Fazit – das Wirtschaftsblog

Fazit - das Wirtschaftsblog

Für alle, die’s genau wissen wollen: In diesem Blog blicken wir tiefer in Börsen und andere Märkte - meist mit wissenschaftlicher Hilfe

Ohne Geld lässt sich Armut nicht bekämpfen

Drei Herausforderungen lassen Weltbankpräsident Jim Yong Kim nachts nicht schlafen: Erstens die Absicht, extreme Armut in der Welt deutlich zu reduzieren. Zweitens die Vorbereitung auf künftige schlimme Seuchen. Und drittens der Kampf gegen den Klimawandel und seine nachteiligen Folgen. In einem Vortrag an der Frankfurter Goethe-Universität zitierte Kim Johann Wolfgang von Goethe: “Wissen ist nicht genug; wir müssen es anwenden. Wollen ist nicht genug; wir müssen es tun!”

 

“In tackling each of these problems, I will argue that finance is one of THE most critical key to success”, sagte Kim.1)  Schauen wir uns die drei Herausforderungen nacheinander an.

Im Jahre 2030 sollen nur noch 3 Prozent der Weltbevölkerung in extremer Armut leben. Das ist ein ehrgeiziges Ziel, denn im Falle einer Fortsetzung der Trends der vergangenen Jahre errechnete sich im Jahre 2030 ein Anteil von 8 Prozent. Kim hält ein sehr nachhaltiges Wachstum der Weltwirtschaft für notwendig, von dem die ärmeren Länder überdurchschnittlich profitieren. Hierzu bedarf es in ärmeren Ländern unter anderem Investitionen in Bildung und in bessere Gesundheitssysteme sowie die Etablierung von Versicherungen gegen wichtige Lebensrisiken.2) Wie kommt man dort hin? Kim fordert eine größere Mobilisierung finanzieller Ressourcen in ärmeren Ländern, vor allem durch effizientere Steuersysteme und durch die Reduzierung des Exports von Schwarzgeld. Und drittens dürfte externe öffentliche Finanzhilfen an Wirksamkeit gewinnen, wenn sie die Zusammenarbeit mit privaten Investitonen sucht.

Der Ausbruch von Seuchen, die bedeutend gefährlicher sein könnten als Ebola, ist für Kim ein Grund zur Sorge. Er erinnerte daran, dass die Spanische Grippe des Jahres 1918 in 25 Wochen etwa 25 Millionen Menschenleben gefordert haben soll. Kim befürwortet eine Art Finanzielle Notfallfazilität für betroffene Länder; hierzu hat er unter anderem mit Versicherungsunternehmen und Pharmakonzernen gesprochen: “The idea behind a pandemic emergency facility is to mobilize and leverage public and private sector resources through public funding, and through market and private insurance mechanisms. In the event of an outbreak, countries would receive rapid disbursements of funding, which would, in turn, help contain outbreaks, save lives, and protect economies.” Nach Schätzungen könnte der Ausbruch einer schlimmen Seuche in wirtschaftlicher Hinsicht 5 bis 10 Prozent des Welt-BIP, entsprechend 4 bis 8 Billionen Dollar, kosten.

Die wirtschaftlichen Folgen des Klimawandels sind nach Kims Auffassung erheblich: “Over the past 30 years, natural disasters took over 2,5 million lives, and caused almost 4 trillion dollars in damage. Almost 75 percent of the losses were from extreme weather events. Climate change’s rising global temperatures are making these storms, floods and droughts more frequent and intense.” Kim befürwortet eine Welt ohne Kohle (“putting a robust price on carbon”) und ohne die Subventionierung von Treibstoffen, die auf Öl beruhen.

 

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1) Kim war auf Einladung von Bundesbankpräsident Jens Weidmann in Frankfurt. Der Weltbankpräsident revanchierte sich auf charmante Weise, indem er zu Beginn seines Vortrags sagte, die Deutschen hätten allen Grund, auf Führungspersönlichkeiten wie Angela Merkel und Jens Weidmann stolz zu sein. Offiziell veranstaltet wurde der Vortrag von zwei an der Goethe-Universität ansässigen Institutionen – SAFE (Sustainable Architecture for Finance in Europe) und dem Center for Financial Studies (CFS) – sowie der Deutschen Bundesbank.

2) An dieser Stelle lässt sich die Wohlfahrtsökonomik zitieren: Demnach scheitert eine theoretisch reine und zugleich paretoeffiziente Marktwirtschaft, wie sie anhand der Allgemeinen Gleichgewichtstheorie von Arrow/Debreu beschrieben wird, an der Tatsache, dass sich wichtige Versicherungen gegen Lebensrisiken an privaten Märkten nicht bilden. (Wir haben vor einiger Zeit in FAZIT ein Buch besprochen, das diese Zusammenhänge theoretisch behandelt.) Demnach dürfte die Etablierung solcher Versicherungen in ärmeren Ländern sehr wohlfahrtsfördernd sein.