Fazit – das Wirtschaftsblog

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Für alle, die’s genau wissen wollen: In diesem Blog blicken wir tiefer in Börsen und andere Märkte - meist mit wissenschaftlicher Hilfe

Zu viel Glück ist auch nicht gut

Wer zu glücklich ist, findet weniger Arbeit. Und verdient weniger Geld. Plötzlich müssen wir überlegen: Wie glücklich wollen wir sein?

 

Das Zwei Tennisbälle mit aufgemalten Smileys. Foto: dpa Streben nach Glück ist in den vergangenen Jahren heftig in Mode gekommen. Ganze Expertenräte sind eingesetzt worden, um den Weg vom reinen Reichtum weg und hin zum Glück zu suchen. Die deutsche Kommission hat sich an einer Weggabelung heftig zerstritten, aber schon mal einige neue Maße für den Fortschritt auf dem Weg gesucht. Bisher hat aber kaum jemand darüber nachgedacht, wie die Welt am Ziel aussieht.

Wie glücklich sollten wir überhaupt werden? Einige jüngere Studien deuten darauf hin, dass diese Frage gar nicht so leicht zu beantworten ist. So glücklich wie nur eben möglich zu werden, ist gar nicht unbedingt das beste Ziel – zumindest ist die Frage eine Diskussion wert. Denn was schon die Buddhisten wussten und den heutigen Psychologen nicht verborgen geblieben ist, das kommt jetzt auch bei den Glücksforschern an: Dass zu viel Glück den Menschen lähmen kann.

Psychologen wie Shighehiro Oshi, Ed Diener und Richard Lucas hatten schon vor einiger Zeit aufgeschrieben: Die glücklichsten Leute arbeiten nicht viel und erzielen kein hohes Einkommen. Sondern sie haben mehr Kontakte zu engen Freunden und Familienmitgliedern, außerdem engagieren sie sich eher ehrenamtlich. Und schon kommt man zur Frage: Sind diese Leute so glücklich, weil sie so wenig arbeiten? Oder arbeiten sie so wenig, weil sie so glücklich sind?

Am Institut zur Zukunft der Arbeit hat die Doktorandin Annabelle Krause jetzt untersucht, ob glückliche Menschen kürzer arbeitslos sind. Bekannt ist ja: Wer Arbeit hat, ist mit seinem Leben meist deutlich zufriedener als ein Arbeitsloser. Krause hat die Frage umgedreht: Finden glückliche Menschen leichter wieder Arbeit? Und das gilt nicht immer.

Krause hat 18.000 Menschen untersucht, die zwischen Juni 2007 und Mai 2008 arbeitslos geworden sind. Die Leute wurden gefragt, wie zufrieden sie mit ihrem Leben sind, und zwar auf einer Skala von 0 bis 10. Dann hat Krause abgeschätzt, was für eine Lebenszufriedenheit die Leute durchschnittlich haben könnten – abhängig von ihrer Bildung, ihrem Familienstand und anderen Lebensumständen. Natürlich ist jeder einzelne mit seinem Leben mehr oder weniger zufrieden. Dieser Unterschied zum Durchschnitt gibt an, wie zufrieden die Leute aus sich heraus sind (oder zumindest, wie viel Zufriedenheit die Forscher nicht erklären können. Darum nennen sie das “Rest-Zufriedenheit”). Diese innere Zufriedenheit hat offenbar einen deutlichen Einfluss darauf, ob die Menschen schnell wieder Arbeit finden.

Wahr ist: Zufriedenere Menschen bewerben sich zwar seltener, aber sie bekommen leichter wieder einen Job und verdienen mehr. Der Unterschied zwischen glücklichen und unglücklichen Leuten kommt offenbar weniger daher, dass sich glückliche Leute im Vorstellungsgespräch besser verkauften. Aber zufriedenere Menschen machten sich öfter selbständig. Das war der wichtigere Effekt. Wie erfolgreich diese neuen Unternehmen langfristig waren, ließ sich nach einem Jahr allerdings noch nicht beantworten.

Wahr ist aber auch: Zu glücklich zu sein, bringt auch keinen Job. Dann nämlich nahmen die Beschäftigungschancen wieder ab. Der beste Punkt auf der Zufriedenheitsskala von 0 bis 10 war im Durchschnitt 1,4 Punkte über anderen Menschen in ähnlichen Lebensumständen. Danach sank die Wahrscheinlichkeit einer Beschäftigung sogar rapide. So weit, dass die glücklichsten Leute sogar seltener Arbeit hatten als die unglücklichsten.

Was das langfristig für Folgen hat, ist bisher unklar. Klar ist: Unfreiwillige Arbeitslosigkeit macht Menschen unglücklich. Bleibt das Glück dauerhaft erhalten, wenn Menschen freiwillig arbeitslos sind? Das ist nach dieser Studie die nächste wichtige Frage. Autorin Annabelle Krause schätzt in einem ersten Resümee: “Wer zu glücklich ist, könnte die Motivation und Ausdauer verlieren, um das Leben bewusst und gesund zu leben.” Und sie folgert: “Das Glück zu maximieren, ist nicht unbedingt das richtige Ziel für künftige Politiker. Es scheint besser zu sein, das Glück zu optimieren.”

Wir müssen also noch mal neu darüber nachdenken, wie glücklich wir überhaupt sein wollen.

 

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Geld macht doch glücklich

Was Menschen glücklich macht (Die Politik ist’s nicht)

 

Foto: dpa

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