Kritiker des ökonomischen Mainstreams werfen diesem eine weltfremde Geldangebotstheorie vor. Ob sie wissen, welche Theorie im Mainstream seit Jahrzehnten gelehrt worden ist? Eine Spurensuche.
Im deutschen Sprachraum ist vor rund vier Jahrzehnten eine als Habilitationsschrift eingereichte Monografie erschienen, die den damaligen Stand des Wissens präzise zusammenfasste und die deutschsprachige Lehrbuchliteratur der nachfolgenden Jahrzehnte stark beeinflusst hat. Das Buch stammte von dem früheren Osnabrücker Professor Manfred Neldner und heißt: “Die Bestimmungsgründe des volkswirtschaftlichen Geldangebots”. In Deutschland war Neldner seinerzeit die unbestrittene Autorität auf dem Gebiet der Geldangebotstheorie.
Der Geldmultiplikator
In seinem Buch ging er vom angestaubten Standardmodell aus, das sich bis ins 19. Jahrhundert zurückverfolgen lässt, aber durch das 1920 erschienene Buch “Bank Credit” des amerikanischen Ökonomen Chester Phillips an Popularität gewann und das erstaunlicherweise von Heterodoxen noch heute als das Referenzmodell des Mainstreams bezeichnet wird.
In diesem Modell errechnet sich aus der Zentralbankgeldmenge ein fester Multiplikator, der angibt, wie groß die von Geschäftsbanken durch Kreditvergabe geschöpfte Menge an Buchgeld werden kann. Im Grunde genommen bestimmt hier die Zentralbank die Geldschöpfung in der Wirtschaft und sie tut dies auf eine sehr mechanische Art und Weise.
Aber dieses Modell war schon sehr früh aus theoretischen wie aus praktischen Gründen auch im Mainstream obsolet – wie Neldner angibt, wurde das simple Modell seit Ende der fünfziger Jahre des 20. Jahrhunderts als Beschreibung der Realität als unzureichend erkannt.
Warum fiel das mechanistische Multiplikatormodell schon vor langer Zeit in Ungnade? Neldner bemerkte: “Betrachtet man die Geldschöpfungslehre vor dem Hintergrund eines der bekannten volkswirtschaftlichen Gesamtmodelle…, so fällt zunächst auf, dass sie keinen der das Geldangebot bzw. seine Veränderungen bestimmenden Faktoren in irgendeiner Weise funktional mit den übrigen Systemvariablen zu verknüpfen sucht. Vielmehr geht sie grundsätzlich davon aus, dass alle unmittelbaren Determinanten des Geldangebots systemexogen sind und damit ihrerseits weder vom Nominaleinkommen bzw. seinen Komponenten Preisniveau und Output noch von der Höhe der Zinsen, des Geldlohns oder der Beschäftigung abhängen.”
Was hier im Stil der siebziger Jahre verfasst wurde, ist etwas, was sich die Buchhaltungsfreaks unserer Tage hinter ihre Ohren schreiben sollten: Ökonomische Analysen finden nicht im luftleeren Raum statt, sondern müssen menschliches Handeln erfassen und dazu bedarf es mehr als starrer Multiplikatoren oder unschuldiger T-Konten, die mit Zahlen vollgemalt werden. Das alte Standardmodell wurde und wird – wie Rüdiger Bachmann in FAZIT erläutert hat – aus didaktischen Gründen Anfängern immer noch beigebracht. Aber dort endet die Geschichte nicht.
Denn mit Blick auf die Determinanten menschlichen Handelns ist das Standardmodell ärmlich, wie schon damals Neldner feststellte: “Soweit die Geldschöpfungslehre überhaupt mit Verhaltenshypothesen arbeitet, handelt es sich um einige stark vereinfachende Annahmen über die Nachfrage des Publikums und der Banken nach finanziellen Vermögensobjekten.”
