Facebook und Google haben viel Macht – über Nutzer und über Unternehmen. Ist die Macht zu groß geworden? Jetzt schaltet sich der Kartellamts-Präsident in die Debatte ein.

Wer mit einem Unternehmen nicht zufrieden ist, geht zu einem anderen: So ist das normalerweise. Wer nicht gerne mit Lufthansa fliegt, fliegt eben Emirates. Aber wer mit Facebooks Datenschutz-Regeln nicht einverstanden ist – wohin soll der gehen? Eine richtige Alternative gibt es nicht.
Das Internet ist voller Monopole. Das verleiht Facebook, Google und Co. enorme Macht. Sind sie schon zu mächtig geworden? Haben sie sich so einen Vorsprung erarbeitet, dass sie gegenüber jedem Konkurrenten die Oberhand behalten werden? Ist der Wettbewerb jetzt nutzlos? Oder kann immer noch das nächste Startup kommen und sie mit einer neuen Technik in die Knie zwingen?
Ökonomik und Wettbewerbsrecht müssen ihre alten Glaubenssätze neu durchschütteln und gucken, welche noch auf das Internet passen. Seit Monaten diskutieren wir die Umstände auf FAZIT: Wir weisen darauf hin, dass auch ein kurzlebiges Monopol für seine Geschäftspartner oft unangenehm ist. Wir fragen, wie Google überhaupt zu seinem Monopol kam. Und wir gucken, welche Vorteile Google von seiner Datensammlung hat – ob Googles nächster Konkurrent wirklich immer nur einen Klick weg ist.
Jetzt hat Kartellamts-Präsident Andreas Mundt einen Einblick in die Überlegungen seiner Behörde gegeben. Auf einer Tagung der Ludwig-Erhard-Stiftung und des Forschungsinstituts zur Zukunft der Arbeit hat er einige Fragen formuliert, vor denen das Kartellamt und die Wettbewerbsrechtler seiner Ansicht nach stehen. Einige Fragen werden “FAZIT”-Lesern bekannt vorkommen, andere sind neu.
“Wir als Kartellamt konstatieren diese Marktmacht [von Google]”, sagt Mundt, “wir haben aber auch gesehen, dass marktstarke Unternehmen durch die Dynamik des Internet abgelöst werden konnten.” Das Kartellamt müsse darauf achten, dass die Macht großer Internetkonzerne bestreitbar bleibt. “Bei Google stellt sich die Frage: Ist dieser Wettbewerbsvorteil überhaupt noch einholbar?”
Wettbewerb bleibt wichtig
Nur einer Idee widerspricht Mundt deutlich: der Idee von Peter Thiel, dass Monopole besser seien als der Wettbewerb, weil sie mehr Geld hätten für ihre Mitarbeiter und für wichtige Fragen außerhalb des Kundeninteresses. “Das zeigt einmal mehr, dass gute Geschäftsleute keine guten Volkswirte oder gute Philosophen sein müssen.”
Aber Mundt gewinnt dem Gedanken auch eine Lehre ab: In der digitalen Welt ist es oft für die Verbraucher gut, wenn ein – angreifbares – Monopol entsteht, die so genannten “Netzwerkeffekte”. Die Idee dahinter: Für die Verbraucher ist es einfacher, wenn alle WhatsApp benützen, als wenn es 20 unterschiedliche Messenger gibt.
Welche Rolle spielen Daten?
Lange sagten Wettbewerbswächter: Für Datenschutz sind wir nicht zuständig. Jetzt aber räumt Mundt den Daten eine entscheidende Rolle ein. Erstens kennt kaum ein Unternehmen seine Nutzer und deren Vorlieben so gut wie Google oder Facebook. (Selbst Microsoft ist mit seiner Suchmaschine Bing nicht gegen Google angekommen. Google blieb immer die bessere Suchmaschine.) Können Internet-Unternehmen ihren Datenvorsprung nutzen, um sich die Konkurrenz vom Leib zu halten? Dann könnten sie auf Dauer zu mächtig und zu nachlässig werden. Zudem spielen die Daten aus Mundts Sicht noch eine andere Rolle: Als Bezahlung. Bisher habe das Kartellamt nur auf Märkte geachtet, auf denen Geld bewegt werde. “Zukünftig wird sich das Bundeskartellamt auch mit Märkten befassen auf denen kein Geld, sondern Daten fließen”, sagt Mundt.
Sind die Wettbewerbshüter schnell genug?
