Die Wahl Donald Trumps zum Präsidenten der Vereinigten Staaten ist ein auffälliges Ereignis unserer Zeit wie die Zunahme des politischen Populismus in Europa. Für Kenner der Geschichte sollten diese Ereignisse weniger erstaunlich wirken: Die Erfahrung zeigt, dass gerade nach Finanzkrisen politische Landschaften in Bewegung geraten.
Ende November 2015 – also lange vor der Wahl Donald Trumps – haben die Ökonomen Manuel Funke, Moritz Schularick und Christoph Trebesch die Ergebnisse einer Studie (“The political aftermath of financial crises: Going to extremes”) veröffentlicht, in der sie die politischen Folgen von Finanzkrisen für 20 Industrienationen seit dem Jahre 1870 analysierten. Für diese Zeit haben sie die Ergebnisse von 800 Wahlen betrachtet.
Sie gelangen beim Blick auf die Geschichte zu diesen Befunden:
- Parteien, die politisch (weit) auf der Rechten stehen, sind die größten politischen Profiteure von Finanzkrisen. “On average, far-right votes increase by about a third in the five years following systemic banking distress…”, schreiben sie. Und: “Moreover, we identify an important asymmetry in the political response to crises – on average, the far left did not profit equally from episodes of financial instability.”
- Eine Fragmentierung der politischen Landschaft und damit auch der Parlamente erschwert in vielen Fällen stabile Regierungsbildungen und damit auch effiziente Politik zur Bekämpfung der Krise: “The second key finding is that governing becomes more difficult after financial crises.” Besonders bedenklich ist: “Using the depth of our historical dataset we can show that these effects have become stronger over time.” Politischer Hader ist vermutlich ein Grund, warum die wirtschaftliche Erholung nach Finanzkrisen besonders langsam vonstatten geht.
- Die politische Polarisierung muss sich nicht nur in den Parlamenten äußern, sondern kann auch auf der Straße stattfinden: “Financial crises do not only trigger political protest at the polls, but also in the streets.” Und: “More specifically, the average number of anti-government demonstrations almost triples, violent riots double and general strikes increase by at least one third.”
- Eine starke Polarisierung ist meist nur vorübergehend: “We find that the first five years are critical and most effects slowly taper out afterwards. A decade after the crisis hits, most political outcome variables are no longer significantly different from the historical mean.”
- Diese Beobachtungen gelten für Finanzkrisen, aber nicht für “normale” Konjunkturkrisen, die nicht mit schweren Verwerfungen an den Finanzmärkten einher gehen.