Schon Joseph Schumpeter wusste: Nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung erfordert eine leistungsfähige Finanzwirtschaft. Aber wenn die Banken zu groß werden, beginnt das Wirtschaftswachstum zu leiden.

Wer auf ein unzureichend erforschtes Gewässer hinausfährt, sollte einen soliden Anker mitnehmen. Der Anker für diesen Beitrag über die moderne Finanzwirtschaft ist Joseph Schumpeters im Jahre 1912 erschienene Theorie der wirtschaftlichen Entwicklung. In der Öffentlichkeit verbindet sich mit dem Namen Schumpeter meist der Begriff “schöpferische Zerstörung”, der wirtschaftlichen Wandel als Folge innovativer Unternehmer beschreibt, die Geschäftsmodelle alter Unternehmen ablösen. Weniger bekannt ist, dass nach Schumpeters Ansicht der innovative Unternehmer ohne leistungsfähige Banken gar nicht zustande kommt.
Schumpeter unterschied idealtypisch zwei Wirtschaftswelten. Er ging zunächst von einer statischen Welt aus, wie sie zuvor der französische Ökonom Léon Walras in seiner Gleichgewichtstheorie beschrieben hatte: Die Menschen leben in einer Art Nullzeit, in der das Wirtschaftswachstum, die Inflationsrate und damit auch der Zins nahe Null verharren. Diese Welt wurde lange Zeit als ein rein theoretisches Konstrukt verstanden, aber die aktuelle ökonomische Lage und die Debatten über eine säkulare Stagnation lassen die Nullzeit als ein denkbares wirtschaftliches Szenario für die nahe Zukunft erscheinen. Schumpeter wusste schon vor rund 100 Jahren, was heute Bankvorstände und ihre Ökonomen mit Schrecken herausfinden: In einer solchen Welt leitet sich kaum eine Existenzberechtigung für traditionelle Banken her, da es nur wenig zu finanzieren gäbe. Und er wusste auch, dass Sparer in einer solchen Welt keine Zinsen erwarten können.
In Schumpeters alternativer Welt reißen junge und dynamische Unternehmer die statische Wirtschaft aus der Nullzeit heraus, indem sie mit neuen Kombinationen der Produktionsfaktoren Arbeit und Kapital nützlichere Güter und Dienstleistungen auf den Markt bringen. Nur: Diese jungen Unternehmen haben annahmegemäß kein Geld und nach Schumpeter bedarf es daher kreditgebender Banken, um die Wirtschaft in Schwung zu bringen. In einer Epoche, in der Kenntnisse der Antike noch an guten Schulen unterrichtet wurden, verglich Schumpeter seine schöpferischen Unternehmer mit den Königen Spartas und die Banken mit den “Ephoren”. So wurden in Sparta hohe Beamte genannt, die gemeinsam mit den Königen den Staat führten und erhebliche Befugnisse besaßen. Das Fazit von Schumpeters Theorie lautet: Wirtschaftliches Wachstum entsteht aus dem Zusammenwirken innovativer Unternehmer mit den Banken. Ohne innovative Unternehmen gibt es keine Banken, aber umgekehrt gibt es ohne Banken auch keine innovativen Unternehmen und damit auch kein Wirtschaftswachstum. Sollte dies richtig sein, wären zeitgenössische Forderungen nach einer sehr viel kleineren Finanzbranche möglicherweise kontraproduktiv.
Schumpeter war einer der ersten Ökonomen, der die bis heute häufig nicht richtig verstandene Geldentstehung durch Kreditvergabe von Geschäftsbanken begriffen hatte. Der Österreicher erkannte, dass eine zusätzliche Geldproduktion zugunsten von Unternehmen, die erst später Güter produzieren werden, am Anfang inflationär wirkt. Aber er hielt dies für unumgänglich, um das Wirtschaftswachstum in Gang zu bringen, und er betrachtete es als unbedenklich, weil mit der späteren Tilgung der Schulden durch die Unternehmen das zusätzlich geschaffene Geld wieder verschwinden würde.
Wichtig ist: Schumpeter hielt nur Geldproduktion der Geschäftsbanken durch Finanzierung innovativer Unternehmen für zulässig; die Finanzierung von Konsum oder Investitionen in altmodischen Branche auf diesem Wege lehnte er ab: “Der einzig wirklich gültige Schluss ist der, dass der Kreditapparat so gebaut ist, dass er der Verbesserung des Produktionsapparats dient und jede andere Benutzung unter Strafe stellt.” Schulden sind nicht per se gut oder schlecht.
In der Theorie von 1912 wissen kundige Banker, welche Unternehmen sie zu finanzieren haben und der wirtschaftliche Entwicklungsprozess verläuft daher störungsfrei. Eine Weltwirtschaftskrise später entwickelte Schumpeter in seinem 1939 erschienenen Monumentalwerk über Konjunkturzyklen ein differenziertes Bild, das eine schwere Krise als Option zulässt, sie aber nicht erzwingt. Hier beginnen die Banken mit der vernünftigen Finanzierung innovativer Unternehmen, aber eine durch das Wirtschaftswachstum und steigende Börsenkurse ausgelöste Euphorie lässt die Banker ihren kühlen Kopf verlieren und auch andere, weniger rentable Projekte finanzieren. Die Finanzwirtschaft bläht sich auf und die kreditfinanzierten Spekulationsblasen finden anschließend ein Ende in einer schweren Wirtschaftskrise. Ursprünglich war Schumpeter der Ansicht, ein stabilisierendes Eingreifen der Politik wäre unnötig, weil neue innovative Unternehmen alleine für den Wiederaufstieg der Wirtschaft sorgen würden. Später räumte er in sehr schweren Krisen eine Rolle für aktive Konjunkturpolitik ein.