An dieser Stelle wird deutlich, wie völlig abwegig die Bezeichnung der simplen Multiplikatoranalyse als “neoklassisch” ist. Einerseits werfen Heterodoxe der Neoklassik häufig ihre Mikrofundierung makroökonomischer Analysen vor. Dagegen entbehrt das Multiplikatormodell jeder Mikrofundierung.
Der Multiplikator im Lehrbuch
Im Folgenden soll gezeigt werden, dass die Lehrbücher in Deutschland schon früher über das simple Multiplikatormodell hinausgegangen sind. Viele Studentengenerationen haben mit dieser Literatur gearbeitet. Eine kleine Auswahl soll folgen:
- Otmar Issing: Einführung in die Geldtheorie. 11. Auflage (1998)
“Nach der Darstellung des vorangehenden Abschnittes scheint sich die Bestimmung der Geldmenge auf ein rein arithmetisches Problem zu reduzieren: Die Notenbank entscheidet über die Höhe des Basisgeldes, die gesamte Geldmenge errechnet sich als Produkt aus Basisgeld und dem jeweiligen Geldmultiplikator….Wie man leicht erkennen kann, verbergen sich hinter den als konstant unterstellten Quoten und übrigen Voraussetzungen des älteren Multiplikatoransatzes einfache Annahmen über das Verhalten von Geschäftsbanken und Nichtbanken. Die moderne Geldangebotstheorie betrachtet diese Daten als erklärungsbedürftige Variable; sie versucht, die Determinanten des Verhaltens der am Geldangebotsprozess Beteiligten zu analysieren…” (Dies unter anderem für jene “Spezialisten” in der Blogosphäre, die meinen, bei der Bundesbank habe man dem simplen Multiplikatormodell gehuldigt.)
2. Wolfgang Gebauer: Geld und Währung. 2. Auflage (2004)
“In Anlehnung an ältere Literaturbeiträge wird der Prozess einer multiplen Geldschöpfung formal aus Bilanzrelationen und vorgegebenen konstanten Koeffizienten.. abgeleitet…. Neuere Arbeiten kritisieren zu Recht, dass der Multiplikator-Ansatz die relevanten finanziellen Portfoliodispositionen und die dahinter stehenden Verhaltensweisen eher verhüllt als erklärt.. Zunehmend gibt man daher die Annahme konstanter Koeffizienten auf und versucht, das Portfolioverhalten der beteiligten Akteure theoretisch zu modellieren und empirisch zu schätzen…So trivial diese Feststellungen als einfache Beschreibungen unseres Alltagswissens klingen, so grundlegend ist ihre theoretische Bedeutung: Die Geldtheorie muss bei einem Versuch, das Geldangebot zu systematisch zu erklären, immer auch die Geldnachfrage explizit einbeziehen!”
3. Wilfried Fuhrmann: Geld und Kredit. 2. Auflage (1994)
“Der Übergang von der Erklärung des Prozesses der Geld- und Kreditschöpfung zum gesamtwirtschaftlichen Geld- und Kreditangebot entspricht dem Übergang von einer mechanistischen Betrachtungsweise aufgrund von ‘Tautologien’ zu einem auf dem Optimierungsverhalten aller beteiligten Wirtschaftssubjekte basierenden Ansatz. Entsprechend ist das Optimierungsverhalten der einzelnen Bank zu erklären bzw. eine mikroökonomische Fundierung notwendig.”
4. Hans-Joachim Jarchow: Theorie und Politik des Geldes. I. Geldtheorie. 9. Auflage (1993)
“Eine Schwäche der im vorhergehenden Abschnitt durchgeführten Analyse des monetären Bereichs ist darin zu sehen, dass das Geldangebot und damit auch die Geldmenge als exogen fixierte Größen angesehen werden. Unser Ziel ist es deshalb, die Geldmenge als endogene, d.h., aus dem Modell heraus bestimmte Variable darzustellen und dabei insbesondere den für die Geldschöpfung wichtigen Kreditgewährungsprozess der Geschäftsbanken sowie die geldpolitischen Aktivitäten der Zentralbank zu berücksichtigen… Das Kreditangebot wird damit aus einer rentabilitätsorientierten Verhaltensweise der Geschäftsbanken abgeleitet und damit auf verschiedene Weise von verschiedenen Zinsen abhängig. Da mit jeder Kreditgewährung Geld zur Verfügung gestellt wird, impliziert jedes Kreditangebot auch ein entsprechendes Geldangebot.”