Noch vor kurzer Zeit machte sich das Kartellamt in Deutschland Gedanken darüber, ob Microsoft seine Marktmacht missbraucht hatte – dabei war Microsoft gar nicht mehr das Problem, sondern Google und Facebook. Mundt überlegt, wie die langen Verfahrensdauern im Wettbewerbsrecht mit der schnellen Realität im Internet zusammengebracht werden können.
Wie wichtig ist Regulierung?
Oft passen Regeln aus der alten Offline-Welt nicht zu denen im Internet. Das zeigt nicht nur der Mitfahr- und Taxidienst Uber. Auch E-Books werden anders behandelt als normale Bücher: Es wird mehr Mehrwertsteuer fällig, die Buchpreisbindung entfällt. Wie können die Regeln online und offline angeglichen werden? Und wie schafft man es, dass Politiker dann nicht immer die schärferen Regeln beschließen? Viele Regeln aus der Offline-Welt würden nämlich die spannenden Geschäftsmodelle im Internet von vornherein zerstören, fürchtet Mundt.
Der Kölner Ökonom Achim Wambach, Mitglied der Monopolkommission, sieht die Daten-Frage und noch zwei weitere Aspekte:
Geringe Umsätze
Oft werden im Internet Märkte schnell verteilt. Deshalb versuchen die Unternehmen, schnell einen großen Marktanteil zu erobern, und achten erst später auf den Umsatz. (Dazu kommt: Elektronische Geschäftsmodelle haben oft geringe Kosten und geringen Umsatz.) Deshalb sind die Umsätze oft noch klein, wenn Märkte verteilt werden. Als Facebook 19 Milliarden Dollar für WhatsApp ausgab, hatte WhatsApp für viele Wettbewerbsbehörden zu wenig Umsatz, um überhaupt relevant zu sein. Nur auf anderen Wegen konnten einige Behörden den Kauf doch kontrollieren.
Mehrseitige Märkte – wie in der Disco
Viele Unternehmen im Internet funktionieren wie die Disco: Sie bringen unterschiedliche Leute zusammen. Dann wird oft die schreckhaftere Gruppe bevorzugt, die eher abwandert – zu Lasten der treueren Gruppe. In der Disco haben oft die Frauen freien Eintritt, die Männer zahlen umso mehr. Im Internet werden oft die Verbraucher von den Unternehmen subventioniert; die Verbraucher zahlen weniger als die Grenzkosten ihres Produkts, manchmal gar nichts. Das sei nicht mehr unbedingt bedenklich, findet Wambach – das sei in der alten Welt oft anders gewesen. Wambach sprach von zweiseitigen Märkten zwischen Verbrauchern und Werbetreibenden, vor allem für Google scheint uns aber noch eine dritte Marktseite relevant zu sein: Die Webseiten-Betreiber.
Das sind viele Probleme für den Wettbewerb, doch es gibt auch zwei Eigenschaften im Internet, die den Wettbewerb stärken können
Das Internet ist billig
Wer in der elektronischen Welt ein Unternehmen gründen will, muss meistens nicht mehr viel Geld ausgeben. Rechenkapazität kann man mieten, und Software-Entwicklung ist meistens billiger als eine große Fabrik. Deshalb entstehen eher neue Firmen, die die alten herausfordern.
Nicht immer setzt sich einer durch
Manchmal müssen sich die Nutzer gar nicht für einen Anbieter entscheiden. Mancher Taxifahrer arbeitet gleichzeitig mit der Taxizentrale, mit Uber und mit MyTaxi zusammen. Das entlastet aber nicht jeden Markt. Ein gebrauchtes Auto zum Beispiel kann man nur einmal anbieten – entweder auf Ebay oder auf Mobile.de
Und was bedeutet das jetzt für die Praxis? Welche neuen Regeln sind nötig? Spätestens jetzt ist die Diskussion eröffnet.
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Eine krasse Fehleinschätzung ?!
Es ist eine befremdliche Betrachtung von Herrn Mundt, die in Aussagekraft und Hilflosigkeit der Aussage von Frau Merkel 2013 in Nichts nachsteht: „Das Internet ist für uns alle Neuland”.
Es mag sein, dass diese Aussage für Herrn Mundt, Frau Merkel und ihre Generation zutrifft. Aber mit Verlaub, das ist doch auch nicht die Zielgruppe auf die man abzielt. Es sind die Jüngeren, die sogenannten „Native Digitals“, die man in den Bann zieht, abhängig macht, ausspioniert und manipuliert. Die „Native Digitals“ oder besser die Naiven, haben noch kein Gefühl dafür was sie in 5 Minuten alles von ihrem Leben preisgeben, wenn sie chatten oder Bilder herunterladen. Dinge, die nicht für Facebook und seine Kunden bestimmt sind.
