“Central banks are often accused of being obsessed with inflation. This is untrue. If they are obsessed with anything, it is with fiscal policy.”
Mervyn King, scheidender Gouverneur der Bank of England
Bundesbankpräsident Jens Weidmann hat sich in einem Vortrag auf einer deutsch-französischen Ökonomenkonferenz in Paris mit der Notwendigkeit einer Konsolidierung der Finanzpolitik befasst. Weidmanns Position, für eine langfristige und glaubwürdige Reduzierung der Staatsverschuldung einzutreten, ist ebensowenig neu wie seine Zweifel an Forderungen

mancher Politiker und Ökonomen, in Anbetracht der schwachen Wirtschaft im Euroraum mit der finanzpolitischen Konsolidierung zumindest vorübergehend deutlich nachzulassen.
Interessant ist hingegen die prominente Rolle, die in seinen Ausführungen die Fiskaltheorie des Preisniveaus (FTP) einnimmt, in der die Finanzpolitik die Geldpolitik dominiert (“Fiskalische Dominanz”). Wir haben in FAZIT die Fiskaltheorie des Preisniveaus mehrfach ausführlich behandelt, auch wenn sie bisher in Fachkreisen bei vielen Vertretern als zumindest ein wenig obskur gilt. Wenn sich ein prominenter Entscheidungsträger wie Weidmann in der Öffentlichkeit der FTP annimmt, ist aber damit zu rechnen, dass sie künftig häufiger diskutiert wird. Wir zeichnen daher ihre Grundgedanken noch einmal nach und verweisen ansonsten auf unsere früheren Beiträge: *)
Die FTP postuliert, dass eine hohe Staatsverschuldung Inflation hervorrufen kann, auch ohne dass die Zentralbank Staatsanleihen gegen Geldschöpfung ankauft.
Normalerweise werden Staatsschulden vollständig zurückgezahlt. In diesem Falle entspricht der Wert der Staatsschulden dem abdiskontierten Wert der künftigen Steuerzahlungen, mit denen die Staatsschulden getilgt werden. Nehmen wir nun einmal an, die Staatsschulden werden aus der Sicht der Menschen so hoch, dass ihnen eine künftige vollständige Tilgung aus Steuerzahlungen unwahrscheinlich vorkommt – sei es, dass eine Wirtschaftskrise die erwarteten Steuerzahlungen schmälert; sei es, die Menschen glauben, die Politik werde die notwendigen Steuererhöhungen nicht bewerkstelligen.
Soll ein Staatsbankrott ausgeschlossen bleiben, gibt es nur eine Möglichkeit, die Lücke zu schließen: Die Inflationsrate muss steigen. Weidmann drückt es so aus: “Technically, fiscal dominance refers to a regime where monetary policy ensures the solvency of the government. The traditional roles are reversed: monetary policy stabilises real government debt while inflation is determined by the needs of fiscal policy.” Oder in den Worten des amerikanischen Ökonomen Michael Woodford: “Fiscal dominance manifests itself through pressure on the central bank to use monetary policy to maintain the market value of government debt.”
Der Mechanismus, der zur Inflation führt, ist ein Vermögenseffekt: Da der Wert der Staatsschulden im Falle erwarteter unzureichender Steuereinnahmen größer ist als der Wert der abdiskontierten künftigen Steuereinnahmen, sorgt dieser positive Vermögenseffekt für eine steigende Nachfrage der Wirtschaftsteilnehmer, der die Inflation steigen lässt. Kommen nun Erwartungen weiter steigender Inflationsraten hinzu, bewirken diese über eine noch höhere Nachfrage weiter steigende Inflationsraten, weil die Zentralbank in ihrem Bemühen, den Realwert der Staatsschulden zu kontrollieren, nicht auch noch die Inflation kontrollieren kann. Weidmann zitiert die Schlussfolgerung der FTP: “A regime of fiscal dominance is characterised by higher inflation and probably also more volatile inflation. Monetary policy is no longer able to control the inflation rate, and therefore welfare losses will occur.”