5. Manfred Borchert: Geld und Kredit. 7. Auflage (2001)
“Die traditionelle Multiplikatortheorie hat das Verhalten des Publikums kaum integriert… Neuere Ansätze analysieren daher die Portfolioentscheidungen der Nichtbanken und deren Determinanten sowie ihre Nachfrage nach Bankkrediten.”
6. Duwendag/Ketterer/Kösters/Pohl/Simmert: Geldtheorie und Geldpolitik. 4. Auflage (1993)
“Die neuen geldangebotstheoretischen Ansätze gehen ab von einer ‘mechanistischen’ Analyse der Zusammenhänge zwischen dem von der Zentralbank geschaffenen Reservegeld (Zentralbankgeld) und dem Geldangebot der Banken. Statt dessen wird das Geldangebot bzw. Kreditangebot der Banken durch das Zusammenspiel der Verhaltensweisen von Zentralbank, Banken und Publikum erklärt… In der neueren Geld- und Kredittheorie geht man davon aus, dass das Verhalten der Banken durch Rentabilitäts-, Liquiditäts- und Sicherheitsüberlegungen bestimmt wird. Entsprechend diesen Überlegungen versuchen die Banken in Abhängigkeit von der Struktur der Zinssätze eine optimale Struktur ihrer Aktiva und – soweit möglich – Passiva zu realisieren.”
7. Peter Spahn: Geldpolitik. 3. Auflage (2012)
“Die mechanistische Theorie des Geldschöpfungsmultiplikators ist aufgrund ihrer vereinfachenden Annahmen zu kritisieren. So bleiben Zinseffekte auf allem Marktseiten ausgespart. Vor allem aber erweckt der Ansatz den falschen Eindruck, als müsse einer Kreditexpansion stets eine höhere Geldmengenvorgabe seitens der Zentralbank vorangehen. Tasächlich sind aber oft die Geschäftsbanken in der Führungsrolle. Sie wählen solide und profitabel erscheinende Kreditprojekte aus und versuchen dann, die im Zuge des gesamten Bankgeschäfts anfallenden Bargeldabforderungen und Mindestreserveverpflichtungen durch eine nachträgliche Refinanzierung insbesondere bei der Zentralbank abzudecken.”
Der Nachweis, dass das simple und mechanistische Multiplikatormodell, in dem die Zentralbank die Geldversorgung durch die Geschäftsbanken starr steuert, schon seit Jahrzehnten in der deutschen Lehrbuchliteratur obsolet war, soll für heute genügen. Er belegt die Irrelevanz von vielem, was in den vergangenen Jahren in der deutschen Blogosphäre großsprecherisch als Verkündung neuer Weisheiten präsentiert worden ist. Ebenso lässt sich zeigen, dass der berühmte Aufsatz der Bundesbank in ihrem April-Monatsbericht keineswegs eine “Revolution” darstellt – da steht, was die Bundesbank schon früher geschrieben hatte.
Mit der Frage, wie eine moderne Geldangebotstheorie aussieht, befassen wir uns in den kommenden Beiträgen.
"ein GUTER WILLE" [Kant] und Recht haben...
alles lesende ,ja denn wenn es sein muss,Meister Eckhardt bevorzugt.
Etwas ernsthafteres,das” Anthropoceen “,oder wie der Mensch Guter Willens
sich verhält zur Passant seins:” Homo detritus,critique de la société du
déchet “,Baptiste Monsaingeon,Seuil ,Paris.
Es gibt noch immer Hoffnung!
