Seit Tagen bewegt die Finanzmärkte die Frage, welche Aussagen der Fed-Vorsitzende Ben Bernanke in den kommenden Tagen wohl in Jackson Hole treffen wird. Warum Jackson Hole? Der im amerikanischen Bundesstaat Wyoming gelegene Ort beherbergt seit vielen Jahren das jährliche “Economic Symposium” der Federal Reserve Bank of Kansas. Längst ist es das wichtigste Treffen der führenden Geldpolitiker und der führenden monetären Ökonomen geworden.
Von Gerald Braunberger
Die Konferenz wurde im Jahre 1978 ins Leben gerufen, um einen Meinungsaustausch zwischen führenden Geldpolitikern und führenden Ökonomen zu schaffen. Dabei soll nicht die Tagesaktualität im Mittelpunkt stehen, sondern grundsätzlichere Themen behandelt werden. Auf der Homepage der Kansas Fed findet man einen Verweis auf alle bisherigen Konferenzen. Dieser Link führt zum Programm des Jahres 2011 und zu einer Liste der rund 120 Teilnehmer. Da auch eine kleine Zahl von Journalisten zugelassen wird, rückt gleichwohl die Tagesaktualität in den Vordergrund und hier besonders die Rede des jeweils amtierenden Vorsitzenden der Fed. Daher sind die Märkte so sehr auf Bernanke gespannt: Wird er etwas zu weiteren geldpolitischen Lockerungen (“QE3”) sagen? Auch EZB-Präsident Mario Draghi hätte dieses Jahr sprechen sollen, doch hat er kurzfristig aus terminlichen Gründen abgesagt. Dagegen wird Bundesbankpräsident Jens Weidmann in Jackson Hole anwesend sein. Der IWF wird durch seine Nummer 2, David Lipton, vertreten sein. IWF-Chefin Christine Lagarde bleibt dem Treffen fern.
Den eigentlichen Schwerpunkt der Tagung bilden allerdings die Präsentation und die eingehende Diskussion der üblicherweise sechs von Wissenschaftlern erstellen Arbeitspapiere, die, dem Charakter der Konferenz entsprechend, nicht reine Theorie, sondern angewandte Ökonomik transportieren. Thema, Papiere und Teilnehmer der Konferenz werden vom Veranstalter stets offizell geheim gehalten, doch sickert üblicherweise vorab das eine oder andere durch. Es gibt nach meiner Kenntnis nur zwei andere Veranstaltungen, auf denen führende Geldpolitiker und führende monetäre Ökonomen in dieser Häufung zu sehen sind. Dabei handelt es sich um das Weltwirtschaftsforum in Davos sowie die Herbsttagung von Internationalem Währungsfonds und Weltbank. (Ich war mehrfach in Davos und auf Herbsttagungen, aber noch nicht in Jackson Hole.)
Die Papiere sowie die Diskussionen werden üblicherweise in den Wochen nach der Konferenz auf der Homepage des Symposiums erscheinen.
Jackson Hole hat allerdings gerade in der Greenspan-Ära auch die Probleme solcher Konferenzen gezeigt. Kritik an der Politik der Fed galt als unschicklich. Als Raghuram Rajan (Chicago) ausgerechnet auf einer Konferenz zu Ehren Greenspans deutliche Kritik äußerte, wurde er anschließend von dem Fed-Vorsitzenden geschnitten und als “Anti-Markt-Mann” geschmäht. Gerade amerikanische Ökonomen, die sonst so ziemlich jeden und alles kritisieren, verhielten sich gegenüber der Greenspan-Fed mehrheitlich wie zahme Kätzchen. Seit dem Ausbruch der aktuellen Krise und der Erkenntnis, dass Greenspan vielleicht doch kein Säulenheiliger war, hat sich das gottlob geändert. Generell bleibt aber festzuhalten, dass viele geldpolitische Konferenzen entweder von Zentralbanken organisiert oder (mit-)finanziert werden.