Vorzüge starker Banken
Schumpeters Konjunkturtheorie fiel rasch in Vergessenheit und auch in der jüngsten Finanzkrise wurde sie nicht wieder entdeckt. Aber die Frage, ob ein Zusammenhang zwischen der Entwicklung der Banken – oder allgemeiner: der Finanzwirtschaft – und der Entwicklung der Realwirtschaft besteht, wurde nach dem Zweiten Weltkrieg wieder aufgenommen, allerdings mit widersprüchlichen Schlussfolgerungen. Der Finanzökonom und Nobelpreisträger Merton Miller vertrat die These, der Beitrag der Finanzbranche zum Wirtschaftswachstum wäre so offensichtlich, dass er keiner Diskussion bedürfte. Der Makroökonom und Nobelpreisträger Robert Lucas wiederum warnte vor einer Überschätzung der Finanzbranche und weite Teile des ökonomischen Mainstreams schlossen sich dieser Überzeugung an. Ein Beispiel ist jener Zweig der modernen Wachstumstheorie, der sich “neo-schumpeterianisch” nennt: In ihm sorgen im Geiste des Altmeisters innovative Unternehmer für Wirtschaftswachstum. Leider ist der Banker abhanden gekommen.
Kein Ökonom hat sich in der jüngeren Vergangenheit intensiver mit dem Verhältnis von Finanzwirtschaft und Realwirtschaft befasst als der Amerikaner Ross Levine. In einem vorläufigen Fazit antwortete er vor rund zehn Jahren auf die Frage, ob die Finanzwirtschaft für das Wirtschaftswachstum wichtig ist, sinngemäß mit: “Ja, aber…” Denn es liegen viele empirische Untersuchungen vor, die für verschiedene Länder ein paralleles Wachstum von Finanz- und Realwirtschaft nachweisen. Aber häufig bleibt unklar, was Ursache ist und was Wirkung. Vielleicht vermag eine aus sich selbst heraus wachsende Realwirtschaft die Entwicklung der Finanzwirtschaft zu treiben, ohne von ihr abhängig zu sein. Diese, Schumpeter widersprechende Annahme ist implizit in vielen gesamtwirtschaftlichen Modellen enthalten, die vor der Krise von 2007 unter anderem von Notenbanken konsultiert wurden. Nach Abwägung vieler Bedenken sieht Levine jedoch die These von der Unterstützung des Wirtschaftswachstums durch eine wachsende Finanzbranche als plausibel an.
Auf welche Weise könnte die Finanzwirtschaft das Wachstum der Realwirtschaft stimulieren? Hier ist die empirische Erkenntnis wichtig, nach der die reine Bildung von Sachkapital das langfristige Wirtschaftswachstum fast gar nicht antreibt, wohl aber die Entwicklung der Bevölkerung sowie der Produktivitätsfortschritt. Das Bevölkerungswachstum kann von der Finanzbranche unmittelbar nicht gefördert werden, wohl aber das Produktivitätswachstum durch die finanzielle Unterstützung technischen Fortschritts. Schumpeters Bild von der Rolle der Banken scheint somit auch für unsere Zeit zu gelten. Levine nennt fünf Instrumente, mit denen die Finanzwirtschaft nach der Theorie hilfreich wirken kann:
- die Beschaffung von Informationen über lohnenswerte Investitionsprojekte
- die Überwachung des Kreditnehmers nach der Finanzierung
- die Erleichterung des Handels, der Diversifizierung und des Managements von Risiken
- die Zusammenführung individueller Ersparnisse und ihre Mobilisierung
- die Erleichterung des Handels von Gütern und Dienstleistungen.
Das sind Kernelemente der modernen Theorie der Bank. Eine praktische Schwierigkeit besteht jedoch in der fehlenden Möglichkeit, die fünf Einflussfaktoren präzise zu messen. Daher hat sich als Indikator für die Finanzwirtschaft die Summe der Bankkredite an Unternehmen und Privathaushalte im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) etabliert, weil diese Daten für zahlreiche Länder und für lange Zeiträume verfügbar sind. Daraus entstand dann die Überzeugung, dass eine wachsende Verschuldung der privaten Unternehmen und Haushalte das Wirtschaftswachstum befördert. Privatverschuldung galt als vorteilhaft und wurde daher von vielen Ökonomen unkritisch gesehen.
In einer Vielzahl von Studien fächerten Ökonomen diesen Zusammenhang weiter auf. Raghuram Rajan und Luigi Zingales belegten Ende der neunziger Jahre, wie sehr in den Vereinigten Staaten von externen Finanzierungen abhängige Branchen wie die Pharmaindustrie von der wachsenden Bankenbranche profitierten. Wenige Jahre später zeigte Thorsten Beck, dass Länder mit gut entwickelten Finanzwirtschaften in Branchen mit hoher Fremdfinanzierung stark im Exportgeschäft sind. Die internationale Wettbewerbsfähigkeit eines Landes schien offenbar auch von der Leistungsfähigkeit seiner Finanzwirtschaft abzuhängen.