Nun könnte man dieser Argumentation entgegen halten: “Das ist ja vielleicht alles gut und schön, aber was hat das mit unserer heutigen Welt zu tun? Die Inflationserwartungen im Euroraum sind außergewöhnlich niedrig **); eine solche Krise steht somit offenbar gar nicht auf der Tagesordnung.” Hier halten die Anhänger der FTP entgegen, dass sich der inflationsfördernde Nachfrageeffekt wegen der Vorausschau der Menschen schon viel früher als die tatsächlich drohende Überschuldung einstellen kann. Dann wird ein plötzliches Auftauchen von Inflation möglich – eine Art Überraschungsinflation. Bianchi/Melosi beschreiben in ihrem Papier, wie das Vertrauen in die Finanzpolitik und die Geldpolitik über viele Jahre still und und unbemerkt erodieren kann, bis sich der Vertrauensverlust dann innerhalb kurzer Zeit in hoher Inflation manifestiert.
Um solche unliebsamen Überraschungen zu vermeiden, bedarf es nach Ansicht Weidmanns und der Anhänger der FTP eben einer überzeugenden Konsolidierung der Staatsfinanzen und einem dadurch begünstigten Vertrauen in den Willen der Geldpolitik, sich zuvörderst der Geldwertstabilität zu widmen.
Soweit die Darstellung der FTP. Man kann hier aus meiner Sicht bei aller Wertschätzung des Ansatzes mindestens drei Einschränkungen/Bedenken formulieren:
1. Die Theorie bedarf vermutlich noch einiger Ausarbeitung und empirischer Überprüfung. Bis heute hat sie sich nicht wirklich in der Branche durchgesetzt (und dafür gibt es Gründe) – aber das mag noch kommen. Insofern sollte man jedenfalls auf sie schauen.
2. Das Konzept der Überraschungsinflation bedarf eines sorgfältigen Umgangs. Man kann damit ansonsten schnell sich selbst und andere besoffen reden. Ein Beispiel ist der amerikanische Ökonom John Cochrane, der auf der Basis der FTP im Jahre 2009 in Washingtoner Anhörungen einen “Run” auf amerikanische Staatspapiere und eine hohe Inflationsrate prognostiziert hatte. Man mag von der amerikanischen Geld- und Finanzpolitik der vergangenen Jahre halten, was man will, aber es hat seitdem weder einen Run auf die Staatspapiere noch hohe Inflationsraten gegeben. Nicht nur Paul Krugman hat sich über Cochrane lustig gemacht.
3. Anhänger der These, eine weitaus expansivere Geldpolitik könne in der aktuellen Krise die Konjunktur beleben, mögen versuchen, Weidmanns Argumentation gegen den Bundesbankpräsidenten zu kehren, indem sie sinngemäß sagen: “Wenn eine Zentralbank Angst vor der staatlichen Überschuldung hat, sollte sie durch eine expansivere Geldpolitik die Konjunktur anregen und damit die Gefahr fiskalischer Dominanz verringern.” Diese Denkweise lebt zwar von der Annahme, dass die Geldpolitik noch viel expansiver werden müsste, und ist durchaus umstritten ***), aber es gibt in der Ökonomenwelt zweifellos Anhänger dieser Denkweise. So würde nach unserer Kenntnis z.B. Nouriel Roubini so argumentieren.