Politisch Bedenkliches von den Geld-Schamanen
Lieber Herr Braunberger,
zum besseren Verständnis der „magischen“ Geldtheorien würde ich gerne noch ein paar Anmerkungen zu den politischen Hintergründen machen.
Die bekanntesten Proponenten der „Geldschöpfung ex nihilo“ sind die Ökonomie-Professoren Dirk Ehnts, Steve Keen, Bill Mitchell und Richard A. Werner. Sie alle haben, um das Mindeste zu sagen, ziemlich befremdliche politische Ansichten beziehungsweise sie treten, wie Ehnts, zuweilen in einem recht bedenklichen Umfeld auf.
So hat Ehnts vor einiger Zeit dem Onlineportal FM Ken ein Interview gegeben. Das Portal ist ein Tummelplatz für die einschlägig bekannten Verschwörungstheoretiker dieses Landes – von Mattias Bröckers über Jürgen Elsässer bis Andreas von Schöler. Betrieben wird FM Ken von Ken Jebsen, einem ehemaligen Moderator von Radio Berlin-Brandenburg, der 2011 wegen antisemitischer Hetztiraden gefeuert wurde.
Ich denke, ein anständiger Mensch geht da nicht hin. Dirk Ehnts und sein Verlag werben aber sogar noch mit diesem peinlichen Auftritt.
Keen, Mitchell und Werner befürworten allesamt den Brexit. Keen verweist zur Begründung in Interviews und Blog-Beiträgen mehrfach auf die vermeintlichen Gefahren der Immigration. Er nennt insbesondere die angebliche Masseneinwanderung aus Spanien, die zu einer systemischen Gefahr zu werden drohe (den britischen Einwanderungsbehörden ist von einer solchen Massen-Immigration aber offenbar nichts bekannt).
Eine unter vielen Quellen: https://www.dailyreckoning.co.uk/economy/professor-steve-keen-on-the-problem-with-europe/
Bill Mitchell befürwortet den Brexit ebenfalls mit populistischen Argumenten:
https://bilbo.economicoutlook.net/blog/?p=33894
Zu den Helden der heterodoxen Geldfetischisten zählt an vorderster Front der deutsch-britische Ökonomieprofessor Richard A. Werner, ebenfalls ein entschiedener Befürworter des Brexit. Werner vertritt eine sehr eigenartige Theorie zur Entstehung der EU. Sie sei, so spekuliert er, das Ergebnis einer Verschwörung der amerikanischen Geheimdienste:
„The revelation that the EU is the result of a major US secret service operation – effectively just yet another secret creature of deception launched by the CIA (taking seat of honour in the hall of infamy that includes false flag operations, invasions, coup-detats, and the establishment of organisations such as Al Qaida and ISIS) solves the third mystery, namely how on earth the allegedly democratic European nations could design such an undemocratic, virtually dictatorial structure.“
Quelle: https://professorwerner.wordpress.com/2016/06/21/eu-basics-your-guide-to-the-uk-referendum-on-eu-membership/
Die EU auf einer Stufe mit Al-Qaida und dem Islamischen Staat – was soll man dazu sagen? Es verwundert nicht, dass ein solch verwirrter Geist eine völlig überzogene, unrealistische Auffassung von der Rolle der Banken in einer Volkswirtschaft hat:
„(…) economic growth and national income are almost entirely determined by a factor that is decided at home, namely the amount of bank credit created for productive purposes.“
Das soll es aber zu diesem Thema von meiner Seite aus gewesen sein. Jede weitere Beschäftigung mit diesem Irrsinn wäre Zeitverschwendung.
Menschlich Bedenkliches von Guenter Heismann
Schon wieder nur billige ad hominem Polemik statt Sachargumente. Was bezwecken Sie hiermit eigentlich, Herr Heismann. Etwas mehr Niveau hätte dieses Format hier schon verdient. Oder geht es Ihnen gar nicht um die Sache?