Kosten der Finanzwirtschaft
Doch seit einigen Jahren dreht sich der Wind, nachdem die Finanzwirtschaft in den Industrienationen überproportional stark gewachsen ist. So entfielen in den Vereinigten Staaten im Jahre 1950 nur 2,8 Prozent des BIP auf die Finanzwirtschaft. Im Jahre 1980 betrug ihr Anteil 4,9 Prozent und im Jahre 2006 gar 8,3 Prozent. Mehrere Gründe haben zu dieser Entwicklung beigetragen, darunter der politische Rahmen wie Deregulierungen, Subventionierungen und die Geldpolitik, aber auch der technische Fortschritt, der säkulare Rückgang des Realzinses sowie eine steigende und zunehmend diversifizierte Nachfrage nach Finanzprodukten.
Heute macht die These von der Vorteilhaftigkeit einer wachsenden Finanzbranche für das Wirtschaftswachstum in den Industrienationen einer entgegengesetzten Auffassung Platz, nach der eine wachsende Finanzbranche das Wirtschaftswachstum schädigen kann. Mehrere Trends haben zu dieser Neuorientierung beigetragen.
- Die Privatverschuldung ist in den Industrienationen viel zu schnell gewachsen, weil Banken gegen Schumpeters Prinzip verstoßen haben und neben innovativen Unternehmen auch wenig produktivitätssteigernde Projekte finanzierten. Nach Berechnungen des Ökonomen Adair Turner ist im vergangenen Vierteljahrhundert in den Industrienationen die Kreditvergabe an Unternehmen und Privatpersonen im Durchschnitt um 10 bis 15 Prozent im Jahr gewachsen, während gleichzeitig das nominale BIP nur um 4 bis 5 Prozent im Jahr zulegte. Das spricht für eine sehr ineffiziente Kreditvergabe. Ein großer Teil der Bankkredite wurde zur Finanzierung von Immobilien vergeben und gerade hier kam es zu erheblichen Fehllenkungen von Kapital, wie sich anhand schwerer Immobilienkrisen mit anschließenden Leerständen zeigen lässt. “Je reicher die betrachteten Länder werden, umso weniger eignet sich das Verhältnis von privatem Kredit zum BIP – und besonders von Unternehmenskrediten – als ein Indikator für die geschäftliche Ausrichtung von Banken”, schreibt Beck.
- Schumpeter beschränkte seine Analyse der Finanzwirtschaft weitgehend auf Banken, aber trotz der wichtigen Rolle der Banken als Kreditgeber ist heute eine differenzierte Betrachtung notwendig. Robin Greenwood und David Scharfstein weisen in einer Studie über die amerikanische Finanzwirtschaft nach, dass in den vergangenen Jahrzehnten das Geschäft der Versicherer stetig wuchs, aber neben dem Bankgeschäft auch die Vermögensverwaltung, die aus der Sicht ihrer Betreiber Gebühreneinnahmen generiert, sehr stark gestiegen ist. Daneben spielen vor allem in den angelsächsischen Ländern Schattenbanken wie Hedge Fonds und Geldmarktfonds eine bedeutende Rolle. Arbeitsteilung ist auch in der Finanzwirtschaft im Grundsatz eine positive Entwicklung, die von einer wachsenden Nachfrage nach maßgeschneiderten Finanzprodukte profitiert. “Nach unserer Ansicht ist die professionelle Vermögensverwaltung vorteilhaft gewesen, indem sie eine wachsende Beteiligung der Anleger an den Finanzmärkten und eine Diversifizierung erlaubte”, argumentieren Greenwood und Scharfstein. Doch sie setzen fort: “Es existiert vermutlich zu viel aktive Vermögensverwaltung zu hohen Kosten, die Renten für die Finanzwirtschaft erzeugt und berufliches Talent von produktiveren Wirtschaftsbranchen ablenkt.” Dieses Argument lässt sich, wie der nächste Punkt zeigt, ausweiten.
- Banken und andere Finanzunternehmen haben nach Untersuchungen unter anderem von Stephen Cecchetti und Enisse Kharroubi (hier und hier) dem Produktivitätsfortschritt und damit dem Wirtschaftswachstum geschadet, indem sie sehr gut ausgebildete junge Leute, die in anderen Branchen hohen Nutzen hätten stiften können, für nicht selten wenig produktive Zwecke extrem gut bezahlen. Im Jahre 1980 verdiente ein durchschnittlicher Mitarbeiter in der amerikanischen Finanzbranche so viel wie ein Mitarbeiter in anderen Branchen. Im Jahre 2006 verdiente der Mitarbeiter in der Finanzbranche 70 Prozent mehr. Kein Wunder, dass zahlreiche Absolventen erstklassiger Hochschulen in die Finanzwirtschaft wechselten, wo die Unternehmen nicht nur Absolventen der Wirtschaftsfakultäten und Business Schools nachfragten, sondern auch Ingenieure, Mathematiker, Informatiker und Naturwissenschaftler einstellten.
