Die Globalisierung der vergangenen Jahrzehnte hat zum Wirtschaftswachstum in der Welt erheblich beigetragen. Das ist unter Ökonomen kaum umstritten. Aber mit der Globalisierung gehen Entwicklungen einher, die politischen Gegenwind erzeugen und die auch aus wirtschaftlicher Sicht hinterfragt werden müssen.
Der Ökonom und Fondsmanager Stephen L. Jen verfasst in unregelmäßigen Abständen Betrachtungen zu gesamtwirtschaftlichen Entwicklungen. In seiner neuesten Arbeit erwähnt er zwei neue Arbeiten von Ökonomen, die sich mit wichtigen und mit der Globalisierung verbundenen Entwicklungen befassen: der Herausbildung immer größerer Unternehmen und den steigenden Gehältern von Topmanagern. Jen kommentiert: “Ich denke, dass die Globalisierung der wichtigste Faktor ist, der zur Destabilisierung der westlichen Demokratien beiträgt… Die Welt hat von den Vorzügen der Globalisierung profitiert. Die negativen Seiten der Globalisierung werden erst jetzt deutlich.”
Wir werfen einen Blick auf die beiden Arbeiten.
Superstar-Firmen
In den vergangenen Jahrzehnten ist in den meisten Industrienationen der Anteil der Arbeitseinkommen an der Wirtschaftsleistung (BIP) gesunken. Der Befund ist offensichtlich, aber die Erklärungen für diesen Trend gehen auseinander. Fünf Ökonomen haben sich in einer aktuellen Studie mit dem Einfluss der Globalisierung und des technischen Fortschritts auf einzelne Wirtschaftszweige befasst. Ihr Ergebnis lautet: Gerade in dynamischen Branchen ist besonders in den Vereinigten Staaten, aber auch in anderen Industrieländern, ein Trend zu “Superstar-Firmen” erkennbar. Das sind Unternehmen wie zum Beispiel Apple oder Google, Amazon oder Federal Express, die in ihren Branchen hohe Umsatzanteile generieren und als Ergebnis ihrer Größe und Marktmacht ihre Kosten und Erlöse so steuern können, dass hohe Gewinne anfallen. In diesen Branchen entstehen Dynamiken, die den “Superstar-Firmen” zugute kommen. Daraus müssen keine Monopole entstehen; auch Oligopole mit wenigen sehr großen und dominierenden Marktteilnehmern sind denkbar. Die Empirie zeigt, dass in Branchen mit “Superstar-Firmen” der Anteil der Arbeitseinkommen an der Wertschöpfung sinkt. Wichtig: Die Autoren behaupten nicht, dass der Trend zu “Superstar-Firmen” in vielen (nicht allen!) Wirtschaftszweigen der einzige Grund für den Rückgang der Arbeitseinkommen an der Wirtschaftsleistung ist. Aber es dürfte ein Grund sein.
Hohe Managerbezüge
In den vergangenen Jahrzehnten sind in vielen Ländern, und hier besonders in englischsprachigen Industrienationen, die Bezüge von Managern sehr stark gestiegen. Oft haben neben Erhöhungen von Grundgehältern sehr hohe Boni und Altersbezüge zu diesem Trend beigetragen. Diese Entwicklung ist unumstritten, aber über die Gründe gehen die Ansichten auseinander. (Eine sehr gute Übersicht findet sich hier.) Zwei Ökonomen haben sich in einer aktuellen Arbeit mit der Rolle der Globalisierung für die Entwicklung amerikanischer Managereinkommen zwischen 1993 und 2013 beschäftigt. Sie zeigen, dass neben dem technischen Fortschritt und der Größe der Unternehmen die Rolle der Exporte für eine Firma einen wesentlichen Einfluss auf die Bezüge von Managern hat – und zwar vor allem in Form von Boni, und dies umso mehr, je schlechter die Kontrolle der Manager durch die Eigentümer stattfindet. Diesen hohen Bezügen stand aber nicht notwendigerweise eine entsprechende Leistung für das Unternehmen entgegen. Die Schlussfolgerung der Autoren lautet: “Insgesamt legen diese Ergebnisse nahe, dass die Globalisierung eine größere Rolle als gedacht für den raschen Anstieg der Managereinkommen und der Ungleichheit in den Vereinigten Staaten hatte.”