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*) Bisherige Beiträge zur Fiskalteorie des Preisniveaus in FAZIT:
– eine ausführliche Darstellung der FTP. Darin wird auch das Papier von Bianchi/Melosi zu den “schlafenden Schocks” behandelt, das jetzt auch auf der Pariser Konferenz vorgetragen wurde und das auch in Weidmanns Manuskript auftaucht
– “Geldpolitik im Teufelskreis”; die F.A.Z.-Seite von Markus Brunnermeier und mir, in der die FTP als Inflationsszenario auftaucht
– Erwähnt habe ich die FTP auch in meinem Überblick über die Brauchbarkeit der üblichen Inflationserklärungen
**) Die Inflationserwartungen sind im Euroraum derzeit wirklich niedrig. Der Chef-Volkswirt der Commerzbank, Jörg Krämer, schreibt in seinem aktuellen Wochenbericht: “Die Investoren haben den Abwärtstrend der Inflation aufgegriffen und die Erwartungen für den Anstieg der Verbraucherpreise (ohne Tabak) in den kommenden zwölf Monaten gemessen an Inflationsswaps auf nur 1,0% gesenkt. Das erscheint uns übertrieben mit Blick auf unsere Prognose, dass die Inflation in den kommenden Quartalen um 1½% schwanken wird. Auf der anderen Seite begrenzt unsere Prognose die von unseren Strategen erwartete Aufwärtskorrektur der Inflationserwartungen.”
***) Ein Keynesianer im Geiste von Keynes würde mit Verweis auf eine Liquiditätsfalle eine eingeschränkte Wirksamkeit der Geldpolitik diagnostizieren und wie Paul Krugman für expansive Finanzpolitik plädieren. Ein Anhänger der Schule von den “finanziellen Friktionen” würde darauf achten, Banken und Finanzmärkte von Hemmnissen zu befreien und leistungsfähiger zu machen. Ein “Austrian” würde sich vermutlich gleichermaßen gegen expansive Geld- und Finanzpolitik aussprechen.
Faktisch haben wir doch eine realtiv hohe Inflation
Nominal ist die Inflation derzeit zwar niedrig aber faktisch haben wir doch eine realtiv hohe Inflation. Da die Zinsen niedriger sind als die Inflation.
Zitat aus dem FAZ-online Artikel “Angriff auf das Vermögen” vom 25.5.13:”Mehr als 100 Milliarden Euro verlieren die Sparer auf der ganzen Welt jedes Jahr, weil die Zinsen niedriger sind als die Inflation. Das ist der Preis für die Rettung der Schuldenstaaten.”
Viele Grüsse in diesem Zusammenhang an Herrn Krugmann.
Keine Inflation?
Wenn Sie Inflation am derzeitigen CPI bemessen, haben wir sie wohl nicht. Aber – was ist denn im Warenkorb drin? Wie relevant ist er überhaupt bei der Bemessung von Inflation? Ist dieser Korb nicht das letzte Glied einer Inflationierungskette: von den (spekulativen?) Sachwerten über die Investitionsgüter zu den Konsumgütern und letztendlich den Dienstleistungen? Muß das alles in Deutschland sichtbar sein? Oder kann diese Kette nicht auch in der Peripherie des Euroraums beginnen? Haben wir nicht auch Inflation, wenn the collateral, die Sicherheiten sich in Luft auflösen, der Kredit aber weiter bestehen bleibt oder die Bank durch direkte oder indirekte EZB-Mittelzufuhr vor dem Bankrott gerettet wird?
Haben wir Inflation oder Preisstabilität, wenn in Frankfurt die Immobilienpreise steigen, im Westerwald hingegen ins Bodenlose fallen, weil dort die Bevölkerung schrumpft? Ein Fuß auf der heißen Herdplatte und der andere auf einem Eisblock ergeben einen gesunden Temperaturmix im Gehirn der Versuchsperson! Oder etwa nicht??
Warum werden physische Goldmünzen knapp? Warum kauft China Gold?Warum steigen die Bodenpreise? Da dürfen Sie dann nicht den “Mann auf der Straße” fragen, denn der ist das Analogon zu dem Schuhputzer, welcher seinem Kunden den letzten, den berühmten Aktientipp gab.
Die Überschätzung der Geldpolitik! Was nutzen Draghi oder Weidmann, wenn van Gucht einen Handelskrieg mit China anzettelt, um das Lieblingskind der Grünen, die Voltaik zu retten? Ist das überhaupt noch (eine dem Wahlvolk dienende) Geldpolitik und, wenn ja, welche, wenn die EZB Anleihen gegen wertlose Sicherheiten aufkauft? Konjunkturpolitik? Eurokratierettungspolitik? Wem dient das?