- Obgleich die Finanzgeschichte der vergangenen Jahrhundert voll ist mit Episoden, in denen hohe Privatverschuldung schwere Finanzkrisen auslöste, geriet dieser Zusammenhang in den Jahrzehnten vor 2007 in Vergessenheit. Die Existenz großzügiger Schattenbanken ist in der Lage, die von großzügigen Banken ausgehenden Gefahren noch zu vergrößern. Doch wenn die Verschuldung von Unternehmen und Privathaushalten über einen langen Zeitraum schneller wächst als das nominale BIP, erlischt irgendwann die Schuldentragfähigkeit. Neuere Arbeiten von Ökonomen zeigen, wie nicht selten eine hohe Verschuldung am Immobilienmarkt Krisen auslöst, die zunächst die Solvenz von Finanzinstituten gefährden und dann auf die Realwirtschaft ausstrahlen. Als weiterer Nachteil des Immobilienbooms kommt hinzu, dass in dieser Phase Arbeitskräfte in die wenig produktive Baubranche gelockt werden – solche Kreditbooms reduzieren nach einer Studie aus der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich Schäden für die Produktivität der Gesamtwirtschaft. Ob die überdimensionierte Finanzwirtschaft anschließend schrumpft, ist aus zwei Gründen unsicher, auf die Turner verweist. Zum einen verschwinden nach Krisenausbruch die Schulden nicht, da Regierungen Massenkonkurse von Unternehmen und Bankzusammenbrüche verhindern wollen und daher bereit sind, private Schulden gegen die Ausgabe zusätzlicher staatlicher Schulden zu übernehmen. Für die Banken bedeutet dies, dass sie nicht schrumpfen, sondern in ihrer Bilanz weniger Kredit an Private, aber dafür mehr Staatsanleihen ausweisen. Zum zweiten setzt traditionelle Politik darauf, die Banken in einer Krise zu stabilisieren, damit sie anschließend einen Konjunkturaufschwung mit neuen Krediten an Private finanzieren. Eigenkapitalschwache Banken, die noch zahlreiche Kredite fragwürdiger Bonität in ihren Bilanzen haben, sind jedoch in ihrer Fähigkeit zur Kreditvergabe beschränkt. Die realwirtschaftlichen Kosten von Finanzkrisen, die auf zu hoher Verschuldung und damit auf einer zu großen Finanzbranche beruhen, sind immens.
Der moderne Schumpeter
Heute bleiben Schumpeters Einsichten ein Orientierungspunkt in einer überaus komplexen Welt. Viele Schwellen- und Entwicklungsländer haben eine unterentwickelte Finanzbranche und hier gilt die Feststellung von Cecchetti und Kharroubi: “Wenn das Kreditvolumen oder die Beschäftigung in der Finanzbranche gering ist, kann eine Zunahme der Verschuldung zum Wirtschaftswachstum beitragen.” Dagegen könnte in den Industrienationen eine Rückbesinnung auf die Prinzipien Schumpeters ein künftiges ungesundes Wachstum der Banken zumindest erschweren. “Es liegen mittlerweile mehr als genügend Nachweise vor, dass die Produktivität langsamer wächst, wenn die Verschuldung in einem Land – Verschuldung von Staat, Privathaushalten oder Unternehmen – 100 Prozent des BIP überschreitet”, schlussfolgern Cecchetti und Kharroubi. Freilich sind moderne Finanzwirtschaften so vielschichtig, dass ihre Analyse auf der Basis einer Kennzahl sehr stark vereinfacht. “Um Winston Churchill zu paraphrasieren, das Verhältnis von Privatverschuldung und BIP ist der schlechteste Indikator, um finanzielle Entwicklung zu messen – mit Ausnahme aller anderen verfügbaren Indikatoren”, schreiben Cecchetti und Kharroubi. Schumpeter wusste schon vor langer Zeit, dass in der Wirtschaftslehre Erklärungen entweder einfach oder richtig, aber gewöhnlich nicht beides zugleich sind.
Finanzierung von Produktionsanlagen mit der Geldpresse
Geht das unbegrenzt? Passt das in der europäischen Währungsunion? In Deutschland geht es der Wirtschaft zur Zeit bestens, sicher sind da viele Gründer, die keine Überlebensmöglichkeiten haben, die Zinsen hätten steigen sollen, denn die nötigen Mitteln sind begrenzt und werden nicht mit der Papierpresse geschafft. Oder kriegen wir sie von den siechenden Ländern der EU? Ich glaube nicht, dass wir in der “Nullzeit” leben, eher in einer Übergangszeit.
Zur Finanzierung mit der Geldpresse
Es ist nichts anderes als Enteignung durch die kreditgebende Bank, sei es die Zentralbank oder eine Geschäftsbank, denn die Bank entscheidet, wer von den Mitteln verfügt, nicht der Eigentümer. Man rechnet zwar mit Kapitalmärkten, mit dem Sparer, aber nur weil sie da sind, weil sie auch Spieler sind, sie werden als das, was sie sind, nicht ernst genommen. Ihre Rolle für die Wirtschaft wird unterschätzt, denn nur so kann man die Enteignung durch die Geldpresse als nötig für das Wachstum darstellen. Genau das ist vom neuen Geldsystem bezeichnend. Gilt hier Art. 14 GG? Wahrscheinlich so wenig wie andere Grundrechte, so wenig wie Meinungs-, Informations- oder Gewissensfreiheit. Für den Staat lebt der Wähler von Brot allein, nur Rechte, die die Sicherung des Lebensunterhaltes betreffen (Sozialstaat), werden ernst genommen.
[…] Fazit: Innenansichten eines Molochs […]
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Hervorragender Artikel.