Eltern sollen, können oder müssten ihre Kinder aufklären und vor dem Bösen im Internet bewahren. Aber wie sollte es denn den meist unerfahrenen, berufstätigen Eltern gelingen, ihre Kinder zu schützen, wenn es nicht einmal die Staatsorgane machen, die es gewiss könnten. Hier beschleicht einem das Gefühl, dass man die Internetfirmen gewähren lässt, um eigene Interessen zu verfolgen, auch wenn man dabei die jüngeren Generationen verkauft.
Aber vielleicht gehen auch unsere Volksvertreter davon aus, dass Menschen die Arbeit haben oder Harz IV bekommen, ihre Aussagen nicht mehr hinterfragen. Man kann jedoch getrost annehmen, dass genügend hochbezahlte, gut ausgebildete Experten beim Staat beschäftigt sind, die diese Themen beherrschen!
Eine Suche in Google nach dem Begriff „Marktwert von Unternehmen“, klärt schnell, ob es sich hier um Monopole handelt. Meint man danach immer noch, es wären keine Monopole, dann haben sie aber unbestritten die Kaufkraft, die keinen Zweifel daran lässt, dass ein Startup nie zu einem wirklichen Konkurrenten werden kann.
Die einst edlen Gedanken, Wissen und Kontakte zu teilen und bereitzustellen, sind schon nach wenigen Tagen den eigentlichen Machtinteressen gewichen. Betrachtet man die Gehaltslisten der Staatsdienste, dann darf man sich sogar fragen, ob einer der Gründer auch nur einen Hauch von unternehmerischen Geschick gehabt hatte.
Absurd
Das Kartellamt macht sich lächerlich. Keine Alternative zu Facebook? Wie wäre es damit, Facebook eben nicht zu nutzen? Oder Google? Es gibt hunderte Suchmaschinen, und viele funktionieren sehr gut. Das gesamte Kartellamt gehört sich abgeschafft, es schafft nur eins: Unsicherheit und politischen Einfluss auf die Wirtschaft!
Die Anfangsaussage ...
… stammt von mir, nicht vom Kartellamt. Trotzdem halte ich daran fest.
Es ist ja gerade das Wesens eines Monopol, dass man realistischerweise nur die Möglichkeit hat, es zu nutzen oder eben nicht – weil es keine ernstzunehmende Konkurrenz gibt.
Dass es in Deutschland keine ernstzunehmende Konkurrenz zu Google gibt, zeigt sich daran, dass kaum jemand andere Suchmaschinen benutzt. Klar, viele probieren’s. Ich habe auch jede dieser Maschinen mal eine Woche ausprobiert. Aber die Ergebnisqualität kommt halt nicht an die von Google ran – und genau das ist das Wesen eines natürlichen Monopols.
Naja, zunächst muss diePolitik mal aufwachen..
Es ist jedermanns gutes Recht sich ein Monopol aufzubauen, nur seine Macht missbrauchen darf man eben nicht – da liegt für mich der Knackpunkt.
Der Rest bleibt Wettbewerb und hängt allein von der Kreativität und der Wettbewerbsfähigkeit der Konkurrenten ab. Und wer am Markt bleiben will sollte die Bedürfnisse seiner Kunden verstehen und erfüllen.
So sehe ich zurzeit durchaus verschiedne Entwicklungsmöglichkeiten der – nennen wir sie – Internetmonopole.
Und dafür muss man, glaube ich, zwischen 2 wesentlichen Faktoren unterscheiden. De eine ist der Service,den ein Unternehmen natürlich seine Kunden bieten muss.
Der andere – viel interessantere – ist die Datensammelei, die ich nicht als pauschales Problem der Internetriesen sehen würde, sondern als politisches.
Politisch deswegen, weil sie erstens , meiner Meinung nach, bereits jetzt Grundrechte verletzt und zweitens auch von den Geheimdiensten genutzt wird, was ihre entschlossene weltweite Eingrenzung so schwierig macht.
Wenn ich eine Idee für eine Art neues Auto habe und beschliesse, Mercedes Benz, BMW..et Konkurrenz zu machen ist das eine Sache, aber wenn der Staat all diese Firmen unterstützt, weil er z.B. die, ausschliesslich auf deren Technik basierenden Daten braucht, um sein Volk auszuspionieren, werde ich wohl auf der Strecke bleiben und wahrscheinlich – aus reinem Protest – zum Fussgänger werden.
