Was braucht der Mensch, um gute Laune zu haben? Und was ist wichtiger: Zeit oder Geld?
Das Glück ist leicht zu suchen, aber schwer zu finden. Heerscharen von Autoren verfassen Ratgeberbücher, Regisseure dramatisieren „Das Streben nach Glück“, „Die Suche nach dem Glück“ oder „Das Glücksprinzip“, viele Menschen suchen ihr Leben lang. Doch in den vergangenen Jahren hat es einige Fortschritte gegeben. Seit unter Ökonomen die Glücksforschung in Mode gekommen ist, finden sie nicht nur mehr und mehr darüber heraus, wovon das Glück abhängt – sondern auch darüber, wie der Einzelne es beeinflussen kann. Ein paar kürzlich veröffentlichte Studien geben neue Einblicke.
Glück allein macht auch nicht glücklich
Wer glücklich werden will, muss zuerst wissen: Glück ist nicht gleich Glück. Es gibt mindestens zwei Arten davon. Die erste Art ist das emotionale Glück, im Prinzip die gute Laune. Sie schlägt schnell aus; am Freitagabend ist die Laune oft besser als am Montagmorgen, aber sie pendelt sich auch immer wieder rasch auf ein gewisses, individuelles Grundniveau ein. „Gefühle und Stimmungen zeigen an, ob man seinen Zielen näher kommt“, schreiben die Forscher Steven Stillman und Malathi Velamuri in einer gerade erschienenen Studie. Aber ein positiver Effekt hält in diesem Fall nicht an. Wer in die Sonne zieht, freut sich vielleicht kurz. Er verbessert seine Laune dadurch aber nicht dauerhaft. Auch Gehaltserhöhungen oberhalb eines gewissen Niveaus verbessern die Laune nicht weiter. Einzige Ausnahme: An dauerhafte Schmerzen gewöhnt sich das emotionale Glück nie. Diese sorgen, wenig überraschend, für eine fortwährend schlechte Laune.
Die andere Art des Glücks ist grundsätzlicher Natur. Es geht darum, wie zufrieden der Mensch mit seinem Leben ist. Ob gerade Arbeits- oder Feiertag ist, spielt hierfür keine Rolle. Dafür schlägt Arbeitslosigkeit ins Kontor. Auch Gehaltserhöhungen verbessern dieses Glück immer weiter, ohne Obergrenze.
Wer die beiden Arten des Glücks schwer unterscheiden kann, stellt sich am besten die Eltern kleiner Kinder vor. Die haben typischerweise ziemlich schlechte Laune von den vielen durchwachten Nächten und dem Kindergeschrei, aber sie sind mit ihrem Leben insgesamt viel zufriedener als Kinderlose.
Glücklich wird, wer Geld hat und sich Zeit wünscht
So weit ist alles bekannt. Aber wie sieht es mit den Gütern aus? Welche sind fürs Glück zentral? Ein Forscherteam von Universitäten in Los Angeles und in Philadelphia hat sich die Abwägung zwischen Geld und Zeit genauer angesehen. In sieben Umfragen mit insgesamt fast 6000 Befragten aus den Vereinigten Staaten untersuchte es, wann Leute glücklicher sind: wenn sie eher Geld oder eher Zeit zur Verfügung hatten – und welches Gut sie dringender haben wollten.
Das Ergebnis ist eindeutig: Die Menschen waren umso glücklicher, je mehr Geld sie hatten – und je eher sie sich mehr Zeit wünschten. Das leuchtet ein, denn viele Gutverdiener haben wenig Zeit. Doch die Effekte wirken auch einzeln. Selbst unter den Gutverdienern waren diejenigen glücklicher, die sich mehr Zeit wünschten. „Es scheint besser zu sein, wenn man mehr Zeit haben möchte, aber es scheint auch besser zu sein, wenn man tatsächlich mehr Geld hat“, folgern die Forscher.
Eine der Umfragen des Teams gibt einen Hinweis darauf, dass das an der inneren Einstellung liegen könnte: Wer sich mehr Zeit wünscht, denkt oft grundsätzlich anders als Leute, die mehr Geld haben wollen. Fans der Zeit hatten der Umfrage zufolge kein Mangelgefühl, sondern empfanden zusätzliche Zeit als Gewinn. Und sie wollten diese lieber für andere verwenden, für Freunde oder für Kinder, als für sich selbst.
Habe ich mein Leben im Griff?
Wichtig ist aber auch noch eine andere Frage der inneren Einstellung: ob man glaubt, sein Leben selbst im Griff zu haben – oder ob man sich eher äußeren Einflüssen ausgesetzt sieht, von anderen Menschen oder von Glück und Pech. „Ich habe wenig Einfluss darauf, was mir passiert“, sagen Leute mit der zweiten Einstellung in Umfragen. Oder: „Manchmal habe ich das Gefühl, ich werde im Leben herumgeschubst.“
Das sind ganz andere Aussagen als: „Ich kann praktisch alles schaffen, worauf ich mich wirklich konzentriere.“ Oder auch: „Was mir in Zukunft passiert, hängt vor allem von mir ab.“ Letzteres nennen Psychologen „Kontrollüberzeugung“. Auch Ökonomen machen sich dieses Wissen mehr und mehr zunutze, um unterschiedliche Persönlichkeitstypen in ihrer Forschung zu berücksichtigen.
Wer davon überzeugt ist, dass er sein Schicksal weitgehend selbst beeinflusst, der ist typischerweise erfolgreicher und glücklicher. Das wissen Ökonomen schon eine Weile. Damit aber nicht genug. Zwei Forscher aus Boston und Chennai in Indien haben jetzt untersucht, was passiert, wenn das Leben beim Streben nach Glück im wörtlichen Sinne „dazwischenkommt“.
In einer großen australischen Bevölkerungsumfrage, die mehr als 7000 Haushalte umfasst, betrachteten sie die Auswirkungen von Schicksalsschlägen. Was geschieht, wenn jemand Opfer eines Verbrechens wird? Was, wenn jemand erkrankt oder sich verletzt? Tatsächlich war es auch in diesem Fall gut fürs Glück, wenn die Betroffenen an die Kontrolle über ihr Leben glaubten. Wer das tat, kam mit Unglück deutlich besser zurecht: Die negativen Auswirkungen waren schwächer und hielten kürzer an. Das galt nicht nur für die Gefühle und die gute Laune, sondern auch für die Gesamtbetrachtung des eigenen Lebens.
Aber: Es galt nur für die Männer. Die Frauen reagierten anders.
Wenn die befragten Frauen krank geworden waren oder sich verletzt hatten, half ihnen nicht einmal die Überzeugung weiter, das eigene Schicksal kontrollieren zu können. Diese änderte überhaupt nichts. Wenn die Frauen dagegen Opfer eines Verbrechens geworden waren, dann hatte die Kontrollüberzeugung einen Einfluss. Allerdings einen anderen als bei den Männern. Für Frauen war das Verbrechen umso schlimmer, wenn sie zuvor an die Kontrolle über ihr Leben geglaubt hatten, vor allem verschlechterte sich ihre Laune anschließend dramatisch.
Die Forscher folgern: „In einigen Umständen scheinen die Frauen mit unerwarteten Unglücken leichter umgehen zu können, wenn sie das Gefühl haben, dass die Ereignisse außerhalb ihrer Kontrolle waren.“
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