Universalbanken von daher – eigentlich – obsolet.
Investmentbanken – so gesehen – ein Aberwitz.
Der grösste Teil der Kreditaufnahme ging in Staats- und privat- Konsum –
und war demnach unproduktiv. Es wird lustig
[…] Schon Joseph Schumpeter wusste: Nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung erfordert eine leistungsfähige Finanzwirtschaft. Aber wenn die Banken zu groß werden, beginnt das Wirtschaftswachstum zu… weiterlesen auf blogs.faz.net […]
Der Idee einer künftigen Dauerstagnation liegt der Gedanke zugrunde, dass einer
Produktivitätssteigerung in unserer technologischen Kultur immer ein Mehrverbrauch fossiler Rohstoffe gegenübersteht – der die effizienzbesorgende Maschine antreibt. Natürlich wird Produktivität auch gesteigert, wenn unnötige Handgriffe eliminiert werden – das führt jedoch nie zu einem Verbrauch Null. Während das Wirtschaftswachstum unserer heutigen Modelle exponentiell zulegt, nimmt das verfügbare Rohstoffvorkommen ab, nach Adam Riese muss es hier zu Frickelungen kommen. Es gibt jetzt die Idee, dass die Subprime-Kredite diese Frickelungen verschleiert hätten. Das geht so: Die Konsumenten müssen die Kostensteigerungen Öl/Rohstoffe durch höhere Preise zahlen und konsumieren weniger. Oder so: Die teureren Rohstoffe gehen zulasten der Lohnquote. Die folgende Nachfragefalle wird durch stärkere Kreditvergabe kompensiert, die das Problem einfach in die Zukunft verschiebt. Damit wäre die Bankenkrise keine Krise der Banken! Und auch keine ihrer Regulierung! Der Gedanke hat mehrere Implikationen: Eine Verwaltung des Mangels erfordert politisch eine faire Umverteilung knapper Ressourcen (also das Gegenteil aktueller Alternativlos-Politik). Rohstoffe erhöhen die Machtposition ihres Besitzers (er kann noch Autos und Panzer rollen lassen, während andere sich schon mit Windstrom und Kompost bescheiden müssen). Ein Rohstoffmangel zeitigt Auswirkungen vor allem auf die Herstellung von Massengütern. Wie setzt also eine künftige Gesellschaft Prioritäten, erhält das technologische Knowhow (Atom-Endlager?), versorgt die Massen, erhält den sozialen Frieden und gleicht die aus ungleicher Verteilung der Ressourcen entstehenden Spannungen aus? Man könnte sich hier auch eine Rolle der Banken vorstellen.
“Der Idee einer künftigen Dauerstagnation liegt der Gedanke zugrunde, dass einer
Produktivitätssteigerung in unserer technologischen Kultur immer ein Mehrverbrauch fossiler Rohstoffe gegenübersteht – der die effizienzbesorgende Maschine antreibt.”
Nach meiner Kenntnis ist das schlichtweg falsch. Die These der dauerhaften Stagnation erfordert keinen Mehrverbrauch fossiler Rohstoffe.
Gruß
gb
Ein sehr lobenswerter Beitrag,. Danke!
Schumpeter hat als junger Wissenschaftler diese Gedanken veröffentlicht. Einhundert Jahre später denkt kaum noch ein Ökonom daran. Lernen die Ökonomiestudenten überhaupt noch die Theoriegeschichte ihres Faches? Wird wenigstens in den Think Tanks diese Theoriegeschichte gepflegt?
Schumpeter zeichnet 1912 das Szenario, dass eine Geldschwemme und Nullzins keine Investitionen befördert. So, wie es heute zu sein scheint. Denkt aktuell niemand darüber nach, nicht ein mal bei den Nullzins Notenbanken? Bleibt Schäuble der einsame Rufer in der Wüste auf dem G 20 in Shanghai?
Welchen Rat gibt der IWF?
Können sich Wirtschaftsweise oder Wirtschaftsnobelgedächtnispreisträger wieder dem tatsächlichen Wirtschaftsgeschehen zuwenden, wie es ein Walter Eucken 1950 forderte?
Wann hört man auf, mit ökonometrischen Modellen diese Wirtschaft erklären zu wollen?
Wie viel Gleichgewicht erreicht der Markt im Zeitverlauf? Gleichgewichtsmodelle versuchen, die Wirtschaft zum Zeitpunkt t zu erklären. Die Zeit bleibt aber nicht stehen. Ob sich Angebot und Nachfrage auf dem Markt ausgleichen, ist deshalb immer unsicher und muss sich erst beweisen, was seine Zeit dauern kann. Beim Öl dauert es nun schon über 20 Monate. Dennoch ist die Unsicherheit der Marktteilnehmer im Februar 2016 am größten und wird noch viele Monate anhalten. Schon im Mai müssen die Ölförderunternehmen wieder ihre Quartalszahlen veröffentlichen. Dann werden auch die Kreditausfälle deutlicher. Wartet schon der nächste Schock?
Wie wenig die Ökonomen erklären können. kann man daran sehen, dass sogar Preissprünge von über 10 Prozent am 19. Februar, nicht als spekulativ angesehen werden. (vgl. Bundesbankbericht, Februar 2016)
Investitionen
“Schumpeter zeichnet 1912 das Szenario, dass eine Geldschwemme und Nullzins keine Investitionen befördert.”