Wenn es um Wettbewerb und gesunden Konkurrenzkampf in der Zukunft geht, ist für mich jetzt bereits die Politik gefragt.Der Rest ist einfach klassische Wirtschaft.
Funktionalitaet, Standardisierung, leichte Umziehbarkeit
Wettbewerb im Internet betrifft mehrere Gesichtspunkte: Internet-Provider fuers Grobe bis Inhalte-Anbieter.
Fuer mehr Inhalte-Konkurrenz (Facebook-Alternative, …) bedarf es nicht so sehr alternativer Inhalte-Startups, sondern insbes. Startups, die fuer Standardisierung sorgen und damit einzelne Dienste austauschbar und umziehbar machen, durch Migrations-Software und
igrations-Dienstleistungen.
Von dem, was Google bietet, brauche ich die Suche und Maps, von Amazon nur die Gruppen und AWS, von Facebook gar nichts, von meinem iPhone das Telephonieren, einen funktionierenden AB und eine Handvoll spezieller Apps (Navi, Lautstaerkemesser, …) – mehr nicht. Ein flinker Wechsel muesste also theoretisch moeglich sein, wenn man darauf nicht Wochen seines Lebens verschwenden muesste.
Passgenaue Funktionalitaet, Standardisierung und insbes. leichte Umziehbarkeit waeren die besten Mittel gegen Monopoisierung im Internet.
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Wettbewerb im Internet betrifft mehrere Gesichtspunkte: Internet-Provider fuers Grobe bis Inhalte-Anbieter.
Fuer mehr Inhalte-Konkurrenz (Facebook-Alternative, …) bedarf es nicht so sehr alternativer Inhalte-Startups, sondern insbes. Startups, die fuer Standardisierung sorgen und damit einzelne Dienste austauschbar und umziehbar machen, durch Migrations-Software und Migrations-Dienstleistungen.
Von dem, was Google bietet, brauche ich die Suche und Maps, von Amazon nur die Gruppen und AWS, von Facebook gar nichts, von meinem iPhone das Telephonieren, einen besser funktionierenden Anrufbeantworter und eine Handvoll spezieller Apps (Navi, Lautstaerkemesser, …) – mehr nicht. Ein flinker Wechsel muesste also theoretisch moeglich sein, wenn man darauf nicht Wochen seines Lebens verschwenden muesste.
Passgenaue Funktionalitaet, Standardisierung und leichte Umziehbarkeit (!) waeren die besten Mittel gegen Monopoisierung im Internet.
Facebook Alternative
“Aber wer mit Facebooks Datenschutz-Regeln nicht einverstanden ist – wohin soll der gehen? Eine richtige Alternative gibt es nicht.”
Bitteschön: https://nerofix.com
Wir sind alle schon vor ein paar Monaten gewechselt, haben es nicht bereut.
Grüße
[…] Fazit: Wie kommt Wettbewerb ins Internet? […]
Das ist wie vieles eine Frage erlebter Praxis:
Wenn sich Monopole im Internet auch weiterhin so schnell auflösen, wie sie sich bilden, muss man nichts tun ausser warten. Wenn nicht, werden die Wettbewerbshüter aktiv werden müssen, weil einem dauerhaften Monopol immer und ausnahmslos Marktmissbrauch folgt.
Dazu ein kurzer historischer Rückblick: 1998 waren Microsoft (nach der gewonnenen Browserschlacht gegen Netscape) und AOL die Gatekeeper des Zutritts zum Internet, Microsoft sogar die des Zutritts zum Computer überhaupt. Es gab auch damals viele besorgte Stimmen, die insbesondere re Microsoft argumentierten, deren Vorsprung sei unter ceteribus paribus Bedingungen uneinholbar. Die Lehre aus dieser massiven Fehleinschätzung? In funktionierenden Marktwirtschaften gibt es häufig keine ceteribus paribus Bedingungen, weshalb MS heute auch nur als ein Unternehmen unter vielen gehandelt wird.
Kurz, erst mal abwarten und Tee trinken. Ergibt sich in 5 bis 10 Jahren kein wesentlich verändertes Bild, wird´s Zeit zum Einschreiten. Dann haben wir dauerhafte de facto Monopole. Die man – aber das nur nebenbei – für soziale Netzwerke eh nur dadurch verhindern kann, dass man die Anbieter gesetzlich zu offenen und transparenten Live-Schnittstellen zwingt. Denn die Skalenvorteile sozialer Begegnungsstätten führen fast naturgegeben zu Monopolen – es gibt Lebensbereiche, in denen echter Wettbewerb zu einer Angebotsverschlechterung führt.
Gruss,
Thorsten Haupts