„Das soll es aber zu diesem Thema von meiner Seite aus gewesen sein.“
Ihr Wort in Gottes Ohr, sofern es um das Thema Diffamierung und Denunzierung geht.
LG Michael Stöcker
@Heismann @Stoecker
Die beiden Herren mögen sich beruhigen.
Gruß
gb
Die Magie der Geldschöpfung
Heterodoxe Blogger und Ökonomen haben weithin ein magisches Verständnis der Wirtschaft. Wer den Dingen die richtigen Namen gibt, kann die Wirklichkeit in seinen Bann schlagen.
Dies lässt sich wunderbar an der Geldschöpfung beobachten. Der Vorgang, an dem in der Realität Banken, Zentralbanken und Unternehmen in Form von komplexen Transaktionen beteiligt sind, wird auf eine einzige symbolische Handlung reduziert.
Diese symbolische oder magische Handlung besteht wiederum aus einem schlichten Buchungssatz. Die Heterodoxen verleihen dem Buchhalter die Fähigkeiten eines Schamanen.
Einst behaupteten manche Alchemisten, sie könnten Gold erschaffen. Doch benötigten sie hierfür zumindest eine andere physische Substanz – nämlich Blei.
Heute kommen die Scharlatane ohne alle Voraussetzungen aus. Sie betreiben „Geldschöpfung aus dem Nichts“.
Der Begriff „Geldschöpfung“ hat in manchen Ohren etwas Anstößiges. Schöpfungsakte finden ansonsten nur in der Religion oder der Kunst statt.
Statt von Geldschöpfung sollte daher besser von „Wachstum der Geldmenge M3 aus dem Nichts“ gesprochen werden. Doch dieser nüchterne Begriff würde den ganzen Zauber schlagartig in sich zusammenfallen lassen.
Die heterodoxe Geldtheorie hängt also ganz von den richtigen, den magisch oder auch religiös geprägten Begriffen ab. Dies ist der eigentliche Grund, warum in den Blogs so heftig um Wörter gestritten wird; Tatsachen, Zahlen und reale Vorgänge interessieren ja nicht.
Wer die falschen Begriffe verwendet, offenbart sich als Häretiker. Dies gilt selbst für ganz unschuldige Wörter wie Geldmultiplikator oder Finanzintermediär.
Ketzer aber werden in den Blogs gnadenlos verfolgt. Gegenüber Andersdenkenden sind Heterodoxe so tolerant wie Tomas de Torquemada.
Warum aber dieses ganze Palaver um den Fetisch Geld? Da hätte ich nur Mutmaßungen zu bieten.
Wenn es tatsächlich Geldschöpfung aus dem Nichts geben würde, könnten damit natürlich alle möglichen finanziellen, wirtschaftlichen und politischen Probleme gelöst werden. Die Magier in der Buchhaltung bräuchten bloß „Simsalabim“ zu rufen, und es wäre genügend Geld für alle da.
Genau dies aber geschieht nicht. Denn wir sind alle verblendet – von den Bankern über die EZB und die Finanzminister bis hin zu den Foristen, die ihren Verstand behalten haben.
Die Magie des Geistes
Und wieder einmal nur billige Polemik, die ganz ohne Argumentation daher kommt. Der mittelalterliche Rückfall auf die Goldmarie zeigt sehr schön, dass es immer noch ein fundamentales Missverständnis gibt hinsichtlich der Funktionsweise eines zweistufigen Kreditgeldsystems.
„Heute kommen die Scharlatane ohne alle Voraussetzungen aus. Sie betreiben „Geldschöpfung aus dem Nichts“.
Ja, solche Scharlatane/Verirrten gibt es immer mal wieder, sie werden aber auch sehr schnell als solche entlarvt (siehe Link im Kommentar weiter unten).
