Fazit – das Wirtschaftsblog

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Für alle, die’s genau wissen wollen: In diesem Blog blicken wir tiefer in Börsen und andere Märkte - meist mit wissenschaftlicher Hilfe

Jetzt wollen die Staaten sparen. Aber bitte richtig!

Auf dem EU-Gipfel haben die Regierungschefs versprochen, künftig mehr zu sparen. Sie werden einiges an Gegenwind bekommen. Dazu taugt auch eine neue Studie von zwei jungen Ökonomen - aber nur scheinbar. Von Patrick Bernau.

Von Patrick Bernau

Die Regierungschefs in der EU haben gesprochen – und sie haben etwas versprochen: In Zukunft wollen sie besser auf ihre Staatsschulden achten – in Zukunft ist nur noch ein halbes Prozent vom Bruttoinlandsprodukt an strukturellem Defizit erlaubt. Vermutlich wird die eine oder andere Regierung sogar ernsthaft probieren, ihren Haushalt auszugleichen. Und dabei auf Gegner ihres Sparprogramms treffen. Deshalb ist die neue Untersuchung von zwei jungen Ökonomen so relevant, die der geschätzte Economist-Kollege Ryan Avent ausgegraben hat. Luca Agnello von der französischen Zentralbank und Ricardo M. Sousa von der London School of Economics haben untersucht, ob Reiche oder Arme mehr unter den Sparpaketen des Staates leiden. Ihr – so weit noch nicht überraschendes – Ergebnis: Die Ungleichheit steigt. Je härter das Sparpaket, desto größer sind hinterher die Unterschiede zwischen reich und arm, und desto größer ist hinterher der Einkommensanteil des reichsten Prozents.

Sparschwein. Foto: dpaIn der Praxis scheinen die Regierungen ihre Ausgaben besonders zu Lasten der Armen zu kürzen. Obwohl schon lange deutlich geworden ist, dass ein großer Teil der Staatsausgaben überhaupt nicht den Armen hilft, sondern nur das Geld innerhalb der Mittelschicht umverteilt. Eigentlich wäre in den Haushalten genug Sparpotenzial.

Trotzdem ist schon absehbar, wie die Debatte laufen wird. „Damit die Schere zwischen Reich und Arm nicht weiter aufgeht, darf die Regierung nicht sparen, sondern sie muss die Steuern erhöhen.” Dieser Satz wird in den nächsten Monaten noch oft fallen. Doch die Analyse von Agnello und Sousa dient nur bedingt als Argument dafür. Denn die beiden zeigen: Wenn der Staat sich durch Steuern saniert, steigt die Ungleichheit ebenfalls (nur nicht so stark). Die beiden Forscher führen das vor allem darauf zurück, dass Steuererhöhungen Arbeitsplätze kosten – und Arbeitslosigkeit wiederum schadet vor allem den ärmeren.

Wer jetzt trotzdem nach Steuererhöhungen ruft, um den Staatshaushalt zu sanieren – der lese die Studie von Alberto Alesina und Silvia Ardagna: Die beiden haben kürzlich abermals Hinweise darauf gefunden, dass Steuererhöhungen die Staatshaushalte nicht dauerhaft in Ordnung bringen. An dem Paper hat sich auch eine wichtige Diskussion über Alesinas und Ardagnas Aussagen zum Wirtschaftswachstum entzündet. Hier finde ich aber ihre Daten zum laufenden Defizit interessanter, das ja nur zum Teil vom Wirtschaftswachstum abhängt. In der Tat haben Alesina und Ardagna Indizien dafür, dass Steuererhöhungen oft nicht mal das laufende Defizit unter Kontrolle bringen. Die praktische Erfahrung kann das gut erklären: Politiker geben Geld, das sie erst mal haben, eben auch gerne wieder aus. Zuletzt hat das die deutsche Regierung im Konjunkturaufschwung gezeigt.

Das Fazit aus alldem ist nicht angenehm, aber deutlich: Wenn die Staatshaushalte dauerhaft in Ordnung kommen sollen, müssen die Ausgaben runter. Auch wenn das zwischendurch für die Ungleichheit schlecht ist.

 

Für die Detailinteressierten:

Wer das Paper von Luca Agnello und Ricardo Sousa im Detail durchliest, wird auf den ersten Blick noch ein erstaunliches Ergebnis finden: Die Regressionen zeigen auch, dass Sparpakete während Bankenkrisen keine Auswirkungen auf die Ungleichheit hätten. Das allerdings halte ich für einen Fehlschluss. Der Grund ist einfach: Typischerweise geht die Ungleichheit während Krisen zurück (Link zum Archiv). Agnello und Sousa finden, dass sich während einer Bankenkrise mit Sparpaket die Ungleichheit nicht ändert. Das bedeutet nur, dass das Sparpaket den Gleichheits-Effekt der Bankenkrise konterkariert.

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