepflicht mehr in Gold, sondern es ist das Zentralbankgeld, welches einzig und allein in der Lage ist, gesetzliche Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen.

      Insbesondere die Differenzierung zwischen Münzgeld und Banknoten verweist auf den klassischen Streit zwischen Banking-School und Currency-School. Tatsächlich ist es eine Mischung aus beidem. Zentralbanken sind überwiegend Teil des privaten Banksystems, sofern alles glatt läuft. In Krisenzeiten (nicht nachhaltige Kreditvergabe an NINJAs, ungenügende fiskalische Redistribution oder gar Krieg) überwiegt der staatliche Teil.

      Es gibt also sehr wohl einen qualitativen Unterschied zwischen Münzgeld und Banknoten. Und die unterschiedliche Verbuchung hat nichts damit zu tun, ob nun die Prägung durch den Finanzminister oder aber durch die ZB erfolgt; es ist eine Frage der Hybridität und somit letztlich eine Frage der Machtbalance im politischen System. Ich halte zwar die Argumentation von Thomas Mayer für falsch (wirre Austrian-Denke), aber sein Buch zum Aktivgeld gibt hier richtige Hinweise.

      Und ja, leider wird der Begriff der Seigniorage sehr schwammig verwendet. Das hat man nun davon, wenn man inkommensurable Begriffe auf unterschiedliche Sachverhalte anwendet. Münzgeld als Aktivum erblickt im Rahmen eines staatlichen Willküraktes schuldfrei das Licht dieser Welt obwohl es sich physisch gar nicht in den Tresoren der ZB befindet (im Gegensatz zum Gold), sondern in den Geldbörsen der Bürger und Unternehmen, wohingegen den Banknoten als Passivum immer eine korrespondierende Forderung oder ein realer Vermögenswert gegenüber steht. Soweit meine – hoffentlich nicht ausweichende – Sicht der Dinge.

      LG Michael Stöcker

    • Gerald Braunberger sagt:

      Lieber Herr Stöcker,

      1. Der Charakter des Geldes hat nichts mit seiner konkreten Stofflichkeit zu tun. Nehmen wir an, die Zentralbank besäße das Recht der Münzausgabe und sie ersetzte physisch die Banknoten durch eigene (!) Münzen, weil die Menschen Banknoten aus hygienischen Gründen nicht mehr akzeptieren. Glauben Sie allen Ernstes, als Folge eine solchen Austauschs, der nichts als eine technische Angelegenheit ohne wirkliche ökonomische Bedeutung ist, würden diese Münzen nun auf der Aktivseite bilanziert, während die Banknoten auf der Passivseite waren? Zentralbankgeld, egal in welcher Form, steht auf der Passivseite der Bilanz.

      2. Sie schreiben, Banknoten müssten nachgefragt werden. Stimmt, aber jede Form von Geld muss nachgefragt werden, um seine Funktion zu erfüllen. Im Falle einer Hyperinflation werden Münzen ahlungsmittel nicht mehr nachgefragt, weil man mit ihnen nichts mehr bezahlen kann – unabhängig, ob man es als “Willkürgeld” bezeichnet, ob es eine im Prinzip unbegrenzte Laufzeit hat und sogar unabhängig von einem staatlichen Annahmezwang. (Münzen mit hohem Materialwert wie Gold würden gehortet, aber in der Praxis gibt es solche Münzen kaum.)

      3. Die Idee, die vom Staat ausgegebenen Münzen stünden auf der Aktivseite der Zentralbankbilanz, weil sie nicht auf einem Schuldverhältnis beruhen, finde ich kurios. Auf der Aktivseite der Bilanz finden sich nämlich auch vom Staat ausgegebene Anleihen, die auf einem Schuldverhältnis beruhen. Für die Positionierung eines Assets auf der Aktivseite ist es doch unerheblich, wie dieses Asset beschaffen ist. In beiden Fällen haben Sie eine Bilanzverlängerung: Die Zentralbank kauft die Münzen vom Staat und schreibt ihm Zentralbankgeld gut. Im anderen Falle kauft die Zentralbank Anleihen und schreibt dem Verkäufer Zentralbankgeld gut. Wo ist der Unterschied?

      4. Sie unterschätzen die Bedeutung des Zentralbankgelds (einschießlich Bargeld), das nicht auf dem Kreditwege entsteht – erstaunlich in einer Zeit, in der große Zentralbanken Wertpapierankaufprogramme betreiben. Es gibt auch kleinere Länder, in denen auf der Aktivseite Auslandsforderungen eine erhebliche Rolle spielen, während die Kredite an Banken wenig bedeutend sind. Ich habe mal einen Artikel über die Tschechische Notenbank geschrieben, die ist ein gutes Beispiel. Außerdem gibt es Zentralbanken, die immer mehr auch eine Rolle als Staatsfonds übernehmen und dann zum Beispiel Aktien kaufen – die Schweiz tut das, auch Japan. Das durch den Kauf solcher Assets geschaffene Geld mögen Sie “Schuldgeld” nennen, aber es beruht nicht auf einem (zeitlich terminierten) Kredit, sondern auf dem zeitlich unbefristeten Erwerb von Eigentumsrechten. Das ist aber ein Topos vieler Diskussionen in Blogs über die Geldschöpfung: Die Bedeutung von Vermögenserwerb für den Geldschöpfungsprozess wird gerne übersehen/unterschätzt.

      Gruß
      gb

Kommentare sind deaktiviert.