„Wer die falschen Begriffe verwendet, offenbart sich als Häretiker. Dies gilt selbst für ganz unschuldige Wörter wie Geldmultiplikator oder Finanzintermediär.“
Die Wörter sind immer „unschuldig“; schuldig machen sich diejenigen, die diese Begriffe ganz „unschuldig“ für die Erklärung der Funktionsweise eines zweistufigen Geldsystems heranziehen. Und wer an das vergangene Märchen vom Intermediär glaubt, der tanzt auch nach über 2000 Jahren biblischer Aufklärungsversuche immer noch ums goldene Kalb (hier für alle anderen der Hinweis auf meinen Kommentar von gestern: https://blogs.faz.net/fazit/2017/07/09/8879-8879/comment-page-2/#comment-6902).
„Ketzer aber werden in den Blogs gnadenlos verfolgt. Gegenüber Andersdenkenden sind Heterodoxe so tolerant wie Tomas de Torquemada.“
Ich kann mich hier nur an einen Großinquisitor erinnern, der sich auf der Ökonomenstimme in der Toleranz eines Tomás de Torquemada übte; und der war keinesfalls heterodoxer Natur.
„Wenn es tatsächlich Geldschöpfung aus dem Nichts geben würde…“
Nein, die gibt es nicht. Was es aber sehr wohl gibt, das sind vertragliche Vereinbarungen. Und solche vertraglichen Vereinbarungen bedürfen der staatlichen Rechtsordnung, in der solche Vereinbarungen auch gewaltfrei durchgesetzt werden können. Es handelt sich also bei einem Kreditvertrag um einen höheren Akt des menschlichen Geistes und nicht um einen primitiven (neo)klassischen Tausch- und/oder Leihakt.
Geld ist das, was gilt (guilty) und nicht das, was als „ausleihbarer Fonds“ glänzt. Die Bedeutung der Währungssymbolik ist leider völlig in Vergessenheit geraten. Alle bedeutenden Währungen haben den Doppelstrich: ₤ ¥ € und eigentlich auch der Dollar. Warum? Es ist ein Hinweis auf den Geistesakt, der mittels Kerbhölzern dokumentiert wurde: Zwei passende Kerbhölzer symbolisierten immer ein bilaterales Schuldverhältnis. Die Bank of England hat noch bis 1826 mit solchen Kerbhölzern gearbeitet.
Diese kleine geistige Abstraktionshürde reißen allerdings die meisten Menschen immer noch und deswegen ruinieren wir auch heute noch unsere Umwelt und die Gesundheit von vielen Menschen mit einer weitestgehend völlig sinnlosen Betätigung: https://www.br.de/radio/bayern2/wissen/radiowissen/mensch-natur-umwelt/gold-edelmetall-100.html.
„Die Magier in der Buchhaltung bräuchten bloß „Simsalabim“ zu rufen, und es wäre genügend Geld für alle da.“
Genau so haben es die Zentralbanken 2008 ff. gemacht. Und „Simsalabim“ konnten sich die TARGET-Salden herausbilden. Damit war natürlich nicht genügend Geld für alle da, aber zumindest für alle Banken.
Richtig ist, dass wir damit selbstverständlich NICHT alle möglichen finanziellen, wirtschaftlichen und politischen Probleme lösen können. Und das muss insbesondere noch die Vollgeldbewegung lernen.
LG Michael Stöcker
Geldtheorie und alternative Finanzierung
Lieber Herr Braunberger,
vielen Dank für die Zitate-Sammlung. Es wäre auch sehr verwunderlich, wenn Geldtheoretiker angesichts der komplexen Realität mechanistische Modelle verwenden würden.
Ich würde gerne noch etwas ergänzen. Die leichtfertige Rede von der „Geldschöpfung aus dem Nichts“ suggeriert, dass Banken nahezu nach Belieben Kredite aus dem Ärmel schütteln können und dies auch tatsächlich tun.
Die Realität zeigt ein etwas anderes Bild. Der Bestand an Krediten stagniert in Deutschland seit mehreren Jahren. Laut der Bundesbank bewegen sich die Buchforderungen der MFIs an Haushalte und Unternehmen seit 2010 konstant bei etwa 3,2 Billionen Euro. Erst in jüngster Zeit sehen wir einen deutlichen Anstieg der Neukredite.