Die Überschrift (“Impotente Geldpolitik”) stimmt, sehr geehrter Herr Brauneberger – imho. Dann aber wird es nebulös, ebenfalls imho. “Der Mechanismus, der zur Inflation führt, ist ein Vermögenseffekt: Da der Wert der Staatsschulden im Falle erwarteter unzureichender Steuereinnahmen größer ist als der Wert der abdiskontierten künftigen Steuereinnahmen, sorgt dieser positive Vermögenseffekt für eine steigende Nachfrage der Wirtschaftsteilnehmer, der die Inflation steigen lässt.”
“sorgt dieser”? Wieso? Wo ist die causa? Falsch, der Vermögenseffekt fällt: Wenn “der Wert der Staatsschulden im Falle erwarteter unzureichender Steuereinnahmen größer ist als der Wert der abdiskontierten künftigen Steuereinnahmen” erwarte ich einen Bankrott. Ich, wie auch andere Spekulanten. Man kann dann noch ein wenig spielen, kicking the can …, aber die Richtung ist klar. Da wir alle spekulieren, ob Riester, Rente, Pension, die Zahlungsfähigkeit oder -willigkeit der verkleinerten Nachfolgegeneration, werde ich nicht der einzige sein, der so denkt. Im Übrigen: Haben wir nicht diese Situation in zB Griechenland? Wie hoch sind dort die Staatsschulden, wie hoch die zu erwartenden Steuereinnahmen? (Sagen Sie jetzt bitte nicht: Es kommt drauf an).
Die Diskussion findet derzeit im luftleeren und zeithorizontlosen Raum statt. Gute Nacht und viele Grüße, CD
Forschungsarbeit der Bundesbank
Die Bundesbank hat kürzlich ein Forschungspapier veröffentlicht, das über einen langen Zeitraum für die Vereinigten Staaten einen Zusammenhang zwischen Staatsverschuldung und Inflation sucht. Es zeigt sich, dass dieser Zusammenhang über den Zeitablauf nicht stabil gewesen ist:
https://www.bundesbank.de/Redaktion/EN/Downloads/Publications/Discussion_Paper_1/2013/2013_04_22_dkp_12.pdf?__blob=publicationFile
Und wo ist das Giralgeld in der FTP???
Die Staatsschulden sind gigantisch, aber die Giralgeldschöpfung durch die Banken im Euroland ist grösser. Von daher kann ich mir einen Inflationsschock wegen des Ausfalls der Staatsschulden nicht vorstellen. Es wäre schön, wenn sie in dieser Richtung mal recherchieren würden.
Dennoch: Danke für diesen Artikel. Wegen solch fundierter Berichterstattung habe ich die FAZ abonniert.
Persönlich erwarte ich Deflation:
1. Sinken der Preisen von Gütern und Dienstleistungen durch die Globalisierung
2. Sinken der Preise von Staatsanleihen wegen der Ausfallrisiken
3. Wertverluste aller Art durch massenhafte faule Bank-Kredite (verfallene Immobilien)
Steigende Preise für Aktien und Immobilien durch die Liquiditätsschwemme verursachen nur weitere zukünftige Wertverluste über nicht mehr bediente Bankkredite. Irgendwann müssen dann Vermögenswerte verschleudert werden, um die Verluste zu decken. Der nächste Werte-Crash kommt also ziemlich sicher.
Das Geld in der Matraze wird m.E. aber angesichts dieses Preisverfalls an Kaufkraft gewinnen. Ganz ohne Zinsen :D!
Re Paul Krugman
Aus der “Global Edition of the New York Times” 25/26 May
“Japan’s Model Economy” (Paul Krugman)
Krugman hat das letzte Wort und schreibt:
“As I said at the beginning, at this point the Western world has seemingly succumbed to a severe case of economic defeatism: we’re not even trying to solve our problems…”.