Für Schumpeter ist Geldproduktion eine Voraussetzung für produktive Investitionen.
Gruß
gb
"Geldproduktion als Voraussetzung für produktive Investitionen"
Für Schumpeter mag es so sein. Warum soll es nicht mit privaten Ersparnissen gehen? Warum soll es unbedingt mit der Geldpresse erfolgen? Die Ersparnisse liegen in der Regel auf der Bank, und diese entscheidet, wo sie angelegt werden, wenn man nicht direkt entscheidet, über den Kapitalmarkt in innovativen Firmen anzulegen. Im ersten Fall übernimmt die Bank das Risiko, im zweiten der Sparer, also in beiden Fällen private Personen. Gerade bei diesen innovativen Anlagen sollte das Risiko eine große Rolle spielen: ist es nicht gerechter, wenn private Anleger bewusst das Risiko übernehmen und dafür belohnt werden, anstatt es durch die Geldpresse zu sozialisieren oder der Gemeinheit aufzudrängen? Geldpolitik mag ein schwieriges und umfangreiches Gebiet sein, aber oft, sehr oft, vielleicht immer reduzieren sich die Unterschiede zwischen den Theorien auf die Auslegung der Verkehrsgleichung. Man kann hier die Ökonomen scharf einteilen. Für die einen ist die Geldmenge eine Folge der wirtschaftlichen Tätigkeit und der Preislage, für die anderen ist die wirtschaftliche Tätigkeit und die Preislage eine Folge der Geldmenge.
Re: Sophia Orti
Mir scheint, Sie verstehen Schumpeters Modell nicht.
1. In der Ausgangssituation des statischen Gleichgewichts – wie es kurz vor Schumpeter von seinem Vorbild Léon Walras entwickelt wurde – sind alle Ressourcen gebunden. Es existieren daher keinerlei freien Ersparnisse, die für neue Projekte mobilisiert werden können. Um Ressourcen für neue Investitionen zu mobilisieren, müssen sie mit höheren Faktorpreisen aus bisherigen Verwendungen herausgeholt werden. Da alle Ersparnisse gebunden sind, bedarf es nach Schumpeter zusätzlichen Geldes, um diesen Prozess in Gang zu bringen.
2. Um Geldpolitik geht es in Schumpeters Modell überhaupt nicht; sie spielt hier keinerlei aktive Rolle. Es geht hier um das Verhalten von Geschäftsbanken gegenüber Unternehmenskunden. Der Zins entsteht innerhalb des Modells auf dem Kreditmarkt, auf dem sich Banken und innovative Unternehmer treffen. Daher kommt in meinem langen Artikel das Wort Geldpolitik auch nur einmal vor und zwar in der Aufzählung der Rahmenbedingungen, unter denen Geschäftsbanken arbeiten.
“Man kann hier die Ökonomen scharf einteilen. Für die einen ist die Geldmenge eine Folge der wirtschaftlichen Tätigkeit und der Preislage, für die anderen ist die wirtschaftliche Tätigkeit und die Preislage eine Folge der Geldmenge.”
Das war früher mal so. Diese scharfe Trennlinie existiert schon lange nicht mehr. (Daher verfolge ich seit geraumer Zeit amüsiert Ihre Versuche, mich in eines der vermeintlichen streng geteilten Lager einzuordnen.)
Gruß
gb
Schumpeters Modell verstehe ich eben nicht
Nichts anderes stand auf meinem Beitrag. Ich hätte eher Geldtheorie als Geldpolitik schreiben sollen, es geht lediglich um meine Sichtweise, die allerdings auf ein wenig historischer Forschung eingeschränkt ist. Immerhin ist Geldtheorie ein Gebiet der Ökonomie wie alle anderen, das auch als Modell zum Verstand der Wirtschaft gilt. Die Verkehrsgleichung sagt nichts über Kausalfolgen, setzt lediglich Grenzen auf die Größen, die sie beinhaltet. Ich leugne nicht, dass eventuell die Geldmenge eine Wirkung auf die wirtschaftliche Tätigkeit und Preise haben kann, eventuell auch eine negative auf beide, denn dies ist eng mit der Geldordnung (“Rahmenbedinungen” in Ihrem Aufsatz) auch verbunden. Aber zurück zu Schumpeter. Die Mitteln (Ressourcen) mögen alle im Gleichgewicht gebunden sein, aber wenn jemand mit einem innovativen Projekt auf dem Markt Kredit begehrt, ist doch das Gleichgewicht ein wenig gestört, man wird sich überlegen, ihm für mehr Zinsen anstatt den alten Kunden das Geld zu leihen. Und wenn mehr Geldbedarf ist, steigen die Zinsen, so dass weniger verbraucht und mehr produktiv angelegt wird: neue Mittel kann man so in die Produktion erschließen. Oder geht es darum, niedrigere Zinsen für diese innovativen Projekte? Eine Art Wohltat durch die Banken? Warum sollen höhere Faktorpreise eine Rolle spielen? Natürlich kann man Geld- und Kapitalmärkte niedermachen und behaupten, sie taugen nicht, um dann die Geldpresse zu bedienen. Tut die EZB zur Zeit etwas Anderes? Es ist eben eine Sache der Ordnung.