Die Erklärung besteht m. E. darin, dass potenzielle Kreditnehmer zunehmend Alternativen für die Finanzierung wählen. Dies gilt insbesondere für die Unternehmen.
Seit Ausbruch der Finanzkrise finanzieren sich Großunternehmen in wachsendem Maße mit Anleihen. Firmen mit erstklassiger Bonität können den Bond-Gläubigern Konditionen bieten, die für die Emittenten nahezu genauso günstig sind wie bei Bundesanleihen. Wenn mir recht ist, sind Anleihen mittlerweile bei Großunternehmen für die Finanzierung ebenso bedeutend wie Bankkredite.
Auch große Mittelständler finanzieren aufwendige Investitionen zunehmend mit Bonds. Dies war vor zwanzig Jahren praktisch nicht möglich. Überdies haben Mittelständler die guten alten Schuldscheine wiederentdeckt, die gerne von Lebensversicherern, Pensionsfonds und anderen institutionellen Investoren gezeichnet werden.
Für die Geldtheorie bedeutet dies: Die Nachfrage nach Krediten und damit auch die Geldschöpfung der Banken wird nicht zuletzt durch die vorhandenen Finanzierungsalternativen und deren Konditionen bestimmt.
Spurensuche//Notizensammlung Internationale Wirtschaftswissenschaftliche Beziehungen
damals[ und heute] war wichtig wie Währungen wirtschaftspolitisch instrumentalisiert werden könnten und sollten.
Daher das Begriff “Geldillusie”,langfristig sollte dass ja nicht geben oder sein.
Dazu kommt das Begriff “Revaluation ” einer Währung.
Und Devaluation,beiden “steuern” Schuldenlasten.
Aber entgegengesetzter Weise.
Die monetäre Instrumente und die konkrete Ereignisse ihr eigens ,EZB und
Nationale Zentralbanken,oder prognostizierte “Reagenz ” Finanzielle Märkte und Börsen; de facto meines Wissens dasselbe wie einst die Revaluation der Geldpolitik.
Immer monetäre Ereignisse bewerten und manchmal revalorisieren.
Ein Spur ?
Die Hetrodoxen
Sehr geehrter Herr Baumberger
Wir haben gelernt, dass der Mainstream bereits sehr lange eine richtige Vorstellung von der Geldschöpfung vertritt. Was jetzt noch fehlt ist der äquivalente Nachweis, dass “Kritiker des ökonomischen Mainstreams […] diesem eine weltfremde Geldangebotstheorie vor[werfen]”:
Wer heißen diese Kritiker? Wie lauten ihre Vorwürfe GENAU (mit Zitaten wie oben)? Ich meine, man sollte diese Fragen sehr sorgfältig beantworten, sonst laufen wir Gefahr eine Scheindebatte zu beginnen, wie R. Bachmann sie anstoßen wollte.
Was im Übrigen noch unklar bleibt ist die Frage, wieso der Mainstream seine Erkenntnisse von der richtigen Geldschöpfung bislang noch nicht in seine Modelle einfließen lassen hat. Es brauchte offensichtlich die Finanzmarktkrise, damit er sich mit seiner eigenen, richtigen Theorie ernsthaft beschäftgt.
Der Mainstream müsste zudem die Frage beantworten welche anderen, richtigen Theorien noch in seinem Köcher schlummern, die ebenfalls noch nicht in seine Modelle einfließen und wie die Krise aussehen muss, die den Mainstream veranlassen wird, diese ebenfalls Ernst zu nehmen.
Zum Schluss: Welches didaktische Konzept steckt hinter der Idee, erst einmal etwas falsches zu lehren (s. R. Bachmann), um später den gelehrten Unsinn zu widerrufen? Gibt es für dieses Vorgehen irgendeine wisschenschaftliche Rechtfertigung?