Wer hat einige Vorschläge für Mr Krugman?
P.S. Der Ministerpräsident Chinas hat soeben die Schweiz besucht (2 Tage lang) und geht nun
weiter nach Deutschland.
Die Staatsfinanzierung sowohl der Euro-Staaten, als auch der USA und Japans und anderer, ...
… findet regelmäßig zum erheblichen Teil über Staatsverschuldung und damit letztlich über die Notenpresse statt. Besonders bedenklich ist dabei, dass diese Art der Finanzierung regelmäßig nicht für Investitionen genutzt wird und somit keine neuen Werte geschaffen werden, aber man kann beobachten, dass diese Gelder in Formen des Konsums gehen und damit Werte verbraucht werden. Auch die oft als unantastbar eingeordneten Sozialausgaben gehören dazu. Dass mit künstlich niedrig gehaltenen Kreditzinsen ein wichtiges Instrument der Geldmärkte außer kraft gesetzt wird, weil die Zinsen eine natürliche Kreditbremse sein sollten, muss in diesem Zusammenhang bedenklich stimmen. Diese Explosion der Geldmengen wird weder für den Konsum noch für Investitionen gebraucht, sondern befeuert nur Bankspekulationen und Börsengeschäfte, weil dort die höchsten Profite winken und eben nicht in anderen Anlageformen. Wenn aber Geld überwiegend mit Geldgeschäften verdient wird, dann muss an der Sinnhaftigkeit dieses Teilmarktes gezweifelt werden. Und der Hinweis des Herrn Weidmann auf eine mögliche plötzliche Inflation erscheint dann besonders logisch, wenn man mal unterstellt, dass das Vertrauen in Bankspekulationen und Börsengeschäfte jederzeit verloren gehen kann und den dann plötzlich in die Märkte strömenden Geldmengen stehen vermutlich nicht die notwendigen Warenmengen gegenüber. Das dürfte dann die befürchtete Inflation größeren Ausmaßes auslösen, weil derartige Geldmengen nicht gefahrlos und kurzfristig aus den Märkten genommen werden können. Schon im Kreis der Eurostaaten war die Geldmenge über mehrere Jahre drastisch gewachsen ohne dass die EZB etwas dagegen tun konnte. Da es im Euroraum keine durchgängigen politischen Strukturen gibt kann man vielfältige Formen der Finanz- und Wirtschaftspolitik beobachten (immerhin mit einer Währung) aber ohne jede Verantwortlichkeit. Und auch die Troika übt sich in vielfältigen Interpretationen an und für sich klarer Sachverhalte, weil sie aus politischen Gründen viele Dinge nicht sehen will. Die Rückzahlungsfähigkeit der Staatsverschuldungen ist in den allermeisten Fällen schon nicht mehr gegeben, jedenfalls nicht zu normalen Bedingungen in überschaubaren Zeiträumen. Damit steigt das Risiko eines wirtschaftlichen Kollapses mit wachsender Geschwindigkeit und der ließe sich tatsächlich nur über eine Inflation hinauszögern. Ehrliche Politik müsste ihren Bürgern schon heute deutlich machen, dass die Konsequenzen dieses politischen Versagens von allen Bürgern mit drastischen Wertverlusten und damit Einschränkungen einhergehen werden.
dass diese Gelder in Formen des Konsums gehen und damit Werte verbraucht werden.
häufig wird jedoch auf den Zufluss der “Rettungsgelder” an die Börsen hingewiesen, dort würden die Kurse ansteigen (“Kursfeuerwerk”), also sei die Realwirtschaft von dieser expansiven Geldpolitik kaum betroffen. Dazu würde das Interesse der Banken treten, ihre Bilanzen mit dem “Frischgeld” auszugleichen, insofern sei hier auch keine Ausweitung der Kreditsummen feststellbar. Dies erinnert etwas an die Nachwehen aus der Zeit der “Kreditklemmen” und die Therapie seitens der EZB. Wenn Investoren z.B. in den Immobiliensektor gehen, wäre es wichtig zu wissen, ob diese Projekte komplett auf Kredit finanziert werden. Nur in dem Fall könnte man von einer “Blasenbildung” aufgrund der “Politik des billigen Geldes” reden. Wo hier der Faktor für eine “Spontaninflation” unterzubringen ist, bleibt noch etwas spekulativ bis rätselhaft.