Wenn Sie in einer Situation mit ausgelasteten Ressourcen ohne Geldschöpfung als Bank einem neuen Unternehmen einen Kredit geben wollen, müssten Sie einen anderen kündigen. Dann geht ihr bisheriger Kreditkunde kaputt und Sie haben einen Kreditausfall, der Ihnen einen Verlust beschert. Warum sollte eine Bank ohne Not auf eine solch verrückte Idee kommen? Durch Geldschöpfung können Sie den neuen Kredit vergeben, ohne den alten kündigen zu müssen – und noch einmal: Schumpeter hielt dies nur bei innovativen Unternehmen für sinnvoll. Sie brauchen Ressourcen, vor allem Arbeit, damit das neue Unternehmen überhaupt produzieren kann. Da in der Ausgangsituation aber alle Arbeitskräfte beschäftigt sind, müssen Sie höhere als die bisherigen Marktlöhne bieten. Auf diese Weise steigen Faktorpreise.
Der Zins bestimmt sich, wie ich schrieb, auf einem Kreditmarkt, auf dem die Bank als Anbieter und das Unternehmen als Nachfrager zusammentreffen. Die Bank wird an einem hohen Zins interessiert sein und das Unternehmen an einem niedrigen. Insofern ist Ihre These vom “Niedermachen von Geld- und Kapitalmärkten” abwegig – das genaue Gegenteil ist der Fall.
Gruß
gb.
Situation mit ausgelasteten Ressourcen
Die höheren Faktorenpreise sind also Wirkung, nicht herbeigeführte Ursache. Aber das ist allgemein die Folge der Situation mit ausgelasteten Ressourcen, deswegen steigen die Zinsen in dieser Situation, deswegen reagiert auch die Notenbank mit restriktiveren Geldpolitik und nicht mit laxeren Geldschöpfung: wie wäre das mit der laxeren schumpeterschen Kreditpolitik der Banken vereinbar? Mit der Rolle der Zentralbank, den Kredit der Banken zu steuern? Die Entscheidung, wer Kredit für welchen Zins abhängig vom Risiko bekommt, überlässt man dem Markt. Das bedeutet nicht unbedingt Kredite zu kündigen. Bei neuen Krediten bedeuten die etwas höheren Zinsen auch nicht unbedingt Zahlungsunfähigkeit des Unternehmens, und wenn doch, dann war es nicht überlebensfähig (schöpferische Zerstörung). Bei höheren Zinsen sind auch da mehr Ressourcen für die Produktion, weil mehr Menschen mehr von dem anlegen, was für ihren eigenen Konsum bestimmt war. Die Bank bekommt mehr Kundeneinlagen. Aber man glaubt nicht mehr an diese alten Erzählungen. Mit negativen Zinsen und Anleihekäufen der Zentralbank geht es ja einfacher (oder nicht).
Ich schreibe es gerne noch einmal: In diesem Modell gibt es explizit keine Zentralbank und daher auch keine restriktive oder expansive Geldpolitik.
"In diesem Modell gibt es explizit keine Zentralbank"
Das wusste ich nicht. Aber die erwähnte Geldpolitik ist lediglich eine Reaktion auf den Markt, eher konstatierend als intervenierend: ich redete nicht über die FED oder EZB. Auch in einem System ohne Zentralbank, in dem der Markt bestimmend ist, wird auf die ausgelasteten Ressourcen mit höheren Preisen und Zinsen reagiert. Die Frage ist eher, ob wir in der beschriebenen theoretischen Nullzeit leben, oder ob es eine künstliche Folge der Geld-, Kredit-, Finanz- und Wirtschaftspolitik ist, ob es wirklich die lockere und lockerste Geldpolitik, sogar riskante Investitionen mit Geldschöpfung, nötig ist.
Wie ist der Weg aus der Sackgasse, wenn der Staat sich überschuldet für Private?
Wenn ein Land und eine Währung nicht auf Dauer gegen die Wand laufen will mit hohen Schulden, dann muss eine kontrollierte Entschuldung her. Gelddrucken über die Notenbank schrumpft automatisch die Finanzbranche, da die Staatsanleihen immer weniger werden. Über die folgende Inflation wird die weitere Verschuldung ebenfalls entwertet.
Warum will dies keiner in den Geldscheineliten? Weil ihr Vermögen dann weniger wert wird und die Selbstbedienung über Staatsschuldenzinsen endet. Die Wichtigkeit der Finanzbranche würde um 50% sinken bei fehlenden Staatsschulden in der Euro-Zone zum Beispiel mit zur Zeit von 10 Billionen mit über 80% des BIP.
300 Milliarden pro Jahr in den nächsten 20 Jahren offiziell zu drucken zur Entschuldung mit Neuverschuldungsverbot, wäre ehrlicher und gesünder als die Kaufprogramme der EZB mit Nullzinsen.
Aber wer sagt es dem Volk, dass ihre kleinen Sparbücher so oder so entwertet werden.
Dann eben weiter so mit der Dauerkrise bis zum Armageddon der nächsten großen Finanzsuperkrise.
Staatsanleihen
“Gelddrucken über die Notenbank schrumpft automatisch die Finanzbranche, da die Staatsanleihen immer weniger werden.”
Seit Jahren ist das genaue Gegenteil zu sehen. Die Notenbanken erzeugen Geld, indem sie Staatsanleihen ankaufen, worauf deren Kurse tendenziell steigen. In Deutschland sind alle Renditen von Bundesanleihen bis einschließlich acht Jahre Restlaufzeit negativ. Die Geldpolitik ist ein Grund für diese Entwicklung, wenn auch nicht der einzige.