Beste Grüße
Ulf Kalkofe
So oder auch nicht,so oder anders.....//Der Wesen der Wirtschaftswissenschaft bezüglich
reales Geschehens ist der Sinn ,oder auch nicht.
Das Textbuchsammelsurium kann nie lebensfähig sein ,wenn es an
einem universaler Sinn kein teilhat .
Das unbenannte hat kein Sinn , ebenso wie isolierte Begriffe ,Worte und
Textbücher.
Dazu braucht die Wirtschaftsjournalismus die Bruchstücke des alltägliches zu sammeln zur Deutung des tägliche Geschehens.!
Verbindungen sollten wieder hergestellt werden ,wäre es nur allein und
allein darum das genaue Wortlaut der Wirtschaftswissenschaft im Umgangssprachlichen Räumen wieder und jeder Tag aufs neue herzustellen.
Zur Verständigung.
Letzt endlich war und ist dasselbige,lange her und heute,Mythologie .
Mythologie des menslichen Daseins,eingebettet im Kosmogonien.
So ist es sicher kein Schlechtes oder Schande oder minderwertiges wenn
ein Wirtschaftswissenschaftlicher sich benehmen darf wie ein Don Quichotte de La Mancha[ verklärt vertont im Don Quichotte von Strauss!].
Ein Blog wie "Die öffentliche Bibliothek" Isaak Babels
Bibliotheksbesuch für z.B.
Börsennachrichten ,wie auch immer oder was, ein jeder sei willkommen.
Vielleicht auf der Suche nach Webers “Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus”?Kein Problem.
Oder die Geschichte der Zinsen im katholischen historischen Perzeption?
Schichten über Schichten bis zum heutigen Tag.
Und:
“Aucune parole ne précède les vrais départs
Seule une parole d’avenir les accompagne.”
[Jabes].
Knut Wicksell und das Geldangebot
„So viel Geld bei den Banken nachgefragt wird, so viel können sie — die Solidität des Borgers vorausgesetzt — auch leihen. Sie thun ja dabei nicht mehr, als eine Zahl in das Konto des Borgers als bewilligten Kredit oder fingiertes Depositum einzutragen. Werden ihnen nachher die daraufhin gezogenen Checks präsentiert, so schreiben sie den betreffenden Betrag dem Konto des Checkinhabers als eingezahltes Depositum (oder abgezahlte Schuld) gut. Das „Angebot an Geld“ wird also durch die Nachfrage selbst geschaffen.“ https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/wicksell1898 Seite 101/102.
Die Grenzen liegen damit allerdings nicht nur einseitig auf der Nachfrageseite (Verschuldungswilligkeit), sondern auch auf der Angebotsseite und zwar insbesondere bei den Eigenkapitalanforderungen sowie der Liquidity Coverage Ratio (LCR) in Verbindung mit den High-Quality Liquid Assets (HQLA) nach Basel III: https://makroskop.eu/2017/07/banken-im-schlaraffenland/
Nach Wicksell ist es nun die Kunst der Zentralbanken, den Geldzins dem natürlichen Zins anzupassen.
„Zu jeder Zeit und in jeder Lage der volkswirtschaftlichen Verhältnisse wird es eine Höhe der durchschnittlichen Rate des Geldzinses geben, bei welcher das allgemeine Niveau der Warenpreise keine Tendenz mehr hat, sich aufwärts oder abwärts zu bewegen. Wir nennen diese die normale Zinsrate, ihr Betrag wird von dem gleichzeitigen Stande des natürlichen Kapitalzinses bestimmt und muss mit diesem steigen oder fallen.“ (Seite 111).
Zum Thema r* siehe auch: https://www.frbsf.org/economic-research/files/wp2017-16.pdf bzw. in Kurzform: https://www.frbsf.org/economic-research/publications/economic-letter/2017/june/financial-market-evidence-for-lower-natural-interest-rate-r-star/
LG Michael Stöcker