An den Haaren herbeigezogen
Eine Inflation setzt zuallererst voraus, daß dem vorhandenen Geld, gleich, wie es entstanden ist, nicht mehr genügend Güter und Dienstleistungen gegenüberstehen. Davon kann aber nun wirklich keine Rede sein. Auch das Argument der Überschuldung ist doch längst wiederlegt. Siehe unsere europäischen Krisenkandidaten und vor allem Japan. Mir scheint die Buba ist in einer Art selbstgestrickten fixen Ideologie gefangen, die aus der Vergangenheit herrührt. Dabei wird vergessen, daß damals der überwiegende Teil der Bevölkerung von der Hand in den Mund lebte und man das wenige, was verdient wurde, dringend brauchte, um seinen täglichen Bedarf zu decken. Davon sind wir heute meilenweit entfernt – Gott sei Dank. Dafür besteht eben die Gefahr, daß der “Überschuß” an Geld in unproduktive Bereiche wandert und Vermögenspreisblasen (Immobilien, Aktien, Gold und andere langlebige Güter, die man für wertstabil erachtet) produziert, die regelmäßig platzen, wenn die Politik nicht rechtzeitig eingreift. Da geben übrigens zuallererst die Notenbanken in der Regel eine schwache Vorstellung. Das ist auch der Grund für die politische Schwäche der Buba, die sich durch ihr Festhalten an den alten Zöpfen selbst marginalisiert hat, von keinem mehr richtig ernst genommen. Übrigens, auch der jap. Zentralbank ist es in den mittlerweile 20 Jahre währenden Krise nicht gelungen, eine auch nur bescheidene Inflation zu züchten, obwohl sie sich doch nun wirklich redlich darum bemüht hat.
So far, so good, Herr Weidman!
Was mir gefällt: Er warnt im voraus… Mit ihm scheint Geldpolitik unter Kontrolle zu sein.
So far, so good? Imo, yes.
Grau ist alle Theorie.
” Ein Keynesianer im Geiste von Keynes würde mit Verweis auf eine Liquiditätsfalle eine eingeschränkte Wirksamkeit der Geldpolitik diagnostizieren und wie Paul Krugman für expansive Finanzpolitik plädieren. Ein Anhänger der Schule von den “finanziellen Friktionen” würde darauf achten, Banken und Finanzmärkte von Hemmnissen zu befreien und leistungsfähiger zu machen. Ein “Austrian” würde sich vermutlich gleichermaßen gegen expansive Geld- und Finanzpolitik aussprechen.” Bleibt zu ergänzen: Ein Monetarist würde solange Geld aus dem Hubschrauber abwerfen, bis die Finanzwirtschaft knietief darin steht, obwohl die Realwirtschaft sich jedoch wegen mangelnder Nachfrage weiter mit Investitionen zurückhält. Das zeigt, dass es Unsinn ist, diese Schulen und ihre Lehrmeinungen zu verabsolutieren, da sie alle, gerade in der Verkürzung, nur Ausschnitte der Realität betonen. Für eine vernünftige Wirtschaftspolitik kommt es jedoch darauf an, die Situation richtig zu erfassen, und eine Kombination von Maßnahmen zu wählen, die geeignet ist die Probleme zu lösen. Das unterscheidet Theoretiker von Wirtschaftspolitikern.