Gruß
gb
Hallo nach Frankreich
Ach der Stefan, der Pauly. ;-)
Mal unter der Annahme, dass Inflation eine gangbare Lösung darstellt, um sich der Staatschulden zu entledigen (was ich nicht denke, auch wenn sich Professoren außerordentlich Mühe geben, unbedarften Studentengeistern dies einzutrichtern ^^), dann wäre damit lediglich das Problem aufgeschoben bzw. nur ein Zyklus aufgelöst.
Oder anders formuliert, was genau hält denn Staaten davon ab, nach vollendeter Entledigung der Staatverschuldung durch Inflation, den nächsten Berg Schulden anzuhäufen? Genau, gar nichts. Mehr noch, allein die Durchführung dieser Lösung setzt jeden nur erdenklichen Anreiz weitere Schulden noch schneller anzuhäufen und den Zyklus immer schneller wiederholen zu müssen.
staatsversagen - staatsbanken
Ja Herr Braunberger, Schumpeter ist immer wieder lustig, aber es ist m.E. ein Faktum das die politisch gestuetzte Keynesianische Stabilisierungspolitik trotz dubiosester kognitiver Basis Konjunkturtheorien wie die von Schumpeter, v. Mises und v. Hayek verdraengt haben. Ueberinvestitionstheorien sind pfui, Unterkonsumptionstheorien, die nach dem Sayschen Theorem keine kognitive Basis haben, sind en vogue. Warum?
Man schaue einfach mal wer den Politicos Interventionsvorwaende / Aktionsparameter liefert. Gibt es eine Placebotheorie, die den Politicos ihre Kontrollwahnbefriedigung liesse, aber eben, da Placebo, keinen organischen Schaden anrichten kann?
Noch weitere Themenbereiche:
Neben der Frage Bondmarkt- vs Bankfinanzierung, der ich mich anschliesse, faende ich empirisch gestuetzte Analysen ueber Staatsbanken (im weiteren Sinne incl. Politbanken wie EIB ) interessant.
Idealtypisch (ohne Einlagensicherung usw) wird eine Privatbank vorsichtig bei der Fristentransformation (zahle niedr. Zinsen auf kurzfristige Einlagen, fordere hoehere Zinsen auf Kredit und zwar um so hoeher je laenger die Laufzeit).
Einer Staatsbank fehlt der Anreiz der sorgfaeltigen Preisfestsetung gemaess Risiko (grosse Kunst) und sie unterliegt politischem Druck mehr zu finanzieren, gerne auch unproduktiven aber beschaeftigungsstarken Branchen (vg. etwas Chinas grosse Banken).
Das unterminiert auch den Markt fuer die privaten Commercial Banks. Die Folge sind periodische Finanzkrisen, in denen die faulen Kredite bereinigt wuerden, wenn nicht dieRegierung / Notenbank nicht alle mit Nullzinspolitik und Vollzuteilung finanziert.
Soweit die Theorie. Aber was davon laesst sich empirisch nachweisen?
Als letzte Frage fuer heute:
Was sagt die Empirie zu Bank(st)ern als Wachstumstreibern? Prima facie scheinen die Banken eher buerokratische Monster als Innovatoren zusein. Silicon Valley wurde und wird von venture capitalist finanziiert. Wenn man sich die Bilanzen typischer lokaler / regionaler Banken ansieht, dann hat man einen hohen Anteil an Immobilienfinanzieru (z.B. 60% d Bilanzzumme) und 15 – 20% hochliquide Staatsanleihen und einen Rest der z.B das ganze unsecured lending (z.B.Kreditkartendarlehen) umfasst. Also so gross kann die Innovationsfinanzierung nicht sein.
freundliche Gruesse
Nicklaas Witt
Schumpeter /Hayek/Keynes
Schumpeters Konjunkturtheorie in den “Business Cycles” von 1939 verbindet das Thema Überproduktion mit keynesianischen Elementen und man findet dort sogar Themen aus der heutigen “Macrofinance” zumindest angerissen. Aus den vergangenen Jahren liegen mehrere Arbeiten von zeitgenössischen Ökonomen wie Carl Christian von Weizsäcker und Andrei Schleifer vor, die theoretisch Keynes und Hayek verbinden.
Insofern erscheint mir Schumpeter erheblich moderner und relevanter zu sein als das starre Schwarz-Weiß-Denken heutiger Austrians.
Gruß
gb.
Kennen Sie den Film THRIVE?
Auf jeden Fall nachdenkenswert finde ich.
Was sagen Sie als Profi, falls Sie ihn kennen, zu mir als Laie
und in Anbetracht des Weltgegenwartgeschehen, wie
ich den Film betrachten, werten sollte?
Gratuliere, toller Artikel
Eine eher empirische Frage wollte ich noch stellen: Im angelsächsischen Finanzsystem – so sagt man – liefe die Finanzierung eher über den Kapitalmarkt und weniger über den Bankkredit. Fallen die Kennzahlen “Kreditvolumen/BIP” in diesen Ländern geringer aus als die für Kontinentaleuropa? Und wie hat man aus Schumpeterscher Sicht die Rolle der Banken zu beurteilen, wenn sie sich aus dem Kreditgeschäft verabschieden und stattdessen Investment-Banking machen?