Manche Kritiker der EZB fürchten, die Zentralbank müsste nach eventuelle großen Verlusten vom Steuerzahler durch Kapitaleinschüsse gerettet werden. Das Thema hat durch eine Stellungnahme des Bundesverfassungsgerichts Aktualität erhalten. Die Geschichte zeigt, dass auch die Deutsche Bundesbank einmal überschuldet war – und sie musste nicht vom Steuerzahler gerettet werden.
Der frühere Bundesbankpräsident Helmut Schlesinger hat in der aktuellen Ausgabe des Mitarbeitermagazins der Deutschen Bundesbank unter anderem von den frühen siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts berichtet, als die Deutsche Bundesbank als Folge von Wechselkursänderungen so hohe Verluste auf ihre Währungsreserven erlitt, dass ihr Eigenkapital aufgezehrt war. Eine Geschäftsbank müsste in diesem Falle entweder durch Kapitaleinschüsse gerettet oder abgewickelt werden. In einer Zentralbank ist dies anders. Schlesinger sagt:
“Rein juristisch war die Bundesbank überschuldet, weil die Verlustvorträge das Eigenkapital deutlich übertrafen. Wir hatten zwar eine Unterbilanz, waren aber nicht zahlungsunfähig, weil wir ja letztlich selbst das Geld drucken konnten. Im Zentralbankrat hatten wir darüber diskutiert, ob denn die Regierung für die Verluste aufkommen sollte. Die Verluste entstanden ja nur, weil wir aufgrund der Verpflichtungen der Bundesregierung gegenüber dem IWF am Devisenmarkt tätig waren. Wir haben davon abgesehen. Aber im Endeffekt hat natürlich die Regierung die Kosten mitgetragen, weil wir einige Jahre lang keine Gewinne an den Bund abführten, bis der Verlustvortrag abgeschmolzen war.”
Eigentlich ist damit alles gesagt. Eine technisch überschuldete Zentralbank ist immer noch handlungsfähig, weil sie ihr Geld selbst drucken kann. Eine Rekapitalisierung durch den Steuerzahler ist nicht notwendig, aber der Steuerzahler ist indirekt betroffen, weil die Verluste die künftigen Ausschüttungen der Zentralbank an den Staat beeinträchtigen. Wer sich mit der Episode näher befassen will, findet im Geschäftsbericht der Bundesbank für das Jahr 1973 Ausführungen zur damaligen Wechselkurspolitik (Seite 46ff) und zum Jahresabschluss (Seit 81ff).
Diese Episode ist kein Einzelfall. Die Zentralbank Tschechiens hatte jahrelang ein negatives Eigenkapital und funktionierte doch einwandfrei, wie wir in einem früheren FAZIT-Beitrag beschrieben haben.