Ein wenig Wissenschaftsphilosophie
Wissenschaft beschäftigt sich mit positiven Aussagen (Erklärung der Realität wie sie ist) und nicht mit normativen Aussagen (Anweisungen zu bestimmten Handlungen). Es ist von vornherein unzulässig eine Doktrin anhand ihrer normativen Aussagen zu beurteilen, denn diese hängen von den Effekten ab die man sich wünscht. Hitler hatte ein erstaunliches Grundverständnis für Ökonomie besessen. Seine Wirtschaftspolitik würde jedoch kaum jemand als “richtig” bezeichnen, denn seine Ziele waren ein die eines Verbrechers.
Im Sinne normativer Aussagen gibt es kein richtig oder falsch, dies hängt ganz vom gesetzten Ziel ab. Im Sinne positiver Aussagen muss es ein richtig oder falsch geben. A kann nicht gleichzeitig nicht-A sein. Zwei sich ausschließende Aussagen können nicht gleichzeitig Gültigkeit haben.
Mainstream-Ökonomie besteht fast ausschließlich aus normativen Aussagen und subjektiven Beurteilungen (das Problem wird in der Behandlung von Monopolen, Vollbeschäftigung und dem “ökonomischem Gleichgewicht” sehr deutlich). Ihr Ziel ist es die jetzige ökonomische Ordnung zu erhalten. Es stellt sich damit automatisch die Frage ob wir diese Ordnung überhaupt erhalten wollen. In den USA wurden viel mehr Häuser gebaut als der reale Bedarf es erforderte. Es entstand eine massive Misallokation von Kapital. Als die Verluste 2008 realisiert wurden, war die Reaktion der Mainstream-Ökonomen und der Zentralbanken die gleiche: Um die ökonomische Ordnung nicht zu gefährden musste der Markt mit Geld geflutet werden. Der “Austrian” sieht das und zeigt auf das Problem: Die Kapitalvernichtung fand in der Boomphase statt und nicht im Bust, dort wurde der Verlust nur realisiert. Der Keynsian oder Monetarist (beide sind nach Friedman Keynsianer in der Erkenntnistheorie) schaut sich die Sache hingegen aus einer anderen Position an: Er ist nur daran interessiert den Zustand des Booms wieder herzustellen und ist deshalb blind für all diese Einwände.
Die Empfehlung des gewissenhaften “Austrian” kann deshalb nur sein den Markt entscheiden zu lassen welche dieser Investitionen gut oder schlecht ist, denn er weis es nicht und kann es auch nicht wissen.
Aus dieser Sicht gibt es also nur eine richtige Ökonomie. Diejenige, die wissenschaftliche, also positive, Aussagen trifft. Und die “Austrians” sind die einzigen die auf der Suche nach wahren Aussagen sind.
Gewinner und Verlierer des Spiels
Die Arbeitsleistung eines Volkes entspricht einem bestimmten Wert, unabhängig des vorhandenen Geldes, den ich als Eins bezeichne. Das Volk wird für diese Arbeitsleistung monetär mit einem Gegenwert von also genau Eins bezahlt (1:1 = 1).
Je mehr Geld jetzt auf den Markt geworfen wird, bleibt die Arbeitsleistung gleich, der Geldwert entspricht aber nicht mehr der Leistung, weil es sich ja mit mehr Geld teilen muss (1:1,1 = 0,9). Eine Geldentwertung setzt ein, Inflation – im Laden erhält man mit 1,0 nicht mehr das, was neu mit 1,1 angeschrieben ist.
Durch das globale Umfeld findet dies aber zeitversetzt statt.
Die wesentliche und kniffligste Aufgabe einer Notenbank ist nicht, möglichst viel Geld auf den Markt zu werfen, sondern dieses wieder vom Markt unbemerkt zu entfernen. Aufgrund der weltweit Milliarden gedruckten Geldes scheint mir dies aber unrealistisch.
FED und EZB wissen dies auch und tun bewusst nichts, im Wissen, dass ein grosses Inferno, ein Crash oder ein Krieg eine korrigierende Wirkung hat, um wieder bei eins beginnen zu können.
Verlierer sind alle, die sich nicht an diesem Spiel beteiligen – meist die normalen Arbeitnehmer, die jene Arbeitsleistung erbringen.